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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 16.11.2005
Aktenzeichen: VIII ZR 218/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 767 Abs. 2

Entscheidung wurde am 16.01.2006 korrigiert: die Rechtsgebiete, Vorschriften und Veröffentlichungshinweise wurden geändert und ein amtlicher Leitsatz wurde hinzugefügt
Der mit einer Vollstreckungsabwehrklage geltend gemachte Einwand des Mieters gegenüber dem titulierten Anspruch des Vermieters auf Zahlung zukünftig fällig werdender Miete, das Mietverhältnis sei aufgrund einer von ihm nach Abschluss des Vorprozesses erklärten ordentlichen Kündigung beendet, ist jedenfalls dann nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, wenn der Mieter im Vorprozess Einwendungen erhoben hat, die sich - wegen einer von ihm ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung - gegen den Fortbestand des Mietverhältnisses richteten.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 218/04

Verkündet am: 16. November 2005

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Dr. Beyer, Wiechers und Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel des Beklagten und unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen werden das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 29. Juni 2004 teilweise aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Meißen vom 12. Februar 2004 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage werden die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten 405,90 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr aus 45,10 € seit dem 4. April 2003 sowie aus weiteren je 45,10 € seit dem 5. Mai 2003, 5. Juni 2003, 4. Juli 2003, 5. August 2003, 4. September 2003, 6. Oktober 2003, 5. November 2003 und 4. Dezember 2003 sowie weitere 945 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr seit dem 26. Juni 2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger waren seit 1. Januar 1995 Mieter einer Doppelhaushälfte des Beklagten in S. . Nach § 2 des Mietvertrags vom 17. Januar 1995 wurde das Mietverhältnis auf die Dauer von 5 Jahren abgeschlossen. Es sollte am 31. Dezember 1999 enden, sich jedoch um je zwölf Monate verlängern, sofern es nicht auf den als Endtermin vorgesehenen Tag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gekündigt wird. § 4 des Mietvertrags enthielt eine Staffelmietvereinbarung, wonach sich die von den Klägern gemäß § 3 des Vertrags zu zahlende Kaltmiete von zunächst 1.650 DM auf folgende Beträge erhöhen sollte:

ab 01.01.1997 1.950,00 DM

ab 01.01.1998 2.150,00 DM

ab 01.01.1999 2.400,00 DM

ab 01.01.2000 2.600,00 DM

ab 01.01.2001 2.800,00 DM

ab 01.01.2002 3.000,00 DM

ab 01.01.2003 3.200,00 DM

ab 01.01.2004 3.500,00 DM.

In einem "2. Nachtrag zum Mietvertrag" vom 10. Dezember 1998 änderten die Parteien § 4 des Mietvertrags dahin, dass die monatliche Kaltmiete für den Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 31. Dezember 1999 weiterhin 2.150 DM betragen sollte. Am 14. Juni 1999 vereinbarten die Parteien folgenden "3. Nachtrag zum Mietvertrag vom 17. Januar 1995":

"§ 2 wird dahingehend geändert, dass für die Zeit ab 01.01.2000 bis 31.12.2004 eine neue Festmietzeit mit Verlängerungsklausel vereinbart wird.

§ 4 wird dahingehend geändert, dass folgende monatliche Kaltmiete für die neue Festmietzinszeit gilt:

ab 01.01.2000: DM 2.000,00,

ab 01.01.2002: DM 2.200,00.

Die übrigen Bedingungen des Mietvertrages bleiben unverändert."

Zusätzlich hatten die Kläger monatliche Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von zuletzt 200 DM (102,26 €) zu leisten.

Nachdem die Kläger das Mietverhältnis im Februar 2002 außerordentlich mit der Begründung gekündigt hatten, der Beklagte habe die von ihnen begehrte Zustimmung zur Untervermietung der Doppelhaushälfte verweigert, erhob der Beklagte Klage auf Zahlung fälliger und zukünftig fällig werdender Miete. Die Kläger, die das gemietete Haus im Frühjahr 2002 geräumt und ein Eigenheim bezogen hatten, vertraten die Auffassung, das Mietverhältnis sei infolge ihrer Kündigung zum 31. Mai 2002 beendet. Das Amtsgericht Meißen verurteilte die Kläger am 30. September 2002 unter Nr. 2 des Urteilstenors für den Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis zum 31. Dezember 2004 zur Zahlung der Miete in Höhe von monatlich 1.182 € - einschließlich 57,16 € verbrauchsunabhängiger Betriebskostenvorauszahlungen - nebst Zinsen. Die hinsichtlich der Verurteilung zu Nr. 2 eingelegte Berufung der Kläger wies das Landgericht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss vom 5. März 2003 als unbegründet zurück.

Die Kläger haben die Doppelhaushälfte seit April 2003 zu einer Miete von 600 € untervermietet. Mit Schreiben vom 8. Juli 2003 kündigten die Kläger das Mietverhältnis unter Hinweis auf den dritten Nachtrag zum Mietvertrag und § 557a Abs. 3 BGB zum 31. Oktober 2003. Der Beklagte trat der Kündigung entgegen.

Die Kläger haben mit ihrer Klage zunächst begehrt, Nr. 2 des Urteils des Amtsgerichts Meißen vom 30. September 2002 dahingehend abzuändern, dass die Miete in Höhe von 1.182 € nur noch bis zum 31. Oktober 2003 geschuldet wird. Der Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt, die Kläger als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn jeweils 45,10 € verbrauchsabhängige Betriebskostenvorauszahlungen für den Zeitraum April 2003 bis Januar 2004, insgesamt 451 €, sowie weitere 945 € - jeweils nebst Zinsen - zu zahlen. Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich des Zeitraums ab 31. Dezember 2003 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen; der Widerklage hat das Amtsgericht überwiegend stattgegeben und sie lediglich hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlung für den Monat Januar 2004 in Höhe von 45,10 € abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht - nachdem die Kläger ihren Klageantrag entsprechend geändert hatten - das amtsgerichtliche Urteil dahin abgeändert, dass es die Vollstreckung aus Nr. 2 des Urteils des Amtsgerichts Meißen für Leistungen, die ab dem 1. Januar 2004 fällig werden, für unzulässig erklärt hat. Im Übrigen hat es die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seine Anträge auf Abweisung der Klage und auf Verurteilung der Kläger zur Zahlung des Betriebskostenvorschusses für Januar 2004 nebst Zinsen weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt:

Die Berufung des Beklagten habe lediglich insoweit Erfolg, als die Kläger ihr Begehren nicht im Wege der Abänderungsklage verfolgen könnten, sondern nur die Vollstreckungsabwehrklage statthaft sei. In der Sache sei die Berufung jedoch unbegründet. Die Vollstreckung aus dem Urteil vom 30. September 2002 sei für unzulässig zu erklären, soweit es die Kläger zur Zahlung von Mieten und Betriebskostenvorauszahlungen verpflichte, die ab dem 1. Januar 2004 fällig würden; denn die Kündigung der Kläger vom 8. Juli 2003 habe das Mietverhältnis spätestens zum 31. Dezember 2003 beendet. Die Kündigung sei gemäß § 10 Abs. 2 Satz 6 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG) zulässig. Die Parteien hätten das Mietverhältnis durch die Nachtragsvereinbarung vom 14. Juni 1999 nach Ablauf der ersten Befristung erneut für die Dauer von fünf Jahren befristet und somit das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen. Die Kläger seien verpflichtet geblieben, die Miete nach einer Staffel zu entrichten. Dem stehe nicht entgegen, dass während der Laufzeit von fünf Jahren lediglich eine einzige Mieterhöhung vorgesehen sei. Ohne Bedeutung sei auch, dass sich die Miete für die erste Periode der Staffel gegenüber der bis dahin geschuldeten Miete verringert habe und erst in der zweiten Periode eine Erhöhung erfolgt sei. Durch die Vereinbarung einer weiteren Befristung von fünf Jahren und die Verpflichtung der Kläger, die Miete nach einer fortlaufenden Staffel zu zahlen, hätte das Kündigungsrecht gemäß § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG erneut höchstens für die Dauer von vier Jahren ausgeschlossen werden können.

Die Einwendung der Kündigung des Mietverhältnisses sei auch zulässig, weil die Gründe, auf denen sie beruhe, erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung, in der sie hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden seien und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden könnten (§ 767 Abs. 2 ZPO). Die Kläger hätten sich im damaligen Rechtsstreit nicht auf ein abstrakt bestehendes Kündigungsrecht berufen müssen. Dies sei nur anzunehmen, wenn sie von diesem Recht bereits Gebrauch gemacht hätten, was erst am 8. Juli 2003 geschehen sei.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision des Beklagten hat hinsichtlich der Klage Erfolg (A.); sie ist jedoch zurückzuweisen, soweit der Beklagte den mit der Widerklage erhobenen Anspruch weiterverfolgt (B.).

A.

1. Zu Unrecht hält die Revision allerdings die von den Klägern im zweiten Rechtszug im Wege der Klageänderung erhobene - statthafte - Vollstreckungsabwehrklage (§§ 767, 533 ZPO), die sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung der Miete bis zum 31. Dezember 2004 richtet, für unzulässig.

Es bestehen Bedenken gegen die Auffassung der Revision, dass das Rechtsschutzinteresse an der Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die Verurteilung zur Zahlung von Miete fehlt, wenn der Mieter als Vollstreckungsschuldner dem Vermieter aus materiell-rechtlichen Gründen jedenfalls zur Zahlung einer Entschädigung wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache gemäß § 546a Abs. 1 BGB verpflichtet ist. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil die Kläger zur Zahlung von Nutzungsentschädigung - die Wirksamkeit ihrer Kündigung vom 8. Juli 2003 unterstellt - nicht verpflichtet gewesen wären. § 546a Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Mieter dem Vermieter die Mietsache vorenthält. Der Begriff der Vorenthaltung besagt, dass der Mieter die Mietsache nicht zurückgibt und das Unterlassen der Herausgabe dem Willen des Vermieters widerspricht (st.Rspr.; Senatsurteile BGHZ 90, 145, 148; Urteil vom 7. Januar 2004 - VIII ZR 103/03, NJW-RR 2004, 558 = WM 2004, 1187, unter II 2 a, jew.m.w.Nachw.). Hieran fehlt es, wenn der Wille des Vermieters nicht auf die Rückgabe der Mietsache gerichtet ist, etwa weil er vom Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht (Senat, Urteil vom 22. März 1960 - VIII ZR 177/59, NJW 1960, 909, unter II b; Palandt/Weidenkaff, BGB, 64. Aufl., § 546a Rdnr. 8 m.w.Nachw.; Schmidt-Futterer/Gather, Mietrecht, 8. Aufl., § 546a Rdnr. 19; vgl. auch Senatsurteil vom 7. Januar 2004, aaO). So liegt es hier. Der Beklagte ist der Kündigung vom 8. Juli 2003 entgegengetreten. Er hat im vorliegenden Rechtsstreit die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unwirksam. Dass er von den Klägern oder dem Untermieter die Rückgabe der vermieteten Doppelhaushälfte verlangt hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und wird von der Revision auch nicht geltend gemacht.

2. Die Vollstreckungsabwehrklage ist jedoch nicht begründet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist den Klägern ihre Einwendung, das Mietverhältnis sei aufgrund ihrer nach rechtskräftigem Abschluss des Vorprozesses erklärten Kündigung gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB zum 31. Oktober 2003 beendet und ihre durch Urteil festgestellte Verpflichtung zur Zahlung von Miete bis zum 31. Dezember 2004 sei infolgedessen entfallen, gemäß § 767 Abs. 2 ZPO aus prozessualen Gründen verwehrt. Nach dieser Vorschrift sind Einwendungen gegen den durch Urteil festgestellten Anspruch nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Ausschluss der Geltendmachung von gesetzlichen Gestaltungsrechten nach § 767 Abs. 2 ZPO nicht auf den Zeitpunkt ihrer Ausübung, sondern auf den Zeitpunkt ihres Entstehens und der Befugnis zu ihrer Ausübung abzustellen (für die Aufrechnung: BGHZ 34, 274, 279 f.; 100, 222, 225; Senatsurteil BGHZ 125, 351, 353; für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung: BGHZ 42, 37, 39 ff.; vgl. auch Senatsurteile BGHZ 94, 29, 34; 157, 47, 52). An dieser Rechtsprechung, die im Schrifttum sowohl Zustimmung (MünchKomm ZPO/K. Schmidt, 2. Aufl., § 767 Rdnr. 80 ff.; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 767 Rdnr. 14, jew.m.w.Nachw.; Schuschke in Schuschke/Walker, Zwangsvollstreckung, 3. Aufl., § 767 Rdnr. 31 f.) als auch Kritik erfahren hat (Stein/Jonas/ Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rdnr. 32 ff.; Gaul, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 1997, S. 135 ff., jew.m.w.Nachw.), wird festgehalten.

b) Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall einer vom Mieter nach Abschluss des Vorprozesses erklärten ordentlichen Kündigung anzuwenden (a.A. Zöller/Vollkommer, aaO, Vor § 322 Rdnr. 67; K. Schmidt, aaO, Rdnr. 82). Jedenfalls dann, wenn der Mieter im Vorprozess Einwendungen erhebt, die sich - wegen einer von ihm ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung - gegen den Fortbestand des Mietverhältnisses richten, ist seine Einwendung einer später erklärten ordentlichen Kündigung gegenüber dem titulierten Anspruch nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. So liegt der Fall hier.

§ 767 Abs. 2 ZPO lässt Einwendungen gegen den durch das Urteil im Vorprozess festgestellten Anspruch nur dann zu, wenn die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nachträglich entstanden sind. Dies war bei dem Kündigungsrecht der Kläger nicht der Fall. Zwar tritt die materiell-rechtliche Gestaltungswirkung der Kündigung, die das Mietverhältnis beendet, erst infolge der Kündigungserklärung ein. Der Grund, auf dem die gestaltende Wirkung der Kündigungserklärung beruht, entsteht jedoch bereits mit dem Zeitpunkt, zu dem der Mieter erstmals die Möglichkeit hat, sein Kündigungsrecht auszuüben, und er mithin die Rechtslage durch Abgabe der Gestaltungserklärung zu seinen Gunsten beeinflussen kann (vgl. BGHZ 94, 29, 34; für die Aufrechnungslage RGZ 64, 228, 230).

Der Mieter hat bereits vor dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung spätestens zugehen muss (§ 573c Abs. 1 Satz 1 BGB), die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses zu einem bestimmten Kündigungstermin, weil die Ausübung des Kündigungsrechts schon vor dem spätestmöglichen Kündigungstag zulässig ist. Das gilt auch für die Kündigung eines Mietverhältnisses, in dem - wie im vorliegenden Fall - eine Staffelmiete sowie ein Kündigungsausschluss vereinbart sind (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1989, 1288, unter IV 1 b zu § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG). Die Kläger hätten das Mietverhältnis daher bereits in dem rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozess zum 31. Oktober 2003 oder zu einem früheren Termin ordentlich kündigen können.

Zwar wird der Mieter hierdurch in seiner Freiheit eingeschränkt, den Zeitpunkt der Ausübung seines gesetzlichen Kündigungsrechts zu bestimmen, weil das Gestaltungsrecht präkludiert ist, wenn es nicht bereits im Vorprozess ausgeübt wird (vgl. BGHZ 94, 29, 34). Diese Einschränkung der nach materiellem Recht bestehenden Entscheidungsfreiheit des Ausübungsberechtigten ist jedoch aufgrund des Zwecks des § 767 Abs. 2 ZPO gerechtfertigt. Dieser besteht darin, den rechtskräftigen Vollstreckungstitel in weitem Umfang vor nachträglichen Einwendungen des Schuldners zu schützen und die Hindernisse zu begrenzen, die der Vollstreckung aus diesem Titel bereitet werden können (BGHZ 34, 274, 280; 42, 37, 41 f.; vgl. bereits RGZ 64, 228, 230). Aufgrund dessen ist es dem Schuldner - wie bei der Aufrechnung und der Anfechtung (dazu BGHZ 42, 37, 41 f.) - zuzumuten, von seinem gesetzlichen Kündigungsrecht gegenüber dem Anspruch des Gläubigers im Vorprozess Gebrauch zu machen, weil der Eintritt der materiellen Gestaltungswirkung - und damit die Herbeiführung einer für den Ausgang des Prozesses günstigen materiellen Rechtslage - allein von seinem Willen abhängig ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Mieter bereits im Vorprozess den Einwand erhoben hat, dass das Mietverhältnis beendet ist. Denn dadurch gibt er regelmäßig zu erkennen, dass er kein Interesse mehr an einem Fortbestand des Mietverhältnisses hat. So liegt es auch hier, weil die Kläger sich im vorangegangenen Rechtsstreit gegenüber der Klage des Vermieters auf Zahlung fälliger und zukünftig fällig werdender Miete mit dem Einwand verteidigt haben, das Mietverhältnis sei infolge ihrer außerordentlichen Kündigung - die sie auf eine Verweigerung der Zustimmung des Beklagten zur Untervermietung gestützt haben - zum 31. Mai 2002 beendet, und sie die gemietete Doppelhaushälfte im Frühjahr 2002 bereits geräumt und ein Eigenheim bezogen haben.

Insoweit verhält es sich anders als bei einem vertraglich eingeräumten Optionsrecht, dessen nachträgliche Ausübung der Senat nicht an der Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO hat scheitern lassen (BGHZ 94, 29 ff.). Im Wesen des Optionsrechts liegt es, dem Berechtigten die Entscheidungsfreiheit in zeitlicher Hinsicht zu belassen. Dem Optionsberechtigten ist es im Gegensatz zum Aufrechnungs- oder Anfechtungsberechtigten nicht anzusinnen, von seiner Gestaltungsbefugnis ungeachtet seiner zeitlichen Wahlfreiheit immer schon dann Gebrauch zu machen, wenn er dadurch in einem gegen ihn geführten Prozess die Rechtslage zu seinen Gunsten beeinflussen könnte (Senat aaO S. 35); in dem dem Senatsurteil (aaO) zugrunde liegenden Sachverhalt war der Entschluss, das Vertragsverhältnis auslaufen zu lassen oder durch Ausübung der Option zu verlängern, wesentlich von der oft schwer überschaubaren Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse abhängig. Demgegenüber ist dann, wenn der Mieter bereits im Vorprozess außerordentlich gekündigt hat, im Regelfall kein schutzwürdiges Interesse ersichtlich, das ihn dazu berechtigen könnte, das ihm kraft Gesetzes zustehende Recht zur ordentlichen Kündigung über den nach § 767 Abs. 2 ZPO für die Präklusion maßgeblichen Zeitpunkt hinaus "aufzusparen" und diese Einwendung erst gegenüber dem vollstreckbaren Titel vorzubringen.

Ein solches Interesse ist auch bei den Klägern, die - wie ausgeführt - beabsichtigt hatten, das Mietverhältnis wegen des bevorstehenden Bezugs eines Eigenheims umgehend zu beenden, nicht gegeben. Auf ihre im Vorprozess durch die Kündigung vom Februar 2002 geltend gemachte Rechtsfolge - die Beendigung des Mietverhältnisses - ist auch die vorliegend erst nach Abschluss des Vorprozesses erklärte ordentliche Kündigung gerichtet. Ihnen konnte nicht daran gelegen sein, bei Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung an dem Mietverhältnis festzuhalten, das ihnen nur weitere, für sie nunmehr nutzlose Kosten verursachen würde. Durch den Antrag des Beklagten, des damaligen Klägers, auf künftige Miete war ihnen vor Augen gehalten, welche Zahlungsverpflichtungen durch einen gegen sie ergehenden Titel auf sie zukommen würden, wenn ihre außerordentliche Kündigung nicht durchgreifen sollte. Eine Einschränkung der Rechtskraftwirkung des Urteils, um ihnen noch nachträglich eine schon im ersten Rechtsstreit mögliche Befreiung von ihrer Pflicht zur Mietzahlung zu ermöglichen, ist daher nicht gerechtfertigt. Ob die außerordentliche Kündigung der Kläger, die das Berufungsgericht des Vorprozesses als unwirksam angesehen hat, im vorangegangenen Rechtsstreit in eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt hätte umgedeutet werden müssen (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2005 - VIII ZR 326/04, WuM 2005, 584 unter II 2 m.w.Nachw.) - mit der Folge, dass die erst nach Abschluss des Vorprozesses erklärte erneute Kündigung nicht erforderlich gewesen wäre -, bedarf hier keiner Entscheidung.

B.

Die Revision ist dagegen nicht begründet, soweit der Beklagte mit der Widerklage Zahlung von verbrauchsabhängigen Betriebskostenvorschüssen für den Monat Januar 2004 in Höhe von 45,10 € verlangt. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung der Kläger vom 8. Juli 2003 vor diesem Zeitpunkt wirksam geworden ist.

1. Der Annahme, dass die Kündigung der Kläger vom 8. Juli 2003 das Mietverhältnis vor dem 1. Januar 2004 beendet hat, stehen weder § 767 Abs. 2 ZPO noch die Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Meißen vom 30. September 2002 entgegen. § 767 Abs. 2 ZPO schließt lediglich Einwendungen gegenüber durch Urteil festgestellten Ansprüchen aus. Um einen solchen Anspruch handelt es sich nicht, da der vom Beklagten mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung verbrauchsabhängiger Betriebskosten nicht Gegenstand des Vorprozesses war.

Das Fortbestehen des Mietverhältnisses steht auch nicht aufgrund der materiellen Rechtskraftwirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils fest (§ 322 Abs. 1 ZPO). In Rechtskraft ist lediglich die im Urteil ausgesprochene Rechtsfolge erwachsen, nicht dagegen die Feststellung der zugrunde liegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen, aus denen der Richter den Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der von der Klagepartei beanspruchten Rechtsfolge zieht (st. Rspr.; Senatsurteile BGHZ 43, 144, 145 ff.; 94, 29, 33; BGH, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376 = WM 1999, 549, unter II 1 b m.w.Nachw.). Die Rechtskraftwirkung erstreckt sich daher allein auf die im Vorprozess ausgesprochene Rechtsfolge, dass dem Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von Mieten und verbrauchs-unabhängigen Betriebskostenvorschüssen bis zum 31. Dezember 2004 zusteht, nicht dagegen auf die Vorfrage, ob das Mietverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt fortbestand (vgl. BGHZ 43, 144, 146; BGH, Urteil vom 13. November 1998, aaO; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 322 Rdnr. 90).

2. Zu Recht ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass die Kündigung der Kläger das Mietverhältnis vor dem 1. Januar 2004 beendet hat. Der im "3. Nachtrag zum Mietvertrag" vom 14. Juni 1999 für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2004 erneut vereinbarte Kündigungsausschluss steht der Kündigung vom 8. Juli 2003 gemäß § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift, die auf die vor dem 1. September 2001 getroffene Staffelmietvereinbarung noch anzuwenden ist (Senat, Urteil vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 316/03, NJW-RR 2004, 1309, unter II 1 m.w.Nachw.), ist eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Mieters unwirksam, soweit sie sich auf einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren seit Abschluss der Vereinbarung erstreckt (vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 2005 - VIII ZR 344/04, WuM 2005, 519, unter II 2, 3).

a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Parteien im dritten Nachtrag zum Mietvertrag eine Staffelmietvereinbarung getroffen haben. § 10 Abs. 2 Satz 1 MHG setzt insoweit lediglich voraus, dass die Miete für bestimmte Zeiträume in unterschiedlicher Höhe vereinbart wird. Hierfür ist es ausreichend, dass sich die Miete während des vereinbarten Zeitraums lediglich einmal - wie hier zum 1. Januar 2002 - erhöht (vgl. MünchKommBGB/Artz, 4. Aufl., § 557a Rdnr. 1; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, § 557a Rdnr. 49, jew. m.w.Nachw.; a.A. für die - hier nicht vorliegende - Fallgestaltung, dass der Beendigungszeitpunkt der zweiten Staffel nicht feststeht, Mersson, ZMR 2002, 732 f.).

b) Die am 14. Juni 1999 erneut vereinbarte Beschränkung des Kündigungsrechts ist unwirksam, soweit sie das Recht der Kläger zur ordentlichen Kündigung für einen längeren Zeitraum als vier Jahre seit Abschluss der Staffelmietvereinbarung ausschließt. Zu Unrecht meint die Revision, § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG sei auf die Nachtragsvereinbarung nicht anzuwenden, weil die Miete in der ab dem 1. Januar 2000 vereinbarten ersten Staffel in Höhe von 2.000 DM im Vergleich zu der gemäß dem "2. Nachtrag zum Mietvertrag" bis zum 31. Dezember 1999 zu zahlenden Miete von 2.150 DM gesenkt wurde. Dies steht der Anwendung der Vorschrift jedoch weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Zweck entgegen. Ein vereinbarter Kündigungsausschluss ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG unwirksam, soweit die Parteien eine Staffelmiete vereinbart und sie das Kündigungsrecht des Mieters für die Dauer von mehr als vier Jahren ausgeschlossen haben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Revision verkennt, dass nicht allein zugunsten der Mieter von der bisherigen Staffelmietvereinbarung abgewichen, sondern zugleich - im Anschluss an den zum 31. Dezember 1999 auslaufenden ersten Kündigungsausschluss - das Kündigungsrecht erneut - bis zum 31. Dezember 2004 - ausgeschlossen wurde. Im Übrigen war die ab dem 1. Januar 2000 zu zahlende Miete zwar im Vergleich zu der zuvor gezahlten Miete günstiger; die Miete erhöhte sich ab dem 1. Januar 2002 - abgesichert durch den erneuten Kündigungsausschluss - jedoch auf einen Betrag, der die vor dem 1. Januar 2000 zu zahlende Miete wieder überstieg.

Die Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG steht auch im Einklang mit dem Zweck der Vorschrift, einer möglichen Zwangslage der Wohnungssuchenden beim Abschluss eines Mietvertrags durch eine zeitliche Begrenzung des Ausschlusses des Kündigungsrechts Rechnung zu tragen (BT-Drucks. 9/2079 S. 18). Dies gilt auch dann, wenn es sich um einen erst nach Abschluss des Mietvertrags vereinbarten oder - wie im vorliegenden Fall - um einen wiederholten Kündigungsausschluss handelt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat. Eine Zwangslage kann für den Mieter auch während eines laufenden Mietverhältnisses entstehen, etwa wenn ein befristetes Mietverhältnis ausläuft und der Vermieter zur Fortsetzung des Mietverhältnisses lediglich unter der Bedingung einer Staffelmietvereinbarung und eines langfristigen Kündigungsausschlusses bereit ist oder wenn der Mieter einer solchen Vertragsänderung zustimmt, um eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters abzuwenden. Ob sich die Kläger im Zeitpunkt der Vereinbarung des dritten Nachtrags zum Mietvertrag tatsächlich in einer Zwangslage befanden, ist für die Anwendung des § 10 Abs. 2 Satz 6 MHG ohne Bedeutung, da die Vorschrift - deren gesetzliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sind - das Bestehen einer Zwangslage nicht voraussetzt.

c) Das Berufungsgericht ist auch zu Recht der Auffassung, dass die Kläger das Mietverhältnis unter Wahrung der Frist von 3 Monaten gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam gekündigt haben. Es hat den Mietvertrag zutreffend und von der Revision unangegriffen dahin ausgelegt, dass seine Bestimmungen keine vertragliche Vereinbarung von Kündigungsfristen enthalten - die gemäß Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB fortgelten könnten -, weil sie nur auf die gesetzlichen Vorschriften verweisen und den Gesetzestext nicht wiedergeben, so dass hierdurch kein von der gesetzlichen Regelung losgelöster vertraglicher Geltungsgrund geschaffen wurde (vgl. Senatsurteil BGHZ 155, 178, 183). Die Kündigung vom 8. Juli 2003 ist daher zum 31. Oktober 2003 und damit vor dem 1. Januar 2004 wirksam geworden.

III.

Auf die Rechtsmittel des Beklagten ist das Berufungsurteil demnach aufzuheben, und das erstinstanzliche Urteil ist abzuändern, soweit die Vorinstanzen der Klage stattgegeben haben. Die Klage ist insgesamt abzuweisen, da der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 3 ZPO). Hinsichtlich des mit der Widerklage geltend gemachten Anspruchs des Beklagten auf Betriebskostenvorauszahlungen für den Monat Januar 2004 sind die Rechtsmittel des Beklagten zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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