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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.10.2002
Aktenzeichen: VIII ZR 164/01
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 164/01

Verkündet am: 9. Oktober 2002

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Hübsch, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 3. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 16.617,10 € (32.500,23 DM) nebst 10,25 % Zinsen seit dem 16. Oktober 1998 abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt unter anderem einen Restkaufpreis für Backwaren, die sie in der Zeit vom 9. Juni 1997 bis 24. August 1998 an einen von dem Beklagten betriebenen Verkaufspavillon geliefert hat.

Sie hat hierzu vorgetragen, sie habe dem Beklagten Waren für insgesamt 859.906,48 DM geliefert, der Beklagte schulde ihr noch 67.203,29 DM als Restkaufpreis. Der Beklagte hat demgegenüber behauptet, die Klägerin habe ihm in dem fraglichen Zeitraum nur Ware für insgesamt 827.406,25 DM geliefert.

Das Landgericht hat der Klage wegen der Restkaufpreisforderung in Höhe von 67.203,29 DM stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage insoweit in Höhe von 32.938,48 DM abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt. Der Senat hat die Revision nach Abzug einer unstreitigen Gegenforderung von 438,25 DM in Höhe von 16.617,10 € (32.500,23 DM) angenommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - ausgeführt:

Aus Warenlieferungen stehe der Klägerin noch ein Restkaufpreis von 34.264,81 DM zu; ihre Mehrforderung habe die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Dieser Betrag ergebe sich aus dem vom Beklagten eingeräumten Gesamtwert der Warenlieferungen von 827.406,25 DM abzüglich hierauf unstreitig erfolgter Zahlungen von 765.000 DM und 27.703,19 DM sowie einer zur Aufrechnung gestellten Erstattungsforderung wegen einer Tütenlieferung in Höhe von 438,25 DM. Die Klägerin habe hierzu nur die von ihr erstellten Rechnungen neben den dazu ausgewerteten Rechnungsunterlagen vorgelegt, auf ihren Inhalt Bezug genommen und die Abrechnung einer Warenposition aus einer Rechnung beispielhaft erläutert. Das genüge nicht, um die richtige Berechnung der übrigen in dieser Rechnung und in allen übrigen 45 Einzelrechnungen abgerechneten Warenmengen nachvollziehbar darzulegen. Dazu wäre erforderlich, für alle Einzelrechnungen mit meist über 80 einzelnen Warenpositionen anhand der Rechnungsunterlagen zu überprüfen, ob die Liefermengen sowie die Rücklieferungs- und Retourenmengen für jede einzelne Warenposition in jeder einzelnen Rechnung zutreffend erfaßt seien. Die Klägerin könne dem Beklagten die Darlegungslast für ihre restliche Kaufpreisforderung auch nicht dadurch auferlegen, daß sie anhand von ihr erstellter Rechnungen hunderte von Einzellieferungen behaupte und es dem Beklagten überlasse darzulegen, gegenüber welchen Rechnungspositionen er im einzelnen zu begründende Einwendungen erheben wolle. Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin habe nicht vorgetragen, alle Rechnungspositionen mit den beigefügten Unterlagen verglichen und die Richtigkeit der in der Rechnung vorgenommenen Berechnung überprüft zu haben. Stichproben des Gerichts hätten ergeben, daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Richtigkeit der einzelnen Rechnungspositionen nicht durchgehend anhand der dazu vorgelegten Belege überprüft habe.

II.

Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Sachvortrag zur Begründung des Klageanspruchs schlüssig und damit erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, die geltend gemachten Rechte als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. In welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen substantiieren muß, hängt vom Einzelfall ab (Senat, Urteil vom 13. August 1997 - VIII ZR 246/96, NJW-RR 1998, 712 unter II 1). Eine Beweisaufnahme zu einer beweiserheblichen Tatsache kann nur abgelehnt werden, wenn ihre Erheblichkeit mangels näherer Bezeichnung der unter Beweis gestellten Tatsachen nicht zu beurteilen ist oder wenn sie lediglich in das Gewand einer bestimmt aufgestellten Behauptung gekleidet, daher erkennbar ins Blaue hinein aufgestellt ist und sich deshalb als Rechtsmißbrauch darstellt (Senat, Urteil vom 12. Juni 1996 - VIII ZR 251/95, NJW-RR 1996, 1212 unter II 2 a).

2. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierung des Klagevorbringens überspannt. Zu Recht weist die Revision darauf hin, daß die Klägerin mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2000 unter Vorlage der entsprechenden Rechnungen und durch Antritt von Zeugenbeweis vorgetragen hat, die in den Rechnungen im einzelnen aufgeführten Artikel seien an den Beklagten ausgeliefert worden. Da zwischen den Parteien unstreitig ist, daß der Beklagte alle ihm zugesandten und nicht zurückgeschickten Artikel von der Klägerin gekauft und den unter den Parteien für jeden Artikel unstreitigen Preis zu bezahlen hat, genügte die Klägerin mit diesem Vortrag ihrer Darlegungslast. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts mußte die Klägerin nicht noch zusätzlich im einzelnen darlegen, daß die in ihren Rechnungen aufgeführten Warenpositionen auch den Bestell-, Liefer- und Retourenmengenscheinen entsprachen. Es oblag dem Beklagten vorzutragen, welche Artikel ihm nicht angeliefert wurden oder von ihm zurückgegeben worden sind. Dieser Darlegungslast ist der Beklagte nicht nachgekommen. Er hat lediglich behauptet, Waren im Gesamtwert von nur 827.406,25 DM erhalten zu haben, ohne darzutun, wie er diesen Betrag errechnet hat und welche Lieferungen er im einzelnen bestreitet.

III.

Das Urteil kann daher im Umfang der Anfechtung keinen Bestand haben. Die Sache muß insoweit an das Berufungsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen werden. Das Berufungsgericht wird unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zum Verlust des Rügerechts wegen Minderleistung gegebenenfalls zu prüfen haben, ob der Beklagte den vollen Kaufpreis auch dann schuldet, wenn eine Minderlieferung erfolgt ist (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 30. Mai 1984 - VIII ZR 20/83, NJW 1984, 1964 unter II 2).

Ende der Entscheidung

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