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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.01.2008
Aktenzeichen: VIII ZR 50/07
Rechtsgebiete: KWKG 2000


Vorschriften:

KWKG 2000 § 3
KWKG 2000 § 5
Die in § 3 Abs. 2 KWKG 2000 vorgesehene Gleichstellung des sog. Selbsteinspeisers mit einem sonst vergütungspflichtigen Netzbetreiber gebietet es nicht, von der dort ausgesprochenen Verweisung die Einschränkung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 auszunehmen und die vertraglichen Lieferbeziehungen zu einem Energieversorgungsunternehmen außer Betracht zu lassen, das sich zur Abnahme dieses Stroms verpflichtet hat. Bei derartigen Lieferbeziehungen richtet sich der Vergütungsanspruch des Betreibers der KWK-Anlage nach § 3 Abs. 1 KWKG 2000 gegen den vertraglich gebundenen Abnehmer. Dieser Vergütungsanspruch schließt einen zusätzlichen Anspruch des Anlagenbetreibers auf Belastungsausgleich gegen den "vorgelagerten" Netzbetreiber gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 aus.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 50/07

Verkündet am: 9. Januar 2008

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger und den Richter Dr. Achilles

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. Januar 2007 aufgehoben und das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 14. Juli 2005 abgeändert, soweit der Widerklage stattgegeben worden ist.

Die Widerklage wird hinsichtlich des Hauptantrages in vollem Umfang abgewiesen.

Hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages der Widerklage wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2001 über Ansprüche auf vertikalen Belastungsausgleich nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 12. Mai 2000 (BGBl I S. 703; im Folgenden: KWKG 2000).

Die Beklagte betrieb im Jahr 2001 zwei Kraftwerke, in denen die kombinierte Erzeugung von Strom und Wärme (Kraft-Wärme-Kopplung; KWK) möglich war. Der dort erzeugte Strom wurde in ein 110 kV-Hochspannungsnetz eingespeist, dessen Betreiberin ebenfalls die Beklagte war. Die Klägerin betrieb das vorgelagerte Übertragungsnetz. Der gesamte in den Kraftwerken der Beklagten erzeugte Strom wurde an die E. GmbH & Co. KG (im Folgenden: E. ) aufgrund eines mit dieser im Jahr 1999 geschlossenen Vertrages geliefert. E. wiederum belieferte mit diesem und weiterem, von Dritten bezogenem Strom vier kommunale Unternehmen, die Mittel- und Niederspannungsnetze zur Versorgung von Letztverbrauchern betrieben und sowohl Gesellschafter der Beklagten als auch der E. waren. Zwei dieser Unternehmen belieferten in ihren Versorgungsgebieten unmittelbar Privatkunden mit Strom. Die beiden anderen Unternehmen waren zugleich Gesellschafter der e. GmbH, auf die sie im Jahr 2000 die Stromverteilung in ihren Versorgungsgebieten übertragen hatten.

Die Beklagte meint, im Jahr 2001 als Netzbetreiberin einen Anspruch auf Belastungsausgleich gegen die Klägerin als "vorgelagerte" Netzbetreiberin erlangt zu haben und mit diesem Anspruch gegen unstreitige Nutzungsentgeltansprüche der Klägerin aufrechnen zu können. Die Klägerin hat die Feststellung begehrt, dass der Beklagten ein solcher Anspruch für das Jahr 2001 nicht zustehe. Die Beklagte ihrerseits hat widerklagend den von ihr behaupteten Anspruch auf Belastungsausgleich in Höhe von 37.748.015,28 € für das Jahr 2001 im Wege der Feststellungsklage (Hauptantrag der Widerklage) geltend gemacht und hilfsweise für den Fall, dass sich die Feststellungsklage als unzulässig erweisen sollte, die Zahlung dieses Betrages begehrt (erster Hilfsantrag). Weiter hilfsweise hat sie die Feststellung beantragt, dass sie für die Strommenge, die sie aus den näher bezeichneten beiden Kraftwerken im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2001 in ihr Stromnetz eingespeist hat, gegen die Klägerin einen Vergütungsanspruch nach § 3 KWKG 2000 habe (zweiter Hilfsantrag).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage unter Abweisung hinsichtlich einer geringfügig höheren Bezifferung im Hauptantrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin zunächst auch noch ihren Feststellungsantrag weiter verfolgt. Nachdem die Parteien diesen Antrag in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, erstrebt die Klägerin nur noch die Abweisung der Widerklage.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet.

A.

Das Berufungsgericht (OLG Koblenz, RdE 2007, 276) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Beklagten stehe gegen die Klägerin als vorgelagerter Netzbetreiberin ein Anspruch auf Belastungsausgleich in Höhe von 2,5 Pf/kWh gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 KWKG 2000 zu, denn die Beklagte treffe eine Zahlungspflicht gemäß § 3 Abs. 1 und 2 KWKG 2000 hinsichtlich des in das eigene Netz eingespeisten Stroms. Die aus § 3 Abs. 1 KWKG 2000 folgende Abnahme-, Anschluss- und Zahlungspflicht sei gemäß § 3 Abs. 2 KWKG 2000 ausdrücklich auch für den - hier vorliegenden - Fall vorgesehen, dass Netzbetreiber und Anlagenbetreiber identisch seien. Das mache deutlich, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei einer Selbsteinspeisung eine Zahlungspflicht des die Anlagen selbst betreibenden Netzbetreibers bestehe, die ihrerseits Grundlage eines Ausgleichsanspruchs nach § 5 KWKG 2000 sein könne.

Der Vertrag der Beklagten mit E. , aufgrund dessen der eingespeiste Strom weiterverkauft und weitergeliefert worden sei, berühre nicht den Anspruch der Beklagten als selbsteinspeisender Netzbetreiberin auf Belastungsausgleich. Das ergebe sich aus dem Zweck des Gesetzes, nach dem der Anlagenbetreiber geschützt werden solle. Die Einschränkung in § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000, wonach bereits bestehende vertragliche Abnahmepflichten unberührt blieben, sei deshalb eng auszulegen. Sie diene zur Verhinderung möglicher Kollisionen vertraglicher Vereinbarungen mit der gesetzlichen Regelung, nicht aber zur Festlegung des Anspruchsverpflichteten und -berechtigten ohne Berücksichtigung der tatsächlich durchgeführten Selbsteinspeisung durch den Anlagenbetreiber. Dies werde auch durch die Regelung des § 3 Abs. 2 Satz 2 KWKG 2000 bestätigt. Wollte man dies anders sehen, wäre der Anwendungsbereich der angeordneten Gleichstellung von Fremd- und Selbsteinspeisung bei einem Vorrang der vertraglichen Lieferbeziehung vor dem Abrechnungsverhältnis zwischen den Sparten Anlagenbetrieb und Netzbetrieb den gesetzgeberischen Intentionen zuwider erheblich eingeengt.

In der Sache handele es sich um Strom aus Anlagen gemäß § 2 KWKG 2000. Soweit die Klägerin das mit Nichtwissen bestritten habe, sei dies unzulässig, weil sie ersichtlich die technischen Einzelheiten kenne. Jedenfalls die Voraussetzungen des dritten Förderweges (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000) seien erfüllt. Die Beklagte habe im Sinne dieser Vorschrift Strom bezogen. Dafür sei im Fall der Selbsteinspeisung nicht erforderlich, dass ein Liefervertrag bestehe. § 3 Abs. 2 Satz 1 KWKG 2000, der eine Vergütungspflicht bei Selbsteinspeisung vorsehe, verweise ohne Einschränkung auf § 2 KWKG 2000 und damit auch auf den Fall des dritten Förderweges. Würde man dies anders beurteilen, wäre der Anwendungsbereich des Gesetzes bei der praktisch häufigen Selbsteinspeisung in einer Weise eingeschränkt, die mit dessen Zielsetzung nicht vereinbar sei.

Die Beklagte sei ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000, da sie andere mit Energie versorge. Der von der Beklagten erzeugte Strom sei auch - wie nach dem in § 1 KWKG 2000 formulierten Gesetzeszweck erforderlich - für die allgemeine Versorgung bestimmt. Das bedeute, dass die Versorgung nicht von vornherein auf bestimmte Abnehmer begrenzt sein dürfe, sondern grundsätzlich für jeden Abnehmer offen sein müsse. Dem stehe hier nicht entgegen, dass die Beklagte den Strom an einen einzigen Abnehmer liefere. Es sei ausreichend, dass mit dem bei der Beklagten erzeugten Strom alle Abnehmer, die dies wünschten, beliefert werden sollten und dass die tatsächliche Möglichkeit hierzu bestanden habe. Nicht erforderlich sei dagegen, dass der in das eigene Netz eingespeiste Strom unmittelbar jedem Abnehmer zur Verfügung stehe. Offen bleiben könne, ob unter diesen Umständen auch die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sichergestellt sei, da diese Voraussetzung beim dritten Förderweg nicht gegeben sein müsse.

Der Beklagten stehe der Ausgleichsanspruch unabhängig davon zu, ob sie im Verhältnis zwischen den Sparten einen unter dem Mindesttarif liegenden Preis berechnet habe. Es sei auch nicht erforderlich, dass die getrennte Kontenführung der Beklagten allen gesetzlichen Anforderungen entspreche. Die Anwendung des § 2 Abs. 1 KWKG 2000 sei ferner nicht durch § 2 Abs. 2 KWKG 2000 ausgeschlossen, da diese Vorschrift auf den dritten Förderweg nicht anwendbar sei.

B.

Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht einen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Zahlung eines vertikalen Belastungsausgleichs nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 für das Jahr 2001 bejaht hat. Denn die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs liegen nicht vor, weil es nicht die Beklagte war, die die für einen Ausgleichsanspruch erforderlichen Zahlungen nach § 3 KWKG 2000 zu leisten hatte. Allerdings ist insoweit nur noch über die Widerklage zu entscheiden, nachdem die Parteien den Feststellungsantrag der Klägerin, der auf eine zwischen ihnen geschlossene Prozessvereinbarung zurückgeht, mit Rücksicht auf die sachlich weitergehende Feststellungswiderklage der Beklagten sowie die mit dem ersten Hilfsantrag widerklagend erhobene Leistungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

I.

Die erhobene Feststellungswiderklage ist zulässig. Namentlich das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Denn im Verhältnis zu der mittlerweile für erledigt erklärten negativen Feststellungsklage ist sie insofern weiter gegangen, als sie angesichts der streitig gewordenen Höhe der Ausgleichsforderung auch den zur Aufrechnung gegen die unstreitigen Netznutzungsentgelte zur Verfügung stehenden Betrag der Ausgleichsforderung verbindlich zu klären versucht und dadurch eine weitergehende Entscheidung über die aufgetretenen Streitfragen erstrebt hat (vgl. Macke, NJW 1990, 1651). Zugleich ist sie zum Grund der erhobenen Ausgleichsforderung nicht hinter der negativen Feststellungsklage zurückgeblieben, weil durch ihre Abweisung das Nichtbestehen dieser Forderung mit gleicher Wirkung verbindlich festgestellt wird (Senatsurteil vom 1. Dezember 1993 - VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657, unter II 4 d m.w.N.). Im Verhältnis zur hilfsweise erhobenen Leistungswiderklage reicht ihre Wirkung insofern weiter, als nach den Erklärungen der Parteien in der Verhandlung vor dem Senat die zwischen ihnen geschlossene Prozessvereinbarung dahin auszulegen ist, dass die hierin vorgesehene Verjährungshemmung und Erstreckungswirkung auf die ausgesparten Kalenderjahre nicht nur von der ausdrücklich angesprochenen negativen Feststellungsklage, sondern auch von einer spiegelbildlich erhobenen positiven Feststellungsklage ausgehen sollten. Außerdem wäre nach Klärung von Bestand und Höhe der ohnehin nur zur Aufrechnung vorgesehenen Ausgleichsforderung kein Streit zwischen den Parteien mehr zu erwarten gewesen, der einen Leistungstitel erfordert hätte.

II.

Die Feststellungswiderklage ist jedoch unbegründet.

1. Der Streitfall ist noch nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 12. Mai 2000 (aaO) zu beurteilen. Dieses Gesetz ist inzwischen zwar außer Kraft getreten. Das ist jedoch nach § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) vom 19. März 2002 (BGBl. I S. 1092 - KWKG 2002) erst am 1. April 2002 und damit nach dem hier in Rede stehenden Zeitraum geschehen.

2. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 kann ein Netzbetreiber von dem "vorgelagerten" Netzbetreiber einen Ausgleich für seine Zahlungen verlangen, soweit er Zahlungen nach § 3 KWKG 2000 zu leisten hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, weil die Beklagte solche Zahlungen, für die Ausgleich begehrt werden könnte, nicht zu leisten hat.

a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG 2000 sind Netzbetreiber verpflichtet, KWK-Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 KWKG 2000 an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 zu vergüten. Diese Verpflichtung wird allerdings durch § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 dahin eingeschränkt, dass bereits bestehende vertragliche Abnahmeverpflichtungen auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG 2000 unberührt bleiben (Senatsurteil vom 10. März 2004 - VIII ZR 213/02, WM 2004, 2264 = RdE 2004, 167, unter B I 2 a). Diese Einschränkung kommt vorliegend zum Tragen.

Aufgrund der im Jahre 1999 zwischen der Beklagten und E. geschlossenen Vereinbarung bestand eine vertragliche Abnahmeverpflichtung der E. hinsichtlich des gesamten von der Beklagten im Jahre 2001 erzeugten Stroms. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen Liefervertrag im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000. Nach dieser Bestimmung gilt das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz auch für Strom aus KWK-Anlagen auf der Basis von Steinkohle, Braunkohle, Erdgas, Öl oder Abfall, der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 1. Januar 2000 abgeschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird. Das Berufungsgericht hat hierzu festgestellt, dass der gesamte von der Beklagten im Jahre 2001 erzeugte, in ihr Netz eingespeiste und an E. gelieferte Strom aus KWK-Anlagen stammte. Diese Herkunft zieht die Revision, wenn auch unter Ansatz geringerer Mengen und nur bezogen auf den dritten Förderweg, nicht in Zweifel. E. ist ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000. Darunter sind nach der auch für das KWKG 2000 als Teil des Energiewirtschaftsrechts einschlägigen Begriffsbestimmung in der seinerzeit geltenden Fassung des § 2 Abs. 3 EnWG alle Unternehmen und Betriebe zu verstehen, die andere mit Energie versorgen oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben (Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - VIII ZR 236/02, WM 2004, 2256 = RdE 2004, 164, unter II 2 c; Senatsurteil vom 10. März 2004, aaO, unter B I 2 a bb). Diese Voraussetzung ist gegeben. E. versorgt andere mit Energie, indem sie Strom von der Beklagten und von dritten Unternehmen bezieht, um ihn anschließend an vier kommunale Unternehmen weiterzuliefern.

Bei derart gestalteten Lieferbeziehungen richtet sich der der Beklagten als Betreiberin der KWK-Anlage zustehende Vergütungsanspruch nach § 3 Abs. 1 KWKG 2000 gegen E. . Denn die Vergütungspflicht steht mit der Abnahmepflicht insofern in einem synallagmatischen Zusammenhang, als die Vergütung die Gegenleistung für den gelieferten Strom ist. Dagegen ist es nach der Rechtsprechung des Senats ausgeschlossen, dass der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 KWKG 2000 an sich vergütungspflichtige Betreiber des nächstgelegenen Netzes - hier die Beklagte selbst - zur Vergütung desjenigen Stroms verpflichtet ist, welchen das vertraglich gebundene, mit diesem aber nicht identische Energieversorgungsunternehmen - hier E. - aufgrund seiner nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 unberührt bleibenden vertraglichen Abnahmeverpflichtung von dem Anlagenbetreiber bezieht (Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO, unter II 4; Senatsurteil vom 10. März 2004 - VIII ZR 213/02, aaO, unter B I 2 b, II; Senatsurteil vom 14. Juli 2004 - VIII ZR 345/03, VersorgW 2004, 276, unter II 4).

b) Der Wortlaut des § 5 Abs. 1 KWKG 2000 gibt ebenfalls nichts dafür her, dass die Anspruchsberechtigung für den Belastungsausgleich auf den Betreiber des nächstgelegenen Netzes beschränkt werden sollte. Im Gegenteil wird in dieser Bestimmung nur daran angeknüpft, dass "ein" Netzbetreiber Zahlungen nach §§ 3, 5 Abs. 1 - 3 KWKG 2000 zu leisten hat, um ihm dann einen Anspruch auf Ausgleich für seine geleisteten Zahlungen zu eröffnen. Wer dieser ausgleichsberechtigte Netzbetreiber ist, lässt § 5 Abs. 1 KWKG 2000 dagegen offen. Dem entsprechend hat der Senat im Fall des § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 das vertraglich zur Abnahme des Stroms verpflichtete Energieversorgungsunternehmen als einerseits zahlungspflichtig und andererseits ausgleichsberechtigt angesehen, und zwar selbst dann, wenn es weder Netzbetreiber noch nächstgelegen im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 KWKG 2000 war (Senatsurteile vom 14. Juli 2004 - VIII ZR 356/03, RdE 2004, 300, unter II 3 d und VIII ZR 345/03, aaO; Senatsurteil vom 22. Februar 2006 - VIII ZR 91/05, NJW-RR 2006, 854 = RdE 2006, 305, unter II 1 a).

c) Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht daraus, dass die Beklagte den Strom in ihr eigenes Netz eingespeist hat (Selbsteinspeisung).

aa) Eine Selbsteinspeisung hat zwar nicht zur Folge, dass eine Ausgleichspflicht von vornherein ausscheidet. Vielmehr wird der Selbsteinspeiser unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 KWKG 2000 einem sonst vergütungspflichtigen Netzbetreiber gleichgestellt (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2006 - VIII ZR 148/05, WM 2007, 700 = RdE 2007, 116, unter II; Senatsurteil vom 29. November 2006 - VIII ZR 246/05, WM 2007, 1041 = RdE 2007, 270, unter II 2 a). Diese Gleichstellung gebietet es aber nicht, von der in § 3 Abs. 2 KWKG 2000 ausgesprochenen Verweisung die Einschränkung des § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 auszunehmen und die vertraglichen Lieferbeziehungen der Beklagten zu E. außer Betracht zu lassen. Wenn eine vertragliche Abnahme- und Vergütungsverpflichtung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 besteht, welche dazu führt, dass der an sich vergütungspflichtige Betreiber des nächstgelegenen Netzes im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 2 KWKG 2000 nicht zur Abnahme und Vergütung des Stroms verpflichtet wäre, kann nichts anderes für den selbsteinspeisenden Anlagen- und Netzbetreiber gelten. Ein Grund, diese Fallgestaltung abweichend zu behandeln, ist nicht zu erkennen.

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt ein solcher Grund auch nicht aus dem Schutzzweck des KWKG 2000. Der Vergütungsanspruch des Anlagenbetreibers wird nicht infrage gestellt, wenn man § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 KWKG 2000 entsprechend der dargestellten Senatsrechtsprechung dahin versteht, dass der Netzbetreiber für den Fall nicht zur Abnahme und Vergütung verpflichtet ist, dass bereits eine vertragliche Abnahmeverpflichtung eines Dritten besteht. Der Vergütungsanspruch richtet sich dann vielmehr gegen das vertraglich verpflichtete Unternehmen, und zwar grundsätzlich in Höhe der Mindestvergütung gemäß § 4 Abs. 1 KWKG 2000 (Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO, unter II 5). Damit steht der selbsteinspeisende Anlagen- und Netzbetreiber im Ergebnis sogar besser, weil er nicht auf den in der Höhe geringeren Anspruch auf Belastungsausgleich gegen den "vorgelagerten" Netzbetreiber gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 verwiesen wird, sondern grundsätzlich die höhere Mindestvergütung nach § 4 Abs. 1 KWKG 2000 geltend machen kann. Außerdem trifft ihn nicht die Pflicht zur getrennten Kontenführung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 KWKG 2000. Hierdurch wird - anders als das Berufungsgericht meint - der Anwendungsbereich des § 3 Abs. 2 Satz 2 KWKG 2000 nicht übermäßig eingeengt. Denn diese Vorschrift gilt weiterhin für alle Fälle, in denen eine Selbsteinspeisung durch den Anlagenbetreiber erfolgt und keine oder keine den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 KWKG 2000 genügende Abnahmeverpflichtung besteht.

cc) Auch der mit der Revisionserwiderung erhobene Einwand bleibt ohne Erfolg, dass eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 2 KWKG 2000 weder dem Gesetz zu entnehmen sei noch den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspreche. Der Gesetzgeber ist zwar nach der Begründung des Gesetzentwurfes von der Annahme ausgegangen, dass bei den einbezogenen KWK-Anlagen regelmäßig Netzbetreiber und Anlagenbetreiber identisch seien (BT-Drs. 14/2765, S. 4). Ansonsten ergeben sich aus den Gesetzesmaterialien aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber auch die vertragliche Weiterlieferung des Stroms durch den selbsteinspeisenden Anlagen- und Netzbetreiber an Dritte als Regelfall mit einer gerade bei dem Anlagen- und Netzbetreiber angesiedelten Ausgleichberechtigung gegenüber dem Betreiber des vorgelagerten Netzes angesehen hat. Vielmehr wird als Hauptanwendungsfall des Gesetzes in § 2 Abs. 1 Satz 1 KWKG 2000 die Abnahme und Vergütung von Strom aus KWK-Anlagen geregelt, die von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, welche selbst die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen (erster Förderweg). Die Lieferung von Strom aufgrund von Lieferverträgen an ein Energieversorgungsunternehmen wird dem anschließend lediglich gleichgestellt (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 KWKG 2000 - dritter Förderweg).

Dass § 3 Abs. 2 KWKG 2000 bei diesem Verständnis in der Praxis planwidrig leerlaufen würde, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Insbesondere kann nicht außer Betracht bleiben, dass § 3 Abs. 2 KWKG 2000 nur eine Auffangfunktion zukommt, um den Anlagenbetreiber auch im Falle der Selbsteinspeisung nicht von der mit dem KWKG 2000 erstrebten Förderung abzuschneiden. Dieses Ziel wird bereits über die Anwendbarkeit von § 3 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KWKG 2000 auf das Verhältnis von Anlagenbetreiber und vertraglich gebundenem Abnehmer erreicht, so dass es einer zusätzlichen Anspruchsberechtigung nach § 5 Abs. 1 KWKG 2000 nicht bedarf.

III.

Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Zum Hauptantrag der Widerklage sind keine weiteren Feststellungen erforderlich. Die Sache ist vielmehr auf Grund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), so dass der Senat in diesem Umfang in der Sache selbst entscheiden kann. Das führt zur Abweisung des Hauptantrages der Widerklage.

Da der mit dem ersten Hilfsantrag der Widerklage gestellte Leistungsantrag nach den Erklärungen der Beklagten in der Verhandlung vor dem Senat nur für den Fall gestellt worden ist, dass die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungswiderklage sich als unzulässig erweisen sollte, ist über den Leistungsantrag nicht mehr zu entscheiden.

Zum zweiten Hilfsantrag der Widerklage hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen, so dass die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden muss.

Ende der Entscheidung

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