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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.12.2001
Aktenzeichen: VIII ZR 282/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 203
Die öffentliche Zustellung nach §§ 203 ff ZPO ist unwirksam, wenn die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntmachung (§ 203 Abs. 1 ZPO) nicht vorgelegen haben und das die öffentliche Zustellung bewilligende Gericht dies hätte erkennen können (Abweichung von BGHZ 57, 108 und BGHZ 64, 5).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 282/00

Verkündet am: 19. Dezember 2001

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Ball und Dr. Frellesen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 26. September 2000 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Konkursverwalter an die Gemeinschuldnerin abgetretene Ansprüche aus einem Leasingvertrag über einen gebrauchten Pkw der Marke BMW Typ 525i geltend. Er begehrt die Zahlung offener Leasingraten für die Zeit von Juli 1993 bis Mai 1995 sowie des vereinbarten Restwertes und aufgewendeter Schätzkosten abzüglich des aus der Verwertung des Leasingfahrzeugs erzielten Erlöses, insgesamt 21.899,95 DM.

In der am 12. Dezember 1997 bei Gericht eingegangenen Klageschrift hat der Kläger deren öffentliche Zustellung mit der Begründung beantragt, der Aufenthaltsort des Beklagten sei unbekannt. Zum Nachweis seiner ergebnislosen Nachforschungen hat der Kläger Unterlagen aus den Jahren 1995 und 1996 sowie den Bericht eines nicht näher bezeichneten "Hamburger Rechercheunternehmens" vom 19. November 1997 vorgelegt.

Das Landgericht hat mit Beschluß vom 22. Dezember 1997 die öffentliche Zustellung der Klage bewilligt und die Durchführung des schriftlichen Vorverfahrens angeordnet. Die öffentliche Bekanntmachung der Klage ist am 7. Januar 1998 erfolgt. Am 9. März 1998 ist gegen den Beklagten ohne mündliche Verhandlung Versäumnisurteil ergangen, das am 3. April 1998 ebenfalls öffentlich zugestellt worden ist.

Der Beklagte hatte bereits seit dem 15. Februar 1996 in der L. Straße 22 a in B. eine Wohnung gemietet, die er am 28. Februar 1996 beim Landeseinwohnermeldeamt als Zweitwohnsitz gemeldet hatte. Dort erhielt er Post verschiedener Absender. Am 4. August 1998 meldete er eine neue Wohnung in der H. straße in B. an. Unter dieser Anschrift erreichte ihn Anfang Juni 1999 eine Zahlungsaufforderung der vom Kläger beauftragten Inkassogesellschaft. Der Beklagte wandte sich an seinen Prozeßbevollmächtigten. Diesem ging von der Gegenseite am 10. Juni 1999 eine Kopie der vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 9. März 1998 zu.

Der Beklagte hat, nachdem seinem Prozeßbevollmächtigten am 22. Juni 1999 auf dessen Antrag vom 15. Juni 1999 Akteneinsicht gewährt worden war, am 6. Juli 1999 Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt und Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist beantragt. In der Sache hat der Beklagte die Klageforderung dem Grunde und der Höhe nach bestritten und die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klageschrift daraufhin dem Beklagten am 14. Juli 1999 nochmals zugestellt. Durch Urteil vom 8. März 2000 hat das Landgericht das Versäumnisurteil vom 9. März 1998 aufgehoben und die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit seiner - zugelassenen - Revision begehrt der Kläger weiterhin, den Einspruch des Beklagten als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, das Versäumnisurteil vom 9. März 1998 aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Kläger könne die Forderung der Gemeinschuldnerin aus dem Leasingvertrag nicht mehr geltend machen, weil die Forderung verjährt sei. Dieser Sachentscheidung stehe das vom Landgericht erlassene Versäumnisurteil vom 9. März 1998 nicht entgegen, da es nicht wirksam zugestellt worden sei und infolgedessen die Einspruchsfrist gegen dieses Versäumnisurteil nicht zu laufen begonnen habe. Der am 6. Juli 1999 eingegangene Einspruch des Beklagten sei deshalb noch rechtzeitig gewesen, ohne daß es einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bedurft habe.

Die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils vom 9. März 1998 nach § 203 Abs. 1 ZPO seien nicht gegeben gewesen, weil der Beklagte an seinem gemeldeten Zweitwohnsitz in der L. Straße 22 a in B. postalisch zu erreichen gewesen sei. Davon abgesehen hätten bei der Zustellung der Klageschrift und des Versäumnisurteils nicht die für die Feststellung der Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 ZPO erforderlichen Nachweise vorgelegen. Dieser Mangel führe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu, daß die öffentliche Bekanntmachung die in der vorgenannten Vorschrift enthaltene Zustellungsfiktion nicht auslösen könne, da andernfalls der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt würde. Dies habe die Unwirksamkeit der öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils zur Folge.

II. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Sachentscheidung über die mit dem Einspruch erhobenen Einwände des Beklagten getroffen. Einer Wiedereinsetzung des Beklagten gegen die Versäumung der Einspruchsfrist bedurfte es dazu nicht. Denn das am 3. April 1998 öffentlich zugestellte Versäumnisurteil vom 9. März 1998, gegen das der Beklagte erst am 6. Juli 1999 Einspruch eingelegt hat, war nicht rechtskräftig geworden. Die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils vermochte den Lauf der auf vier Wochen festgesetzten Einspruchsfrist (§ 339 Abs. 2 ZPO) nicht in Gang zu setzen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 203 Abs. 1 ZPO) für eine öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils - für das die Zustellung bewilligende Gericht erkennbar - ebensowenig vorlagen wie für die zuvor erfolgte öffentliche Zustellung der Klageschrift.

Durch die gleichwohl erfolgte öffentliche Zustellung der Klageschrift, das hierauf ergangene Versäumnisurteil und die wiederum öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils wurde der Beklagte in seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Der darin liegende Verfassungsverstoß konnte nur durch eine von den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung unabhängige Sachentscheidung über die mit dem Einspruch geltend gemachte Rechtsverteidigung des Beklagten geheilt werden, so daß sich die Klageabweisung wegen Verjährung als gerechtfertigt erweist.

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend festgestellt, daß die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung sowohl der Klageschrift als auch des Versäumnisurteils nicht vorlagen, weil der Aufenthalt des Beklagten nicht unbekannt war (§ 203 Abs. 1 ZPO).

a) Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Aufenthalt einer Partei, der ein Schriftstück zugestellt werden soll, nur dann unbekannt im Sinne des § 203 Abs. 1 ZPO ist, wenn er nicht nur dem Gegner und dem Gericht, sondern allgemein unbekannt ist (RGZ 59, 259, 265).

Diese Voraussetzung war nicht erfüllt. Denn der Beklagte war nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Zeit der öffentlichen Zustellung der Klageschrift und des Versäumnisurteils ordnungsgemäß mit einer Zweitwohnung in der L. Straße 22 a in B. gemeldet und dort auch postalisch zu erreichen.

b) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei dieser Feststellung wesentlichen Prozeßstoff außer Acht gelassen (§ 286 ZPO), insbesondere keine Erklärung dafür gegeben, wie der Kläger oder das Gericht aufgrund der von den Parteien vorgelegten Nachweise eine Anschrift des Beklagten für die Zustellung der Klageschrift und des Versäumnisurteils hätten ermitteln können.

aa) Die Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts sind nicht fehlerhaft getroffen worden. Sie beruhen auf dem durch Nachweise belegten und vom Kläger auch nicht bestrittenen Vorbringen des Beklagten über dessen ordnungsgemäße Anmeldung seiner Zweitwohnung in der L. Straße 22 a in B. und den Empfang verschiedener Postsendungen unter dieser Anschrift. Sowohl der Kläger als auch das Landgericht, das die Klage von Amts wegen zuzustellen hatte (§ 270 Abs. 1 ZPO), hätten aufgrund der Mitteilung des Einwohnermeldeamts W. vom 21. November 1996 über die Nebenwohnung des Beklagten in der L. Straße in B. - unbeschadet der falsch mitgeteilten Hausnummer (22 statt 22 a) - die zutreffende Anschrift des Beklagten ohne weiteres durch Nachfrage beim Landeseinwohnermeldeamt in B. in Erfahrung bringen können, so daß eine andere als die öffentliche Zustellung der Klageschrift ohne größeren Aufwand möglich war. Die gebotene Nachfrage beim Landeseinwohnermeldeamt in B. wurde jedoch versäumt.

bb) Unabhängig davon durfte sich das Landgericht, wie es später selbst erkannt und im erstinstanzlichen Urteil zutreffend ausgeführt hat, für die Anordnung der öffentlichen Zustellung nicht mit den vom Kläger vorgelegten Unterlagen begnügen. Denn die darin dokumentierten Nachforschungen des Klägers lagen, soweit sie zu amtlichen Auskünften geführt hatten, bei der Einreichung der Klage bereits mehr als ein Jahr zurück und taugten schon deshalb nicht mehr als zeitnaher Nachweis für einen unbekannten Aufenthalt des Beklagten. Aktuell war nur die Kopie eines nicht unterzeichneten Berichts eines vom Kläger nicht näher bezeichneten "Hamburger Rechercheunternehmens" vom 19. November 1997, der als anonymer Bericht jedenfalls nicht ausreichen konnte, um den Aufenthalt des Beklagten als unbekannt festzustellen und eine öffentliche Zustellung der Klage zu rechtfertigen.

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die aus dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Oktober 1987 (1 BvR 198/87, NJW 1988, 2361) hergeleitete Auffassung des Berufungsgerichts, daß die unter Verstoß gegen § 203 Abs. 1 ZPO angeordnete öffentliche Bekanntmachung sowohl der Klageschrift als auch des Versäumnisurteils nicht die in dieser Norm geregelte Zustellungsfiktion auslösen konnte, weil der Beklagte anderenfalls durch das dann rechtskräftige Versäumnisurteil in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt würde.

Soweit die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur uneingeschränkten Wirksamkeit öffentlicher Zustellungen, deren Voraussetzungen (§ 203 Abs. 1 ZPO) nicht vorliegen, dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts entgegensteht, kann an ihr nicht festgehalten werden.

a) Im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 59, 259, 263) entspricht es bislang ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, daß eine öffentliche Zustellung, bei der das in §§ 203 ff ZPO vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist, nicht deshalb unwirksam ist, weil die vom Gericht angenommenen Voraussetzungen der Bewilligung in Wirklichkeit nicht gegeben waren. Denn die Bewilligung der öffentlichen Zustellung sei eine gerichtliche Entscheidung, und gerichtliche Entscheidungen seien als Staatshoheitsakte grundsätzlich so lange wirksam, bis sie auf ein Rechtsmittel der Beteiligten hin aufgehoben würden. Gegen die Bewilligung der öffentlichen Zustellung gebe es jedoch keinen Rechtsbehelf (BGHZ 57, 108, 110; BGHZ 64, 5, 8). Zudem erfordere es die Rechtssicherheit, daß die Wirksamkeit einer öffentlichen Zustellung nicht noch nach Jahren mit dem Versuch des Nachweises in Frage gestellt werden könne, daß ihre Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten (BGHZ 64, 5, 8). Dem Zustellungsadressaten stehe es offen, die durch eine erschlichene öffentliche Zustellung erlangte Rechtsposition mit dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) zu bekämpfen (BGHZ 57, 108, 111; BGHZ 64, 5, 10). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt bei einem erschlichenen Titel darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB in Betracht (vgl. BGHZ 26, 391, 396).

b) Das Bundesverfassungsgericht hat demgegenüber entschieden, daß eine öffentliche Bekanntmachung im Zivilprozeß zuzustellender Schriftstücke die in § 203 Abs. 1 ZPO geregelte Zustellungsfiktion nicht auslösen könne, wenn die Voraussetzung dieser Norm, ein unbekannter Aufenthalt der Partei, nicht vorliege. Die Zustellungsfiktion der öffentlichen Bekanntmachung sei im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich nur zu rechtfertigen, wenn eine andere Art der Zustellung aus sachlichen Gründen nicht oder nur schwer durchführbar sei, sei es wegen des unbekannten Aufenthalts des Zustellungsempfängers, sei es wegen der Vielzahl oder der Unüberschaubarkeit des Kreises der Betroffenen. Die Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG würden zumindest dann nicht gewahrt, wenn eine öffentliche Bekanntmachung erfolge, obwohl eine andere Form der Zustellung ohne weiteres möglich gewesen wäre. Um dem Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen, müsse (späteres) Verteidigungsvorbringen - auf welche Weise auch immer - einer gerichtlichen Entscheidung zugeführt werden (BVerfG, aaO).

c) Ob die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Wirksamkeit einer nach § 203 Abs. 1 ZPO unzulässigen öffentlichen Zustellung im Hinblick auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts aufrechterhalten werden kann, ist bereits vom II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bezweifelt worden (BGHZ 118, 45, 47; kritisch dazu MünchKomm-Wenzel, ZPO, 2. Aufl., 2000, § 203 Rdnr. 3), wurde aber von ihm nicht abschließend entschieden, weil dem Anspruch des Adressaten auf rechtliches Gehör durch Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Einspruchsfrist Rechnung getragen werden konnte (BGHZ 118, 45, 47; ebenfalls offengelassen in BGH, Urteil vom 3. November 1993 - XII ZR 135/92, NJW 1994, 589 unter III 4b, sowie BGH, Beschluß vom 12. März 2001 - AnwZ (B) 22/00, nicht veröffentlicht).

Im Streitfall kann dagegen die Frage, ob die unter Verstoß gegen § 203 Abs. 1 ZPO angeordnete öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils vom 9. März 1998 wirkungslos war mit der Folge, daß es bereits an einer fristauslösenden Zustellung des Versäumnisurteils fehlte, nicht offenbleiben. Denn Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Einspruchsfrist konnte dem Beklagten, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht gewährt werden.

Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden (§ 234 Abs. 3 ZPO). Diese Ausschlußfrist war im Streitfall bereits abgelaufen, als der Beklagte Kenntnis von der öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils erlangte, Einspruch einlegte und Wiedereinsetzung beantragte. Zwar könnte erwogen werden, die einjährige Ausschlußfrist dann nicht anzuwenden, wenn durch eine unzulässige öffentliche Zustellung der verfassungsrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde (zur Nichtanwendung dieser Frist, wenn nach einem rechtzeitig gestellten Antrag Prozeßkostenhilfe für ein befristetes Rechtsmittel erst nach Ablauf der Jahresfrist bewilligt wurde, vgl. BGH, Beschluß vom 12. Juni 1973 - VI ZR 121/73, NJW 1973, 1373). Dies würde aber an einer abschlägigen Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten nichts ändern. Das Berufungsgericht hat zutreffend festgestellt, daß auch die zweiwöchige Antragsfrist nach § 234 Abs. 1 und 2 ZPO bereits abgelaufen war, als der Beklagte Wiedereinsetzung beantragte.

Bei Versäumung eines Einspruchs infolge unverschuldeter Unkenntnis von der öffentlichen Zustellung eines Versäumnisurteils beginnt die Antragsfrist für eine Wiedereinsetzung (§ 234 Abs.1 und 2 ZPO) bereits mit dem Wegfall des Hindernisses - der Unkenntnis von der öffentlichen Zustellung - und nicht erst mit der Akteneinsicht, durch die weitere Einzelheiten über die der öffentlichen Zustellung zugrunde liegenden Umstände in Erfahrung gebracht werden sollen (BGH, Urteil vom 15. März 1977 - VI ZR 104/76, VersR 1977, 643). Kenntnis von der öffentlichen Zustellung hatte der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts bereits am 10. Juni 1999 erlangt, als ihm eine Kopie der vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils zuging, spätestens aber am 15. Juni 1999, als der Prozeßbevollmächtigte in seinem Antrag auf Akteneinsicht selbst die öffentliche Zustellung ausdrücklich ansprach und dennoch einen Antrag auf Wiedereinsetzung (noch) nicht stellte. In jedem Fall war der erst am 6. Juli 1999 eingegangene Wiedereinsetzungsantrag - gemessen an § 234 Abs. 1 und 2 ZPO - verspätet. Dies wird auch von der Revision nicht in Frage gestellt.

d) Grundlage für die Beantwortung der Frage nach den Auswirkungen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Wirksamkeit unzulässiger öffentlicher Zustellungen im Zivilprozeß ist der grundrechtliche Anspruch der Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Im Hinblick auf diese Verfassungsgarantie ist es bei einem (wegen unzulässiger öffentlicher Zustellung der Anspruchsbegründung) unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ergangenen Versäumnisurteil, das seinerseits wiederum unter Verstoß gegen § 203 Abs. 1 ZPO öffentlich zugestellt worden ist, "jedenfalls geboten (...), den vor Erlaß dieses Urteils geschehenen Gehörsverstoß durch eine Sachentscheidung über die mit dem Einspruch erhobenen Einwendungen zu heilen" (BVerfG, aaO).

e) Die in der Diskussion über den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vertretene Auffassung, an der Wirksamkeit unzulässig bewilligter Zustellungen müsse im Interesse der Rechtssicherheit festgehalten werden und eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 103 Abs. 1 GG sei zivilprozessual nur im Verfahren über eine Wiedereinsetzung - unter den dafür bestehenden Voraussetzungen - zu beseitigen (MünchKomm-Wenzel, ZPO, 2. Aufl., § 203 Rdnr. 3; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 204 Rdnr. 7), vermag der Senat nicht zu teilen. Sie findet auch im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts keine Stütze. Die Entscheidung enthält keinen Hinweis darauf, daß es eines Antrags auf Wiedereinsetzung bedurft hätte, um das unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ergangene und unter Verstoß gegen § 203 ZPO öffentlich zugestellte Versäumnisurteil zu beseitigen und zu einer Sachentscheidung zu gelangen.

Die Unbedingtheit des vom Bundesverfassungsgericht formulierten Gebots einer Sachentscheidung verbietet eine Einschränkung dahin, daß es in einem solchen Fall zu einer Sachentscheidung nur unter den engen Voraussetzungen der Wiedereinsetzung kommen solle. Zwar dient auch das Wiedereinsetzungsverfahren - bei unverschuldeter Fristversäumung - der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (BVerfGE 67, 208, 212). Dieses Verfahren bietet aber - wie am Streitfall besonders deutlich wird - aufgrund der restriktiven Voraussetzungen, unter denen Wiedereinsetzung nur gewährt werden kann, keine hinreichende Gewähr dafür, Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgrund unzulässig bewilligter öffentlicher Zustellungen gerade in besonders schwerwiegenden Fällen zu heilen.

Bei öffentlichen Zustellungen ist die Wahrscheinlichkeit, daß der Zustellungsadressat von der öffentlichen Zustellung tatsächlich Kenntnis erlangt, gering. Deshalb ist hier die Gefahr, daß die betroffene Partei - wie im Streitfall - erst nach Ablauf der gesetzlichen Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO Kenntnis von dem Verfahren (öffentliche Zustellung der Klageschrift) und der gegen sie ergangenen Entscheidung (öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils) erlangt, besonders groß. Es würde den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht, wenn eine Sachentscheidung in solchen Fällen, in denen der Grundrechtsverstoß besonders gravierend ist, von vornherein am Ablauf der für eine Wiedereinsetzung geltenden Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO, gegen die das Bundesverfassungsgericht keine verfassungsrechtlichen Bedenken erhoben hat (Beschluß vom 18.Dezember 1972 - 2 BvR 756/71, nicht veröffentlicht), scheiterte.

Selbst wenn mit den oben unter c) dargelegten Erwägungen eine Nichtanwendung der gesetzlichen Ausschlußfrist in Fällen der vorliegenden Art aus verfassungsrechtlichen Gründen zu rechtfertigen wäre, bietet das Wiedereinsetzungsverfahren bei unzulässiger öffentlicher Zustellung eines Versäumnisurteils wegen seiner weiteren Voraussetzungen, unter denen Wiedereinsetzung nur gewährt werden kann, keine ausreichende Möglichkeit, um zu der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Sachentscheidung über die mit dem Einspruch erhobenen Einwendungen zu gelangen.

Das Wiedereinsetzungsverfahren dient der Folgenbeseitigung unverschuldeter Fristversäumungen innerhalb eines als ordnungsgemäß vorausgesetzten Verfahrens. Durch die Versagung von Wiedereinsetzung soll eine Nachlässigkeit in der Prozeßführung bei fristwahrenden Prozeßhandlungen "bestraft" werden (MünchKomm-Feiber, ZPO, 2. Aufl., § 230 Rdn. 2). Darin liegt der Grund sowohl für das Erfordernis fehlenden Verschuldens bei der Fristversäumung (§ 233 ZPO) als auch für die zweiwöchige Antragsfrist (§ 234 Abs. 1 und 2 ZPO). Diese starre Frist ist zu knapp bemessen, um bei einer - wie hier nur geringen - Überschreitung die Sanktion zu rechtfertigen, daß eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die unzulässige öffentliche Zustellung eines Versäumnisurteils aufrechterhalten bleibt und nicht mehr geheilt werden kann.

Die Bestimmungen über das Wiedereinsetzungsverfahren gehen davon aus und setzen voraus, daß das gerichtliche Verfahren, innerhalb dessen eine Frist im Sinne des § 233 ZPO von einer Partei (unverschuldet) versäumt wurde, prozeßordnungsgemäß - erst recht verfassungsgemäß - war. Daran fehlt es hier. Die Fristversäumung bezüglich des Einspruchs gegen ein unzulässigerweise öffentlich zugestelltes Versäumnisurteil beruht weder auf einer nachlässigen Prozeßführung der Partei noch auf sonstigen Umständen, die außerhalb des Gerichtsverfahrens liegen. Die entscheidende Ursache der Fristversäumung liegt vielmehr in der Fehlerhaftigkeit des Gerichtsverfahrens selbst, die dazu geführt hat, daß der Zustellungsadressat keine Kenntnis von dem Versäumnisurteil erlangte und folglich auch keinen Einspruch dagegen einlegen konnte. Auf eine solche Fallgestaltung, in der die Fristversäumung auf einer Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör beruht, ist das Wiedereinsetzungsverfahren mit seinen engen Voraussetzungen nicht zugeschnitten.

f) Der Senat hält deshalb die vom II. Zivilsenat geäußerten Zweifel, ob die bisherige Rechtsprechung zur Wirksamkeit unzulässiger öffentlicher Zustellungen aufrechterhalten werden kann, für durchgreifend und ist in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen der Auffassung, daß dem Gebot des Bundesverfassungsgerichts, in der Sache über das Vorbringen der Partei, die in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt wurde, zu entscheiden, zivilprozessual dadurch Rechnung zu tragen ist, daß die unzulässig bewilligte öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils keine Einspruchsfrist in Lauf setzt, in dieser Hinsicht also unwirksam - "wirkungslos" - ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Anordnung der öffentlichen Zustellung - wie in der vom Bundesverfassungsgericht beurteilten Fallgestaltung - auf einem Fehler des Gerichts beruht, die Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 ZPO also für das Gericht erkennbar nicht vorliegen. Soweit diese vom Senat bei erkennbar unzulässigen öffentlichen Zustellungen nunmehr vertretene Rechtsauffassung der bisherigen Rechtsprechung des IV. Zivilsenats (BGHZ 64, 5, 8) entgegensteht, hält dieser, wie er auf Anfrage mitgeteilt hat, an seiner Rechtsauffassung mit Rücksicht auf das Gebot rechtlichen Gehörs nicht fest.

Für den somit noch zulässigen Einspruch bedarf es keiner Wiedereinsetzung. Durch ihn wird der Weg zu der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Sachentscheidung eröffnet (§ 342 ZPO). Dies steht im Einklang mit der Formulierung des Bundesverfassungsgerichts, daß die unter Verstoß gegen § 203 Abs. 1 ZPO bewilligte öffentliche Zustellung die in dieser Norm geregelte Zustellungsfiktion nicht auslösen könne (BVerfG, aaO), und auch mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesfinanzhofs. Beide Gerichte haben für Zustellungen im Verwaltungsverfahren unter Bezugnahme auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts ebenfalls entschieden, daß öffentliche Zustellungen nach § 15 VerwZG unwirksam sind, wenn die - § 203 Abs. 1 ZPO weitgehend entsprechenden - Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, insbesondere die Behörde ihre Ermittlungspflicht über den Aufenthalt des Empfängers verletzt hat (BVerwGE 104, 301; BFHE 192, 200).

g) Ebenso wie bereits das Bundesverfassungsgericht offengelassen hat, ob jeder Zustellungsmangel zur Verfehlung des verfassungsrechtlich gebotenen Zwecks der Zustellung - Verwirklichung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs - führt, kann hier offenbleiben, ob eine unter Verstoß gegen § 203 Abs. 1 ZPO angeordnete und durchgeführte öffentliche Zustellung nur dann wirkungslos ist, wenn das Fehlen der Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 ZPO für das die Zustellung anordnende Gericht erkennbar war (BayObLGZ 2000, 14 = NJW-RR 2000, 1452; OLG Köln, NJW-RR 1993, 446; OLG Hamm, NJW-RR 1998, 497; OLG Bremen, OLG-Report 1998, 171; zustimmend Fischer, ZZP 107 (1994), 163, 175; Musielak/Wolst, ZPO, 2. Aufl., § 203 Rdnr. 4; ablehnend MünchKomm-Wenzel, ZPO, 2. Aufl., § 203 Rdnr. 3), oder hiervon unabhängig immer dann, wenn die Voraussetzungen des § 203 Abs. 1 ZPO objektiv nicht vorlagen (OLG Zweibrücken, OLG-Report, 2001, 389). Denn im Streitfall geht es - ebenso wie in der dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zugrundeliegenden Fallgestaltung - um eine unzulässige öffentliche Zustellung, die bei sorgfältiger Prüfung der vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht hätte angeordnet werden dürfen, deren Fehlerhaftigkeit also für das Gericht selbst von vornherein erkennbar war.

h) Der Senat verkennt nicht, daß die Rechtssicherheit, der im Rahmen des Rechtsstaatsprinzips ebenfalls Verfassungsrang zukommt, in gewissem Umfang zurückgedrängt wird, wenn sich der Empfänger einer erkennbar unzulässig bewilligten öffentlichen Zustellung auf deren Unwirksamkeit berufen kann, ohne Wiedereinsetzung beantragen und die in § 234 ZPO geregelten Fristen einhalten zu müssen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten des Grundrechts auf rechtliches Gehör ist aber für den Zivilprozeß verbindlich. Dies hindert allerdings nicht, einer rechtsmißbräuchlichen Berufung auf die Unwirksamkeit einer öffentlichen Zustellung im Einzelfall entgegenzuwirken. Jede Rechtsausübung - auch im Zivilprozeß - unterliegt dem Mißbrauchsverbot. Auch der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil kann verwirkt sein. Anlaß zur Prüfung der Zulässigkeit eines Einspruchs unter diesem Gesichtspunkt kann etwa dann bestehen, wenn der Zustellungsadressat mit dem Einspruch - ohne sachlichen Grund - bewußt zuwartet und dadurch den Eindruck erweckt, er wolle sich gegen das Versäumnisurteil nicht zur Wehr setzen.

3. In der Sache haben die Vorinstanzen zu Recht das Versäumnisurteil vom 9. März 1998 aufgehoben und die Klage aufgrund der vom Beklagten mit seinem Einspruch erhobenen Einrede wegen Verjährung abgewiesen.

a) Die den überwiegenden Teil der Klageforderung bildenden Ansprüche auf Zahlung rückständiger Leasingraten aus den Jahren 1993 und 1994 waren bereits mit Ablauf der Jahre 1995 bzw. 1996 verjährt (§§ 196 Abs. 1 Nr. 6, 201 BGB), so daß bei Einreichung der Klageschrift im Dezember 1997 die Verjährung dieser Ansprüche nicht mehr nach § 209 BGB unterbrochen werden konnte. Auf die Wirksamkeit der öffentlichen Zustellung der Klageschrift kommt es insoweit nicht an. Dagegen bringt die Revision auch nichts vor.

b) Aber auch die erst im Jahr 1995 fällig gewordenen Ansprüche sind verjährt. Insoweit ist die Verjährung durch die am 7. Januar 1998 erfolgte öffentliche Bekanntmachung der Klageschrift nicht unterbrochen worden, weil die öffentliche Zustellung der Klageschrift aus den gleichen Gründen wirkungslos war wie die spätere öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils. Die erst am 14. Juli 1999 erfolgte wirksame Zustellung der Klageschrift konnte die Verjährung nicht mehr unterbrechen, weil diese Zustellung nicht mehr "demnächst" erfolgte (§ 270 Abs. 3 ZPO).

aa) Die Zustellung der die Anspruchsbegründung enthaltenden Klageschrift dient, wie die Zustellung einer gerichtlichen Entscheidung, ebenfalls der Verwirklichung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Der beklagten Partei soll dadurch Gelegenheit gegeben werden, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt - wie es Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich fordert - bereits vor deren Erlaß zu äußern (BVerfG, aaO). Diese Äußerungsmöglichkeit hatte der Beklagte im Streitfall nicht. Für die öffentliche Bekanntmachung der Klageschrift gilt deshalb das gleiche wie für die öffentliche Bekanntmachung des Versäumnisurteils. Sie konnte die in § 203 Abs. 1 ZPO geregelte Zustellungsfiktion nicht auslösen, weil der Aufenthalt des Beklagten - für das die öffentliche Zustellung anordnende Gericht erkennbar - nicht unbekannt war. Damit ist im Streitfall auch die unzulässige öffentliche Zustellung der Klageschrift wirkungslos.

bb) Allerdings erschöpfen sich Funktion und Wirkungen der Zustellung einer Klageschrift nicht in der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die durch eine wirksame Zustellung der Klageschrift erfolgende Klageerhebung hat prozessuale und materiell-rechtliche Wirkungen, die mit der Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs nicht im Zusammenhang stehen, nämlich die Rechtshängigkeit der Streitsache (§ 261 ZPO) und insbesondere die Unterbrechung der Verjährung (§ 209 BGB). Im Hinblick auf die Unterbrechung der Verjährung dient die Zustellung der Klageschrift auch nicht dem Schutz des beklagten Schuldners, sondern dem Interesse des klagenden Gläubigers an einer weiteren Durchsetzbarkeit seines Anspruchs.

Berechtigte Interessen des klagenden Gläubigers erfordern es jedoch nicht, einer erkennbar unzulässigen öffentlichen Zustellung der Klageschrift verjährungsunterbrechende Wirkung beizulegen. Es obliegt dem Gläubiger, die Voraussetzungen für eine wirksame Zustellung der Klageschrift zu schaffen, d.h. die ("ladungsfähige") Anschrift des Beklagten beizubringen (§§ 253 Abs. 4 in Verbindung mit 130 Nr. 1 ZPO) oder - für eine öffentliche Zustellung (§ 203 Abs. 1 ZPO) - den unbekannten Aufenthalt des Beklagten zu belegen (BGHZ 102, 332, 335). Daß die Klageschrift von Amts wegen zuzustellen ist (§ 270 Abs. 1 ZPO), ändert daran nichts und bedeutet insbesondere nicht, daß das Gericht von sich aus die Anschrift des Beklagten zu ermitteln oder Nachforschungen nach dessen Aufenthalt anzustellen hätte. Die Zustellung von Amts wegen entbindet die Partei nicht von der eigenen Darlegungslast; allenfalls solche Ermittlungen sind bei der Amtszustellung von Amts wegen geboten, die dem Kläger nicht möglich oder nicht zuzumuten sind (MünchKomm-Wenzel, ZPO, 2. Aufl., 2000, § 203 Rdnr. 8).

Aus diesem Grunde liegt es auch hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung (§ 209 BGB) im Risikobereich des Klägers, wenn er nicht oder nicht rechtzeitig in einer den Anforderungen des § 203 Abs. 1 ZPO entsprechenden Weise hinreichend darlegt, daß der Aufenthalt des Beklagten unbekannt ist, wenn sein Vorbringen also die Anordnung der öffentlichen Zustellung der Klageschrift nicht rechtfertigt und sich später herausstellt, daß der Aufenthalt des Beklagten tatsächlich nicht unbekannt war. Wenn das Risiko, daß die angestrebte Unterbrechung der Verjährung scheitern könnte, den Kläger veranlaßt, eine öffentliche Zustellung der Klageschrift nicht voreilig, sondern vernünftigerweise nur nach umfassenden und sorgfältigen Ermittlungen zu beantragen, so trägt dies gerade dem Wesen der öffentlichen Zustellung als einer Zustellungsfiktion Rechnung, von der wegen des verfassungsmäßigen Rechts des Zustellungsadressaten aus Art. 103 Abs. 1 GG nur äußerst zurückhaltend Gebrauch zu machen ist.

Auch im Streitfall wird der Kläger dadurch, daß die unzulässige öffentliche Zustellung der Klageschrift keine verjährungsunterbrechende Wirkung entfaltet, nicht in einem schutzwürdigen Vertrauen auf die Wirksamkeit der öffentlichen Zustellung verletzt. Denn daß die von ihm vorgelegten Unterlagen nicht ausreichen konnten, die öffentliche Zustellung der Klageschrift zu rechtfertigen, war für den Kläger bei Einreichung der Klage ebenso erkennbar wie für das Gericht, das die öffentliche Zustellung auf dieser unzureichenden Grundlage fehlerhaft angeordnet hat.

c) Die Verjährung ist auch nicht gehemmt. Beruht die Unwirksamkeit einer Zustellung auf unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht und ist die Unwirksamkeit für den Gläubiger nicht erkennbar, kommt zwar eine Hemmung der Verjährung wegen höherer Gewalt in Betracht (§ 203 Abs. 2 BGB; BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - III ZR 92/87, NJW 1990, 176 unter I 2 a m.w.Nachw.). Eine Hemmung aus diesem Gesichtspunkt scheidet im Streitfall aber aus. Sie greift nur ein, wenn die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Zustellung infolge eines - für den Gläubiger unabwendbaren - gerichtlichen Fehlers nicht eintritt (BGH, aaO). Hier aber lag es nicht außerhalb des Einflußbereichs des Klägers, daß die öffentliche Zustellung der Klageschrift nicht zu einer Unterbrechung der Verjährung (§ 209 BGB) führte. Vielmehr hat der Kläger die Wirkungslosigkeit der öffentlichen Zustellung der Klageschrift selbst mit zu verantworten; er hat - wie dargelegt - die öffentliche Zustellung der Klageschrift beantragt, ohne aussagekräftig darzulegen, daß der Aufenthalt des Beklagten unbekannt war. Damit war auch für ihn erkennbar, daß die öffentliche Zustellung der Klageschrift nach § 203 Abs. 1 ZPO unzulässig war.

Ende der Entscheidung

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