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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 08.09.2009
Aktenzeichen: X ZR 15/07
Rechtsgebiete: PatG, EPÜ


Vorschriften:

PatG § 3 Abs. 1
PatG § 4
EPÜ Art. 54
EPÜ Art. 56
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Scharen und

die Richter Keukenschrijver, Asendorf, Dr. Berger und Dr. Grabinski

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22. November 2006 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist Inhaberin des unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlichten europäischen Patents EP 0 921 380 (Streitpatent I). Es ist am 1. Dezember 1998 unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 5. Dezember 1997 angemeldet worden, die ihrerseits am 19. November 1998 zur Erteilung des Patents DE 197 53 913 (Streitpatent II) geführt hatte. Ein Einspruch des Klägers gegen das Streitpatent I ist durch die rechtskräftige Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 17. März 2006 zurückgewiesen worden.

Die beiden Streitpatente haben nach ihrem Titel eine "Wiegevorrichtung für Absetzkipper und dgl." zum Gegenstand und umfassen jeweils neun übereinstimmend formulierte Patentansprüche, die mit der Nichtigkeitsklage insgesamt angegriffen werden. Patentanspruch 1 der Streitpatente lautet:

"Wiegevorrichtung für ein schwenkbeweglich hängend gelagertes, die Nutzlast aufnehmendes Lade- oder Greifbauteil an einem Fahrzeug, wie die Mulde an einem Absetzkipper, der Greifer an einem Kran oder die Schaufel an einem Bagger, mit einem Schwenkbeschlag, der einerseits an der fahrzeugseitigen Schwenkachse festlegbar ist, und der andererseits eine Aufnahme für das Lade- oder Greifbauteil schafft, dadurch gekennzeichnet, dass der Schwenkbeschlag (1) einen Wiegestab (3) aufweist, der an seinen beiden Enden gelagert und mit dem Schwenkbeschlag (1) verbunden ist, und an dem in seinem mittleren Bereich ein Druckübertragungsbauteil zur Einleitung der Gewichtskraft des Lade- oder Greifbauteils anschließt, wobei der Wiegestab (3) als quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse liegende Drehachse ausgebildet ist, und wobei unterhalb des Wiegestabs (3) ein Schwenklager mit einer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse parallelen Schwenkachse vorgesehen ist."

Die nachgeordneten Unteransprüche 2 bis 9 sind auf Patenanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar zurückbezogen. Wegen ihres Wortlauts wird auf die Patentschriften Bezug genommen.

Der Kläger macht geltend, dass der Gegenstand der Streitpatente nicht schutzfähig sei gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die deutsche Offenlegungsschrift 40 26 561 (Anlage 5), die belgische Patentschrift BE 909 929 (Anlage D2 des Einspruchsverfahrens beim EPA) und die britische Patentschrift 1 577 341 (Anlage 19) bildeten. Außerdem hat sich der Kläger zur Begründung dafür, dass zum Prioritätszeitpunkt Wiegevorrichtungen mit den Merkmalen des Patentgegenstands durch den Stand der Technik jedenfalls nahe gelegt gewesen seien, unter anderem auf eine Wiegevorrichtung des niederländischen Unternehmens W. B.V. (Anlagen 6b und 10/2) als offenkundige Vorbenutzung berufen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent I mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland und auch das Streitpatent II für nichtig erklärt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Im Auftrag des Senats hat Prof. Dr.-Ing. habil. G. K. , Technische Universität D. , Lehrstuhl für Baumaschinen- und Fördertechnik, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten auch hinsichtlich des Streitpatents II fort, das mit der Zurückweisung des Einspruchs des Klägers gegen das Streitpatent I durch die Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 17. März 2006 wirkungslos geworden ist (Art. II § 8 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜbkG). Denn vom Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens hängen der Bestand und die Durchsetzbarkeit der vom Landgericht Düsseldorf durch rechtskräftiges Urteil vom 22. September 2005 erkannten Ansprüche der Beklagten wegen Verletzung dieses Patents ab (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2002 - X ZR 118/99). Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

I.

1.

Die Streitpatente betreffen eine Wiegevorrichtung für Fahrzeuge wie beispielsweise Absetzkipper, mit der die Nutzlast von aufzunehmenden Gütern bestimmt werden soll, die mittels eines Lade- oder Greifbauteils schwenkbeweglich an einem beweglichen Hubarm aufgehängt sind. Der in den Streitpatenschriften beispielhaft erwähnte Begriff der "Mulde" steht dabei allgemein für die eine Nutzlast aufnehmenden Lade- oder Greifbauteile an einem Fahrzeug (vgl. Streitpatent I Sp. 4, Tz. 0018).

Bei derart schwenkbeweglich aufgehängten Mulden besteht nach der Beschreibung der Streitpatente die Schwierigkeit, die geladene Nutzlast korrekt zu erfassen. Außerdem sei bei solchen Wiegeeinrichtungen nachteilig, dass sie an einer exponierten Stelle angeordnet und hierdurch Beschädigungen möglich seien, wenn beispielsweise ein Absetzkipper durch einen baumbestandenen Weg zu einer Deponie fahre.

Im Stand der Technik waren nach der Beschreibung des europäischen Streitpatents u.a. aus der deutschen Offenlegungsschrift 40 26 561 (Anlage 5) und aus der veröffentlichten europäischen Patentanmeldung EP 543 440 A1 (Anlage 2) Wiegevorrichtungen mit einem Schwenkbeschlag bekannt, bei dem der Wiegestab bzw. der Messwertaufnehmer mit der fahrzeugseitigen Schwenkachse des Schwenkbeschlags zusammenfiel oder eine Schwenkachse bildete, die parallel zur fahrzeugseitigen Schwenkachse lag. Die Beschreibung der Streitpatente führt hierzu aus, dass quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse angreifende Kräfte, wie sie beim Pendeln der Last auftreten können, den Messwertaufnehmer unzulässig belasten und falsche Messergebnisse hervorrufen könnten. Soweit die Vorrichtung nach der europäischen Patentanmeldung EP 543 440 A1 (Anlage 2) eine Schwenkbeweglichkeit in anderen Richtungen durch ein in der oberen Gehäusehälfte befindliches Lager ermögliche und dort auch eine weitere Schwenkachse vorsehe, die quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse verlaufe, bemängelt die Beschreibung der Streitpatente, dass diese Wiegevorrichtung durch ihre vielen Schwenkachsen und ihren zweiteiligen Gehäuseaufbau eine große Bauhöhe aufweise, die je nach Anwendungsgebiet hinderlich sein könne.

2.

Durch die Streitpatente soll eine Wiegevorrichtung zur Verfügung gestellt werden, die eine kompakte, geschützte und mechanisch unempfindliche Konstruktion und Wiegeergebnisse mit hoher Genauigkeit ermöglicht. In ihren Ausführungen zur Erreichung dieses Ziels befassen sich die Streitpatentschriften allein mit der Gestalt einer Einbauvorrichtung und behandeln nicht, wie die eigentliche Gewichtsmessung ausgeführt wird und wie hierzu die in der Vorrichtung verwendete Wägezelle ausgestaltet ist. Nach der Beschreibung der Streitpatente kann der Wiegestab durch Anordnung innerhalb des Schwenkbeschlags gut beschützt und durch Kräfte, die eine Schwenkbewegung um ihn bewirken, nicht unzulässig belastet werden, da er patentgemäß eine Schwenkachse für derartige Bewegungen bilde. Kräfte, die demgegenüber eine Pendelbewegung in Längsrichtung des Wiegestabs bewirkten, belasteten den Wiegestab ebenfalls nicht unzulässig, da unterhalb des Wiegestabs ein Schwenklager für derartige Bewegungen vorgesehen sei. Der Wiegestab als Messwertaufnehmer werde daher von der Übertragung von Schwenkbewegungen völlig freigehalten und lediglich durch die Gewichtskraft der angehängten Last belastet.

3.

Hierzu wird durch den Patentanspruch 1 unter Schutz gestellt eine Wiegevorrichtung für ein schwenkbeweglich hängend gelagertes, die Nutzlast aufnehmendes Lade- oder Greifbauteil an einem Fahrzeug, wie die Mulde an einem Absetzkipper, der Greifer an einem Kran oder die Schaufel an einem Bagger, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

1.

Ein Schwenkbeschlag (1)

a) ist einerseits an der fahrzeugseitigen Schwenkachse festlegbar,

b) schafft andererseits eine Aufnahme für das Lade- oder Greifbauteil

c) und weist einen Wiegestab (3) auf.

2.

Der Wiegestab (3)

a) ist an seinen beiden Enden gelagert

b) und mit dem Schwenkbeschlag (1) verbunden

c) und ist als quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse liegende Drehachse ausgebildet.

3.

Ein Druckübertragungsbauteil zur Einleitung der Gewichtskraft des Lade- oder Greifbauteils schließt an den mittleren Bereich des Wiegestabs (3) an.

4.

Ein Schwenklager

a) ist unterhalb des Wiegestabs (3) angeordnet und

b) weist eine zur fahrzeugseitigen Schwenkachse parallele Schwenkachse auf.

4. a)

Einer Erläuterung bedarf der Begriff der "fahrzeugseitigen Schwenkachse". Bereits aus dem Umstand, dass der Schwenkbeschlag an ihr zu befestigen ist, folgt, dass es sich bei der fahrzeugseitigen Schwenkachse nicht um ein Bauteil des Schwenkbeschlags handelt, sondern der Schwenkbeschlag auf eine am Fahrzeug vorhandene Achse zurückgreift. Dieses Verständnis einer vom Fahrzeug vorgegebenen Schwenkachse (welche durch das Schwenklager (18) des Schwenkbeschlags verläuft) wird durch die Patentbeschreibung gestützt, in der zur Erläuterung der Figur 2 der dort zur Befestigung des Schwenkbeschlags verwendete Haltebolzen mit dem Bezugszeichen 4 dahingehend charakterisiert wird, dass er als "Austauschbauteil" anstelle eines Gelenkzapfens in eine Gelenkbohrung (5) eines Hubarms (6) eingesetzt ist (Streitpatent I Sp. 3, Tz. 0017). Dementsprechend führt die Patenbeschreibung weiter aus, dass zur Befestigung des Schwenkbeschlags anstelle des Haltebolzens (4) der fahrzeugseitig vorhandene Lagerzapfen verwendet werden könne (Streitpatent I Sp. 4, Tz. 0027). Wenngleich der Schwenkbeschlag nicht selbst die obere Achse zur Verfügung stellt, sondern hierfür eine fahrzeugseitig festgelegte Achse nutzt, gehört das Vorhandensein einer solchen Achse, um die er schwenken kann, zum Gegenstand des Patentanspruchs 1. Dieser Auslegung des Patentanspruchs steht die Patentbeschreibung, die maßgeblich auf die mittlere Schwenkachse und das untere Schwenklager abstellt (Streitpatent I Sp. 2, Tz. 0011), nicht entgegen, da sich die dortige Nichterwähnung der schwenkbeweglichen Befestigung des Beschlags an der oberen Achse unschwer damit erklären lässt, dass diese Befestigungsform als selbstverständlich vorausgesetzt ist. Patentanspruch 1 definiert mithin drei Achsen des Schwenkbeschlags, von denen die Vorrichtung zwei Achsen selbst zur Verfügung stellt und eine (obere) voraussetzt.

b)

Das Merkmal 2 c, das den Wiegestab als "quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse liegende Drehachse" charakterisiert, und das Merkmal 4 b, das "eine zur fahrzeugseitigen Schwenkachse parallele Schwenkachse" ausweist, sind nicht auf die Fahrzeugrichtung, sondern nur auf die Richtung der fahrzeugseitigen Schwenkachse bezogen formuliert. Hierzu wird in der Beschreibung der Streitpatente allerdings erläutert und durch die Figuren 2 und 3, welche die Befestigung des Beschlages am Hubarm des Absetzkippers erkennen lassen, auch illustriert, dass die durch das Schwenklager (18) geführte fahrzeugseitige Schwenkachse Schwenk- und Pendelbewegungen des Schwenkbeschlags in Längsrichtung des Fahrzeugs ermöglicht (Streitpatent I Sp. 4, Tz. 0022), während das als Drehachse ausgebildete Bauteil des Wiegestabs (3) Schwenk- und Pendelbewegungen quer zur Längsrichtung des Fahrzeugs aufnehmen kann (Streitpatent I Sp. 4, Tz. 0023).

5.

Ein Ausführungsbeispiel der patentgemäßen Wiegevorrichtung zeigen die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Figuren 1 und 2. Figur 1 bildet die erste Ausführungsform des patentgemäßen Schwenkbeschlags in Seitenansicht ab, Figur 2 eine Stirnansicht auf die Vorrichtung von Figur 1 mit der fahrzeugseitigen Befestigung des Schwenkbeschlags mittels des Haltebolzens (4), der in die Gelenkbohrung (5) am Hubarm des Fahrzeugs (6) eingesetzt ist.

Das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 zeigt dabei eine Ausbildung des Wiegestabs (3) als Schwenkachse in der durch den (Unter-)Anspruch 2 gekennzeichneten Form. Dort ist ein Ring (15) vorgesehen, der um den Wiegestab drehbar ist und die Schwenkbewegung um den Wiegestab ermöglicht (Streitpatent I Sp. 2, Tz. 0012). Den Ring (15) umgreift eine Hülse (14), die an eine Lasche (12) anschließt, auf die die Gewichtskräfte der Nutzlasten über das durch den Schwenkbolzen (8) verbundene Einhängeblech (9) übertragen werden. Der Ring (15) bildet damit bei diesem Ausführungsbeispiel das auf den Wiegestab (3) einwirkende Druckübertragungsbauteil und weist eine Wulst (16) auf, die in eine Nut (17) des Wiegestabs greift. Dies stellt nach der Patentbeschreibung sicher, dass die Krafteinleitung in den Wiegestab stets an derselben definierten Stelle erfolgt (Streitpatent I Sp. 3 f., Tz. 0021).

II.

Das Patentgericht hat die Streitpatente für nichtig erklärt, weil deren Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe (§§ 22 Abs. 1, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG; Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG; Art. 138, 56 EPÜ). Es hat hierzu ausgeführt, aus Anlage 5 (deutsche Offenlegungsschrift 40 26 561) sei eine Wiegevorrichtung für ein schwenkbeweglich hängend gelagertes, die Nutzlast aufnehmendes Lade- oder Greifbauteil an einem Fahrzeug bekannt. Bei der Nutzlast handele es sich um die Mulde an einem Absetzkipper. Die Vorrichtung weise mit dem dreieckigen Aufhängekörper (3) einen Schwenkbeschlag auf, der an der fahrzeugseitigen Schwenkachse festlegbar sei und eine Aufnahme für das Lade- oder Greifbauteil schaffe. Der Schwenkbeschlag umfasse einen als Drehachse ausgebildeten Wiegestab (4). Der Wiegestab sei mit dem Schwenkbeschlag durch eine Schraube (19) verbunden und an einem seiner beiden Enden sowie in einem mittleren Bereich durch Lager (20) gelagert. Am anderen Ende des Wiegestabs befinde sich ein Druckübertragungsbauteil zur Einleitung der Gewichtskraft des Lade- und Greifbauteils. Unterhalb des Wiegestabs sei ein Schwenklager mit einer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse parallelen Schwenkachse vorgesehen, das durch die eine Kette (5) tragenden Stifte und die Seitenwände des Aufhängekörpers (3) verwirklicht sei. Bei dieser bekannten Wiegevorrichtung werde die Kraft an einem Ende des Wiegestabs eingeleitet. Dies führe zu dessen einseitiger Verbiegung durch die von der Nutzlast ausgeübte Gewichtskraft, was wiederum eine ungleichmäßige Belastung und Abnutzung der Lager hervorrufe. Dies habe die nachteilige Folge, dass die freie Schwenkbarkeit des als Drehachse ausgebildeten Wiegestabs behindert und die Messgenauigkeit beeinträchtigt werde. Der Fachmann habe daher Veranlassung, Änderungen an der Krafteinleitung und der Lagerung des Wiegestabs vorzunehmen. Zu seinem Fachwissen gehöre, dass eine gleichmäßige Lagerung des Wiegestabs an seinen beiden Enden und durch mittige Einleitung der Gewichtskraft erreicht werden könne. Derart gelagerte Wiegestäbe seien beispielsweise aus Anlage 19 (britische Patentschrift 1 577 341) bekannt. Die Figuren 4 und 5 von Anlage 19 beträfen ein Ausführungsbeispiel, in dem der Einsatz des Wiegestabs in einer Vertäuvorrichtung für Schiffe gezeigt werde. Dabei sei ein Schwenkbeschlag (37, 39) vorgesehen, der mit dem Haken (38) ein schwenkbeweglich gelagertes Greifbauteil aufweise und eine Aufnahme für das Greifbauteil schaffe. Der Wiegestab (10) sei an seinen beiden Enden gelagert und mit dem Schwenkbeschlag verbunden, wobei die Gewichtskraft im mittleren Bereich des Biegestabs eingeleitet werde. Auch wenn die Vorrichtung besonders für die Vertäuung von Schiffen ausgebildet sei, halte dies den Fachmann nicht davon ab, einzelne die Lagerung des Wiegestabs und die Krafteinleitung betreffende Merkmale aufzugreifen und bei einem Fahrzeug einzusetzen. Dies biete sich für den Fachmann auch deshalb an, weil in Anlage 19 auf andere Einsatzgebiete wie Kräne oder Förderbänder und Aufzüge hingewiesen werde, die ebenfalls auf dem Gebiet der Verkehrstechnik lägen. Es liege daher für den Fachmann nahe, bei der Wiegevorrichtung nach Anlage 5 einen an seinen Enden gelagerten Wiegestab mit mittiger Krafteinleitung vorzusehen. Wegen der in Anlage 19 angesprochenen verschiedenen Möglichkeiten zur Anordnung des Wiegestabs innerhalb der Vorrichtung erhalte der Fachmann außerdem den Hinweis, dass es auf die räumliche Ausrichtung des Wiegestabs nicht ankomme. Er ziehe daher in Betracht, bei der Wiegevorrichtung nach Anlage 5 den Wiegestab quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse auszubilden, und entscheide sich für diese Lösung, weil sich dann Schwenkbewegungen der Nutzlast wegen der senkrecht zueinander stehenden Schwenkachsen der Wiegevorrichtung nicht mehr auf den Wiegestab auswirkten.

III.

Dieser Beurteilung durch das Patentgericht ist nicht beizutreten.

1.

Der Gegenstand der Streitpatente wird weder durch die schriftlichen Entgegenhaltungen noch durch die behauptete offenkundige Vorbenutzung vorweggenommen. Die Vorrichtung nach Patenanspruch 1 ist in den erstinstanzlich eingeführten Entgegenhaltungen nicht in allen ihren Merkmalen beschrieben und mithin neu (§ 3 Abs. 1 PatG, Art. 54 EPÜ). Davon, dass der streitpatentgemäße Gegenstand nicht in allen seinen Merkmalen in den Entgegenhaltungen beschrieben worden ist, geht auch der gerichtliche Sachverständige aus.

a)

Die hinsichtlich ihres Offenbarungsgehalts bereits vom Patentgericht im Einzelnen gewürdigte deutsche Offenlegungsschrift 40 26 561 (Anlage 5), die bereits im Erteilungsverfahren hinsichtlich des europäischen Streitpatents berücksichtigt worden ist, sieht weder vor, dass bei jener gattungsgemäßen Wiegevorrichtung der Wiegestab an seinen beiden Enden gelagert ist (Merkmal 2a), noch, dass sich die Drehachse des Wiegestabs von der fahrzeugseitigen Schwenkachse unterscheidet und dabei quer zu ihr verläuft (Merkmal 2c). Anders als bei den Streitpatenten schließt das Druckübertragungsteil auch nicht im mittleren Bereich des Wiegestabs an (Merkmal 3). Weiterhin ist unterhalb des Wiegestabs nicht ein Schwenklager mit einer Schwenkachse vorgesehen, wie es der definierten Achsenanzahl des Patentanspruchs 1 entspricht (Merkmal 4/4b), sondern es sind zwei Schwenklager mit Stiften zur Befestigung von zwei Schäkeln offenbart, welche die oberen jeweils schwenkbaren Kettenglieder (5) aufnehmen.

b)

Gegenstand der belgischen Patentschrift BE 909 929, auf die ebenfalls bereits das europäische Streitpatent zum Stand der Technik Bezug nimmt, ist eine Wiegevorrichtung für Hebezeuge aller Art wie beispielsweise Baustellenkräne und Aufzüge. Diese Patentschrift offenbart eine Wiegevorrichtung für ein schwenkbeweglich hängend gelagertes Lade- oder Greifbauteil. Die Vorrichtung, die nach der Patentbeschreibung vorteilhafterweise zwischen den Ringen in der Kette des Hebezeugs montiert wird, enthält einen Schwenkbeschlag, der einen als Drehachse ausgebildeten Wiegestab aufweist. Entgegen den Ausführungen der Streitpatentschrift I (Sp. 1, Tz. 0004) offenbart die Entgegenhaltung BE 909 929 zwar, dass der Wiegestab (25) an seinen beiden Enden (27 u. 29) auf Auflagen (21 u. 23) gelagert ist (vgl. Übersetzung L5, S. 3 1. Abs.; siehe auch Anspruch 4). Nicht vorgesehen ist jedoch, dass der Schwenkbeschlag (3) an einer fahrzeugseitigen Schwenkachse festlegbar ist (Merkmal 1a) und dass über ein gesondertes Druckübertragungsbauteil die Gewichtskraft in den Wiegestab eingeleitet wird (Merkmal 3). Zudem befindet sich unterhalb des Wiegestabs lediglich ein Kettenring und kein Schwenklager (Merkmal 4), das eine Schwenkbewegung um eine definierte Achse ermöglicht und damit eine Bewegungsführung gewährleistet. Außerdem lässt sich der Entgegenhaltung nicht entnehmen, dass die Drehachse des Wiegestabs quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse liegt (Merkmal 2c).

c)

Die hinsichtlich ihres Offenbarungsgehalts ebenfalls schon vom Patentgericht gewürdigte britische Patentschrift 1 577 341 betrifft eine Lastmessvorrichtung und bezieht sich mit ihrem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 auf eine Schiffsbefestigungseinrichtung mit einer Hakenvorrichtung zum Festmachen von Trossen (siehe S. 3 Z. 32 f. mit dem dort verwendeten Begriff "cable mooring hook"), wie sie zum Anlegen eines Schiffs am Kai verwendet wird. Bei dieser Vorrichtung ist nicht vorgesehen, dass der Beschlag (36) an einer oberen fahrzeugseitigen Schwenkachse festlegbar ist (Merkmal 1a). Auch liegt beim ersten Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 die Drehachse des Wiegestabs (10) nicht quer zu einem (fahrzeugseitigen) Schwenklager (Merkmal 2c), sondern sie ist mit der Schwenkachse des im Drehzapfen (37) befindlichen Schwenklagers identisch, die den Sockelteil (36) mit dem Drehzapfen verbindet. Dieses Schwenklager ist zudem nicht parallel zu der unterhalb des Wiegestabs liegenden durch den Bolzen (40) gebildeten Schwenkachse ausgerichtet (Merkmal 4b).

Wie bereits das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, werden in der britischen Patentschrift 1 577 341 (Anlage 19) darüber hinaus als weitere Ausführungsbeispiele offenbart (S. 3 Z. 45 - 50), dass der Wiegestab (10) anstelle des Bolzens mit dem Bezugszeichen 40 (erste Ausführungsalternative) oder des Bolzens mit dem Bezugszeichen 41 (zweite Ausführungsalternative) eingesetzt werden kann, weil diese ebenfalls die gesamte Zugkraft übertragen. Dann läge die Drehachse des Wiegestabs zwar quer zur Schwenkachse, mit welcher der Sockelteil (36) drehbar mit dem Drehzapfen (37) verbunden wird. Bei der ersten Ausführungsalternative, bei welcher der Haken (38) unmittelbar das auf den Wiegestab einwirkende Druckübertragungsbauteil darstellen würde, gäbe es allerdings überhaupt kein unterhalb des Wiegestabs angeordnetes Schwenklager (Merkmal 4), das durch eine definierte Schwenkrichtung und hierdurch bestimmte Bewegungsführung gekennzeichnet ist. Bei der zweiten Variante würden die Seitenteile (39), welche dann die Druckübertragung bewirken, nicht an den mittleren Bereich des Wiegestabs anschließen (Merkmal 3).

d)

Neu ist der Gegenstand des Anspruchs 1 der Streitpatente auch gegenüber der von dem Kläger als offenkundige Vorbenutzung geltend gemachten gattungsgemäßen Wiegevorrichtung des niederländischen Unternehmens W. B.V. (Anlagen 6b und 10/2).

Die W. -Konstruktionszeichnung, deren Gegenstand im Einspruchsverfahren vor dem EPA als nächstliegender Stand der Technik angesehen worden ist, offenbart zwar eine Wiegevorrichtung für ein schwenkbeweglich hängend gelagertes Ladebauteil an einem Fahrzeug mit einem Schwenkbeschlag (10), der einerseits an der fahrzeugseitigen Schwenkachse (A) festlegbar ist und andererseits eine Aufnahme für das Ladebauteil schafft. Unterhalb der zwei mit dem Schwenkbeschlag verbundenen Wiegestäbe (12) befindet sich ein Schwenklager (7) mit einer Schwenkachse, die zur fahrzeugseitigen Schwenkachse parallel liegt. Die W. -Wiegevorrichtung verfügt jedoch anders als die patentgemäße Vorrichtung nicht über einen Wiegestab, der an seinen beiden Enden gelagert ist (Merkmal 2a), sondern über zwei Wiegestäbe (12), die jeweils nur an einem ihrer beiden Enden gelagert sind. Diese Wiegestäbe sind nicht als Drehachse ausgebildet (Merkmal 2c). Auch schließt sich das Druckübertragungsbauteil (13) nicht im mittleren Bereich des Wiegestabs an (Merkmal 3), sondern jeweils an dem äußeren Ende der Wiegestäbe.

2.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt und ist damit als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend zu werten (§ 4 Satz 1 PatG, Art. 56 EPÜ). Die im Stand der Technik bekannten Lösungen gaben dem Fachmann weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit Veranlassung, den mit den Streitpatenten vorgeschlagenen Lösungsweg zu beschreiten. Dabei ist in Übereinstimmung mit der Auffassung des Patentgerichts und des gerichtlichen Sachverständigen davon auszugehen, dass es sich bei dem Durchschnittsfachmann um einen Ingenieur mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss etwa der Fachrichtung Maschinenbau handelt, der über langjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Wägetechnik und in der Entwicklung von Wiegevorrichtungen verfügt.

Der wesentliche Gedanke der von den Streitpatenten gefundenen Lösung für das Problem, den Wiegestab von der Übertragung von Schwenkbewegungen freizuhalten und ihn damit von Störgrößen für das Messsignal fernzuhalten, liegt in dem gestalterischen Vorschlag, den Wiegestab, um den geschwenkt werden kann, oben und unten durch quer zu ihm liegende parallele Schwenkachsen zu schützen. Der gerichtliche Sachverständige hat zwar überzeugend dargelegt, dass in der Fachwelt schon vor der Anmeldung des deutschen Streitpatents insbesondere Querkräfte als häufigste und unangenehmste Störgröße in der Wägetechnik bekannt gewesen seien und dass damit auch das Anliegen der Streitpatente, die Wägegenauigkeit über die Krafteinleitung in die Wägezelle mittels geeigneter Wägezellenlager zu beeinflussen, bekannt gewesen sei. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass gerade die Lösung entsprechend der patentgemäßen Vorrichtung für die Fachwelt am Prioritätstag nahegelegen hat, haben sich jedoch nicht ergeben.

a)

Die deutsche Offenlegungsschrift 40 26 561 (Anlage 5) hat dem Fachmann keine Anregung für eine streitpatentgemäße Weiterentwicklung gegeben. Das durch die Streitpatente zu lösende Problem, den Wiegestab gegen Schwenk- und Pendelbewegungen der Mulde sowohl in fahrzeugseitiger Längsrichtung als auch in Querrichtung zu schützen, wird in dieser Entgegenhaltung nicht erörtert. So findet sich auch kein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass mit der Kettenaufhängung in den beiden unterhalb des Aufhängekörpers (3) befindlichen Schäkeln ein gewisser Bewegungsfreiheitsgrad quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse geschaffen ist. Hiermit sah das Konstruktionsprinzip nach der Offenlegungsschrift bereits eine Vorkehrung zur Abwehr von Störkräften auf den Messvorgang vor, obgleich ein Kettenring kein Schwenklager mit einer bestimmten Schwenkachse und einer hierdurch bestimmten Bewegungsführung darstellt. Diese technische Konstruktion eines Schutzes des Wiegestabs vor Pendelbewegungen der Mulde mag zwar nachteilig sein, weil wegen des geringen Spielraums der Schäkel innerhalb des Aufhängekörpers (3) die Gefahr einer Verkantung mit dessen Seitenblech oder eines Drucks auf das Seitenblech besteht, wenn ein seitlicher Zug an den Ketten (5) auftritt. Gründe, warum ein solcher Nachteil einer bei Auftreten einer seitlichen Zugkomponente möglichen Störgröße für das Messergebnis den Fachmann veranlasst haben könnte, die Identität zwischen der fahrzeugseitigen Schwenkachse und der Drehachse des Wiegestabs aufzulösen und sodann die Drehachse des Wiegestabs quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse anzuordnen, sind jedoch nicht ersichtlich. Dafür wäre nicht nur eine Weiterentwicklung, sondern eine Neukonstruktion der Vorrichtung unter völliger Umgestaltung des mit dem Portalarm (2) verbundenen Beschlags und des die Druckübertragung bewirkenden Aufhängekörpers (3) erforderlich gewesen. Dabei hätte in eine Neukonstruktion im Sinne der Streitpatente auch die Lagerung des Wiegestabs und die Krafteinleitung in dessen mittleren Bereich und mithin die Ausgestaltung des Wiegestabs einbezogen werden müssen. Gerade eine Änderung an der Krafteinleitung und Lagerung des Wiegestabs hätte sogar eine Bauartänderung bedeutet. Denn die vom Patentgericht als nachteilig angesehene einseitige Verbiegung des Wiegestabs, die mit dem endseitigen Anschluss des Druckübertragungsbauteils und der damit einhergehenden Einleitung der von der Nutzlast ausgeübten Gewichtskraft am Ende des Wiegestabs verbunden ist, entspricht typischerweise der nach dem Konstruktionsprinzip der Offenbarungsschrift gewählten Art des Wiegestabs. Dort ist er als ein Scherstab ausgebildet. Nach Darstellung des Sachverständigen kommen Wiegestäbe üblicherweise als Scherstäbe zur Anwendung. Da bei derartigen Scherstäben typischerweise nur eine seitliche Abstützung erfolgt ist, lässt sich auch die Ausgestaltung des Wiegestabs als einseitig gelagerter Scherstab nicht als konstruktionsbedingter Nachteil ansehen, der dem Fachmann unter Zugrundlegung der Offenlegungsschrift zu einer Neukonstruktion der Wiegevorrichtung hätte Veranlassung geben können.

b)

Aus der als Vorbild noch am ehesten in Betracht zu ziehenden britischen Patentschrift 1 577 341 (Anlage 19) lassen sich keine hinreichenden Anregungen entnehmen, die den Fachmann in Richtung auf die Lehre der Streitpatente hätten weisen können.

Eine Kombination dieser Entgegenhaltung mit jener aus der Offenlegungsschrift 40 26 561 (Anlage 5), wie sie das Patentgericht vorgenommen hat, liegt zunächst schon deshalb fern, weil die Vorrichtung nach der deutschen Offenlegungsschrift eine Identität zwischen der fahrzeugseitigen Schwenk- und der Drehachse des Wiegestabs vorsieht, weshalb - jenseits einer völligen Neukonstruktion - Überlegungen über die Ausrichtung einer gesonderten Drehachse des Wiegestabs leer laufen. Überdies bezieht sich das in Rede stehende Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 in der Entgegenhaltung nach der britischen Patentschrift 1 577 341 (Anlage 19) auf einen Verankerungshaken zum Anlegen eines Schiffs und betrifft damit nicht nur ein fremdes technisches Gebiet. Vielmehr stellt sich bei solchen Befestigungen, bei denen seitlich angreifende Seilzugkräfte gemessen werden, das Problem von Pendelbewegungen, wie sie bei schwenkbeweglich hängenden Lasten auftreten können, ersichtlich nicht. Dementsprechend enthält die britische Patentschrift keinen Hinweis darauf, ob die Wiegevorrichtung gemäß Figur 4 überhaupt für ein schwenkbeweglich hängend gelagertes Lade- oder Greifbauteil an einem Fahrzeug genutzt werden könnte. Eine schwenkbewegliche Fixierung des Sockels (36) der (Schiffs-)Befestigung an einem Fahrzeug liegt eher fern, wie die von der Beklagten mit Anlage L5 vorgelegte Abbildung aus dem Prospekt über die vom britischen Unternehmen S. UK Ltd. verwendete Lastmessvorrichtung illustriert.

Obgleich sich bei einer solchen Vorrichtung die Probleme, um deren Lösung es bei der Lehre der Streitpatente geht, nicht stellen, hat der Senat zugunsten des Klägers unterstellt, dass von dem Fachmann, der den Schutz des Wiegestabs gegen eine Übertragung von Schwenkbewegungen hängender Lasten zu verbessern sucht, erwartet werden konnte, diese Schrift für seine Entwicklungstätigkeit zu Rate zu ziehen. Jedoch haben die in Kenntnis der Streitpatente gegebenen Antworten des Sachverständigen auf die Befragung nach einem Anlass für den Fachmann, den Beschlag (36) mit einer zusätzlichen oberen Achse zu versehen, um zu einer Anordnung der Schwenkachsen in der von den Streitpatenten definierten Form zu gelangen, kein eindeutiges Bild ergeben. Ausgehend von den sonstigen Möglichkeiten, welche die Entgegenhaltung offenbart, bedarf es einer solchen Lösung nicht. Denn oberhalb des eine Drehachse bildenden Wiegestabs kann eine quer dazu verlaufende Drehachse ohne jede weitere Änderung der Vorrichtung geschaffen werden, indem von der als zweite Ausführungsalternative beschriebenen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, den Wiegestab an die Stelle des in Figur 4 gezeigten Bolzens 41 zu setzen. Nach den Erläuterungen, die der gerichtliche Sachverständige zu seiner auch im schriftlichen Gutachten vertretenen These gegeben hat, dass prinzipiell nur zwei quer zueinander verlaufende Drehachsen nötig seien, sind bereits durch eine solche Ausführung Störgrößen zu vermeiden, die aus Pendelbewegungen herrühren: In der einen Richtung ist nämlich eine Drehung um den Wiegestab möglich und auch ein Pendeln in der anderen Richtung belastet den Wiegestab nicht, weil oberhalb eine quergerichtete Drehachse vorhanden ist. Der Senat hat sich daher nicht davon überzeugen können, dass die britische Patentschrift zu einer streitpatentgemäßen Weiterentwicklung hat anregen können.

c)

Die Ausgestaltung der gattungsgemäßen Wiegevorrichtung des niederländischen Unternehmens W. B.V. gab dem Fachmann ebenfalls keine Anregung und ohne unzulässige rückschauende Betrachtung auch keinen Anlass zur Auffindung der im Patentanspruch 1 geschützten Lösung. Aufgrund der vorstehend - unter II 1 d - genannten technischen Unterschiede zur streitpatentgemäßen Vorrichtung wäre auch bei der behaupteten offenkundigen Vorbenutzung durch die W. -Wiegevorrichtung als Ausgangspunkt fachmännischer Überlegungen eine Neukonstruktion nötig, die eine über bloß handwerkliche Arbeit hinausgehende erfinderische Tätigkeit des Fachmanns erfordert hätte. Denn ohne eine umfängliche Umgestaltung des Schwenkbeschlags (10) und des Druckübertragungsbauteils (13) ließen sich auch hier die beiden (Scher-)Wiegestäbe nicht durch einen einzigen beidseitig gelagerten und als Drehachse ausgebildeten (Biege-)Wiegestab ersetzen, in dessen mittlerem Bereich punktuell die Druckübertragung angreift. Für die Beurteilung, ob der Fachmann zu einer solch komplexen Veränderung ohne Kenntnis der Lehre der Streitpatente veranlasst war, ist zu berücksichtigen, dass auch das Konstruktionsprinzip der W. -Vorrichtung bereits eine Lösung für das von den Streitpatenten aufgegriffene Problem geboten hat, den Wiegestab gegen Schwenk- und Pendelbewegungen der Mulde sowohl in fahrzeugseitiger Längsrichtung als auch in Querrichtung zu schützen: Der Schwenkbeschlag (10) ist über einen quer zur Fahrtrichtung verlaufenden Bolzen an der fahrzeugseitigen Schwenkachse (A) zu befestigen, wobei dort die von zwei Schrauben mit den Bezugszeichen 3 und 9 gebildete weitere Achse vorgesehen ist, die längs zur Fahrtrichtung liegt. Hierdurch sind zwei senkrecht zueinander stehende Bewegungsfreiheitsgrade geschaffen. Weiteren Schutz der beiden Wiegestäbe (12) bewirkt das zur fahrzeugseitigen Schwenkachse (A) parallel liegende Schwenklager (7) unterhalb der Wiegestäbe. Eine Vermeidung von Querkräften, die auf den Wiegestab einwirken, wie sie die streitpatentgemäße Lösung durch die Ausbildung des Wiegestabs als Drehachse bietet, wird durch die W. -Vorrichtung zwar nicht erreicht; nach dessen Konstruktionsprinzip stehen die Wiegestäbe bei einer Schrägstellung der Mulde vielmehr ebenfalls schräg, wie die Beklagte mit den von ihr vorgelegten CAD-Abbildungen gemäß Anlagen L13 und L14 veranschaulicht hat. Daraus hat sich für den Fachmann indes noch nicht die Anregung ergeben, den Wiegestab als quer zur fahrzeugseitigen Schwenkachse stehende Drehachse auszubilden.

d)

Schließlich hat der Senat vor dem Hintergrund des Standes der Technik, wie ihn u.a. die vorgenannten Entgegenhaltungen widerspiegeln, auch nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die von den Streitpatenten vorgeschlagene Lösung bereits auf Grund des allgemeinen Fachwissens und des stets vorhandenen Strebens nach Verbesserung vorhandener Lösungen nahegelegen hat. Wenngleich aus den vorgenannten Entgegenhaltungen alle Einzelmerkmale der beanspruchten Lösung bekannt gewesen sind und die Fachwelt um die Problemstellung, für die die Lehre der Streitpatente eine Lösung bietet, gewusst hat und sie auch einige der diesbezüglichen Grundaussagen etwa der Veröffentlichung von D. Green (Anlage 15) hat entnehmen können, stellt die streitpatentgemäße Konstruktion gegenüber den bekannten gattungsmäßigen Wiegevorrichtungen, bei denen der Schwenkbeschlag an der fahrzeugseitigen Schwenkachse zu befestigen ist, doch eine komplexe Veränderung dar, die Überlegungen in ganz unterschiedliche Richtungen voraussetzt. Mangels konkreter Vorbilder als Ausgangspunkt für die streitpatentgemäße Vorrichtung mag sich mit den Ausführungen des Sachverständigen zwar eine aus der Sachlogik des technischen Problems herzuleitende Möglichkeit begründen lassen, dass der Fachmann den Weg der Erfindung als den als sachgerecht erkennbaren hätte gehen können. Um das Begehen eines von den bisher beschrittenen Wegen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es allerdings - abgesehen von den Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist - in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen (BGH, Urt. v. 30.04.2009 - Xa ZR 92/05, GRUR 2009, 746 Tz. 20 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung).

3.

Mit Patentanspruch 1 haben auch die jeweils auf diesen rückbezogenen Unteransprüche Bestand.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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