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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: VIII ZR 282/03
Rechtsgebiete: ZPO, StBauFG, BGB, MHG


Vorschriften:

ZPO § 128 Abs. 2
StBauFG § 43
BGB § 558
BGB § 558 Abs. 5
BGB § 559 a
MHG § 2
MHG § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 282/03

Verkündet am: 23. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Wiechers und Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der Zivilkammer 61 des Landgerichts Berlin vom 21. August 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte mietete von der Klägerin mit Vertrag vom 4. Juli 1984 im Haus N. straße in Berlin im 3. Obergeschoß eine 4-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 137,41 qm. Die Wohnung war durch Modernisierungsvertrag vom 27. November/1. Dezember 1978 mit öffentlichen Mitteln nach § 43 StBauFG gefördert worden. Danach erhielt die Klägerin einen nicht nach Modernisierungsmaßnahmen einerseits und Instandsetzungsmaßnahmen andererseits getrennten Baukostenzuschuß in Höhe von 2.301.671 DM für die Gebäude N. straße bis . Darüber hinaus erhielt sie von der Wohnungsbaukreditanstalt im Hinblick auf anerkannte Modernisierungskosten in Höhe von 1.620.500 DM und anerkannte Instandsetzungskosten in Höhe von 567.800 DM Zinszuschüsse in Höhe von insgesamt 799.421 DM, die in unterschiedlichen Teilbeträgen letztmalig am 1. Dezember 1983 gezahlt wurden. Als Zeitpunkt für die mittlere Bezugsfertigkeit der von den Maßnahmen betroffenen Wohnungen wurde der 1. Dezember 1977 festgelegt. In § 3 Abs. 3 des Modernisierungsvertrages war vereinbart, daß die Anfangskaltmiete nach Abschluß der Arbeiten 3,20 DM/qm monatlich betragen und sich im 4., 7. und 10. Jahr nach Beginn um jeweils 0,50 DM/qm monatlich erhöhen sollte.

Mit Erklärung vom 11. März 2002 begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zu einer Erhöhung der Bruttokaltmiete von 522,28 € um 104,46 € auf 626,74 € monatlich zuzüglich einer Vorauszahlung für Heizung und Warmwasser in Höhe von 127,24 € und eines nicht näher bezeichneten Zuschlages von 2,56 €. Sie berief sich dabei auf den Berliner Mietspiegel für die westlichen Bezirke. Das Mieterhöhungsverlangen enthält keine Abzugsbeträge für die erhaltene öffentliche Förderung. Die Beklagte stimmte dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin nicht zu.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Zustimmung der Beklagten zu ihrer Mieterhöhungserklärung vom 11. März 2002. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen von der Klägerin eingelegte Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob das Mieterhöhungsverlangen wegen fehlender Angabe von Abzugsbeträgen bereits formell unwirksam sei. Jedenfalls könne auch inhaltlich nicht festgestellt werden, daß die begehrte Mieterhöhung sich in dem nach § 558 BGB zulässigen Rahmen halte. Die Klägerin habe im Rahmen eines Sanierungsvertrages Zinszuschüsse und Baukostenzuschüsse aus öffentlichen Haushalten erhalten, mit denen sie jedenfalls auch Modernisierungsmaßnahmen in dem Haus N. straße finanziert habe. Solche Zuschüsse seien gemäß § 558 Abs. 5 BGB grundsätzlich als Drittmittel im Sinne von § 559 a BGB bei einer Mieterhöhung nach § 558 BGB von dem Jahresbetrag des ortsüblichen Mietzinses abzuziehen.

Ein solcher Abzug entfalle nicht schon deshalb, weil die Wohnung bei Abschluß des Mietvertrages vom 4. Juli 1984 bereits modernisiert gewesen sei. Der Gesetzeszweck spreche dafür, daß die erhöhungsbeschränkende Wirkung des § 558 Abs. 5 BGB nicht nur dann eingreifen solle, wenn die Modernisierung im laufenden Mietverhältnis erfolge. Dieser Zweck bestehe darin, bei der Erhöhung der Vergleichsmiete Leistungen aus öffentlichen Haushalten, die zur Modernisierung erbracht würden, in jedem Falle durch entsprechende Kürzungsbeträge dem Mieter zugute kommen zu lassen. Dabei sei nicht die Person des Einzelmieters gemeint, sondern allgemein die die Wohnung nutzende Partei des Mietvertrages. Der Einsatz öffentlicher Mittel solle bei der Unterstützung von Wohnungsmodernisierungen weder dem einzelnen Vermieter noch dem einzelnen Mieter, sondern der Allgemeinheit durch die Sicherung angemessenen und bezahlbaren Wohnraums zugute kommen.

Die Abzugspflicht sei auch nicht durch den erheblichen seit Abschluß der Modernisierung und seit Auszahlung der Förderbeträge verstrichenen Zeitraum entfallen. Das Gesetz sehe eine zeitliche Beschränkung nicht vor. Für eine Analogie zu anderen gesetzlich formulierten Fristenregelungen bestehe in Ermangelung einer Gesetzeslücke kein Raum.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Wie der Senat in seiner noch zu den §§ 2, 3 MHG ergangenen Entscheidung (Urteil vom 25. Februar 2004 - VIII ZR 116/03, WuM 2004, 283) dargelegt hat, sind bei der Mieterhöhung wegen einer öffentlichen Förderung abzuziehende Kürzungsbeträge nicht auf unbegrenzte Zeit zu berücksichtigen; entsprechendes hat für die Nachfolgebestimmungen der §§ 558, 559 a BGB zu gelten. Vielmehr bedürfen die vorgenannten Vorschriften einer den Anforderungen des Art. 14 GG gerecht werdenden verfassungskonformen Auslegung dahingehend, daß die Anrechnung nur für einen bestimmten Zeitraum zu erfolgen hat. Würde dem Eigentümer eines öffentlich geförderten Wohnraums auf unbegrenzte Zeit verboten, für diesen Wohnraum die ortsübliche Vergleichsmiete zu verlangen, und zwar auch dann, wenn die geförderte Maßnahme längst nicht mehr mieterhöhend wirkt und der Zuschuß somit "aufgebraucht" ist, wäre er ungerechtfertigt schlechter gestellt als derjenige Vermieter, der für eine Modernisierung privates Vermögen aufgewendet hat. Damit würde der Zweck der Regelungen der §§ 558, 559 a BGB verfehlt, die Modernisierung von Wohnungen durch Einsatz öffentlicher Gelder zu fördern, weil der Vermieter, soweit wie möglich, auf die Inanspruchnahme einer Förderung verzichten würde (Senatsurteil vom 25. Februar 2004 aaO). Diese von Verfassungs wegen vorzunehmende Auslegung ist auch bei der jetzigen gesetzlichen Regelung der §§ 558, 559 a BGB geboten (vgl. Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 Rdnr. 246).

Dabei kann für den vorliegenden Fall offenbleiben, ob der Zeitraum, in dem Kürzungsbeträge von der Mieterhöhung abzusetzen sind, auf 10 oder auf 12 Jahre festzulegen ist. Jedenfalls beinahe 25 Jahre nach mittlerer Bezugsfertigkeit und mehr als 18 Jahre nach Gewährung des letzten Förderbetrages ist die gewährte Förderung durch die verminderte Mieterhöhung aufgezehrt.

Da somit Kürzungsbeträge nach den §§ 558 Abs. 5, 559 a BGB von der begehrten Mieterhöhung nicht abzuziehen waren, bedurfte es in dem Mieterhöhungsverlangen der Klägerin auch keiner Angaben über die gewährten Fördermittel (Senatsurteil vom 25. Februar 2004 aaO). Aus diesem Grund stellt sich die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob ein Mieterhöhungsverlangen auch dann noch Kürzungsbeträge ausweisen muß, wenn zwischenzeitlich ein Mieterwechsel unter Abschluß eines neuen Mietvertrages stattgefunden hat, im vorliegenden Fall nicht. Das Mieterhöhungsverlangen vom 11. März 2002 war formell wirksam.

III.

Auf das Rechtsmittel der Klägerin ist das Berufungsurteil aufzuheben. Allerdings kann der Senat nicht selbst in der Sache entscheiden. Die Parteien haben in den Vorinstanzen auch darüber gestritten, welcher Mietzins dem Erhöhungsverlangen der Klägerin zugrunde zu legen ist. Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - hierzu keine Feststellungen getroffen. Dies wird im Hinblick auf die in erster Instanz vorgelegten Mietänderungserklärungen vom 2. März 1988 und 3. Januar 1992 sowie die Betriebskostenabrechnung vom 22. November 1999 nachzuholen sein. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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