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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.2004
Aktenzeichen: VIII ZR 224/02
Rechtsgebiete: GmbHG


Vorschriften:

GmbHG § 46 Nr. 8
a) Für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen den Geschäftsführer einer GmbH bedarf es dann keines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

b) Gleiches gilt bei der Liquidation einer GmbH, die ihren Geschäftsbetrieb endgültig eingestellt hat, wenn die Liquidation deshalb konkursfrei erfolgt, weil eine die Kosten deckende Masse nicht vorhanden ist (sogenannte masselose Liquidation).


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 224/02

Verkündet am: 14. Juli 2004

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Ball, Dr. Leimert und Dr. Wolst

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Teilurteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 2. Juli 2002 insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht von der W. GmbH abgeleitete Schadensersatzansprüche der Klägerin in Höhe von zum einen 26 Millionen DM und zum anderen 18 Millionen DM - davon mit der Revision weiterverfolgt jeweils 2,5 Millionen EUR - gegen den Beklagten zu 4 verneint und der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 4 auferlegt hat.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1, 2 und 5 im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde zu tragen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens und die sonstigen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 30. August 1990 wurde die W. GmbH (im folgenden: W. ) mit einem Stammkapital von 4 Millionen DM gegründet. Bei der W. handelte es sich um den bereits seit 1969 existierenden ehemaligen V. "deutsch-sowjetische Freundschaft" mit Hauptsitz in Berlin (Ost), W. straße ... bis ..., der am 1. Juli 1990 aufgrund des Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation volkseigenen Vermögens in eine Kapitalgesellschaft (im Aufbau) übergeleitet worden war. Gründungsgesellschafterin war die Klägerin, die unter anderem den Beklagten zu 4 zum Geschäftsführer bestellt hatte. Gegenstand des bis dahin regelmäßig nur als Generalunternehmer tätig gewordenen Unternehmens war nach dem Gesellschaftsvertrag die Beratung, Planung, Projektierung und Errichtung einschließlich der Inbetriebnahme von Wärme-, Elektroenergieerzeugungs-, Wärmespeicher- und Wärmeverteilungsanlagen einschließlich der Wärmeleitungen und -netzstationen für alle Versorgungsbereiche. In der zweiten Jahreshälfte 1990 und bis zur Privatisierung im Februar 1991 beschäftigte die W. 1.225 Mitarbeiter. Auf den Konten der W. befanden sich Ende 1990 ca. 150 Millionen DM, von denen ein Großteil Anzahlungen für noch nicht abgewickelte (Alt-)Aufträge darstellte. Darüber hinaus verfügte die W. unter anderem über unbelastete Immobilien in B. , L. , Z. und S. .

Mit notariellem "Anteilskauf- und -übertragungsvertrag" vom 27. Februar 1991 veräußerte die Klägerin die W. an die Beklagte zu 6 zu einem Kaufpreis von 2 Millionen DM. Die Beklagte zu 6 verpflichtete sich, die Klägerin von ihrer Bürgschaft für Verbindlichkeiten der W. in Höhe von 31,384 Millionen DM freizustellen und die W. zu entschulden.

Zuvor hatten die Beklagten zu 1, 2, 4 und 5 sowie der Zeuge H. am 23. November 1990 einen Partnerschaftsvertrag geschlossen, der unter anderem folgendes festlegte:

"Die jeweils in Erscheinung tretenden Partner werden ihre Entscheidungen und die mit Dritten einzugehenden Verbindlichkeiten im Sinne der Erreichung der gesteckten Ziele und in Übereinstimmung mit den übrigen Partnern treffen."

Am 22. Februar 1991 schlossen dieselben Beteiligten einen Aktionärsbindungsvertrag bezüglich einer zu gründenden Firma P. (P. ) Holding AG, deren Aktien die Beteiligten zu jeweils 20 % halten sollten. Ferner erwarben die Beklagten zu 1, 2, 4 und 5 Anteile an der Beklagten zu 6 zu einem Kaufpreis von jeweils 240.000 SFR. Nach dem Erwerb der W. gelang es den Beklagten zu 1, 2, 4 und 5 sowie dem Zeugen H. , sich durch eine Vielzahl von Finanztransaktionen über eine Reihe speziell zu diesem Zweck gegründeter Gesellschaften das Vermögen der W. anzueignen.

In diesem Zusammenhang veräußerte die Beklagte zu 6 unter anderem einen angeblichen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin an die W. , die hierbei von dem Beklagten zu 4 vertreten wurde. Dieser angeblichen Schadensersatzforderung lag zugrunde, daß für das der W. gehörende Grundstück W. straße in B. ein Restitutionsanspruch geltend gemacht wurde. Der Kaufpreis von 18 Millionen DM für die Forderung wurde von der W. am 22. Juni 1992 gezahlt, die Schadensersatzforderung wurde nicht realisiert. Vielmehr veräußerte die W. das Grundstück W. straße im Jahr 1994 zu einem geringen Preis an eine von den Beklagten gegründete Gesellschaft.

Ende März 1992 erhob der Verwalter über das Vermögen des A. (im folgenden: I. ) Klage gegen die W. über knapp 128 Millionen DM im Zusammenhang mit früheren Arbeiten zum Bau eines Kraftwerkes in B. , bei der es in einer Größenordnung von 60 bis 70 Millionen DM auch um einen Streit über die Höhe der Forderungen nach der Währungsumstellung - Streit über den Richtungskoeffizienten - ging. Die Beklagte zu 6 behauptete, sie habe wegen dieser Streitigkeit über den Richtungskoeffizienten einen Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin in Höhe von 68 Millionen DM. Diesen angeblichen Schadensersatzanspruch verkaufte sie, vertreten durch den Beklagten zu 2, am 30. März 1992 für einen Kaufpreis von 60 Millionen DM an die von den Beklagten zu 1 und 4 vertretene W. . Auf den Kaufpreis wurden von der W. am 22. Juni 1992 8 Millionen DM, am 23. September 1992 6 Millionen DM und am 5. November 1992 weitere 12 Millionen DM, insgesamt also 26 Millionen DM gezahlt. Den restlichen Kaufpreis von 34 Millionen DM trat die Beklagte zu 6 an eine andere von den Beklagten gegründete Gesellschaft ab. Er sollte unter anderem durch Veräußerungen von Grundstücken der W. an diese Gesellschaft realisiert werden. Zur Ausführung dieses Geschäftes kam es jedoch nicht. Die Klage der I. gegen die W. war zwar in Höhe von über 56 Millionen DM erfolgreich, sie wurde allerdings - inzwischen rechtskräftig - abgewiesen, soweit es den Streit über den Richtungskoeffizienten anbetraf. Damit bestanden auch die von der Beklagten zu 6 an die W. verkauften Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin letztlich nicht.

Die W. ist mittlerweile in Vermögensverfall geraten. Ein Antrag des seinerzeitigen Geschäftsführers auf Eröffnung des Konkursverfahrens wurde vom Amtsgericht Charlottenburg durch Beschluß vom 23. November 1995 als unzulässig verworfen. Mit weiterem Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 28. August 2000 wurde auf den Antrag der Klägerin vom 22. August 2000 Herr S. "entsprechend § 29 BGB zum Notvorstand der Gesellschaft bestellt". Sein Wirkungskreis erstreckt sich auf die "Wahrnehmung der Rechte der Gesellschaft bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen der W. GmbH gegen die ehemaligen Geschäftsführer" (es folgen die Namen der Beklagten und des Zeugen H. ). Am 20. September 2000 erließ das Amtsgericht Charlottenburg einen gleichlautenden Beschluß, in dem lediglich das Wort "Notvorstand" durch das Wort "Notgeschäftsführer" ersetzt war. Bereits am 14. September 2000 schlossen die W. , vertreten durch Herrn S. , und die Klägerin eine Abtretungsvereinbarung hinsichtlich der von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachten Schadensersatzansprüche der W. gegen die Beklagten und den Zeugen H. .

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten aus eigenem Recht und aus von der W. abgetretenem Recht geltend. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung durch Teilurteil hinsichtlich der Beklagten zu 4 und 5 in vollem Umfang, hinsichtlich der Beklagten zu 1 und 2 insoweit zurückgewiesen, als nicht Schadensersatzansprüche der Klägerin aus von der W. abgetretenem Recht wegen des Erwerbs der vorerwähnten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 1 und 2 geltend gemacht wurden; bezüglich dieser Ansprüche hat es die Klage für nicht entscheidungsreif gehalten, weil noch weitere Feststellungen zum Vorsatz der Beklagten zu 1 und 2 zu treffen seien.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Senat die Revision insoweit zugelassen, als das Berufungsgericht von der W. GmbH abgeleitete Schadensersatzansprüche der Klägerin in Höhe von zum einen 26 Millionen DM und zum anderen 18 Millionen DM - wovon sie mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde jeweils 2,5 Millionen Euro weiterverfolgt hat - aus den geschilderten Forderungskäufen gegen den Beklagten zu 4 verneint hat. Im übrigen hat er die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat, soweit das Verfahren in die Revision gelangt ist, zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Schadensersatzansprüche der Klägerin aus von der W. abgetretenem Recht gegen den Beklagten zu 4, den damaligen Geschäftsführer der W. , hätten schon deshalb außer Betracht zu bleiben, weil der zur Geltendmachung dieser Ansprüche erforderliche Gesellschafterbeschluß fehle. Ein Beschluß gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG sei vorliegend nicht entbehrlich. Durch die Beschlußfassung solle die Gesellschaft insoweit geschützt werden, als es Sache der Gesellschafterversammlung sei, darüber zu entscheiden, ob Ansprüche gegen die Geschäftsführer geltend gemacht werden sollten, weil durch eine solche Vorgehensweise innere Angelegenheiten der Gesellschaft öffentlich gemacht werden könnten. Zwar übe die W. derzeit keine Geschäftstätigkeit mehr aus, weshalb es ihr geschäftlich keinen Nachteil bringen dürfte, wenn interne Angelegenheiten ihrer Geschäftstätigkeit zur Sprache kämen. Dies rechtfertige jedoch eine einschränkende Auslegung des § 46 GmbHG nicht. Der Geschäftsführer dürfe ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung die Ansprüche geltend machen, die zur Sicherung des Stammkapitals erforderlich seien. Auf diesem Wege gehe der Notgeschäftsführer gegen den Beklagten zu 1 vor. Da die nach dem GmbH-Gesetz möglicherweise bestehenden Ansprüche gegen die übrigen Beklagten verjährt seien, habe die Gesellschafterversammlung der W. zudem gewissermaßen stillschweigend und faktisch die Entscheidung getroffen, derartige Ansprüche gegen die Beklagten zu 2, 4 und 5 nicht geltend zu machen. Das Berufungsgericht führt weiter aus, der Auffassung, nach einer Abtretung und im Liquidationsstadium der Gesellschaft sei ein Beschluß der Gesellschafterversammlung nicht mehr erforderlich, vermöge es sich nicht anzuschließen. Vielmehr bedürften jegliche Maßnahmen zur außergerichtlichen Durchsetzung eines Anspruchs gegen den Geschäftsführer und die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs durch die Gesellschaft eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, so daß das Berufungsurteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben ist.

1. Zu Recht ist allerdings das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß eventuelle Schadensersatzforderungen der W. wirksam an die Klägerin abgetreten wurden.

a) Die W. war bei der Abtretung vom 14. September 2000 ordnungsgemäß vertreten. Zwar war durch Beschluß des Amtsgerichts Charlottenburg vom 28. August 2000 Herr S. zum Notvorstand der W. bestellt worden. Hierbei handelte es sich jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, um eine offensichtliche Falschbezeichnung des bestellten Vertreters der W. . Das ergibt sich zum einen daraus, daß das Amtsgericht durch im übrigen inhaltsgleichen Beschluß vom 20. September 2000 den Begriff "Notvorstand" durch das Wort "Notgeschäftsführer" ersetzt hat. Zum anderen ist auf das Vorliegen einer versehentlichen Falschbezeichnung auch deshalb zu schließen, weil die Bestellung des Notgeschäftsführers einer GmbH in Analogie zu § 29 BGB - der unmittelbar auf die Bestellung eines Notvorstandes beim rechtsfähigen Verein anwendbar ist (so schon RGZ 138, 98, 101; vgl. auch Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 29 Rdnr. 1) - erfolgt und das Amtsgericht die Bestellung des Herrn S. in seinem Beschluß vom 28. August 2000 ausdrücklich unter analoger Anwendung von § 29 BGB vorgenommen hat.

b) Die abgetretenen Forderungen waren hinreichend genau bestimmt. Die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach sich aus der während des laufenden Verfahrens erfolgten Abtretung ergebe, daß die unter B I Nr. 1 bis 8 aufgeführten und damit die von der Klägerin gerichtlich geltend gemachten Ansprüche abgetreten sein sollten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Nicht gefolgt werden kann jedoch der Auffassung des Berufungsgerichts, Schadensersatzansprüche der W. gegen den Beklagten zu 4 wegen des Ankaufs angeblicher Schadensersatzforderungen über 18 Millionen DM und 26 Millionen DM von der Beklagten zu 6 kämen schon deshalb nicht in Betracht, weil es für die Geltendmachung derartiger Ansprüche an dem nach § 46 Nr. 8 GmbHG erforderlichen Beschluß der Gesellschafterversammlung fehle.

a) Dabei ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß ein solcher Beschluß tatsächlich nicht zustande gekommen ist. Die Klägerin hat erstmals im Rahmen der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde unter Vorlage einer Kopie der Urkunde vorgetragen, ein entsprechender Beschluß der Gesellschafterversammlung der W. sei am 9. Oktober 2002, also nach Verkündung des Berufungsurteils, gefaßt worden. Dieses Vorbringen der Klägerin kann jedoch im Revisionsverfahren nach dem Grundsatz, daß die Urteilsgrundlage durch das Ende der Berufungsverhandlung abgeschlossen wird (BGHZ 104, 215, 220), keine Beachtung finden (§ 559 ZPO). Allerdings ist das Revisionsgericht bei der von Amts wegen durchzuführenden Prüfung einer Prozeßvoraussetzung an den vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt nicht gebunden, sondern es hat die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst festzustellen (BGHZ aaO, S. 221). Das Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses stellt jedoch kein Erfordernis für die Zulässigkeit der Klage dar, sondern ist materiell-rechtliche Voraussetzung für den Anspruch der Gesellschaft (vgl. unten zu II, 2 b). Der Gesellschafterbeschluß kann noch im Laufe des Rechtsstreits gefaßt werden, auch in der Revisionsinstanz (BGH, Urteil vom 3. Mai 1999 - II ZR 119/98, NJW 1999, 2115). Seine Einführung als Grundlage für die Entscheidung des Revisionsgerichts ist aber nur eingeschränkt zulässig. Die materiell-rechtlichen Folgen von Umständen, die nach Schluß der mündlichen Berufungsverhandlung eingetreten sind, sind aus Gründen der Prozeßökonomie zu berücksichtigen, sofern die Tatsachen unstreitig sind und nicht schützenswerte Belange einer Partei entgegenstehen (BGHZ aaO; 139, 214, 221; BGH, Urteil vom 12. Januar 2001 - V ZR 468/99, NJW 2001, 1272, 1273; BGH, Urteil vom 21. November 2001 - XII ZR 162/99, NJW 2002, 1130, 1131; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 559 Rdnr. 10). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Beklagte zu 4 hat das Vorbringen der Klägerin, entsprechend der vorgelegten Kopie sei mittlerweile ein (wirksamer) Gesellschafterbeschluß, die streitgegenständlichen Forderungen betreffend, gefaßt worden, in allen Einzelheiten in zulässiger Weise bestritten. Der neue Vortrag der Klägerin kann somit in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war im gegebenen Fall ein Beschluß der Gesellschafterversammlung aber nicht erforderlich.

Grundsätzlich bedarf es allerdings gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG stets eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, wenn die Gesellschaft Ansprüche - auch deliktische Ansprüche - gegen ihren Geschäftsführer geltend machen will (anders bei Ansprüchen der GmbH & Co. KG gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH: vgl. BGHZ 76, 326, 338; BGH, Urteil vom 10. Februar 1992 - II ZR 23/91, WM 1992, 691, 693 = GmbHR 1992, 303). § 46 Nr. 8 GmbHG macht die Verfolgung derartiger Ansprüche - abgesehen von etwaigen Opportunitätsgründen, die hier keine Rolle spielen - deshalb von einem Beschluß der Gesellschafter abhängig, weil dem obersten Gesellschaftsorgan vorbehalten und nicht dem Entschluß der Geschäftsführer überlassen werden soll, ob ein Geschäftsführer wegen Pflichtverletzung belangt und die damit verbundene Offenlegung innerer Gesellschaftsverhältnisse trotz der für Ansehen und Kredit der Gesellschaft möglicherweise abträglichen Wirkung in Kauf genommen werden soll (BGHZ 28, 355, 357). Da diese Gesichtspunkte auch zutreffen, wenn sich der Geschäftsführer nicht mehr im Amt befindet, ist § 46 Nr. 8 GmbHG auf die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen einen ausgeschiedenen Geschäftsführer gleichfalls anwendbar (BGHZ aaO; Bartl/Fichtelmann/Schlarb/Schulze, GmbH-Recht, 5. Aufl., § 46 Rdnr. 61). Ein Gesellschafterbeschluß ist materielles Erfordernis für die Geltendmachung der Forderung, so daß eine ohne Beschluß der Gesellschafter erhobene Klage wegen Fehlens einer materiellen Anspruchsvoraussetzung als unbegründet abzuweisen ist (BGHZ aaO, S. 359; 97, 382, 390; BGH, Urteil vom 3. Mai 1999 - II ZR 119/98, NJW 1999, 2115; BGH, Urteil vom 26. Januar 1998 - II ZR 279/96, NJW 1998, 1646; Koppensteiner in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 46 Rdnr. 40; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 46 Rdnr. 142; Goette, Die GmbH, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 16; anders bei Ansprüchen der GmbH & Co. KG gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH: BGHZ 76, 326, 338; BGH, Urteil vom 10. Februar 1992 - II ZR 23/91, WM 1992, 691, 692).

Die Frage, ob der Auffassung des Berufungsgerichts entsprechend für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches der GmbH gegen ihren früheren Geschäftsführer ein Gesellschafterbeschluß erforderlich ist, wenn diese Forderung inzwischen abgetreten ist (ebenso Michalski/Römermann, GmbHG, § 46 Rdnr. 410; Koppensteiner aaO, § 46 Rdnr. 41; grundsätzlich auch Scholz/K. Schmidt, aaO, Rdnr. 145), oder ob ein fehlender Gesellschafterbeschluß den Zessionar nicht an der Geltendmachung des Anspruchs hindert (Roth/Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl., § 46 Rdnr. 61; Bartl/Fichtelmann/Schlarb/Schulze aaO, Rdnr. 66; für den Fall der Geltendmachung durch einen Pfändungspfandgläubiger ebenso: Michalski/Römermann aaO, Rdnr. 409, Koppensteiner aaO; Scholz/K. Schmidt aaO, Rdnr. 152, letzterer auch für den Fall der Abtretung, sofern die Forderung zur Sicherheit oder erfüllungshalber an einen Gläubiger der Gesellschaft abgetreten worden ist und dieser aus liquidem Gesellschaftsvermögen keine Befriedigung erlangt), bedarf keiner Entscheidung. Im vorliegenden Fall war eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung jedenfalls entbehrlich.

Durch § 46 Nr. 8 GmbHG soll, wie dargelegt, unter anderem verhindert werden, daß die mit der Inanspruchnahme des Geschäftsführers wegen Pflichtverletzung verbundene Offenlegung innerer Gesellschaftsverhältnisse trotz der für Ansehen und Kredit der Gesellschaft möglicherweise abträglichen Wirkung ohne Einschaltung des obersten Gesellschaftsorgans geschieht (BGHZ 28, 355, 357). Zum Schutz der Gesellschaft im Geschäftsverkehr kann über ein Vorgehen gegen den Geschäftsführer nur die Gesellschafterversammlung entscheiden. Anders verhält es sich jedoch im Insolvenzverfahren der Gesellschaft. Im Insolvenzverfahren verdienen die Interessen der Gesellschaftsgläubiger an einer Vermehrung der Masse den Vorrang, während ein Schutzbedürfnis der in der Regel nur abzuwickelnden Gesellschaft nicht mehr gegeben ist. Für eine Entschließung der Gesellschafter besteht daher keine Notwendigkeit mehr (Koppensteiner aaO; Scholz/K. Schmidt aaO; Michalski/Römermann aaO, Rdnr. 408; Roth/Altmeppen aaO; Goette aaO § 7 Rdnr. 19).

Davon, daß im Insolvenzverfahren die Interessen der Gläubiger der Gesellschaft an einer Vermehrung der Masse vorrangig zu berücksichtigen sind, geht auch das Berufungsgericht aus. Entgegen seiner Auffassung ist aber der vorliegende Sachverhalt dem Fall gleich zu behandeln, daß die Gesellschaft in Insolvenz geraten ist. Ein Beschluß der Gesellschafterversammlung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Beklagten zu 4 als ehemaligem Geschäftsführer der W. war daher nicht erforderlich. Daß sich die W. nicht im Konkursverfahren befand, beruhte darauf, daß ihr seinerzeitiger Geschäftsführer den von ihm wegen Zahlungsunfähigkeit der GmbH gestellten Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen nicht weiterverfolgt, sondern sein Amt als Geschäftsführer niedergelegt und mitgeteilt hatte, es sei der Gesellschaft unmöglich, den Auslagenvorschuß zu zahlen. Da die Gesellschaft - auch zur Liquidation - handlungsunfähig war, hat das Amtsgericht auf Antrag der Klägerin im Jahre 2000 analog § 29 BGB einen Notgeschäftsführer bestellt und die hierfür erforderliche Dringlichkeit bejaht. Das Berufungsgericht stellt selbst fest, daß die W. keine Geschäftstätigkeit mehr ausübt, und ist deshalb der Ansicht, ihr dürfte es geschäftlich keinen Nachteil bringen, wenn interne Angelegenheiten ihrer Geschäftstätigkeit zur Sprache kämen. Die Gesellschaft hatte ihre Geschäftstätigkeit endgültig eingestellt, so daß keine Interessen mehr bestanden, die durch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die ehemaligen Geschäftsführer hätten beeinträchtigt werden können. Nunmehr geht es nur noch um die Frage, wie die Gläubiger der GmbH bei dieser sogenannten masselosen Liquidation für ihre Forderungen Befriedigung erlangen können. Ebenso wie im Falle der Insolvenz ist bei einer Liquidation, die letztlich nur deshalb konkursfrei erfolgt, den Interessen der Gläubiger der Gesellschaft Vorrang einzuräumen und besteht keine Notwendigkeit für eine Entschließung der Gesellschaft (Goette aaO § 7 Rdnr. 19; Schulz, Die masselose Liquidation der GmbH, 1986 S. 137; Scholz/K. Schmidt aaO).

3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts liegt ein stillschweigender Beschluß der Gesellschafterversammlung, von einer Schadensersatzklage gegen die Beklagten zu 2, 4 und 5 abzusehen, nicht vor (zur Bedeutung einer Weisung der Gesellschafter gegenüber einem Notliquidator vgl. Schulz aaO S. 136, 137). Der Tatsache, daß der Notgeschäftsführer gegen den Beklagten zu 1 zur Sicherung des Stammkapitals ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung vorgegangen ist, kann nicht die "stillschweigend und faktisch" getroffene Entscheidung der Gesellschafterversammlung entnommen werden, auf die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen die übrigen Beklagten zu verzichten.

III.

Mit der gegebenen Begründung können daher die in der Revision gegen den Beklagten zu 4 verfolgten Schadensersatzansprüche der Klägerin aus von der W. abgeleitetem Recht nicht verneint werden. Da das Berufungsgericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, weitere Feststellungen zum objektiven und subjektiven Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB, § 266 StGB nicht getroffen hat, ist das Berufungsurteil im tenorierten Umfang aufzuheben, und die Sache ist zur weiteren Feststellung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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