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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.10.2009
Aktenzeichen: VIII ZR 204/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, AVBEltV, AVBGasV


Vorschriften:

ZPO § 552a
ZPO § 308 Abs. 1
BGB § 315
BGB § 315 Abs. 1
BGB § 315 Abs. 3
AVBEltV § 4 Abs. 1
AVBEltV § 4 Abs. 2
AVBEltV § 32 Abs. 2
AVBGasV § 32 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

am 27. Oktober 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Ball,

die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie

den Richter Dr. Bünger

beschlossen:

Tenor:

Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht. Die vom Berufungsgericht als grundsätzlich angesehene Frage der Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln, wie sie von der Beklagten verwendet werden, ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwischenzeitlich geklärt.

a) Danach hat eine Preisanpassungsklausel einen den Kunden unangemessen benachteiligenden Inhalt (§ 307 BGB), wenn sie das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht wahrt, weil sie nur ein Recht des Klauselverwenders vorsieht, Erhöhungen seiner eigenen Kosten an seine Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden herabzusetzen (BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, WM 2009, 1077, zur Veröffentlichung in BGHZ 180, 257 vorgesehen, Tz. 25; BGHZ 176, 244, Tz. 17 f.; vgl. auch Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, NJW 2009, 2662, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, Tz. 28 f. und VIII ZR 56/08, NJW 2009, 2667, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, Tz. 28 f.).

b) Ferner hat der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden, dass die mit einem solchen formularmäßigen Preisanpassungsrecht verbundene unangemessene Benachteiligung des Kunden nicht durch die Einräumung eines Kündigungsrechts aufgewogen wird (vgl. etwa BGH, Urteile vom 21. April 2009, a.a.O., Tz. 36 f., und vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 34). Auch der Senat hat in seinen die Wirksamkeit von Gaspreisänderungsklauseln betreffenden Entscheidungen vom 15. Juli 2009 das den Kunden dort eingeräumte Sonderkündigungsrecht nicht als Kompensation der mit einem einseitigen Preisänderungsrecht verbundenden unangemessenen Benachteiligung der Verbraucher genügen lassen (Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, a.a.O., Tz. 31 ff., und VIII ZR 56/08, a.a.O., Tz. 30 ff.).

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Feststellungsklage zulässig. Das Begehren des Klägers ist auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Darunter fallen auch einzelne Folgen von Rechtsbeziehungen, also auch die Unwirksamkeit von Preisänderungsklauseln (vgl. hierzu BGHZ 179, 186, Tz. 11, 27; vgl. ferner BGH, Urteil vom 3. Mai 1983 - VI ZR 79/80, NJW 1984, 1556, unter II 1 a m.w.N.). Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse (§ 256 Abs. 1 ZPO) an der Feststellung, dass die ihm gegenüber mit Wirkung zum 1. Juni 2004 vorgenommene Erhöhung des Strompreises unwirksam ist. Auf eine Leistungsklage kann er schon deshalb nicht verwiesen werden, weil das Rechtsschutzziel der hier gegebenen negativen Feststellungsklage mit einer Leistungsklage nicht erreicht werden kann (BGHZ 172, 315, Tz. 10; 179, 186, Tz. 11). Daran ändert sich auch nichts, wenn der Stromlieferungsvertrag der Parteien, wie die Revision geltend macht, seit Oktober 2007 beendet sein sollte. Zwar hätte der Kläger dann kein in die Zukunft gerichtetes Interesse auf Feststellung der Unwirksamkeit der Preiserhöhung mehr, so dass zur Erreichung seines Rechtsschutzziels auch allein eine Klage auf Rückerstattung der von ihm unter Vorbehalt erbrachten Zahlungen ausreichen könnte. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber seit langem anerkannt, dass eine ursprünglich zulässige Feststellungsklage nicht dadurch unzulässig wird, dass im Verlauf des Rechtsstreits die Voraussetzungen für den Übergang zu einer Leistungsklage eintreten (vgl. etwa Senatsurteil vom 4. November 1998 - VIII ZR 248/97, NJW 1999, 639, unter II 1 b; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2004 - II ZR 413/02, NJW-RR 2005, 637, unter II 3 c; jeweils m.w.N.).

b) Das Berufungsgericht hat auch mit Recht festgestellt, dass die Strompreisanhebung der Beklagten vom 1. Juni 2004 aus dem bestehenden Versorgungsvertrag mit dem Kläger unwirksam ist.

aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist es damit nicht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO über den Antrag des Klägers hinausgegangen. Der Kläger hat zwar - in Übereinstimmung mit dem durch das Senatsurteil BGHZ 179, 186 (Tz. 3, 27) beschiedenen Klagebegehren - die Feststellung verlangt, dass die Preiserhöhung "unangemessen im Sinne des § 315 Abs. 1 und 3 BGB und damit unwirksam" ist. Bei der gebotenen Auslegung seines Klageantrags ist sein Rechtsschutzbegehren aber nicht allein auf die Feststellung einer aus § 315 BGB folgenden Unwirksamkeit beschränkt. Der Kläger will die streitige Preiserhöhung nicht gegen sich gelten lassen und hat deshalb Feststellungsklage erhoben; dabei hat er sich auch auf die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel gestützt. Mit der Feststellung der Unwirksamkeit der Preiserhöhung hat er sein Klageziel in vollem Umfang erreicht. Dass die Unwirksamkeit auf dem Fehlen einer wirksamen Preisanpassungsklausel beruht, so dass offen bleiben kann, ob die Preiserhöhungen einer Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB standhielten, ändert daran nichts (BGHZ 179, 186, Tz. 27).

bb) Zutreffend und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht angenommen, der Wortlaut der von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklausel

"Die M. -Kraftwerke sind berechtigt, die Preise gemäß Ziffer 2. mit einer Vorankündigung von 4 Wochen zum nächsten Monatsanfang zu ändern. Für diesen Fall (nicht bei Änderungen gemäß Ziffer 3.) erhält der Kunde ein Sonderkündigungsrecht zum gleichen Datum."

lasse eine Auslegung zu, nach der die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich ihre Kosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben ist der Beklagten damit die Befugnis eröffnet, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht. Durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins hat sie letztlich die Möglichkeit, erhöhten Kosten umgehend, niedrigeren Kosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen und dadurch einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 20 f.; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, a.a.O., Tz. 29, und VIII ZR 56/08, a.a.O., Tz. 29).

cc) Entgegen der Ansicht der Revision wird die darin liegende unangemessene Benachteiligung der Kunden nicht durch das für den Fall der Preisänderung eingeräumte Sonderkündigungsrecht ausgeglichen (BGH, Urteile vom 21. April 2009, a.a.O., Tz. 36 f., und vom 15. November 2007, a.a.O., Tz. 34; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, a.a.O., Tz. 31 ff; VIII ZR 56/08, a.a.O., Tz. 30 ff.; jeweils m.w.N.). Der Senat hat dies für den Fall von Gaspreisänderungsklauseln damit begründet, im Hinblick auf die vorgesehene öffentliche Bekanntmachung der Preisänderung sei nicht sichergestellt, dass der Kunde vorab über die geplante Preisanhebung informiert werde und sich vor deren Wirksamwerden vom Vertrag lösen könne (Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, a.a.O., Tz. 32 f.). In seiner am gleichen Tag ergangenen weiteren Entscheidung (VIII ZR 56/08) hat er die Unangemessenheit der Preisanpassungsklausel bereits deswegen nicht durch ein Sonderkündigungsrecht des Kunden aufgewogen gesehen, weil schon eine für sich genommen angemessene Preisanpassungsregelung (§ 5 Abs. 2 GasGVV - Vorgängerregelung: § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV) nach dem Leitbild der Gasgrundversorgungsverordnung in einem untrennbaren Zusammenhang mit einem Kündigungsrecht des Kunden steht (a.a.O., Tz. 33 ff.). Diese Grundsätze sind auch bei Strompreisänderungsklauseln anzuwenden, denn § 4 Abs. 1 und 2, § 32 Abs. 2 AVBEltV enthalten gleichlautende Parallelregelungen zu § 4 Abs. 1 und 2, § 32 Abs. 2 AVBGasV.

dd) Der Beklagten ist auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein Preisänderungsrecht zuzubilligen. Nach Nr. 4 des Stromlieferungsvertrages hat der Vertrag eine Laufzeit von zunächst sechs Monaten und verlängert sich jeweils um weitere sechs Monate, wenn nicht einer der Vertragspartner spätestens vier Wochen vor Ablauf der Vertragsdauer kündigt. Wenn die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt an den vertraglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, führt dies nicht zu einem unzumutbaren Ergebnis, das die Gewährung eines Preisänderungsrechts im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung rechtfertigen könnte (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 33; 179, 186, Tz. 26; Senatsurteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, a.a.O., Tz. 37).

3. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Ende der Entscheidung

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