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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.10.2001
Aktenzeichen: X ZR 153/99
Rechtsgebiete: AGBG, VOB/B, ZPO, BGB


Vorschriften:

AGBG § 9
VOB/B § 16
VOB/B § 2 Nr. 5
VOB/B § 12 Nr. 5
VOB/B § 16 Nr. 1
VOB/B § 16 Nr. 3
VOB/B § 16 Nr. 3 Abs. 2
VOB/B § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 286
ZPO § 286 Abs. 1
BGB § 814
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Variante
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 153/99

Verkündet am: 9. Oktober 2001

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Melullis, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der Anschlußrevision des Beklagten wird auf die Revision des Klägers das am 30. Juni 1999 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.

Die Anschlußberufung des Beklagten gegen das am 14. Januar 1999 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bayreuth wird insgesamt zurückgewiesen.

Im Umfang der Klage wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte beauftragte den Kläger im August 1990 mit der gärtnerischen Gestaltung der Außenflächen der Universität B.. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag sieht die Geltung der VOB/B und der Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen im Hochbau, Ausgabe 1976 (im folgenden: ZVH), vor. Zur Bewässerung der Anpflanzungen entnahm der Kläger Wasser aus Hydranten, die sich auf dem Universitätsgelände befanden. Nach Beendigung der Arbeiten erteilte der Kläger dem Beklagten unter dem 29. April 1993 Schlußrechnung mit einer Restsumme von 198.131,31 DM. Der von dem Beklagten mit der Rechnungsprüfung betraute Architekt kürzte die Rechnung um zahlreiche Positionen und versah sie mit dem Vermerk "in allen Teilen geprüft u. mit den aus der Rechnung ersichtlichen Änderungen für richtig befunden". Der Beklagte setzte daraufhin den restlichen Werklohn des Klägers auf 14.172,45 DM fest und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 5. Juli 1993 mit, daß dieser Betrag "als Schlußzahlung" überwiesen werde. Das Schreiben enthält weiter den Satz: "Wir weisen darauf hin, daß die vorbehaltlose Annahme der Schlußzahlung Nachforderungen ausschließt (§ 16 Nr. 3 VOB/B)." Mit Schreiben vom 14. Juli 1993 wandte sich der Kläger gegen die Schlußzahlungsfestsetzung und erklärte "ausdrücklich Vorbehalt zu sämtlichen fakturierten Restwerksvergütungsansprüchen gemäß Schlußrechnung vom 29.4.1993 in voller Höhe gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2". Mit Schreiben vom 9. August 1993 listete der Kläger die vom Architekten des Beklagten gekürzten Positionen auf und legte dem Schreiben verschiedene Aufstellungen und Aufmaße bei. Das für den Beklagten handelnde Landbauamt B. wies mit Schreiben vom 6. September 1993 den Kläger darauf hin, daß die Prüfung der im Schreiben vom 9. August 1993 aufgelisteten Forderungen nur nach Vorliegen weiterer Unterlagen möglich sei. Eine vom Kläger erbetene Schlußbesprechung lehnte das Landbauamt ab.

Mit seiner Klage hat der Kläger vom Beklagten Zahlung restlichen Werklohns in Höhe von 182.947,23 DM nebst Zinsen verlangt.

Der Beklagte hat sich unter anderem auf die Bestimmung des § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B berufen, die mangelnde Prüffähigkeit der Schlußrechnung eingewandt und im übrigen die sachliche Berechtigung der Klageforderung bestritten. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage vom Kläger die Zahlung von 12.726,46 DM nebst Zinsen verlangt. Er meint, daß der Kläger das zur Bewässerung der Anpflanzungen von ihm aus den auf dem Universitätsgelände befindlichen Hydranten entnommene Wasser zu bezahlen habe.

Das Landgericht hat sowohl die Klage als auch die Widerklage abgewiesen. Die gegen die Abweisung der Klage gerichtete Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Auf die Anschlußberufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an den Beklagten 10.323,06 DM nebst Zinsen zu zahlen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch weiter und begehrt die vollständige Abweisung der Widerklage. Der Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision und erstrebt mit der von ihm eingelegten Anschlußrevision die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Anschlußberufung in Höhe von 2.403,40 DM nebst Zinsen erfolglos geblieben ist. Der Kläger tritt der Anschlußrevision entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Klägers entschieden hat, und zur Zurückverweisung der Sache im Umfang der Klage. Die Anschlußrevision des Beklagten bleibt ohne Erfolg, da die Widerklage insgesamt abzuweisen ist.

A. Zur Klage:

I. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Kläger mit seiner Nachforderung gemäß § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B ausgeschlossen sei, weil er seinen zur Annahme der Schlußzahlung erklärten Vorbehalt nicht ausreichend begründet habe. Es meint, daß § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B anzuwenden sei. Bei Vereinbarung von der VOB/B vorgehenden anderen Bestimmungen, hier der ZVH, sei zu prüfen, ob die neben der ZVH noch anwendbaren Bestimmungen der VOB noch einen Ausgleich der beiderseitigen Interessen enthielten, der Kläger also nicht durch diese entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde (§ 9 Abs. 1 AGBG). Die ZVH veränderten das Gesamtgefüge der VOB/B jedoch nicht in einem solchen Ausmaß. Nr. 2.2 ZVH greife zwar insoweit nicht unerheblich in die Regelung des § 2 Nr. 5 VOB/B ein, als nach letzterer ein Anspruch auf eine Vergütung von planänderungsbedingten oder aufgrund anderer Anordnungen des Auftraggebers erbrachten Mehrleistungen auch ohne vorherige Ankündigung entstünde. Der Unternehmer werde jedoch durch Nr. 2.2 ZVH lediglich angehalten, seinen insoweit erhöhten Vergütungsanspruch vorher schriftlich anzukündigen. Darin liege keine sachlich ungerechtfertigte, den Unternehmer nur formalistisch benachteiligende isolierte Erschwernis. Die in Nr. 2.2 ZVH enthaltende Änderung der VOB/B greife weder in deren Kernbereich zu Lasten des Unternehmers ein, noch benachteilige sie ihn unangemessen, schon gar nicht entgegen Treu und Glauben (§ 9 Abs. 1 AGBG). Nr. 12.1 Satz 3 der ZVH hebe zwar die in § 12 Nr. 5 VOB/B enthaltenen Regelungen auf. Letztere beträfen jedoch nur Spezialfälle der Fiktion einer Abnahme, deren Eintritt der Auftragnehmer schon dadurch vermeiden könne, daß er die Abnahme seiner Leistung verlange. Nr. 16.3 der ZVH betreffe nur den in § 16 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/B angeführten Spezialfall und nicht § 16 Nr. 1 VOB/B insgesamt. Auch alle diese Abänderungen zusammen griffen nicht derart stark in das Interessenausgleichsgefüge der VOB/B ein, daß ihre übrigen durch die ZVH nicht geänderten Regelungen - und diese seien deren weitaus größter Teil - so sehr zu Lasten des Klägers als Unternehmer gingen, daß sie insgesamt ihn entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würden (§ 9 Abs. 1 AGBG). Die neben den ZVH anwendbaren Bestimmungen der VOB/B seien deshalb wirksam, auch § 16 Nr. 3 VOB/B.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Einwand der vorbehaltlosen Annahme der Schlußzahlung greift nicht durch.

a) § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B (1990), auf den sich der Beklagte stützt, bestimmt, daß die vorbehaltlose Annahme der Schlußzahlung Nachforderungen ausschließt, wenn der Auftragnehmer über die Schlußzahlung schriftlich unterrichtet und auf die Ausschlußwirkung hingewiesen wurde.

Bei "isolierter" Würdigung verstößt diese Klausel gegen die Regelung des § 9 AGBG und ist insoweit unwirksam. Sie bewirkt, daß eine Werklohnforderung innerhalb kurzer Frist aus formalen Gründen undurchsetzbar werden kann, und weicht damit erheblich von dem Grundgedanken des dispositiven Rechts ab, daß eine solche Forderung durch Leistung zu tilgen ist (§ 362 Abs. 1 BGB) und daß sie der Auftragnehmer nur dann nicht mehr realisieren kann, wenn sie verjährt oder verwirkt ist (BGHZ 138, 176, 178). Jedoch läßt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verwendung dieser Regelung weiterhin dann zu, wenn die Vertragsparteien die Anwendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B insgesamt vereinbaren, weil deren Bestimmungen insgesamt einen auf die Besonderheiten des Bauvertragsrechts abgestimmten, im ganzen einigermaßen ausgewogenen Ausgleich der beteiligten Interessen darstellen (BGHZ 101, 357, 359 f.).

b) Anders verhält es sich, wenn im Einzelfall Vereinbarungen getroffen werden, die in den Kernbereich der Regelungen der VOB/B eingreifen und deren Ausgewogenheit empfindlich stören (st. Rspr., u.a. BGHZ 113, 315, 322 f.). Dies ist hier entgegen der Annahme des Berufungsgerichts dadurch der Fall, daß die Parteien zusätzlich und vorrangig die vom Beklagten gestellten ZVH in das Vertragsverhältnis einbezogen haben. Einzelne in diesem Regelungswerk enthaltene Klauseln beeinträchtigen in diesem Sinn die Ausgewogenheit der Regeln der VOB/B zum Nachteil des Auftragnehmers.

aa) Dies gilt zunächst für die Regelung in Nr. 16.3 ZVH, nach der Abschlagszahlungen in Höhe von 90 v.H. des Wertes der Stoffe und Bauteile gewährt werden. Nach § 16 Nr. 1 VOB/B hat der Auftragnehmer unter bestimmten Voraussetzungen demgegenüber einen Anspruch auf Abschlagszahlungen in Höhe des (vollen) Werts der jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen einschließlich der auf der Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile. Dieser Anspruch wird durch die Regelung der ZVH verkürzt. Wie der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden hat, liegt in einem Einbehalt von 10% der eigentlich geschuldeten Abschlagszahlungen eine schwerwiegende Abweichung von der Regelung in § 16 VOB/B zu Lasten des Auftragnehmers (u.a. BGHZ 101, 357, 361; BGHZ 111, 394, 396). Das gilt auch im vorliegenden Fall; dabei spielt es keine Rolle, daß die Kürzung nicht über die gesamte Breite des Anspruchs wirken und möglicherweise sogar mit gewissen Erleichterungen für den Auftragnehmer verbunden sein mag.

bb) Nach Nr. 2.2 ZVH muß der Auftragnehmer, der wegen Änderung des Bauentwurfs oder anderer Anordnungen des Auftraggebers eine erhöhte Vergütung beansprucht, dies dem Auftraggeber vor der Ausführung schriftlich ankündigen. Demgegenüber sieht § 2 Nr. 5 VOB/B nur vor, daß eine Preisvereinbarung vor der Ausführung getroffen werden soll. Sofern dies nicht geschieht, ist der Auftragnehmer aber nicht gehindert, die angemessene ("neue") Vergütung zu verlangen (vgl. BGHZ 50, 25, 30; BGH, Urt. v. 20.12.1990 - VII ZR 248/89, BauR 1991, 210, 212). Nr. 2.2 ZVH schafft demgegenüber mit dem Erfordernis der schriftlichen Ankündigung eine weitere Anspruchsvoraussetzung, die das Entstehen des Vergütungsanspruchs hindern kann.

cc) Nach Nr. 12.1 Satz 3 ZVH ist abweichend von § 12 Nr. 5 VOB/B die Fiktion der Abnahme ausgeschlossen. Auch das kann sich zu Lasten des Auftragnehmers auswirken (BGHZ 111, 394, 397; BGHZ 131, 392, 397).

c) Durch die genannten Regelungen wird die Ausgewogenheit des Interessenausgleichs jedenfalls insgesamt so nachhaltig gestört, daß die Bestimmung der VOB/B nicht mehr "als Ganzes" vereinbart sind (BGHZ 111, 394, 397 m.w.N.).

d) Da nach alledem die Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B nicht angewandt werden kann, steht der Klageforderung eine Ausschlußwirkung der Schlußzahlung nicht entgegen.

3. Der Klageforderung stehen nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auch nicht andere Gründe entgegen. Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht fehlerfrei festgestellt, daß die Klageforderung wegen Fehlens der Prüffähigkeit der Abrechnung des Klägers nicht fällig sei (§ 14 VOB/B). Aus den Regelungen in Nr. 4.1 und Nr. 14.1 ZVH, auf die sich das Berufungsgericht insoweit stützt, die in mehr als einem Oberlandesgerichtsbezirk gelten und die der Senat deshalb selbst auslegen kann (vgl. u.a. BGHZ 141, 391, 394), kann nämlich zum einen nicht abgeleitet werden, daß durch sie auch die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs geregelt werden soll (BGH, Urt. v. 29.04.1999 - VII ZR 127/98, BauR 1999, 1185). Zum anderen vermag die hinsichtlich eines Großteils der Rechnungspositionen gegebene pauschale Begründung, es fehle an der Prüffähigkeit, weil die Aufstellungen nicht entsprechend Nr. 4.1 oder 14.1 ZVH erfolgt seien, nicht zu tragen. Es ist nicht ersichtlich, daß sich ein Verstoß gegen diese Regelungen notwendigerweise auf die Prüffähigkeit auswirken müßte. Die weitere, an sich tragfähige Begründung des Berufungsgerichts, ein Teil der Aufstellungen sei keiner Rechnungsposition zuzuordnen, steht der Prüffähigkeit der anderen Teile nicht entgegen. Darüber hinaus kann nicht außer Betracht bleiben, daß - worauf die Revision hinweist - eine Rechnungsprüfung tatsächlich stattgefunden hat.

II. 1. Das Berufungsgericht meint, daß die Klage überdies auch abzuweisen wäre, wenn § 16 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht anwendbar wäre. Für den Umfang der von ihm erbrachten Leistungen sei der Kläger beweispflichtig, er habe jedoch keine zulässigen Beweismittel angeboten. Aus den vertraglichen Regelungen der Ziffern 4.1 und 14.1 ZVH sei zu entnehmen, daß der Kläger zum Umfang seiner nicht mehr objektiv feststellbaren Leistungen nicht Beweismittel anbieten könne, die entgegen dem Sinn dieser Regelung dem Beklagten keinerlei Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit böten und ihm jede Möglichkeit zu einem Gegenbeweis nähmen. Der Kläger habe zum Beweis der streitgegenständlichen Leistungen lediglich seine Angestellten und seine Ehefrau als Zeugen sowie die von ihm selbst angefertigten "handschriftlichen Zusammenstellungen" angeboten. Nach dem Sinn und Zweck dieser vertraglichen Bestimmungen müsse der Beklagte jedoch solche Beweismittel nicht gegen sich gelten lassen, zumal das Architekturbüro ihn mit Schreiben mehrfach zu entsprechenden Anmeldungen aufgefordert habe.

2. Dies greift die Revision mit Erfolg an.

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts führt die Nichtvorlage von Bautageberichten nach Nr. 4.1 ZVH und die unterlassene Durchführung der gemeinsamen Feststellung der für die Abrechnung wesentlichen Daten gemäß Nr. 14.1 ZVH nicht dazu, daß der vom Kläger angebotene Beweis zu den angeblich von ihm erbrachten Leistungen nicht zu erheben wäre.

Nimmt der Auftragnehmer kein gemeinsames Aufmaß, begibt er sich der Vorteile, die ein vom beiderseitigen Einverständnis getragenes Aufmaß hat. Er hat dann vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, daß die in der Rechnung geltend gemachten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind; die Nichterweislichkeit geht zu seinen Lasten (BGH, Urt. v. 29.04.1999, aaO, 1186). Mit Recht beanstandet die Revision unter Hinweis auf § 286 ZPO die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Kläger insoweit keine zulässigen Beweismittel angeboten habe. Der Tatrichter darf von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen, wenn die Beweismittel völlig ungeeignet sind oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsachen bereits erwiesen oder zugunsten des Beweisführers zu unterstellen ist (BGH, Urt. v. 19.06.2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3720). Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß Zeugen, die einer Prozeßpartei nahestehen, von vornherein als parteiisch und unzuverlässig zu gelten haben und ihre Aussagen grundsätzlich unbrauchbar sind (BGH, Urt. v. 18.01.1995 - VIII ZR 23/94, NJW 1995, 955, 956, insoweit in BGHZ 128, 307 ff. nicht abgedruckt). Zwar sind bei der Würdigung von Zeugenaussagen Umstände wie die verwandtschaftliche oder auf einem Beschäftigungsverhältnis beruhende Verbundenheit mit einem Beteiligten jeweils gebührend zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 03.11.1987 - VI ZR 95/87, NJW 1988, 566, 567). Über die Glaubwürdigkeit eines Zeugen kann jedoch grundsätzlich erst befunden werden, wenn der Beweis erhoben ist (Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 284 Rdn. 70). Die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Kläger insoweit keine zulässigen Beweismittel angeboten habe, stellt letztlich eine unzulässige, mit § 286 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbarende vorweggenommene Beweiswürdigung dar (dazu BGH, Urt. v. 12.10.1998 - II ZR 164/97, NJW 1999, 143).

Den Regelungen in Nr. 4.1 und 14.1 ZVH hat das Berufungsgericht weiter entnommen, der Kläger könne sich nicht auf Beweismittel stützen, die ihm keinerlei Gewähr für ihre Zuverlässigkeit böten. Der Beklagte hat aus diesen Regelungen darüber hinaus abgeleitet, die Parteien hätten einen Beweismittelvertrag abgeschlossen, der dem Kläger die Möglichkeit nehme, sich auf andere Beweismittel als Bautageberichte und gemeinsam getroffene Feststellungen zu stützen. Dem kann nicht beigetreten werden. Die genannten Bestimmungen der ZVH tragen die Annahme einer derart weitgehenden Vereinbarung nicht. Aus einer Vereinbarung, Bautageberichte zu erstellen und gemeinsame Feststellungen zu treffen, ergibt sich schon objektiv kein Regelungsgehalt dahin, daß ein Beteiligter mit anderen Beweismitteln ausgeschlossen sein solle.

B. Zur Widerklage:

I. Das Berufungsgericht hat den von dem Beklagten im Wege der Widerklage geltend gemachten Anspruch auf Bezahlung des vom Kläger entnommenen Wassers überwiegend für begründet erachtet. Es hat hierzu im wesentlichen ausgeführt, daß der Kläger gemäß der zum Inhalt des Vertrages gehörenden Leistungsbeschreibung das zum Bewässern der Pflanzungen benötigte Wasser auf seine Kosten habe beschaffen müssen. Der Kläger habe jedoch das Wasser unstreitig den Hydranten der Universität entnommen und dafür nichts bezahlt. Der Beklagte habe deshalb gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB Anspruch auf Bezahlung dieses Wassers, selbst wenn die Verwaltung der Universität dem Kläger eine unentgeltliche Entnahme dieses Wassers gestattet haben sollte, denn diese sei - auch für den Kläger erkennbar - nicht bevollmächtigt gewesen, den Vertrag insoweit zu ändern. § 814 BGB sei nicht anzuwenden.

II. Auch diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag dahingehend ausgelegt, daß der Kläger das zur Bewässerung der Pflanzen benötigte Wasser auf eigene Kosten zu beschaffen hatte. Dies wird von der Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.

2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß der Bereicherungsanspruch, den der Beklagte geltend macht, seine rechtliche Grundlage in § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB findet. Nachdem der Kläger das Wasser aus den auf dem Universitätsgelände befindlichen Hydranten entnommen hat, kann er Bereicherungsschuldner sein, wenn er "in sonstiger Weise" (sogenannte Nichtleistungs- oder Eingriffskondiktion) etwas auf Kosten des Beklagten erlangt hat. Etwas erlangt hat derjenige, der einen Vermögensvorteil erworben hat. Ein solcher Vorteil kann in dem Verbrauch einer fremden Sache - wie hier dem Wasser - liegen, wenn der Verbraucher dadurch eigene Aufwendungen erspart (BGHZ 14, 7, 9).

3. Die Revision beanstandet aber mit Recht, daß ein Bereicherungsausgleich nur im Verhältnis zu dem, von dem das Wasser entnommen worden ist, nicht aber im Verhältnis zum Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits möglich sei.

Der Kläger hat den in dem Wasserverbrauch liegenden Vermögensvorteil nicht "auf Kosten" (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) des Beklagten erlangt. Für einen Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Variante BGB fehlt es vorliegend an der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung zwischen dem Beklagten und dem Kläger. Bei der Nichtleistungskondiktion darf der Kondiktionsgegenstand dem Bereicherungsschuldner nicht auf dem Umweg über das Vermögen eines Dritten zugeflossen sein, sondern muß sich bis zum kondiktionsauslösenden Vorgang im Vermögen des Bereicherungsgläubigers befunden haben (Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II/2, 13. Aufl., § 67 II 2 b, S. 135). Insoweit dient nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 94, 160, 165; vgl. auch BGHZ 68, 276, 277; BGHZ 99, 385, 390) das Kriterium der Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung unter anderem dazu, die Parteien der Nichtleistungskondiktion festzulegen (vgl. auch MünchKomm. z. BGB/Lieb, 3. Aufl., § 812 Rdn. 18 a). Daran ist festzuhalten.

Das vom Kläger entnommene Wasser befand sich vorliegend vor der Entnahme jedenfalls nicht im Vermögen des Beklagten. Daraus folgt, daß der dem Kläger durch den Wasserbezug zugeflossene Vermögensvorteil jedenfalls nicht aus dem Vermögen des Beklagten stammte. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, daß nach der von dem Beklagten vorgelegten Erklärung vom 7. Juni 1999 die Wasser- und Abwassergebühren der Universität B. aus den Haushaltsmitteln des Beklagten bestritten werden. Die Erstattung der Aufwendungen für den Bezug des Wassers ändert nichts an der für den Bereicherungsausgleich maßgeblichen Vermögenszuordnung.

C. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit zum Nachteil des Klägers entschieden wurde. Im Umfang der Klage ist die Sache an das Berufungsgericht, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Da die Sache hinsichtlich der Widerklage aufgrund des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts entscheidungsreif ist, kommt insoweit eine Zurückverweisung nicht in Betracht (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Es bleibt bei der vom Landgericht ausgesprochenen Abweisung der Widerklage. Demgemäß sind die Anschlußberufung des Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil und seine Anschlußrevision zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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