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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.11.1998
Aktenzeichen: VIII ZR 323/97
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 278
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 284 Abs. 1 Satz 2
BGB § 273
BGB § 138 Abs. 4
ZPO § 128 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 323/97

Verkündet am: 25. November 1998

M a y e r Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. November 1998 im schriftlichen Verfahren durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Zülch, Dr. Beyer, Dr. Leimert und Wiechers

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 9. Oktober 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klägerin auf die Widerklage zur Zahlung von Zinsen auf den Betrag von 76.600 DM verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten des Streithelfers, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Gegenstand des Rechtsstreits ist lediglich noch die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine der Beklagten auf ihren Widerklageantrag zugesprochene Zinsforderung.

Die Klägerin, die mit Neufahrzeugen handelt, verkaufte durch den bei ihr als Verkäufer angestellten Streithelfer B. am 23. Oktober 1991 unter Eigentumsvorbehalt einen Lkw (Vorführwagen) der Marke DAF zum Preis von 35.340 DM an den Autohändler E., der das Fahrzeug für 76.600 DM an die Beklagte, die Leasinggeschäfte betreibt, weiterverkaufte. Den der Klägerin geschuldeten Kaufpreis bezahlte E. nicht. Deshalb unterblieb auch eine Übergabe des Fahrzeugs. Aufgrund einer unwahren Übernahmebestätigung des Leasingnehmers G. zahlte die Beklagte jedoch den Kaufpreis an E..

Das Landgericht Saarbrücken hat die Klägerin mangels Fahrzeugübergabe und Erhalt des Kaufpreises als Eigentümerin des Fahrzeugs angesehen und der Klage auf Herausgabe des bereits an die Beklagte übergebenen Fahrzeugbriefes stattgegeben. Die von der Beklagten erhobene Widerklage hat das Landgericht hinsichtlich des in erster Linie geltend gemachten Anspruchs auf Herausgabe des Fahrzeugs abgewiesen. Insoweit ist das Urteil von den Parteien nicht angefochten worden und damit rechtskräftig.

Mit ihrem (ursprünglichen) Hilfsantrag zur Widerklage hat die Beklagte die Klägerin auf Leistung von Schadensersatz in Anspruch genommen und beantragt, diese zur Zahlung von 76.600 DM nebst 14 % Zinsen für die Zeit ab 24. März 1992 zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übergabe des Kraftfahrzeugbriefes für das Fahrzeug. Sie hat vorgetragen, sie nehme seit Anfang 1992 ständig Kredit für den geltend gemachten Zinssatz mindestens in Höhe der Klageforderung in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klägerin zur Zahlung von 76.600 DM nebst 14 % Zinsen, allerdings unter Abweisung der Zinsmehrforderung erst für die Zeit ab 24. Dezember 1992, verurteilt. Das Berufungsgericht hat das Urteil abgeändert und die Widerklage auch insoweit abgewiesen. Diese Entscheidung war Gegenstand des Revisionsverfahrens VIII ZR 356/95. Mit Urteil vom 29. Januar 1997 (abgedruckt in NJW 1997, 1233) hat der erkennende Senat die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Oberlandesgericht hat aufgrund erneuter Verhandlung ein der Klägerin nach § 278 BGB zuzurechnendes Verschulden ihres Streithelfers bei den Vertragsverhandlungen bejaht und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, jedoch mit der weiteren Einschränkung, daß die Zahlung Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Beklagten gegen E., gegen die Bürgen H. und K. sowie gegen den Leasingnehmer G. zu erfolgen hat. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hat der Senat mit Beschluß vom 23. September 1998 angenommen, soweit die Klägerin zur Zahlung von Zinsen verurteilt worden ist. Im übrigen hat der Senat die Revision nicht angenommen.

Mit ihrer Revision, soweit sie jetzt noch zur Entscheidung steht, verfolgt die Klägerin die Abweisung der mit der Widerklage geltend gemachten Nebenforderung. Sie ist der Auffassung, hinsichtlich der Zinsen könne das Urteil schon deshalb keinen Bestand haben, weil sie die Zinsforderung nach Grund und Höhe bestritten habe.

Entscheidungsgründe:

I. Mit Zustimmung der Parteien kann eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen (§ 128 Abs. 2 ZPO).

II. Hinsichtlich der Zinsforderung, über deren Berechtigung nach Nichtannahme der Revision allein noch zu entscheiden ist, hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Klägerin schulde der Beklagten auf den Betrag der Hauptforderung von 76.600 DM Zinsen in Höhe von 14 % für die Zeit ab 24. Dezember 1992 aus Verzug (§§ 288 Abs. 2, 286 Abs. 1, 284 Abs. 1 Satz 2 BGB). Insoweit hält das angefochtene Urteil der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt ein Anspruch der Beklagten auf Verzugszinsen nicht schon für die Zeit ab 24. Dezember 1992 in Betracht. Zwar war die Klägerin zum Ausgleich des der Beklagten entstandenen Schadens aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zur Zahlung von 76.600 DM verpflichtet, wie aufgrund des Nichtannahmebeschlusses des Senats rechtskräftig zwischen den Parteien feststeht. Jedoch ist sie mit der Erfüllung dieser Pflicht nicht schon durch die Zustellung ihres Widerklageantrags mit Ablauf des 23. Dezember 1992 in Verzug geraten. Zu diesem Zeitpunkt ist ein Verzug nicht eingetreten, weil die Klägerin wegen ihres Rechtes auf Herausgabe des Fahrzeugbriefes nach § 273 BGB berechtigt war, die Leistung zu verweigern. Dem steht auch nicht entgegen, daß sich die Klägerin nicht auf ihr Leistungsverweigerungsrecht berufen hat. Zwar schließt das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB einen Verzug nur dann aus, wenn der Schuldner von seinem Recht durch Erhebung der Einrede Gebrauch macht (Senatsurteile vom 5. Mai 1971 - VIII ZR 59/70 - WM 1971, 1020 unter I 2 b und vom 25. November 1970 - VIII ZR 101/69 - NJW 1971, 421 unter II). Die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts ist aber dann entbehrlich, wenn der Gläubiger dem Gegenrecht des Schuldners im Klageantrag dadurch Rechnung trägt, daß er sogleich die Verurteilung nur Zug um Zug gegen Erbringung der Gegenleistung begehrt (BGHZ 60, 319, 323; MünchKomm/Thode, BGB, 3. Aufl., § 284 Rdnr. 16; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 284 Rdnr. 17). So verhält es sich hier. Die Beklagte hat von vornherein nur Verurteilung zur Zahlung von 76.600 DM Zug um Zug gegen Herausgabe des Briefes verlangt.

Zwischen der Rückzahlungsverpflichtung der Klägerin und ihrem Anspruch auf Herausgabe des Briefes bestand auch der von § 273 BGB geforderte rechtliche Zusammenhang. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Bis zur Herausgabe des Fahrzeugbriefes, die nach dem von der Revision aufgezeigten Vorbringen der Klägerin am 14. Januar 1994 erfolgt sein soll, war daher der Eintritt des Verzuges ausgeschlossen, so daß die Beklagte auch keine Verzugszinsen fordern kann (vgl. BGHZ 60, 319, 323).

Ob ein Anspruch der Beklagten auf Zinsersatz zu einem früheren Zeitpunkt unabhängig von einem Verzugseintritt unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen begründet sein könnte, weil diese den Kaufpreis refinanziert hat und ihr damit Aufwendungen entstanden sind, die sich im Nachhinein als nutzlos erwiesen haben könnten (MünchKomm/Emmerich aaO vor § 275 Rdnr. 165 ff), bedarf keiner Entscheidung. Daß die Beklagte einen solchen Anspruch, der von einer Forderung wegen Verzuges der Klägerin mit der Rückzahlung des Kaufpreises zu unterscheiden ist, geltend gemacht hat, ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen.

2. Zu Recht rügt die Revision im übrigen, das Berufungsgericht habe seiner Zinsentscheidung nicht einen Zinssatz von 14 % zugrunde legen dürfen. Die Klägerin hat die Nebenforderung ausdrücklich nach Grund und Höhe bestritten. Damit ist sie dem Vorbringen der Beklagten, sie nehme Bankkredit in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe zu dem geltend gemachten Zinssatz in Anspruch, in ausreichender Weise entgegengetreten. Die Klägerin hätte sich insoweit auch mit Nichtwissen erklären dürfen (§ 138 Abs. 4 ZPO).

III. Hinsichtlich der Zinsentscheidung ist das Berufungsurteil daher aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die entsprechenden Feststellungen noch getroffen werden können.



Ende der Entscheidung

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