Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.10.2003
Aktenzeichen: VIII ZR 67/03
Rechtsgebiete: Einigungsvertrag, HeizkostenVO


Vorschriften:

Einigungsvertrag Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 1 Buchst. b HeizkostenVO § 5
HeizkostenVO § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
Die Verpflichtung nach § 5 HeizkostenVO (BGBl. 1989 I S. 115), Räume mit Thermostatventilen oder mit Vorrichtungen zur Verbrauchserfassung auszustatten, gilt nicht für Gebäude, die mit nicht regulierbaren Zentralheizkörpern versehen sind, bei denen mithin der Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Nr.1 Buchst. b HeizkostenVO eingreift. Für die Heizanlagen in dem Gebiet der ehemaligen DDR, die bis 31. Dezember 1995 auszustatten sind, gilt nichts anderes.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

VIII ZR 67/03

Verkündet am: 8. Oktober 2003

in dem Rechtsstreit

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Wiechers, Dr. Wolst und Dr. Frellesen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 6. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagten sind seit 1982 Mieter einer von der Klägerin vermieteten Wohnung in einem Wohnblock auf dem Grundstück S. in H. , der 1970 erbaut ist. Die dortigen Heizungen sind nicht mit Geräten ausgestattet, mit denen der Verbrauch an Wärme erfaßt werden kann; die Bewohner können den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen. Die Klägerin rechnet die Heizkosten im Gebäude S. jährlich pauschal nach der Wohnfläche ab.

Seit der Abrechnung für das Jahr 1996 zogen die Beklagten von dem Betrag, den die Klägerin für die Heizkosten errechnete hatte, jährlich 15 % ab und behielten diesen Betrag ein.

Mit der Klage hat die Klägerin den aufgelaufenen Rückstand geltend gemacht. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von umgerechnet 807,02 € stattgegeben, die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Die Beklagten verfolgen mit der vom Landgericht zugelassenen Revision ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Den Beklagten stehe das von ihnen in Anspruch genommene Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkVO nicht zu. Die Wohnung der Beklagten sei vor dem 1. Januar 1991 bezugsfertig geworden. Auch könnten die Mieter den Wärmeverbrauch nicht individuell beeinflussen. Deshalb sei nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO die Anwendung der Vorschrift der §§ 3 bis 7 der Heizkostenverordnung ausgeschlossen, mithin auch § 6 HeizkVO, der eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung vorschreibe. Das Kürzungsrecht nach § 12 Abs. 1 HeizkVO sei aber nur gegeben, sofern der Vermieter zur verbrauchsabhängigen Abrechnung nach der Heizkostenverordnung verpflichtet sei. Dem stehe die sich aus dem Einigungsvertrag ergebende Pflicht, Heizungsanlagen bis zum 31. Dezember 1995 nachzurüsten, nicht entgegen. Das Kürzungsrecht stelle keine Sanktion für den Fall dar, daß der Vermieter der Nachrüstungspflicht nicht rechtzeitig nachkomme. Die Ausnahmeregelung nach § 11 Abs. 1 HeizkVO sei durch den Einigungsvertrag nicht beseitigt worden, wie Nr. 10 f. der Anlage I zum Einigungsvertrag, Kap. V Sachgebiet D Abschn. III belege.

II.

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so daß die Revision zurückzuweisen ist. Zu Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin die Summe von 807,02 € zugesprochen, um die die Beklagten ihren Heizkostenanteil gekürzt haben. Die Klägerin kann die aus den Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1996 bis 2000 in dieser Höhe noch offenstehenden Heizkosten verlangen.

1. Die Auffassung der Revision, den Beklagten stehe das Kürzungsrecht des § 12 HeizkVO als Sanktion dafür zu, daß die Klägerin ihre sich aus dem Einigungsvertrag ergebende Pflicht mißachtet habe, den Wohnraum mit verbrauchsabhängigen Meßgeräten auszustatten, ist nicht zutreffend. § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkVO verleiht dem Nutzer - hier dem Mieter - das Recht zur Kürzung nur dann, wenn der Vermieter entgegen einer ihm durch die Heizkostenverordnung auferlegten Verpflichtung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet hat. Die Klägerin ist jedoch nicht zu einer verbrauchsabhängigen Abrechnung verpflichtet; denn ihre Verpflichtung aus § 6 HeizkVO entfällt, weil vorliegend die Ausnahmevorschrift des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO erfüllt ist.

a) Für das Mietverhältnis der Parteien sind gemäß Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 10 Buchst. a des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889, 1007) die Vorschriften der Heizkostenverordnung 1989 heranzuziehen. Nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO ist § 6 HeizkVO, der dem Vermieter eine verbrauchsabhängige Kostenverteilung auferlegt, nicht anwendbar auf Räume, die vor dem 1. Juli 1981 bezugsfertig geworden sind und in denen der Nutzer den Wärmeverbrauch nicht beeinflussen kann (vgl. zu der entsprechenden Regelung des § 11 Abs. 1 HeizkVO 1984 Senatsurteil vom 30. Januar 1991 - VIII ZR 361/89, WuM 1991, 773 unter II 2 a bb). Für die neuen Bundesländer gilt diese Bestimmung nach Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 10 Buchst. f des Einigungsvertrages mit der Maßgabe, daß es auf die Fertigstellung vor dem 1. Januar 1991 ankommt.

b) Die Revision greift die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht an, daß die vorhandenen Heizungsgeräte in dem 1970 erbauten Wohnhaus einer individuellen Wärmeregelung und Erfassung von Verbräuchen nicht zugänglich sind, und wendet sich auch nicht gegen die Berechtigung der Klägerin nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 b HeizkVO 1989, die Heizkosten pauschal nach der Wohnfläche abzurechnen. Sie meint aber, die Klägerin müsse sich das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkVO als Sanktion für die Mißachtung der Verpflichtung, den Wohnraum mit verbrauchsabhängigen Meßgeräten auszustatten, entgegenhalten lassen. Da aber die Heizkörper nicht regulierbar sind und somit die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 1 b HeizkVO vorliegen, steht den Beklagten das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkVO um 15 % des auf sie entfallenden Anteils nicht zu. Allerdings trifft den Vermieter nach Anl. I, Kap. V Sachgebiet D, Abschn. III Nr. 10 Buchst. b des Einigungsvertrages die Verpflichtung, Räume, "die vor dem 1. Januar 1991 bezugsfertig geworden sind und in denen die nach der Verordnung erforderliche Ausstattung zur Verbrauchserfassung noch nicht vorhanden ist", bis spätestens 31. Dezember 1995 auszustatten. Ein Verstoß gegen die genannte Bestimmung des Einigungsvertrages ist aber nicht gegeben. Die Verpflichtung, Räume mit Thermostatventilen und mit Vorrichtungen zur Verbrauchserfassung auszustatten (vgl. § 5 HeizkVO), gilt nicht für Gebäude, die mit nicht regulierbaren Zentralheizkörpern versehen sind, bei denen mithin der Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b HeizkVO eingreift (MünchKomm-Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 11 HeizkostenV Rdnr. 5; vgl. Pfeifer, Die Heizkosten-Verordnung, 3. Aufl., S. 142). Der Ausstattungspflicht der §§ 4 und 5 HeizkVO unterfallen solche Heizkörper nicht, die technisch nicht mit für sie geeigneten Meßgeräten ausgerüstet werden können (vgl. Lammel in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 4 HeizkVO Rdnr. 20). Für die Heizanlagen in dem Gebiet der ehemaligen DDR, die bis 31. Dezember 1995 "auszustatten" sind, gilt nichts anderes.

2. Den Beklagten steht das geltend gemachte Kürzungsrecht in Höhe von 15 % der jährlichen Heizkostenrechnung auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs wegen positiver Vertragsverletzung zu. Es fehlt bereits an einem Verstoß der Klägerin gegen die dem Vermieter nach dem Einigungsvertrag auferlegte Ausstattungspflicht.

Ende der Entscheidung

Zurück