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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.11.1998
Aktenzeichen: VIII ZR 318/97
Rechtsgebiete: ZPO, HGB, AGBG
Vorschriften:
ZPO § 554 b Abs. 1 | |
ZPO § 97 Abs. 1 | |
HGB § 89 b Abs. 3 Nr. 1-3 | |
HGB § 89 b Abs. 4 Satz 1 | |
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
4. November 1998
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Zülch, Dr. Hübsch, Ball und Wiechers
am 4. November 1998
gemäß § 554 b Abs. 1 ZPO in der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 54, 277)
beschlossen:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 1. Oktober 1997 wird nicht angenommen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 135.126,34 DM.
Gründe:
1. Auf § 11 Abs. 2 des Mitarbeitervertrages kann der Ausgleichsanspruch nicht gestützt werden.
a) § 11 Abs. 2 Nr. 2 des Mitarbeitervertrages wird vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als partielles nachvertragliches Wettbewerbsverbot ausgelegt.
b) Der Revision ist einzuräumen, daß diese Klausel unwirksam ist. Sie gilt nach ihrer allgemein gehaltenen Formulierung auch für diejenigen Handelsvertreter, bei denen die gesetzlichen Ausschließungsgründe für den Ausgleichsanspruch (§ 89 b Abs. 3 Nr. 1-3 HGB) nicht gegeben sind. Damit verstößt die Klausel gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB. Diese Vorschrift erfaßt auch solche Vereinbarungen, durch die der Ausgleichsanspruch - wie hier - von weiteren, im Gesetz nicht vorgesehenen Voraussetzungen abhängig gemacht wird (BGHZ 55, 124, 126; BGH, Urteil vom 11. Oktober 1990 - I ZR 32/89 = WM 1991, 196, 198). Da § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB auch Ausdruck von Gerechtigkeits- und Billigkeitserwägungen ist, zählt die Vorschrift auch zu den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG), so daß die Klausel auch nach § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 - VIII ZR 342/81 = WM 1983, 308, 311 unter II 7).
Erfaßt eine Klausel nach ihrem Regelungsgehalt auch Fälle, in denen sie zu einer treuwidrigen und unangemessenen Benachteiligung der Vertragspartner des Verwenders führt, so ist sie nach ständiger Rechtsprechung insgesamt unwirksam. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts, die Klausel sei nur insoweit unwirksam, als sie für die nicht von § 89 b Abs. 3 HGB erfaßten "Normalfälle" einschränkende Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs aufstelle, im übrigen aber wirksam, verkennt, daß die Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz eine generalisierende, von den Umständen des Einzelfalles losgelöste Betrachtung voraussetzt.
c) Entgegen der Ansicht der Revision hat dies die Unwirksamkeit der gesamten Klausel gemäß § 11 Abs. 2 des Mitarbeitervertrages zur Folge. Die in § 11 Abs. 2 enthaltenen Regelungen sind zwar sprachlich, aber nicht inhaltlich trennbar. In Abs. 2 Satz 1 wird eine Sonderregelung für langjährige Vertreter der Beklagten geschaffen, indem ihnen ein Ausgleichsanspruch "unabhängig von den Gründen ihres Ausscheidens" gewährt wird. Darin liegt eine Vergünstigung vor allem für diejenigen Handelsvertreter, die sich nach längerer Tätigkeit für die Beklagte verändern wollen, sich daran aber durch die Bestimmung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB gehindert sehen. Gewissermaßen als "Preis" für diese Vergünstigung sollen diese Vertreter dafür auf nachvertraglichen Wettbewerb zum Nachteil der Beklagten verzichten. Beide Regelungen bedingen einander und sollen im Zusammenwirken der günstigen und der ungünstigen Regelung eine ausbalancierte Lösung herstellen. Würde man, wie es die Revision befürwortet, nur Satz 2 der Klausel streichen, so ergäbe der Rest der Klausel eine ganz neue, inhaltlich von der bisherigen abweichende Regelung. In einem solchen Falle liegt eine inhaltliche Untrennbarkeit vor, die eine gesonderte Überprüfung einzelner Teile der Klausel verbietet (BGHZ 107, 185, 191; BGH Urteile vom 29. Februar 1984 - VIII ZR 350/82 = WM 1984, 663, 667 unter II 3; vom 28. Mai 1984 - III ZR 63/83 = NJW 1984, 2816, 2817 unter II 3 b; vom 16. Januar 1992 - IX ZR 113/91 = NJW 1992, 896, 897 unter I 2).
2. Den gesetzlichen Ausgleichsanspruch (§ 89 b HGB) verneint das Berufungsgericht, weil die Beklagte das Handelsvertreterverhältnis zu Recht wegen der Übernahme der Geschäftsführung der konkurrierenden GUW-GmbH durch den Kläger fristlos gekündigt hat (§ 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB). Dies begegnet keinen Bedenken. Entgegen der Ansicht der Revision liegt ein Verschulden des Klägers angesichts des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts auf der Hand, so daß gesonderte Ausführungen hierzu entbehrlich waren. Überdies hatte das Landgericht, auf dessen Urteil das Berufungsurteil verweist, ein Verschulden des Klägers ausdrücklich festgestellt.
3. Insgesamt erweist sich somit das Berufungsurteil trotz teilweise fehlerhafter Begründung im Ergebnis als richtig. Grundsätzliche Fragen sind nicht zu entscheiden.
Ende der Entscheidung
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