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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.10.2002
Aktenzeichen: VIII ZR 188/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 731
ZPO § 564 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 188/01

Verkündet am: 9. Oktober 2002

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2002 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Hübsch, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Juli 2001 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Klägerin steht gegen ihren Streithelfer B. , ihren früheren Ehemann, aufgrund eines rechtskräftigen Anerkenntnis-Vorbehaltsurteils des Landgerichts Krefeld vom 27. Februar 1998 eine Forderung in Höhe von 220.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. November 1997 zu. Wegen dieser Forderung sowie der hierfür zu erstattenden Gerichts- und Anwaltskosten hat die Klägerin durch Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse den Zahlungsanspruch des Streithelfers B. gegen die Beklagten aus dem Anteilübertragungsvertrag vom 2. Dezember 1996 pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. In diesem Anteilübertragungsvertrag hatte der Streithelfer B. seinen 50 %-Anteil an der GBR L. , deren wesentliches Vermögen in einem Grundstück in L. -W. bestand, an die Beklagte zu 1 zu einem Kaufpreis von 3 Millionen DM übertragen. Der Kaufpreis war zahlbar in zwei Teilbeträgen von 1,5 Millionen DM, wobei der erste Teilbetrag von 1,5 Millionen DM nach einer Umfinanzierung und der zweite Teilbetrag von 1,5 Millionen DM in monatlichen Raten von 20.000 DM, beginnend mit dem Monat Dezember 1996, zur Zahlung fällig waren. Beide Beklagte unterwarfen sich wegen der Kaufpreisverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen. Wegen ihrer Forderung von 220.000 DM nebst Zinsen und Kosten macht die Klägerin einen Teilbetrag der Kaufpreisforderung von 50.000 DM gegen die beiden Beklagten als Gesamtschuldner und einen weiteren Teilbetrag von 30.000 DM gegen die Beklagte zu 1 allein geltend. Sie stützt die Klage zuletzt auf die erste Kaufpreistilgungsrate über 1,5 Millionen DM, hilfsweise auf die Monatsfolgeraten ab Juni 1999 in chronologischer Reihenfolge. Die Beklagten haben gegenüber der Kaufpreisforderung Einwendungen zur Höhe erhoben und die Aufrechnung mit einer Gegenforderung über 1.891.874,77 DM erklärt. Im übrigen meinen sie, die erste Kaufpreisrate über 1,5 Millionen DM sei noch nicht fällig.

Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die hiergegen gerichtete Berufung das Urteil des Landgerichts nur bezüglich der Zinsen teilweise abgeändert. Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten das Ziel der Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe nach den von ihr erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen aus der ersten Kaufpreiszahlungsrate über 1,5 Millionen DM gegen die Beklagte zu 1 ein Anspruch von 80.000 DM und gegen den Beklagten zu 2 von 50.000 DM zu. Von dem Kaufpreiszahlungsanspruch des Streithelfers B. gegen die Beklagten über insgesamt 3 Millionen DM seien insgesamt 2,6 Millionen DM zur Zahlung fällig. Es komme nicht darauf an, ob dem Beklagten zu 2 gegen den Streithelfer der Klägerin ein Anspruch über 1.891.874,77 DM zustehe, mit dem die Beklagten gegenüber dem Kaufpreisanspruch aufgerechnet haben, und ob der Kaufpreisanspruch durch die von den Beklagten behaupteten Zahlungen sowie wegen anderer vorrangiger Pfändungen in Höhe von 330.155,69 DM unbegründet sei. Selbst wenn dies zugunsten der Beklagten unterstellt würde, verbliebe immer noch eine offene Kaufpreisforderung von 377.969,54 DM, aus der die Beklagten den gepfändeten Kaufpreisanspruch über insgesamt 80.000 DM zu befriedigen hätten.

II.

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Allerdings ist das erforderliche Rechtsschutzinteresse für die Klage gegeben, obwohl sich die Beklagten in dem notariellen Kaufvertrag wegen der von der Klägerin gepfändeten Forderungen der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen haben (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Zwar besteht damit für die Klägerin als Pfändungspfandgläubigerin die Möglichkeit, eine Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nach § 731 ZPO zu erheben (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 727 Rdnr. 9 m.w.Nachw.). Die Beklagten berufen sich aber unter anderem darauf, daß die erste Kaufpreisrate nicht fällig geworden sei, und sie machen die Aufrechnung mit einer Gegenforderung geltend. Da sie dieselbe Rechtsverteidigung auch einer Klage nach § 731 ZPO entgegenhalten könnten, stellt dieser Rechtsbehelf keinen einfacheren und billigeren Weg für die Klägerin dar, die gepfändete Forderung durchzusetzen (BGH, Urteil vom 9. April 1987 - IX ZR 138/86, NJW 1987, 2863 unter I).

2. Des weiteren ist dem Berufungsgericht in der Annahme zu folgen, daß die erste Kaufpreisrate von 1,5 Millionen DM aus dem notariellen Kaufvertrag, auf die die Klägerin ihre Klage zuletzt vorrangig gestützt hat, seit dem 20. März 2000 fällig ist. Zu Recht leitet das Berufungsgericht dies aus dem eindeutigen Text des Schreibens der A. und M. L. AG vom 17. März 2000 her, das dem Prozeßbevollmächtigten des Streithelfers am 20. März 2000 zugegangen ist. Hierin bestätigt die Gesellschaft, daß die Umfinanzierung erfolgt und sie damit Gläubigerin der in Abteilung III Nr. 1 bis 7 eingetragenen Grundschulden geworden sei. Daß das Schreiben vom 28. März 2000, das Auskünfte über die bereits valutierte Darlehenshöhe und noch nicht valutierte Darlehensteile verweigert, dem entgegensteht, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

3. Zu Recht rügt die Revision aber, daß das Berufungsgericht die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Aufrechnung gegen eine im Wege der Teilklage erhobene Forderung nicht beachtet hat. Nach ständiger Rechtsprechung muß ein Kläger, der einen Teilbetrag einer Forderung geltend macht, es hinnehmen, daß der Beklagte eine Gegenforderung gerade gegen diesen Teilbetrag zur Aufrechnung stellt; er kann den Beklagten mit der Aufrechnung nicht auf den nicht eingeklagten Teil der Gesamtforderung verweisen. Für eine Aufrechnung im Rechtsstreit über einen Teilanspruch ist nur dann kein Raum mehr, wenn eine Partei sie bereits vorher gegen eine andere Forderung oder einen anderen Teil des Anspruchs erklärt hat oder wenn der Kläger in der Klageschrift sie dadurch vornimmt, daß er die Gegenforderung von seinem Gesamtanspruch absetzt und diesen Teil nicht mehr einklagt. Dann ist die zur Aufrechnung benutzte Gegenforderung verbraucht und kann von dem Beklagten nicht seinerseits zur Aufrechnung verwandt werden (vgl. BGHZ 56, 312, 314; BGH, Urteil vom 24. April 1975 - III ZR 72/72, WM 1975, 795; BGH, Urteil vom 14. Juni 1994 - XI ZR 127/93, NJW-RR 1994, 1203 unter II 2 a).

Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht die Frage nicht offenlassen, ob dem Beklagten zu 2 gegen den Streithelfer der Klägerin ein Anspruch über 1.891.874,77 DM zusteht, mit dem die Beklagten gegenüber dem von der Klägerin gepfändeten Kaufpreisanspruch aufgerechnet haben. Die Beklagten haben ihre Gegenforderung erst in diesem Verfahren gegenüber dem von der Klägerin eingeklagten Teilbetrag zur Aufrechnung gestellt. Die Klägerin hat diese Gegenforderung bestritten und bei der Geltendmachung des Teilbetrages nicht von dem Gesamtanspruch aus dem Anteilübertragungsvertrag abgesetzt. Die Klägerin begehrt vielmehr den Teilbetrag von 80.000 DM aus dem nach ihrer Darlegung insgesamt fälligen Kaufpreisanspruch, und zwar im Berufungsverfahren in erster Linie aus der ersten Kaufpreisrate. Die von den Beklagten zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ist deshalb nicht bereits verbraucht, und die Klägerin muß es hinnehmen, daß die Beklagten diese Gegenforderung gerade gegen den mit der Klage geltend gemachten Teilbetrag zur Aufrechnung stellten. Die Klägerin kann deswegen die Beklagten mit der Aufrechnung nicht auf den nicht eingeklagten Teil der Gesamtforderung verweisen. Die Berechnung des Berufungsgerichts, bei der die zur Aufrechnung gestellten Ansprüche von der Gesamtforderung abgezogen werden und der Klage deshalb stattgegeben wird, weil ein Anspruch der Klägerin in Höhe ihrer geltend gemachten Teilforderung verbleibt, verstößt gegen die dargestellten Grundsätze zur Aufrechnung gegen eine eingeklagte Teilforderung.

Das Berufungsgericht hätte nach alledem berücksichtigen müssen, daß die Beklagten zwar ausweislich des Tatbestands des angefochtenen Urteils mit ihrer Forderung auf 1.891.874,77 DM zunächst gegenüber dem Teilbetrag von 80.000 DM der - für die Zeit von Juni bis September 1999 - eingeklagten zweiten Kaufpreisrate die Aufrechnung erklärt, ihren Aufrechnungseinwand sodann aber dem im zweiten Rechtszug vorrangig begehrten Teilbetrag von 80.000 DM aus der ersten Rate gleichfalls entgegengehalten haben. Dem hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen.

III.

Gemäß § 564 Abs. 1 ZPO ist das angefochtene Urteil somit aufzuheben. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit zu der Frage der Aufrechnung die notwendigen Feststellungen getroffen werden können.

Ende der Entscheidung

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