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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 04.11.1998
Aktenzeichen: VIII ZR 248/97
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 92 b
HGB § 92 b

Ein Handelsvertreter, der nach der Verkehrsauffassung hauptberuflich tätig ist, kann nicht durch Parteivereinbarung zum nebenberuflichen Vertreter "herabgestuft" werden.

BGH, Urteil vom 4. November 1998 - VIII ZR 248/97 - OLG Bamberg LG Coburg


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 248/97

Verkündet am: 4. November 1998

Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. November 1998 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball und Wiechers

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 6. Juni 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als bezüglich des Klageantrags zu 1) zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin war seit 1. Juni 1981 zunächst für die Beklagten zu 1) bis zu 3) und zu 5), später auch für die Beklagten zu 4) und 6) (im folgenden: H. -C. Versicherungsgruppe) als Versicherungsvertreterin tätig. In zwei Schreiben der Beklagten zu 1) aus dem Jahre 1981 wird sie als nebenberuflich tätiger "Vertrauensmann der H. -C. " bezeichnet.

Seit 2. November 1982 betrieb die Klägerin mit Billigung der Beklagten zu 1) ein Kundendienstbüro in K. . Die Beklagte zu 1) sagte der Klägerin hierfür mit Schreiben vom 17. September 1982 eine finanzielle Unterstützung für die Anlaufzeit zu. Zugleich brachte sie die Erwartung zum Ausdruck, daß das Kundendienstbüro regelmäßig von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.00 Uhr bis 11.30 Uhr und - außer mittwochs - von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr für den Kundenverkehr geöffnet sein und daß die Klägerin auch außerhalb der Geschäftszeit den Versicherungsnehmern der Beklagten mit Rat und Tat zur Verfügung stehen werde.

Die Vermittlungstätigkeit der Klägerin entwickelte sich in der Folgezeit positiv. Im August 1986 teilte sie der Beklagten zu 1) mit, daß sie das Kundendienstbüro seit 1. Juli 1985 mit ihrem Ehemann gemeinsam hauptberuflich führe. Sie forderte mit Schreiben vom 21. Juli 1988 den Abschluß eines schriftlichen Vertrages des Inhalts, daß sie seit 1. November 1982 als hauptberufliche Versicherungsvertreterin tätig sei. Nach einem Telefongespräch vom 14. September 1988 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 15. September 1988, sie ziehe ihr Schreiben vom 21. Juli 1988 zurück und bestätige wunschgemäß, daß sie das Kundendienstbüro "zu den bisherigen Modalitäten" weiterführen werde.

Im Jahre 1996 beabsichtigte die H. -C. Versicherungsgruppe, in K. ein weiteres Kundendienstbüro zu eröffnen. Die Klägerin hielt dies für vertragswidrig und forderte Gebietsschutz. Sie wiederholte ferner ihre Auffassung, daß sie seit der Eröffnung des Kundendienstbüros hauptberufliche Versicherungsvertreterin sei, und verlangte eine entsprechende schriftliche Vereinbarung. Die Beklagten lehnten dies mit Schreiben vom 13. Juni 1996 ab. Zur Begründung beriefen sie sich auf die Bestätigung vom 12. August 1981, in der die Klägerin ausdrücklich als nebenberufliche Versicherungsvertreterin bezeichnet ist, und auf das Schreiben der Klägerin vom 15. September 1988. Weiter heißt es in dem betreffenden Schreiben, es könne durchaus sein, daß die Klägerin nunmehr als hauptberufliche Versicherungsvertreterin tätig sei; dies führe aber nicht zu einem entsprechenden rechtlichen Status, da sie, die Beklagten, hiermit nicht einverstanden gewesen seien.

Anfang August 1996 erhob die Klägerin Klage auf Feststellung, daß sie hauptberufliche Versicherungsvertreterin der Beklagten sei, und auf Abschluß eines entsprechenden schriftlichen Vertrages. Daraufhin kündigten die Beklagten das Vertragsverhältnis zum 28. Februar 1997.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin zunächst die in erster Instanz erfolglos gebliebenen Anträge weiterverfolgt. Nach Ablauf der Kündigungsfrist hat sie ihr Feststellungsbegehren geändert und nunmehr - unter anderem - mit dem Antrag zu 1 beantragt festzustellen, daß sie bis zum 28. Februar 1997 hauptberufliche Versicherungsvertreterin der Beklagten gewesen sei und Anspruch auf Ausgleich gemäß § 89 b HGB habe. Die Klage auf Abschluß eines schriftlichen Handelsvertretervertrages haben die Parteien übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich ihre Revision, die der Senat nur hinsichtlich des Antrags zu 1 angenommen hat.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:

Die Feststellungsklage sei ungeachtet des grundsätzlichen Vorrangs einer Leistungsklage zulässig. Die statt dessen in Betracht kommende Klage auf Abschluß eines schriftlichen Handelsvertretervertrages eines bestimmten Inhalts könnte unter den hier gegebenen Umständen keine weitergehende Klärung und Befriedung herbeiführen als die tatsächlich erhobene Feststellungsklage. Die nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses erst im Verlaufe des Rechtsstreits eingetretene Möglichkeit, den Ausgleichsanspruch und etwaige weitergehende Provisionsansprüche im Wege der Stufenklage zu verfolgen, führe nicht zur Unzulässigkeit des Feststellungsantrags.

Das Feststellungsbegehren sei jedoch unbegründet, da die Klägerin nicht hauptberufliche Versicherungsvertreterin der Beklagten gewesen, jedenfalls nicht als solche zu behandeln sei. Die Klägerin sei unstreitig im Jahre 1981 als nebenberufliche Versicherungsvertreterin der Beklagten eingestellt worden. Nach ihrer von den Beklagten nicht bestrittenen Darstellung habe sich ihre Tätigkeit in der Folgezeit allerdings zu einer hauptberuflichen ausgeweitet, was auch die Beklagten mit ihrem Schreiben vom 13. Juni 1996 anerkannt hätten. Gleichwohl sei die Klägerin dadurch nicht zur hauptberuflichen Versicherungsvertreterin der Beklagten geworden. Ob ein zunächst nebenberuflich tätiger Handels- oder Versicherungsvertreter schon allein aufgrund einer Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse zum hauptberuflichen Vertreter werden könne oder ob hierzu eine entsprechende Willensbetätigung des Unternehmers erforderlich sei, könne offenbleiben. Eine stillschweigende Einverständniserklärung der Beklagten mit einer hauptberuflichen Tätigkeit der Klägerin liege zwar an sich vor: Den Beklagten sei unstreitig bekannt gewesen, daß die Klägerin seit November 1982 ein Kundendienstbüro mit festen Öffnungszeiten unterhalten, daß seit Juli 1985 ihr Ehemann in diesem Büro mitgearbeitet habe und daß die Klägerin einer anderweitigen Berufstätigkeit nicht nachgegangen sei. Auch über die von der Klägerin getätigten Umsätze hätten die Beklagten Bescheid gewußt. Wenn die Beklagten aber in Kenntnis dieser Umstände die Dienste der Klägerin weiterhin in Anspruch genommen hätten, so spreche dies für eine stillschweigende Einverständniserklärung mit der hauptberuflichen Tätigkeit der Klägerin. Eine andere Betrachtungsweise sei jedoch wegen des im Jahre 1988 geführten Schriftwechsels geboten. Bereits damals hätten sich die Beklagten dem Verlangen der Klägerin nach hauptberuflicher Einstufung widersetzt, die Klägerin dieses schließlich mit Schreiben vom 15. September 1988 zurückgezogen. Bei dieser Sachlage habe die Klägerin das Verhalten der Beklagten in der Folgezeit nicht als stillschweigende Einverständniserklärung mit einer hauptberuflichen Vertretertätigkeit verstehen können.

Auch soweit für die Frage der Hauptberuflichkeit allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen sein sollte, könne die Klägerin sich nach Treu und Glauben hierauf nicht berufen. Durch ihre Erklärung vom 15. September 1988, unter den "bisherigen Modalitäten" weiterzuarbeiten, habe sie bei den Beklagten die Erwartung geweckt bzw. bestärkt, sie werde weiterhin nebenberuflich für diese tätig werden. Die Klägerin handele daher treuwidrig, wenn sie nunmehr entgegen dem berechtigten Vertrauen der Beklagten verlange, als hauptberufliche Versicherungsvertreterin behandelt zu werden.

II. Diese Ausführungen halten in entscheidenden Punkten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die Zulässigkeit der in zweiter Instanz zuletzt mit dem Antrag zu 1 weiterverfolgten Feststellungsklage bejaht.

a) Eine mögliche Leistungsklage auf Errichtung einer von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsurkunde (§ 85 HGB) wäre, wie das Berufungsgericht zutreffend und von der Revisionserwiderung unbeanstandet dargelegt hat, jedenfalls nicht geeignet gewesen, das Rechtsverhältnis der Parteien in weitergehendem Umfang zu klären und zu befrieden als die erhobene Feststellungsklage.

b) Die Feststellungsklage ist auch nicht deswegen unzulässig, weil die Klägerin den Ausgleichsanspruch, dessen Vorbereitung die Feststellungsklage unter anderem dienen soll, im Wege der Stufenklage hätte geltend machen können, wie die Revisionserwiderung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95 = WM 1997, 1715 unter II 3; Urteil vom 3. April 1996 - VIII ZR 3/95 = NJW 1996, 2097 unter A II 2) meint. Ein etwaiger Ausgleichsanspruch der Klägerin ist erst mit Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses entstanden (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 HGB). Zu diesem Zeitpunkt - Ende Februar 1997 - war der Rechtsstreit bereits in zweiter Instanz anhängig. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist seit langem anerkannt, daß eine ursprünglich zulässige Feststellungsklage nicht dadurch unzulässig wird, daß im Verlaufe des Rechtsstreits die Voraussetzungen für den Übergang zu einer Leistungsklage eintreten (BGH, Urteile vom 25. Februar 1987 - IVa ZR 162/85 = BGHR ZPO § 256, Feststellungsinteresse 6, Änderung während Rechtshängigkeit; vom 30. März 1983 - VIII ZR 3/82 = NJW 1984, 1552 unter A I 2; vom 10. Januar 1978 - VI ZR 113/75 = WM 1978, 470 unter I 2; 31. Januar 1952 - III ZR 131/51 = LM ZPO § 256 Abs. 1 Nr. 5 unter I).

c) Die Zulässigkeit des Klageantrags zu 1 begegnet auch in der in zweiter Instanz zuletzt gewählten Fassung keinen durchgreifenden Bedenken. Soweit die Klägerin nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses ihr Begehren, das frühere Bestehen eines hauptberuflichen Versicherungsvertreterverhältnisses mit den Beklagten festzustellen, zeitlich eingegrenzt hat, handelt es sich lediglich um eine verfahrensrechtlich unbedenkliche Anpassung an die geänderten Verhältnisse (§ 264 Nr. 2 ZPO). Die Erweiterung des ursprünglichen Antrags um das Begehren festzustellen, daß die Klägerin Anspruch auf Ausgleich gemäß § 89 b HGB habe, ist nicht als Erweiterung des Feststellungsantrags um eine zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zulässige (Senatsurteile vom 22. Januar 1997 und 3. April 1996 jew. aaO) Klage auf Feststellung des Bestehens eines Ausgleichsanspruchs zu verstehen. Der Zusatz bringt vielmehr ersichtlich nur die Schlußfolgerung zum Ausdruck, die sich bei einem Erfolg der auf die Feststellung der Hauptberuflichkeit gerichteten Klage kraft Gesetzes (vgl. §§ 89 b, 92 b Abs. 1 Satz 1 HGB) ergäbe. Daß die Erweiterung allein in diesem Sinne gemeint sein kann, folgt schon daraus, daß die Klägerin zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 89 b HGB nichts vorgetragen, sich vielmehr ausschließlich mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob die Anwendbarkeit des § 89 b HGB wegen nebenberuflicher Tätigkeit kraft Gesetzes (§ 92 b Abs. 1 Satz 1 HGB) ausgeschlossen ist oder nicht. In eben demselben Sinne haben sowohl das Berufungsgericht als auch die Beklagten das Begehren der Klägerin gedeutet. Bei diesem Verständnis, das der Senat auch der Entscheidung im Revisionsverfahren zugrunde legt, kommt der scheinbaren Erweiterung des Feststellungsantrages keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.

2. Dagegen kann dem Berufungsgericht nicht gefolgt werden, soweit es die Auffassung vertritt, die Klägerin sei nicht hauptberufliche Versicherungsvertreterin der Beklagten gewesen oder jedenfalls nicht als solche zu behandeln und damit die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1 als unbegründet abweist.

a) Ob ein Handelsvertreter haupt- oder nebenberuflich tätig ist, bestimmt sich gemäß § 92 b Abs. 3 HGB nach der Verkehrsauffassung. Die für nebenberufliche Handelsvertreter geltenden Einschränkungen nach § 92 b Abs. 1 HGB im Vergleich zu einem hauptberuflichen Handelsvertreter kann der Unternehmer dem Vertreter nur dann entgegenhalten, wenn er diesen ausdrücklich als Handelsvertreter im Nebenberuf mit der Vermittlung oder dem Abschluß von Geschäften betraut hat (§ 92 b Abs. 2 HGB). Letzteres ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier durch das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 12. August 1981 geschehen. Das Berufungsgericht geht weiter - von den Parteien unbeanstandet - davon aus, daß die Klägerin zu Beginn ihrer Tätigkeit für die Beklagten auch tatsächlich in einem Umfang tätig war, der nach der Verkehrsauffassung als nebenberufliche Tätigkeit zu werten ist. Die Klägerin selbst hat nichts anderes behauptet. Auch nach ihrer Auffassung hat sie erst mit der Eröffnung des Kundendienstbüros im November 1982 ihre Tätigkeit für die Beklagten auf den Umfang einer hauptberuflichen Tätigkeit ausgeweitet. Es bedarf deshalb keines Eingehens auf die Frage, welche Rechtsstellung ein Handelsvertreter innehat, der ausdrücklich als nebenberuflicher Vertreter eingesetzt ist, nach der Verkehrsauffassung aber von Anfang an hauptberuflich tätig war.

b) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts, die in der Revisionsinstanz auch nicht angegriffen werden, hat die Klägerin in der Zeit nach Eröffnung des Kundendienstbüros im November 1982 ihre Tätigkeit für die Beklagten derart ausgeweitet, daß sie als hauptberufliche Versicherungsvertretertätigkeit anzusehen ist. Nach der Verkehrsauffassung war die Klägerin mithin von diesem nicht näher bestimmten Zeitpunkt an bis zum Vertragsende hauptberufliche Versicherungsvertreterin der Beklagten (§ 92 b Abs. 3 HGB). Ob die Klägerin schon allein wegen der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse auch rechtlich als hauptberufliche Vertreterin zu behandeln ist oder ob es hierfür einer zumindest konkludenten Einverständniserklärung der Beklagten bedurfte, hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit Recht offengelassen. Die Beklagten haben nämlich ein etwa erforderliches Einverständnis mit einer hauptberuflichen Tätigkeit der Klägerin nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen, in der Revisionsinstanz unbeanstandet gebliebenen Feststellungen stillschweigend (konkludent) dadurch erklärt, daß sie in Kenntnis der auf ein hauptberufliches Ausmaß angewachsenen Tätigkeit der Klägerin deren Vermittlungsdienste weiter in Anspruch nahmen. Entscheidendes Gewicht mißt das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang der Unterhaltung des Kundendienstbüros mit festen Öffnungszeiten seit November 1982 und der ausschließlichen Tätigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes für die Beklagten seit Juli 1985 bei. Kenntnis von dieser entscheidenden Ausweitung der Vertretertätigkeit der Klägerin hatten die Beklagten jedenfalls aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 9. August 1986. Eine etwa erforderliche Einverständniserklärung der Beklagten mit einer hauptberuflichen Vertretertätigkeit der Klägerin ist daher spätestens im Herbst 1986 durch die widerspruchslose weitere Entgegennahme der Dienste der Klägerin seitens der Beklagten erteilt worden. Mindestens von diesem Zeitpunkt an war die Klägerin mithin als hauptberufliche Versicherungsvertreterin für die Beklagten tätig.

Daran vermag der im Jahre 1988 geführte Schriftwechsel der Parteien entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts zu ändern. Für die Auslegung des Verhaltens der Beklagten aus der hierfür maßgeblichen Sicht der Klägerin im August 1986 oder zu einem früheren Zeitpunkt kann dem erst im Jahre 1988 geführten Schriftwechsel naturgemäß nichts entnommen werden. Die Haltung, die die Beklagten anläßlich des Schriftwechsels der Parteien im Jahre 1988 einnahmen, mag zwar deutlich gemacht haben, daß sie unabhängig von der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse an ihrer Geschäftspolitik festhalten wollten, Versicherungsvertreter ausschließlich als nebenberufliche Vertreter einzusetzen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin aber keinen Anlaß anzunehmen, daß die Beklagten sich ihrer Anerkennung als hauptberufliche Versicherungsvertreterin ungeachtet dessen widersetzen würden, daß die von den Beklagten entgegengenommenen Dienste tatsächlich den Umfang einer hauptberuflichen Tätigkeit erreicht hatte, dies den Beklagten schriftlich angezeigt und von ihnen nicht beanstandet worden war. Mit einer solchen Haltung mußte die Klägerin auch nicht deswegen rechnen, weil ihr zu Beginn ihrer Tätigkeit für die Beklagten mitgeteilt worden war, daß die H. -C. Versicherungsgruppe aus geschäftspolitischen Erwägungen nicht mit einem hauptberuflichen Außendienst zusammenarbeite, ihre Versicherungsnehmer vielmehr durch firmeneigene Geschäftsstellen und nebenberuflich tätige Versicherungsvertreter (Vertrauensleute) betreuen lasse (Schreiben der Beklagten zu 1) vom 11. Mai 1981). Denn die Klägerin konnte redlicherweise nicht damit rechnen, daß dies auch für den Fall gelten sollte, daß ein zunächst nebenberuflich eingesetzter "Vertrauensmann" ab einem späteren Zeitpunkt mit Billigung und Unterstützung der Beklagten hauptberuflich ein Kundendienstbüro betrieb.

c) Ob die Klägerin das Verhalten der Beklagten im Anschluß an den Schriftwechsel des Jahres 1988 weiterhin als stillschweigende Einverständniserklärung mit einer hauptberuflichen Vertretertätigkeit verstehen konnte, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtlich unerheblich. Da die Klägerin, wie dargelegt, spätestens seit Herbst 1986 hauptberufliche Versicherungsvertreterin der Beklagten war, hat sie diesen Status selbst dann nicht verloren, wenn das Verhalten der Parteien im Anschluß an den Schriftwechsel des Jahres 1988, insbesondere die Erklärung der Klägerin vom 15. September 1988, als einvernehmliche "Herabstufung" der Klägerin auf Nebenberuflichkeit zu verstehen sein sollte. Ob die Klägerin haupt- oder nebenberufliche Versicherungsvertreterin war, beurteilt sich gemäß § 92 b Abs. 3, 4 HGB allein nach der Verkehrsauffassung. Ein Handelsvertreter, der wie die Klägerin (vgl. oben zu II 2 b) nach der Verkehrsauffassung hauptberuflich tätig ist, kann nicht durch Parteivereinbarung zum nebenberuflichen Vertreter "herabgestuft" werden (Heymann/Sonnenschein, HGB, § 92 b Rdnr. 12; Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl., § 92 b Rdnr. 7; MünchKomm/von Hoyningen-Huene, § 92 b Rdnr. 28; Küstner in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, § 97 b Rdnr. 7; Küstner/von Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. I, 2. Aufl., Rdnr. 180). Eine etwaige Einigung der Parteien auf eine künftige Tätigkeit der Klägerin als nebenberufliche Vertreterin würde daher zu ihrer Wirksamkeit voraussetzen, daß die Klägerin ihre Vertretertätigkeit für die Beklagten auf ein Maß reduziert hätte, das nach der Verkehrsauffassung einer nebenberuflichen Handelsvertretertätigkeit entspricht. Derartiges ist indessen weder festgestellt noch von den Beklagten behauptet worden.

d) Da bei unstreitig fortbestehender hauptberuflicher Tätigkeit die Hauptberuflichkeit nicht der Parteidisposition unterliegt, stellt sich die vom Berufungsgericht erörterte und nicht unbedenklich entschiedene Frage einer etwaigen Treuwidrigkeit der Klägerin nicht.

III. Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat mangels Entscheidungsreife verwehrt (§ 565 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Sache bedarf zur Klärung der Fragen, ab welchem Zeitpunkt die Tätigkeit der Klägerin als hauptberufliche einzustufen ist und ab wann die Beklagten zu 2) und 6) Vertragspartner wurden, weiterer Sachaufklärung. Sie ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit - gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können.

Ende der Entscheidung

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