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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 04.12.2007
Aktenzeichen: X ZB 30/07
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 6
ZPO § 6 Satz 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 4
GKG § 48 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

X ZB 30/07

vom 4. Dezember 2007

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und den Richter Prof. Dr. Meier-Beck

am 4. Dezember 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 18. Juli 2007 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

I. Nachdem ihr Kraftfahrzeug wegen eines technischen Defekts liegengeblieben war, beauftragte die Klägerin die Beklagte mit der Erstellung eines Befundes und eines Kostenvoranschlags. Mit der von der Beklagten ohne ihre Zustimmung durchgeführten Reparatur war die Klägerin nicht einverstanden, weshalb die Beklagte die von ihr eingebauten Teile wieder ausbaute. Zur Herausgabe des Fahrzeugs war die Beklagte nur gegen Zahlung eines für den Befund berechneten Betrages von 180,64 € bereit.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Herausgabe des Fahrzeugs in Anspruch genommen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin verworfen.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II. Die nach § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet; das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Unrecht verworfen.

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, der wirtschaftliche Wert der Beschwer der Klägerin, der für die Zulässigkeit ihrer Berufung maßgeblich sei, betrage der Wertung des § 6 ZPO entsprechend lediglich 180,64 €. Der Streitwert einer Herausgabeklage bemesse sich zwar grundsätzlich nach dem Wert der herauszugebenden Sache. Werde der Streit jedoch wirtschaftlich nur um den Bestand eines vom Besitzer geltend gemachten Pfandrechts geführt, bestimme der Wert dieses Pfandrechts den Wert des Rechtsstreits. Unerheblich sei, dass die Beklagte vor der Herausgabe des Fahrzeugs möglicherweise "Standgebühren" in Höhe von 2.080,12 € geltend machen werde; diese seien von der Beklagten prozessual nicht geltend gemacht worden und dementsprechend nicht Gegenstand der amtsgerichtlichen Entscheidung.

2. Das findet keinen Anhalt im Gesetz und hält der Nachprüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht stand.

Nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Berufung nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Beschwerdegegenstand ist derjenige Teil der Beschwer, dessen Beseitigung die Berufung erstrebt (Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 511 Rdn. 18). Für die Beschwer des mit der Klage abgewiesenen Klägers ist grundsätzlich der Wert der Klageforderung maßgeblich (BGHZ 140, 335, 338). Dieser entspricht im Streitfall dem Wert des herausverlangten Kraftfahrzeugs, den das Amtsgericht mit 1.000 € angenommen hat. Das Berufungsgericht lässt nicht erkennen, von dieser Schätzung abweichen zu wollen. Da die Klägerin den erstinstanzlichen Antrag mit der Berufung in vollem Umfang weiterverfolgt hat, bleibt der Wert des Beschwerdegegenstands nicht hinter dem Wert der Klageforderung zurück.

Auch aus § 6 Satz 1 ZPO ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Vielmehr wird, wenn es auf den Besitz einer Sache ankommt, nach dieser Vorschrift der Wert durch den Wert der Sache bestimmt. Zwar wird, insbesondere für den Gebührenstreitwert, für den § 48 Abs. 1 GKG die Anwendung des § 6 ZPO anordnet, in Rechtsprechung und Literatur erörtert, ob eine Orientierung am wirtschaftlichen Interesse des Beklagten geboten ist, wenn der Wert der von diesem geltend gemachten Gegenrechte wesentlich hinter dem Wert der herausverlangten Sache zurückbleibt (s. die Nachweise bei Musielak/Ball aaO § 3 Rdn. 29, § 6 Rdn. 4 f.). Abgesehen von dem Bedenken, solche Überlegungen auf den Rechtsmittelstreitwert zu übertragen und damit den Rechtsschutz des Klägers zu verkürzen, rechtfertigt dies jedoch die Bemessung eines unter 600 € liegenden Streitwerts hier schon deshalb nicht, weil nicht feststeht, dass das Interesse der Beklagten geringer als das Herausgabeinteresse der Klägerin zu bewerten ist. Denn es kommt, wie das Berufungsgericht ausdrücklich ausführt, in Betracht, dass diese weitere Gegenansprüche erhebt; auch der Rechtsbeschwerdeerwiderung ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Ob solche weiteren Gegenansprüche im Prozess geltend gemacht worden sind, ist unerheblich, da das Amtsgericht die Klage uneingeschränkt abgewiesen hat.

Ende der Entscheidung

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