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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.12.1998
Aktenzeichen: VIII ZR 228/98
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 552 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 85 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
2. Dezember 1998
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst
am 2. Dezember 1998
beschlossen:
Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 25. Juni 1998 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Der Streitwert beträgt 1.500.000 DM.
Gründe:
I. Der Beklagten wurde das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg am 10. Juli 1998 zugestellt.
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil ist am 27. August 1998 eingegangen. Mit der Einlegung hat die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt und hierzu vorgetragen:
Am 13. Juli 1998 habe ihr Prozeßvertreter, Rechtsanwalt S., ein Anschreiben an den Liquidator der Beklagten diktiert und einen Kurzbrief an deren Geschäftsführer verfügt. Nach Fertigung beider Schreiben habe der Anwalt die Briefe der Kanzleikraft G. mit handschriftlich vermerkten Korrekturen zurückgegeben. Die Angestellte G. habe die Korrekturen allerdings nicht selbst vorgenommen, sondern der in der Kanzlei beschäftigten Auszubildenden T. zur Erledigung weitergegeben. Wegen starker Kopfschmerzen und einem Gefühl der Übelkeit habe die Auszubildende noch am selben Tag ihren Arbeitsplatz verlassen und sich zu einem Arzt begeben, ohne vorher die Schreiben korrigiert zu haben. Erst als sie nach längerer Krankheit ihre Arbeit am 17. August 1998 wieder aufgenommen habe, seien die beiden Schreiben entdeckt worden. Sie hätten sich unter dem Arbeitsbuch der Auszubildenden auf deren Schreibtisch befunden.
Die Überwachung der Rechtsmittelfristen erfolge in der Weise, daß alle Eintragungen im Fristenbuch von der Mitarbeiterin G. kontrolliert würden. Die Eintragung der Notfrist und der in der Kanzlei üblichen einwöchigen Vorfrist im Fristenkalender sei unterblieben, weil die Anschreiben vom 13. Juli 1998 unerledigt auf dem Schreibtisch der Auszubildenden liegen geblieben und letztlich vergessen worden seien.
II. 1. Der Beklagten mußte die beantragte Wiedereinsetzung versagt werden; sie hat nicht dargetan, daß sie die Notfrist zur Einlegung der Revision (§ 552 ZPO) ohne ein ihr anzurechnendes anwaltliches Verschulden versäumt hat (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung erst unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, daß die Frist im Fristenkalender notiert worden ist; weicht er hiervon ab, hat er durch konkrete Einzelweisung die erforderlichen Eintragungen in den Handakten und im Fristenkalender sicherzustellen (BGH, Beschl. v. 30. November 1994 - XII ZB 197/94 = BGHR ZPO, § 233 Empfangsbekenntnis 1, und v. 26. März 1996 - VI ZB 1 + 2/96 = BGHR ZPO, § 233 Empfangsbekenntnis 2, jew. m.w.Nachw.).
Dieses Sorgfaltsgebot hat der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Beklagten verletzt. Wie aus den Akten ersichtlich ist, hat der Anwalt das am 16. Juli 1998 beim Berufungsgericht eingegangene Empfangsbekenntnis am 10. Juli 1998 unterschrieben.
Da die Beklagte Gegenteiliges nicht vorträgt, ist anzunehmen, daß zu jenem Zeitpunkt in den Handakten weder die Rechtsmittelfrist festgehalten, noch deren Eintragung im Fristenkalender vermerkt war. Dies wirkt sich zu Lasten der Beklagten aus, denn Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn die Möglichkeit eines Verschuldens nicht ausgeräumt ist (BGH, Beschl. v. 6. Mai 1997 - VI ZB 12/97 = NJW-RR 1997, 1153 unter 1 a).
Der Sorgfaltsverstoß war für die Fristversäumung ursächlich. Hätte Rechtsanwalt S. vor Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses die Frist in den Fristenkalender eingetragen oder durch konkrete Einzelweisung die Eintragung sichergestellt, wäre der Vorgang nicht in Vergessenheit geraten.
b) Für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist es unerheblich, daß die in der Kanzlei des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten angestellte Rechtsanwaltsfachgehilfin G. in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 31. August 1998 u.a. ausgeführt hat, die Eintragung im Fristenkalender sei unterblieben, "... weil ausdrückliche Anweisungen von Rechtsanwalt S. zur Fristenkontrolle und Fristeintragung nicht beachtet worden sind." Auch wenn diese verspätet vorgelegte Glaubhaftmachung zu berücksichtigen wäre, könnte darin nicht die erforderliche Einzelweisung gesehen werden.
2. Da der Beklagten Wiedereinsetzung versagt werden mußte, erweist sich ihre Revision als verspätet und damit als unzulässig.
Ende der Entscheidung
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