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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.06.1999
Aktenzeichen: VIII ZR 84/98
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 477 Abs. 1 |
Mit der Beratung über die sachgemäße Anwendung oder den Einsatz einer Ware erbringt der Verkäufer in aller Regel lediglich eine kaufvertragliche Nebenleistung; Ansprüche wegen Verletzung einer solchen Beratungspflicht unterliegen deshalb der kurzen kaufrechtlichen Verjährung des § 477 BGB. Nur wenn die beratende Tätigkeit nach Inhalt, Umfang, Intensität und Bedeutung für den Käufer diesen Rahmen deutlich übersteigt, ist ausnahmsweise die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrages gerechtfertigt, für den die allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB gilt.
BGH, Urteil vom 23. Juni 1999 - VIII ZR 84/98 - OLG Stuttgart LG Stuttgart
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 23. Juni 1999
Mayer, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juni 1999 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Zülch, Dr. Beyer, Dr. Leimert und Wiechers
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte, ein mittelständisches Unternehmen, stellt hochwertige Gartenmöbel und Zaunanlagen aus Holz her. Hierfür verwendete sie zunächst - bis etwa 1988 - Kiefern- und Merantiholz. Neben den Lackprodukten einer anderen Herstellerin setzte die Beklagte seit 1987 für die Beschichtung ihrer Erzeugnisse auch Lacke der Klägerin ein. Die Lackierarbeiten ließ sie seit Anfang der 80er Jahre in Dänemark durchführen. Nachdem es Ende 1988 zu Problemen bei der Beschichtung ihrer aus Irokoholz gefertigten Erzeugnisse mit den Lacken der anderen Herstellerin gekommen war, wandte sich die Beklagte mit der Bitte um Beratung an die Klägerin. Weiteren Rat holte sie Anfang 1989 bei der Klägerin ein, als sie sich entschlossen hatte, in ihrem Betrieb in Norddeutschland eine eigene Lackieranlage zu errichten. Sie erwarb für rund 500.000 DM eine Lackieranlage, die im Juli 1989 bei ihr installiert wurde und in welcher ihre Erzeugnisse in der Folgezeit beschichtet wurden, unter anderem mit den von der Klägerin bezogenen Lacken.
Die Parteien hatten die Lieferung von Acryllacken im Umfang von etwa 80 Tonnen jährlich vereinbart. Nachdem an verschiedenen mit Produkten der Klägerin beschichteten Zaunanlagen Farbabplatzungen aufgetreten waren, schaltete die Beklagte erneut die Klägerin ein. Als sich auch in der Folgezeit Reklamationsfälle häuften, ließ die Beklagte ein Gutachten zum Verhalten von Acrylsystemen auf Irokoholz erstellen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom Februar 1992 zu dem Ergebnis, daß das von der Klägerin empfohlene Beschichtungsverfahren untauglich sei.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin für die nach dem 21. Juni 1991 erfolgten Lacklieferungen Zahlung von insgesamt 59.260,15 DM. Die Beklagte macht Schadensersatzansprüche über 1.060.767,21 DM geltend, mit denen sie gegen die Klageforderung aufrechnet und die sie in Höhe von 1.001.507,06 DM im Wege der Widerklage fordert. Ihre Gegenansprüche, die sie im einzelnen mit zusätzlichen Personalkosten für die Bearbeitung der Reklamationsfälle, mit Sachverständigengebühren und mit dem Mehrpreis für die im Jahre 1992 von einem anderen Produzenten bezogenen Lacke begründet, stützt die Beklagte auf einen zwischen den Parteien zustande gekommenen selbständigen Beratungsvertrag, den die Klägerin schlecht erfüllt habe, weil sie ihre für Irokoholz ungeeigneten Beschichtungsmittel empfohlen habe. Die Klägerin bestreitet den Schadensersatzanspruch unter anderem mit der Begründung, für die Mängel seien eine unzureichende Verarbeitung und Beschichtung bei der Produktion seitens der Beklagten verantwortlich, und wendet überdies Verjährung ein.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Es hat wegen der Identität von Verkäufer und Hersteller einen selbständigen Beratungsvertrag zwischen den Parteien verneint und aufgrund der kurzen kaufrechtlichen Verjährungsfrist des § 477 Abs. 1 BGB etwaige Schadensersatzansprüche der Beklagten als verjährt angesehen. Auf die Revision der Beklagten hat der Senat mit Urteil vom 23. Juli 1997 (VIII ZR 238/96 = WM 1997, 2315 = NJW 1997, 3227) das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten erneut zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihre Anträge zur Klage und Widerklage weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Die Beklagte habe keine neuen Umstände vorgetragen, die die Annahme eines selbständigen Beratungsvertrages nahelegen könnten. Es sehe sich deshalb nicht in der Lage, einen solchen selbständigen Beratungsvertrag mit 30-jähriger Verjährung der Schadensersatzansprüche anzunehmen. Die Parteien hätten bereits seit 1987 in intensiven kaufvertraglichen Beziehungen gestanden; daraus habe sich mehr oder weniger zwangsläufig entwickelt, daß die Beklagte wegen der aufgetretenen Mängel mit anderen Beschichtungssystemen die Klägerin um Rat gefragt habe. Die Aussagen der Klägerin seien auch aus der Sicht der Beklagten Teil ihrer Absatzbemühungen gewesen. Dies gelte auch für die Beratung hinsichtlich der Lackieranlage, für die die Klägerin nur grobe Vorgaben gemacht und welche die Beklagte schließlich von einer anderen als der von der Klägerin benannten Firma bezogen habe. Die Beklagte behaupte selbst nicht, daß sie hierbei besonderes Fachwissen der Klägerin in Anspruch genommen habe und daß es infolge von Beratungsfehlern der Klägerin zu den später gerügten Lackabplatzungen gekommen sei.
Auch wenn ein Käufer bei einem Großhersteller mit speziellen Erkenntnissen und Erfahrungen eine intensivere und kompetentere Beratung als bei einem normalen Lackhändler erwarte, werde das gesamte Vertragsverhältnis von dem Umstand geprägt, daß es den Parteien gerade auf den Abschluß eines Kaufvertrages ankomme und der Hersteller in diesem Rahmen sein spezielles Fachwissen zur Verfügung stelle, um damit den Kaufvertragsabschluß zu fördern. Dieses kaufvertragliche Beratungsverhältnis habe die Klägerin nicht verlassen, vielmehr sei es ihr zuallererst um ihre Verkaufsabsichten gegangen.
Zu der Frage, ob sich die Verletzung der Beratungspflicht seitens der Klägerin möglicherweise nicht auf Mängel der gelieferten Lacke oder auf andere deren Verwendungsfähigkeit beeinflussende Eigenschaften bezogen habe, so daß auch bei Annahme eines unselbständigen Beratungsvertrages die 30-jährige Verjährungsfrist eingreife, hätten sich gegenüber dem ersten Berufungsurteil keine neuen Gesichtspunkte ergeben.
Es müsse deshalb nicht geklärt werden, ob seitens der Klägerin tatsächlich eine Falschberatung vorgelegen und diese zu den von der Beklagten gerügten Mängeln geführt habe.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsurteil sei nicht mit Gründen versehen (§ 551 Nr. 7 ZPO).
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Urteil ohne Entscheidungsgründe abgefaßt, wenn nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren (BGHZ 39, 333, 337). Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn zwar Gründe vorhanden, diese aber ganz unverständlich, verworren oder sachlich inhaltslos sind und deshalb in Wirklichkeit nicht erkennen lassen, welche Überlegungen für die Entscheidung maßgebend waren. Auch das vollständige Übergehen einzelner Ansprüche oder einzelner selbständiger Angriffs- und Verteidigungsmittel stellt einen Mangel im Sinne des § 551 Nr. 7 ZPO dar.
b) Nach diesen Maßstäben kann hier ein Verstoß gegen § 551 Nr. 7 ZPO nicht angenommen werden. Das Berufungsgericht ist zutreffend von den Grundsätzen ausgegangen, die der Senat insbesondere in seinen Urteilen vom 25. März 1958 (VIII ZR 48/57 = LM BGB Nr. 5 zu § 459 Abs. 1) und vom 23. Juli 1997 (VIII ZR 238/96 aaO; vgl. auch BGHZ 88, 130, 135) zu den Voraussetzungen des selbständigen und des unselbständigen Beratungsvertrages im Zusammenhang mit Kaufverträgen und zur Abgrenzung dieser beiden Arten des Beratungsvertrages aufgestellt hat, und es hat die Erwägungen dargestellt, auf deren Grundlage es erneut einen Schadensersatzanspruch der Beklagten verneint hat.
2. Dennoch kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat sich, wie die Revision zu Recht beanstandet, mit den Umständen des Falles nicht in ausreichendem Maße unter Berücksichtigung der vom Senat herausgestellten Gesichtspunkte auseinandergesetzt (§ 286 ZPO).
Der Senat hat das erste Berufungsurteil aufgehoben, weil das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Rechtsauffassung zugrunde gelegt hatte, bei einer Beratung des Käufers durch den Verkäufer komme stets nur eine unselbständige nebenvertragliche Verpflichtung des Verkäufers in Betracht. Der Senat hat ausgeführt, dies treffe zwar in aller Regel, aber nicht ausnahmslos zu; dann nämlich, wenn die Beratung des Verkäufers eindeutig über das hinausgehe, was im allgemeinen seitens des Verkäufers für die sachgemäße Anwendung oder den Einsatz des Kaufgegenstandes in beratender oder empfehlender Weise, auch in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, geleistet werde, könne es ausnahmsweise gerechtfertigt sein, zwischen Käufer und Verkäufer eine besondere, selbständig neben dem Kaufvertrag stehende Rechtsbeziehung anzunehmen. Die Würdigung, ob eine beratende Tätigkeit, die ein Verkäufer auf Verlangen des Käufers im Rahmen einer schon bestehenden oder angestrebten Kaufvertragsbeziehung entfaltet, gewissermaßen als andersartige, auf eigener rechtlicher und tatsächlicher Grundlage beruhende Aufgabe des Verkäufers erscheint und als vertragliche Verpflichtung eigener Art neben dem Kaufvertrag steht (Senatsurteil vom 23. Juli 1997 aaO), damit also nach den vom Senat dargestellten Maßstäben als eigene selbständige Beratungsverpflichtung zu werten ist, ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. Dementsprechend hat der Senat die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Die neue Berufungsverhandlung sollte es überdies den Parteien ermöglichen, auf der Grundlage der vom Senat herausgestellten rechtlichen Kriterien ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen. Das Berufungsgericht hat die für seine Entscheidung maßgebliche Tatsachengrundlage einschließlich der vor der Aufhebung seines früheren Urteils getroffenen Feststellungen jedoch nicht anhand der Vorgaben des Senats fehlerfrei gewürdigt, so daß dieser hieran nicht gebunden ist (vgl. § 561 Abs. 2 ZPO).
a) Zu Recht beanstandet die Revision, daß das Berufungsurteil das Vorbringen der Beklagten, sie habe "von Anbeginn der Geschäftsbeziehungen seit 1988 deutlich gemacht, daß es erste und vorrangige Aufgabe der Klägerin und für die Beklagte existentiell sei, herauszufinden, wie Schäden der aufgetretenen Art künftig vermieden werden könnten", übergangen hat.
b) Das Berufungsgericht hat ferner den für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Hinweis des Senats unberücksichtigt gelassen, die Klägerin habe - nach der vorangegangenen Bitte der Beklagten um umfassende fachliche Beratung hinsichtlich der Beschichtung der Irokoholzteile und der Konstruktion einer Lackieranlage - zur Information der Beklagten über einen langen Zeitraum hinweg ihr spezielles Fachpersonal und ihr Anwendungstechnisches Zentrum eingesetzt, praktische Versuche durchgeführt und ins Einzelne gehende Verarbeitungshinweise gegeben.
Das Berufungsgericht hat die Besonderheiten des Sachverhalts auch nicht ausgeschöpft, wenn es darlegt, aus den bereits seit 1987 bestehenden intensiven kaufvertraglichen Beziehungen habe sich "mehr oder weniger zwangsläufig" die Bitte der Beklagten um Beratung wegen der aufgetretenen Mängel mit anderen Beschichtungssystemen ergeben. Es ist schon nicht ersichtlich, auf welche Feststellungen das Berufungsgericht seine Annahme von den bereits seit 1987 bestehenden "intensiven" kaufvertraglichen Beziehungen stützt. Zudem wird durch den Umstand, daß die Beklagte damals auch Produkte einer Konkurrenzfirma verarbeitete, die Bedeutung ihrer kaufvertraglichen Verbindungen mit der Klägerin zumindest relativiert.
c) Zu Recht beanstandet die Revision weiter, daß die Darstellung in dem (neuen) Berufungsurteil, die Klägerin habe für die Lackieranlage "nur grobe Vorgaben in ihrem Beratungsschreiben gemacht", nicht in Einklang mit den im unstreitigen Tatbestand wiedergegebenen Feststellungen des ersten Berufungsurteils steht, wonach die Klägerin für die Konstruktion der Lackieranlage ins einzelne gehende Vorgaben gemacht und die Beklagte auf dieser Grundlage eine Lackieranlage gekauft habe. Grundlage jener Ausführungen war in beiden Urteilen ein und dasselbe Schriftstück vom 5. April 1989. Der Einwand der Revisionserwiderung, die Revision übersehe hierbei den neuen Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 13. Januar 1998, aufgrund dessen das Berufungsgericht seine zunächst unzutreffende Feststellung korrigiert habe, greift nicht durch. In dem genannten Schriftsatz wird lediglich die Bedeutung jenes Schriftstückes abgeschwächt, neue Tatsachen werden jedoch nicht vorgetragen. Da der Komplex "Beratung Lackieranlage" auch in dem Senatsurteil vom 23. Juli 1997 eine nicht unerhebliche Rolle gespielt hat, hätte sich das Berufungsgericht zumindest mit diesem Widerspruch zwischen dem in Bezug genommenen ersten und dem neuen Berufungsurteil auseinandersetzen müssen. Daran fehlt es.
Der Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe selbst nicht behauptet, daß sie bezüglich der Empfehlung der Lackieranlage besonderes Fachwissen der Klägerin in Anspruch genommen habe, kann gleichfalls nicht gefolgt werden. Um nichts anderes als die besonders sachkundige Unterstützung der Beklagten durch das Fachpersonal der Klägerin ging es nach den getroffenen Feststellungen bei der Planung der neuen Anlage. Das von der Beklagten hierzu vorgelegte Schriftstück enthält Angaben über die zu verwendenden Lackmaterialien sowie eine ins einzelne gehende Beschreibung der Funktionsweise und eine Grobskizze der Anlage. Einer detaillierten Konstruktionszeichnung, wie sie das Berufungsgericht möglicherweise für erforderlich hält, bedurfte es nicht.
d) Mit Erfolg rügt die Revision schließlich, daß das Oberlandesgericht das Vorbringen der Beklagten, sie habe die Klägerin bereits 1988 auf Probleme hingewiesen, die bei der Beschichtung von Irokoholz mit einem Konkurrenzprodukt aufgetreten seien, - ein Gesichtspunkt, der für die Bitte nach einer von einem Kaufvertragsverhältnis unabhängigen Beratung spricht - nicht hinreichend gewürdigt hat. Den vom Senat hervorgehobenen weiteren Umstand, der fachkundigen Beratung könne auch deshalb besonderes Gewicht zugekommen sein, weil etwaige Mängel der Beschichtung - von der Rufschädigung der Beklagten abgesehen - erkennbar Schadensersatz- und Gewährleistungsansprüche der Kunden nach sich ziehen mußten, die den Wert der gekauften Lacke unter Umständen um ein Vielfaches überstiegen, hat das Berufungsgericht gleichfalls nicht in seine Wertung einbezogen.
3. Da nunmehr, nachdem die Parteien in der erneuten Verhandlung vor dem Berufungsgericht Gelegenheit zur Ergänzung ihres Vortrags hatten, weitere Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind, kann der Senat selbst die erforderliche Bewertung vornehmen (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Diese führt hier zur Annahme eines selbständigen Beratungsvertrages zwischen den Parteien.
a) In seinem vorangegangenen Urteil in dieser Sache hat der Senat unter Hinweis auf seine gefestigte Rechtsprechung ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen auch in der Beziehung zwischen Käufer und Verkäufer ausnahmsweise ein selbständiger, neben dem Kaufvertrag stehender Beratungsvertrag gegeben ist (Urteil vom 23. Juli 1997 aaO unter II 2 a bis c).
b) Die tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falles rechtfertigen es, das Bestehen eines selbständigen Beratungsvertrages zwischen den Parteien zu bejahen.
Anlaß der Beratungstätigkeit der Klägerin waren die Probleme, die die Beklagte jedenfalls seit Ende der 80er Jahre bei der Beschichtung von Irokoholz hatte. Es mag sein, daß sich die Beratung der Klägerin anfangs noch im Rahmen normaler Absatzbemühungen hielt, zumal sich die Empfehlung zunächst lediglich auf eine Zwischenlösung bis zum Abschluß einer Versuchsreihe bezog, die die Klägerin mit verschiedenen Musterhölzern der Beklagten in ihrem Anwendungstechnischen Zentrum durchführte. Das änderte sich jedoch spätestens dann, als die Klägerin der Beklagten im April 1989 das Konzept für die geplante Lackieranlage übermittelte, auf dessen Grundlage die Beklagte sodann im Juli 1989 eine entsprechende Anlage erwarb. Zwar hatte die Klägerin Lacke aus ihrem Produktionsprogramm für den Einsatz in der Lackieranlage empfohlen; eine verbindliche Abmachung hierüber gab es jedoch nicht. Nach den von der Revisionserwiderung nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurden in der Anlage zunächst ausschließlich Lacke einer anderen Herstellerin und erst später auch solche der Klägerin verarbeitet. Ein derartiger nur loser Zusammenhang beratender Tätigkeit mit einem möglichen späteren Kauf stellt jedenfalls ein nicht unwesentliches Indiz für die Selbständigkeit der Beratung dar, zumal dann, wenn - wie hier - der Beratende zugleich und vorrangig in seiner Eigenschaft als Hersteller der Ware tätig wird, der über eine herausragende, bei dem Verkäufer sonst nicht ohne weiteres zu erwartende Sachkunde verfügt. Um die Beklagte fachgerecht beraten zu können, hatte die Klägerin, eine Tochtergesellschaft des weltweit tätigen Chemieunternehmens A. , ihr Anwendungstechnisches Zentrum, eingeschaltet. Nach - allerdings noch nicht abgeschlossenen - Versuchsreihen mit verschiedenen Beschichtungssystemen hatte sie der Beklagten als vorläufige Lösung schriftlich Vorschläge für zwei alternative Verfahren zur Lackierung ihrer aus dem Tropenholz Iroko herzustellenden Gartenzaunpfeiler unterbreitet. Zugleich hatte sie bis zur Inbetriebnahme der Lackieranlage ein neuartiges Anstrichsystem in Aussicht gestellt. Mit einem weiteren Schreiben vom 6. April 1989 hatte sie der Beklagten eine Beschreibung der geplanten Lackieranlage und deren Funktionsweise übersandt, die auf die Verwendung von bestimmten Lacken ausgerichtet war, und sie hatte sie wegen der Herstellung der Anlage an ein Unternehmen in Hamburg verwiesen.
Nachdem in der Folgezeit weiterhin Probleme bei der Beschichtung von Irokoholz aufgetreten waren, entwickelte sich ab Januar 1990 zwischen den Parteien ein ständiges Beratungsverhältnis mit Gesprächen zwischen den Mitarbeitern der Parteien und einem umfangreichen Schriftwechsel. Das Anwendungstechnische Zentrum der Klägerin erstellte auf den Bedarf der Beklagten abgestimmte spezielle "Technische Richtlinien" und führte Versuchsreihen und Laboruntersuchungen durch. Die Parteien vereinbarten eine Qualitätssicherung durch eine ständige Kontrolle lackierter Ware der Beklagten in dem Anwendungstechnischen Zentrum, und es fanden zahlreiche Besuche erfahrener Anwendungstechniker der Klägerin im Betrieb der Beklagten statt. Am 30. Januar 1991 wurden die möglichen Schadensursachen bei der Verwendung der Lacke der Klägerin zwischen der Beklagten und Mitarbeitern der Klägerin erörtert, die daraufhin Änderungen des Verarbeitungsprozesses empfahl, eine Untersuchung der Anstrichproben der schadhaften Zaunanlagen in ihrem Labor veranlaßte und den Besuch ihres "Anwendungstechnikers mit der größten Erfahrung" zur Planung eines neuen Beschichtungsverfahrens (Tauchverfahren) ankündigte. Als Ergebnis dieses Besuches schlug die Klägerin mit Schreiben vom 12. Februar 1991 vor, an Stelle des an sich geeigneten, derzeit aber nicht durchführbaren Tauchverfahrens die Grundbeschichtung im sogenannten Flutverfahren aufzubringen und es für die Zwischenbeschichtung weiterhin beim Spritzverfahren zu belassen. Auch dieses Schreiben schloß mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer Erörterung technischer Fragen mit zwei namentlich benannten Angestellten der Klägerin.
Angesichts dieser Umstände ist festzustellen, daß die beratende Tätigkeit der Klägerin nach Inhalt, Umfang, Intensität und Bedeutung für die Beklagte deutlich über das hinausging, was im allgemeinen seitens des Verkäufers für die sachgemäße Anwendung oder den Einsatz des Kaufgegenstandes in beratender oder empfehlender Weise, auch in Erfüllung einer entsprechenden Verpflichtung, geleistet wird. Die Bewertung als bloße kaufvertragliche Nebenleistung oder als (unselbständiger) Teil der Absatzbemühungen des Verkäufers wird den besonderen Umständen des Falles nicht gerecht; er unterscheidet sich wesentlich von den Fallgestaltungen, in denen der Senat einen selbständigen Beratungsvertrag im Verhältnis zwischen Käufer und Verkäufer verneint hat (Urteile vom 10. November 1982 - VIII ZR 156/81 = WM 1983, 17 unter II 2 a; vom 6. Juni 1984 - VIII ZR 83/83 = WM 1984, 1092 unter II 2 c; vom 12. Juni 1985 - VIII ZR 176/84 = WM 1985, 1167 unter I 1). Die Beklagte hatte, wie erwähnt, schon zu Beginn des Beratungsverhältnisses unter Hinweis auf die aufgetretenen Probleme in bezug auf eine Beschichtung des Tropenholzes Iroko und die "existentielle" Bedeutung der damit zusammenhängenden Fragen gezielt um fachliche Unterstützung gebeten. Es kam ihr erkennbar darauf an, für die künftige Produktion ihrer hochwertigen Güter aus diesem Holz umfassend das besondere Fachwissen der Klägerin zu nutzen. Es ging daher nicht lediglich darum, der Beklagten im Rahmen normaler "Kundenpflege" praktische Hinweise für die Verwendung bestimmter Produkte zu geben. Vielmehr war die beratende Tätigkeit der Klägerin auf ihrer Seite geprägt durch den Einsatz speziellen Fachpersonals und technischer Einrichtungen sowie durch umfangreiche praktische Versuche und Untersuchungen. Nach ihrem Gesamtbild entsprach die Beratung der Klägerin mehr der Tätigkeit einer unabhängigen sachverständigen Einrichtung als der im Zusammenhang mit einem Kauf, sei es auch im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung, üblichen und erforderlichen Instruktion des Käufers durch den fachkundigen Verkäufer mit dem Ziel der Absatzförderung. Besonderes Gewicht kommt dem selbständigen Charakter dieser Beratung auch deshalb zu, weil die Anschaffung der Lackieranlage eine unternehmerische Entscheidung von erheblicher finanzieller Tragweite betraf und mit dem beabsichtigten Kauf von Produkten der Klägerin nur mittelbar und keineswegs zwangsläufig zusammenhing.
c) Da nach alledem abweichend vom Regelfall hier ausnahmsweise ein selbständiges Beratungsverhältnis neben den kaufrechtlichen Beziehungen der Parteien jedenfalls für den Zeitraum ab April 1989 gegeben ist, kommt es für die Verjährungsfrage nicht mehr darauf an, ob sich die beratende Tätigkeit der Klägerin, wie die Revision geltend macht, ausschließlich auf die Verarbeitung der Lacke oder auf ihre generelle oder vertraglich vorausgesetzte Verwendungsfähigkeit bezog. Denn auch wenn letzteres zutrifft - wofür insbesondere die von der Beklagten gerügte Gelbfärbung und mangelnde Haftfähigkeit bei der Verwendung auf Irokoholz spricht -, greift die grundsätzlich anwendbare Vorschrift des § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der kurzen kaufrechtlichen Verjährung (vgl. BGHZ 88, 130, 136 ff) wegen der Selbständigkeit des Beratungsverhältnisses nicht ein. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung einer derartigen Beratungspflicht verjähren vielmehr nach den allgemeinen Bestimmungen, mithin in 30 Jahren (§ 195 BGB).
III. Aufgrund des zwischen den Parteien zustande gekommenen selbständigen Beratungsvertrages war die Klägerin, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 23. Juli 1997 ausgeführt hat, verpflichtet, die Beklagte umfassend und vollständig über alle mit der Beschichtung von Irokoholz verbundenen Risiken und geeignete Gegenmaßnahmen aufzuklären. Das Berufungsgericht hat sich - aus seiner Sicht folgerichtig - mit dieser Frage nicht näher befaßt. Für das Revisionsverfahren ist deshalb davon auszugehen, daß die Klägerin ihre Beratungspflichten verletzt hat und der Beklagten mithin, sofern auch ein Ursachenzusammenhang gegeben ist, jedenfalls dem Grunde nach unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet ist. Hierzu hat die Beklagte bereits früher im einzelnen Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, den Vorwurf der fahrlässigen Schlechtberatung zu begründen. Diesem Vorbringen und der Frage der Kausalität wird das Berufungsgericht in der neuen Berufungsverhandlung nachzugehen haben.
Ende der Entscheidung
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