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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.01.1998
Aktenzeichen: X ARZ 1298/97
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 689 Abs. 2
ZPO § 689 Abs. 2

Eine Niederlassung des Antragstellers im Sinne von § 21 Abs. 1 ZPO begründet nicht die Zuständigkeit für das Mahnverfahren nach § 689 Abs. 2 ZPO (Bestätigung von BGH NJW 1978, 321).

BGH, Beschl. v. 13. Januar 1998 - X ARZ 1298/97 - AG Hagen AG Hünfeld


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

X ARZ 1298/97

vom

13. Januar 1998

in der Sache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Januar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Dr. Jestaedt, Dipl.-Ing. Frhr. v. Maltzahn, Scharen und Keukenschrijver

beschlossen:

Das Amtsgericht in Hagen wird als das örtlich zuständige Gericht bestimmt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin hat unter der Bezeichnung "N. Allgemeine Versicherungs Aktiengesellschaft (hier vertr. d. d. Leiter d. Filialdir. F. a.M.)" unter einer Anschrift in K. beim Amtsgericht Hünfeld den Erlaß eines Mahnbescheids gegen den Antragsgegner beantragt. Das Amtsgericht Hünfeld wie das Amtsgericht Hagen, wohin die Sache auf Antrag der Antragstellerin abgegeben wurde, haben sich für unzuständig erklärt; das Amtsgericht Hagen hat die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II. Das Amtsgericht Hagen ist als zuständiges Gericht zu bestimmen (§ 36 Nr. 6 ZPO). Die örtliche Zuständigkeit für das Mahnverfahren richtet sich danach, wo der Antragsteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (§ 689 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Bei juristischen Personen des Privatrechts wie der Antragstellerin wird der allgemeine Gerichtsstand durch den Sitz bestimmt (§ 17 Abs. 1 ZPO). "Hauptsitz" der Antragstellerin ist nach ihrem eigenen Vortrag K. . Allerdings kommt bei juristischen Personen auch ein durch Statut oder in anderer Weise geregelter weiterer allgemeiner Gerichtsstand in Betracht (§ 17 Abs. 3 ZPO). Ob ein solcher die örtliche Zuständigkeit für das Mahnverfahren begründen könnte (so Holch in MünchKomm., ZPO, Rdn. 12 zu § 689 ZPO; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., Rdn. 6 zu § 689 ZPO), bedarf keiner abschließenden Entscheidung; dem Vortrag der Antragstellerin und dem sonstigen Akteninhalt ist nämlich nicht schlüssig zu entnehmen, daß ein solcher weiterer allgemeiner Gerichtsstand in F. a. M. oder sonst im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Hünfeld begründet wäre. Der Vortrag der Antragstellerin läßt insoweit in Verbindung mit ihren weiteren Angaben klare Schlußfolgerungen nicht zu. Zum einen trifft es nicht zu, daß die Antragstellerin eine Anschrift in F. a. M. angegeben habe; sie hat eine solche in K. genannt und sich lediglich auf eine Filialdirektion in F. a. M. berufen. Zum anderen besagt die bloße Tatsache einer Eintragung im Handelsregister nichts, da dort auch Zweigniederlassungen eingetragen werden können (§ 13 HGB). Dafür, daß die Antragstellerin in F. a. M. eine rechtlich selbständige, d.h. mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 20. Aufl., Rdn. 6 zu § 21 ZPO), Zweigniederlassung unterhalte, gibt der Akteninhalt nichts her; die Firmierung der Antragstellerin, wie sie im Mahnbescheidsantrag angegeben ist, spricht eher dagegen, ebenso die Angabe des Vorstands als gesetzlichen Vertreters und eines "Leiters der Filialdirektion" zusätzlich als Handelnder, der damit gerade nicht als Organ ausgewiesen wird. Demnach liegt es eher nahe, daß die Antragstellerin in F. a. M. eine zwar unmittelbar zum Abschluß von Geschäften berechtigte, aber rechtlich unselbständige Niederlassung im Sinne von § 21 Abs. 1 ZPO unterhält. Eine abschließende Aufklärung dieser Frage ist im Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Nr. 6 ZPO nicht veranlaßt (vgl. Sen.Beschl. v. 10.08.1994 - X ARZ 689/94, NJW 1995, 534).

Ist somit für die Bestimmung des zuständigen Gerichts lediglich von einer Niederlassung der Antragstellerin in F. a. M. auszugehen, läßt sich hieraus die örtliche Zuständigkeit des für F. a. M. zuständigen Amtsgerichts Hünfeld als Mahngericht nicht ableiten. Der besondere Gerichtsstand der Zweigniederlassung begründet als reiner Passivgerichtsstand nicht die örtliche Zuständigkeit für das Mahnverfahren, die an den allgemeinen Gerichtsstand anknüpft (BGH, Beschl. v. 07.10.1977 - I ARZ 494/77, NJW 1978, 321; ebenso die nahezu einhellige Auffassung im Schrifttum, so Holch in MünchKomm., ZPO, Rdn. 12 zu § 689 ZPO; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 56. Aufl., Rdn. 3 zu § 689 ZPO; Vollkommer in Zöller, ZPO, 20. Aufl., Rdn. 3 zu § 689 ZPO u. Rdn. 1 zu § 21 ZPO; Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl., Rdn. 3 zu § 689 ZPO); hieran ist trotz gelegentlich geäußerter Kritik (Büchel, NJW 1979, 945, 946) festzuhalten.

Als alleiniger Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit für das Mahnverfahren verbleibt damit der aus den Akten zweifelsfrei zu entnehmende Sitz der Antragstellerin in K. . Hierfür ist das Amtsgericht Hagen örtlich zuständig (§ 2 der VO über die Einführung der maschinellen Bearbeitung des Mahnverfahrens und Zuweisung an das Amtsgericht Hagen vom 23.11.1993, GVBl. Nordrhein-Westfalen S. 967).

III. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Erstattung der sonstigen Kosten richtet sich nach der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

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