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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.09.2005
Aktenzeichen: VIII ZR 24/05
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a | |
BGB § 573 Abs. 2 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 7. September 2005
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert, die Richter Dr. Leimert, Dr. Wolst und Dr. Frellesen sowie die Richterin Hermanns
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil der 34. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 13. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Kläger begehren von der Beklagten die Räumung und Herausgabe einer Wohnung.
Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung in H. , A. straße , aufgrund eines Mietvertrages vom 17. März 1938, den ihr Vater mit der Rechtsvorgängerin der Kläger, W. E. H. , geschlossen hatte. Die Beklagte lebt seit über 65 Jahren in der Wohnung, seit 1996 ist sie alleinige Mieterin. Eigentümerin des Grundstückes in H. , A. straße , war zunächst W. E. H. ; ihr folgten nach ihrem Tod 1988 I. W. und die Klägerin zu 1 als Eigentümerinnen in Erbengemeinschaft. Durch Vertrag vom 24. Mai 1995 übertrug I. W. ihren Erbanteil auf die Kläger zu 2 und 3, behielt sich allerdings an dem Erbteil bis zu ihrem Tod den Nießbrauch vor. Mit Schreiben vom 6. März 2003 teilte H. M. der Beklagten mit, dass sie zur neuen Hausverwalterin der "Erbengemeinschaft H. /W. " bestellt worden sei. Mit Rundschreiben vom 14. März 2003 forderte die bislang als Grundstücksverwaltung tätige Firma C. GmbH die Mieter auf, die Mieten ab April 2003 auf das von H. M. angegebene Konto zu überweisen. Die Beklagte verlangte daraufhin von H. M. mit Schreiben ihres anwaltlichen Vertreters vom 27. März 2003 einen Nachweis dafür, dass ihr von sämtlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft die Hausverwaltung übertragen worden sei, und lehnte Mietzahlungen ohne diesen Nachweis auf das von H. M. angegebene Konto ab. Mit Schreiben vom 13. Juni 2003 forderte H. M. von der Beklagten die Zahlung der Mieten für April bis Juni 2003 bis spätestens 27. Juni 2003 und drohte die fristlose Kündigung an. Am 17. Juni 2003 fragte der Rechtsanwalt der Beklagten schriftlich erneut nach einer Legitimation durch die Erbengemeinschaft und erklärte, er werde sodann "selbstverständlich" unverzüglich die Mietzinszahlungen leisten.
Mit Schreiben vom 3. Juli 2003 kündigte H. M. namens und in Vollmacht der "Erbengemeinschaft H. /W. " das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich und forderte die Beklagte zur Räumung der Wohnung auf. Dem Kündigungsschreiben lag eine Vollmachtsurkunde vom 30. Juni 2003 der "Erbengemeinschaft H. /W. " bei, die drei Unterschriften aufweist. Die Beklagte widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 8. Juli 2003 unter Hinweis darauf, dass der beigefügten Vollmacht vom 30. Juni 2003 nicht zu entnehmen sei, dass sie von sämtlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft unterschrieben sei, und betonte nochmals, sie werde bei entsprechendem Nachweis sofort den Ausgleich der aufgelaufenen Mieten vornehmen.
Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 18. November 2003 Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung erhoben. Mit Schriftsatz vom 3. März 2004, den die Beklagte nicht vor dem 6. März 2004 erhielt, teilten die Kläger mit, dass I. W. im Sommer 2002 verstorben sei. Am 5. März 2004 kündigte H. M. namens und in Vollmacht "der Grundstückseigentümer, der Erbengemeinschaft H. /W. " das Mietverhältnis mit der Beklagten wegen Zahlungsverzuges erneut fristlos, hilfsweise ordentlich. Die Beklagte glich die Mietrückstände am 16. März 2004 aus. Die Kläger sind der Auffassung, sie seien zu weiteren Legitimationshinweisen nicht verpflichtet gewesen; die Beklagte hätte sich durch Einsicht in das Grundbuch darüber informieren können, wer Eigentümer des Hauses sei.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger weiter die Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Zwar seien die objektiven Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges erfüllt gewesen. Die Beklagte sei aber aufgrund eines Rechtsirrtums ihrer Verpflichtung zur Mietzahlung unverschuldet nicht nachgekommen. Der Prozessvertreter der Beklagten habe dieser den sachlich nicht gerechtfertigten Rat erteilt, keine Zahlungen an die neue Verwalterin zu leisten, da die Vollmacht vom 30. Juni 2003 nicht ausreichend sei. Die Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, die Unzulänglichkeit der anwaltlichen Argumentation zu durchschauen. Das Verschulden ihres Prozessvertreters sei der Beklagten nicht nach § 278 BGB zuzurechnen, da er lediglich als Berater der Beklagten tätig gewesen sei. Im Übrigen setze die Kündigungsbefugnis wegen Zahlungsverzuges eigenes Verschulden des Mieters voraus, das hier nicht vorliege.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Das Besitzrecht der Beklagten aus dem Mietvertrag vom 17. März 1938 besteht fort. Für die Kläger bestand weder der geltend gemachte wichtige Grund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB für eine außerordentliche Kündigung noch ein berechtigtes Interesse für eine ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 a BGB, Verzug mit der Entrichtung der Miete für zwei Monate oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete, sowie des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, eine schuldhafte nicht unerhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten, sind bei der Kündigung durch das Schreiben vom 3. Juli 2003 und bei Klageerhebung sowie bei der weiteren Kündigung vom 5. März 2004 nicht erfüllt gewesen.
1. Das Landgericht ist im Ergebnis zu Recht der Auffassung, dass die Beklagte mit den Mietzahlungen nicht in Verzug gekommen ist, weil diese Leistungen infolge eines Umstands unterblieben sind, den sie nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4 BGB). Die Kläger haben ihre Gläubigerberechtigung gegenüber der Beklagten bis zum Zugang ihres Schriftsatzes vom 3. März 2004 - frühestens am 6. März 2004 - nicht nachvollziehbar dargelegt, sodass die Beklagte bis zu diesem Zeitpunkt nicht in Verzug geraten ist.
a) Kommt es - wie hier infolge Erbfalls - zu einem Wechsel auf Seiten des Gläubigers, ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Schuldners, die Erben als Rechtsnachfolger des Gläubigers zu ermitteln, um an diese Zahlungen leisten zu können, sondern er darf abwarten, bis der oder die Erben unter Bezeichnung ihrer Rechtsstellung an ihn herantreten. Solange das nicht geschieht und der Schuldner auch nicht auf andere Weise Sicherheit darüber gewinnt, wer Rechtsnachfolger seines Gläubigers geworden ist, unterbleibt die Leistung infolge eines Umstands, den er nicht zu vertreten hat (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 286 Rdnr. 40; zu § 285 BGB a.F.: Senat, Urteil vom 7. Februar 1973 - VIII ZR 205/71, WM 1973, 386, 387 = LM § 581 Nr. 35).
b) Bei der Beklagten bestand eine solche, von ihr nicht verschuldete Ungewissheit über die Mitglieder der Erbengemeinschaft - von der H. M. nach ihrer Behauptung mündlich zum Einzug der Mietzahlungen bevollmächtigt worden ist, bis ihr, der Beklagten, im Schriftsatz vom 3. März 2004 Klarheit verschafft wurde.
Gläubigerin der Beklagten für die Miete war bis 1988 W. E. H. . Nach dem Tod E. H. im Jahre 1988 folgten als neue Vermieter bis 24. Mai 1995 ihre Erbinnen I. W. und die Klägerin zu 1, die in Erbengemeinschaft Eigentümerinnen des Grundstücks geworden waren. Bei der Gläubigerstellung der Klägerin zu 1 und I. W. blieb es auch, nachdem Letztere mit Vertrag vom 24. Mai 1995 den Klägern zu 2 und 3 ihren Erbanteil übertragen und sich den Nießbrauch vorbehalten hatte (vgl. §§ 1068, 1030 BGB); in einem solchen Fall ist der Nießbrauchsberechtigte, dem die Mieten als Nutzungen gebühren, weiterhin Vermieter und sind die Zahlungen an ihn zu leisten (Palandt/Bassenge, aaO, § 1030 Rdnr. 4). Gläubiger waren demnach ab 24. Mai 1995 bis zum Sommer 2002 I. W. als Nießbrauchsberechtigte und die Klägerin zu 1 als (Mit)Erbin. Erst nach dem Tod I. W. im Jahre 2002 traten die Kläger zu 2 und 3 neben der Klägerin zu 1, mit der sie seit 1995 in Erbengemeinschaft Eigentümer des Grundstücks waren, infolge Erlöschens des Nießbrauchs in die Vermieterstellung ein (vgl. § 1061 BGB). Ihre so entstandene Gläubigerberechtigung gegenüber der Beklagten haben die Kläger zu 2 und 3 bis zu ihrem Schriftsatz vom 3. März 2004 nicht hinreichend dargelegt. Erst durch die Mitteilung des Todes I. W. und der damit entfallenen Nießbrauchsberechtigung war für die Beklagte klargestellt, dass nunmehr die Kläger zu 1 bis 3 als Erben gemeinschaftlich Inhaber der Forderungen aus dem Mietvertrag geworden sind.
c) Bis zu diesem Zeitpunkt konnte die Beklagte ohne eine entsprechende Auskunft seitens der Berechtigten nicht Gewissheit darüber erlangen, wer Gläubiger ihrer Mietforderungen geworden war. Entgegen der Ansicht der Kläger war ihre Gläubigerstellung aus dem Grundbuch nicht ersichtlich. Dort ist zwar der Erbteilsübertragungsvertrag mit Vorbehalt des Nießbrauchs für I. W. eingetragen. Dass der Nießbrauch infolge des Todes der Nießbraucherin im Jahre 2002 erloschen war, war dem Grundbuch aber nicht zu entnehmen, auch nicht dem von den Klägern vorgelegten Grundbuchauszug vom 13. November 2003. Hingegen wäre es den Klägern ein Leichtes gewesen, der Beklagten, die stets zur Zahlung an die richtigen Gläubiger und eine nachweislich von ihnen Bevollmächtigte bereit war, ihre Berechtigung zu einem früheren Zeitpunkt klar zu legen. Nach Erhalt des Schriftsatzes vom 3. März 2004 hat die Beklagte sofort am 16. März 2004 die Mietrückstände in vollem Umfang beglichen.
2. Da die Beklagte zu Recht von den Klägern einen Nachweis ihrer Forderungsberechtigung verlangt hat, somit nicht in Zahlungsverzug geraten ist und die Kündigungen der Kläger daher nicht gerechtfertigt waren, kommt es auf die vom Landgericht erörterten Fragen zum Rechtsirrtum und zur Zurechenbarkeit eines anwaltlichen Verschuldens nicht an.
Ende der Entscheidung
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