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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: X ZR 16/03
Rechtsgebiete: IntPatÜG, EPÜ


Vorschriften:

IntPatÜG § 6 Abs.1 Nr.1
EPÜ Art. 54
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 16/03

Verkündet am: 25. April 2006

in der Patentnichtigkeitssache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 12. November 2002 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts teilweise, nämlich dahin abgeändert, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält und sich die Patentansprüche 2 bis 7 hierauf beziehen:

1. Schraubimplantat zur Befestigung von Zahnersatz am Kiefer, mit einem zumindest teilweise in den Kiefer eindrehbaren Implantatkörper, in dem ein Werkzeugaufnahmemittel (86) zum Einschrauben des Implantats angeordnet ist und der eine Außenfläche aufweist, die an ihrem unteren Teil mindestens teilweise mit einem Außengewinde zur Bildung eines Gewindeabschnitts (82) versehen ist und an einem oberen Teil einen gewindefreien Kopfabschnitt (84) aufweist, wobei zwischen dem Kopfabschnitt (84) und dem Gewindeabschnitt (82) ein Mittelabschnitt (83) mit einem Gewinde geringerer Tiefe und zylindrischem Kern angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass sich das Werkzeugaufnahmemittel (86) zum Einschrauben des Implantats durch den Kopfabschnitt (84) und mindestens über den größten Teil des Mittelabschnitts (83) mit dem Gewinde geringerer Tiefe erstreckt.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 646 362 (Streitpatents), das unter Inanspruchnahme der Priorität einer deutschen Patentanmeldung vom 21. September 1993 am 20. September 1994 angemeldet und unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt worden ist.

Das Streitpatent betrifft ein Schraubimplantat zur Befestigung von Zahnersatz am Kiefer und umfasst sieben Patentansprüche.

Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:

"Schraubimplantat zur Befestigung von Zahnersatz am Kiefer, mit einem zumindest teilweise in den Kiefer eindrehbaren Implantatkörper, in dem ein Werkzeugaufnahmemittel (86) zum Einschrauben des Implantats angeordnet ist und der eine Außenfläche aufweist, die an ihrem unteren Teil mindestens teilweise mit einem Außengewinde zur Bildung eines Gewindeabschnitts (82) versehen ist und an einem oberen Teil einen gewindefreien Kopfabschnitt (84) aufweist, wobei zwischen dem Kopfabschnitt (84) und dem Gewindeabschnitt (82) ein Mittelabschnitt (83) mit einem Gewinde geringerer Tiefe angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass sich das Werkzeugaufnahmemittel (86) zum Einschrauben des Implantats durch den Kopfabschnitt (84) und mindestens über den größten Teil des Mittelabschnitts (83) mit dem Gewinde geringerer Tiefe erstreckt."

Wegen der übrigen Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin macht geltend, die Lehre des Streitpatents sei nicht ausführbar, weil sie nicht deutlich und vollständig offenbart sei, sie sei zudem nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese die Klageabweisung anstrebt. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt, das Streitpatent nur insoweit für nichtig zu erklären, als Patentanspruch 1 über folgende Fassung hinausgeht:

Schraubimplantat zur Befestigung von Zahnersatz am Kiefer, mit einem zumindest teilweise in den Kiefer eindrehbaren Implantatkörper, in dem ein Werkzeugaufnahmemittel (86) zum Einschrauben des Implantats angeordnet ist und der eine Außenfläche aufweist, die an ihrem unteren Teil mindestens teilweise mit einem Außengewinde zur Bildung eines Gewindeabschnitts (82) versehen ist und an einem oberen Teil einen gewindefreien Kopfabschnitt (84) aufweist, wobei zwischen dem Kopfabschnitt (84) und dem Gewindeabschnitt (82) ein Mittelabschnitt (83) mit einem Gewinde geringerer Tiefe und zylindrischem Kern angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, dass sich das Werkzeugaufnahmemittel (86) zum Einschrauben des Implantats durch den Kopfabschnitt (84) und mindestens über den größten Teil des Mittelabschnitts (83) mit dem Gewinde geringerer Tiefe erstreckt.

Sie verteidigt das Streitpatent darüber hinaus mit zwei weiteren Hilfsanträgen.

Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Prof. Dr. J. K. ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung ergänzt und erläutert hat.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs.1 Nr.1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a, Art. 54 EPÜ liegt vor, soweit die Beklagte das Streitpatent in der erteilten Fassung verteidigt. In diesem Umfang hat das Bundespatentgericht das Streitpatent daher zu Recht mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. In der Fassung des Hilfsantrags 1 hat es dagegen Bestand.

1. Das Streitpatent betrifft ein Schraubimplantat zur Befestigung von Zahnersatz, insbesondere von Zahnprothesen und Einzelzähnen am Kiefer. Derartige Schraubimplantate werden in eine vorgefertigte Aufnahmebohrung im Kiefer eingeschraubt. Nach der Streitpatentschrift waren solche Schraubimplantate aus der US-Patentschrift 5 000 686 (K 3) bekannt. Sie seien im Kopfbereich jedoch so gestaltet, dass beim Einsetzen in die Aufnahmebohrung Verquetschungen aufträten. Dies könne ein Trauma hervorrufen, das das Einheilen des Schraubimplantats im Kiefer verzögere. Auch böten die bekannten Schraubimplantate vielfach nur einen unzureichenden Halt. Die Streitpatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, ein Schraubimplantat zur Verfügung zu stellen, das sich leicht in den Kiefer einsetzen lässt und im Kiefer sowohl rasch als auch fest einheilt.

Das dazu vorgeschlagene Schraubimplantat zur Befestigung von Zahnersatz am Kiefer weist folgende Merkmale auf:

1. Schraubimplantat mit einem zumindest teilweise in den Kiefer eindrehbaren Implantatkörper.

2. Die Außenfläche des Implantatkörpers weist drei Abschnitte auf und zwar

a) einen oberen Teil, der durch einen gewindefreien Kopfabschnitt gebildet wird,

b) einen unteren Teil, der mindestens teilweise mit einem Außengewinde zur Bildung eines Gewindeabschnitts (82) versehen ist, und

c) einen Mittelabschnitt mit einem Gewinde geringerer (Gang-)Tiefe zwischen dem (unteren) Gewindeabschnitt und dem Kopfabschnitt.

3. Im Inneren des Implantatkörpers befindet sich ein Werkzeugaufnahmemittel zum Einschrauben des Implantats, das sich

a) durch den Kopfabschnitt

b) mindestens über den größten Teil des Mittelabschnitts erstreckt.

Das (untere) Außengewinde (Merkmal 2 b) beschreibt die Streitpatentschrift als von der kieferseitigen Stirnseite ausgehendes selbstschneidendes Gewinde, das sich etwa über die halbe Länge des Schraubimplantats erstreckt. In Richtung zur oberen Stirnseite schließt sich daran ein reines Schraubengewinde an. Der Mittelabschnitt soll ein Gewinde geringerer Tiefe als der untere Gewindeabschnitt aufweisen (Merkmal 2 c). Mit der Gestaltung des Mittelabschnitts wird nach den Angaben der Streitpatentschrift zweierlei erreicht: Zum einen wird am Übergang zum gewindelosen Kopfteil das Zahnfleisch infolge der geringeren Gewindetiefe aufgeweitet bzw. vorgespannt, wodurch es am Mittelabschnitt des Schraubimplantats dichtend anliegt; dadurch soll verhindert werden, dass während des Einheilprozesses Bakterien oder sonstige Verunreinigungen in einen Spalt zwischen dem Schraubimplantat und dem Kiefer bzw. dem Zahnfleisch eindrängen. Zum anderen wird durch die verringerte Gewindetiefe der Kerndurchmesser am Mittelabschnitt vergrößert, wodurch die hier zur Verfügung stehende Wandstärke größer wird. Dies ermöglicht eine leichtere Unterbringung eines Werkzeugaufnahmemittels - insbesondere eines Innensechskants - im Inneren des Schraubimplantats. Der Innensechskant kann dann nämlich sowohl über den Kopfabschnitt als auch über den Mittelabschnitt erstreckt werden (Sp. 1 Z. 25-45). Zum Werkzeugaufnahmemittel führt die Streitpatentschrift aus, dass dieses als ein Innensechskant ausgebildet ist und von der oberen Stirnseite des Schraubimplantats ausgehend sich über den gesamten Kopfabschnitt und über den größten Teil des Mittelabschnitts erstreckt. Wegen der Verringerung der Tiefe des Außengewindes am Mittelabschnitt werde für den Innensechskant Platz geschaffen, weil das den Innensechskant umgebende Material des Schraubimplantats sowohl am Kopfabschnitt als auch am Mittelabschnitt etwa gleich sei (Sp. 4 Z. 12-24).

Daraus folgt, dass die Merkmale 2 c und 3 d der obigen Merkmalsgliederung in einem funktionalen Zusammenhang stehen. Das Innere des Implantatkörpers ist teilweise als Aufnahme für ein Werkzeug zum Einschrauben des Implantats gestaltet. Dieser Bereich erstreckt sich mindestens über den größten Teil des Mittelabschnitts. Dies ist deshalb möglich, weil die Außenfläche des Mittelabschnitts mit einem Gewinde geringerer Tiefe versehen ist und so mit der Verlagerung der Außenwand des Implantats in diesem Bereich nach außen Raum für die Aufnahme des Werkzeugs geschaffen wird.

2. Der von der Nichtigkeitsklägerin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzureichenden Offenbarung liegt nicht vor. Der gerichtliche Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass bei Berücksichtigung des Gesamtinhalts der Patentschrift der Fachmann die technische Lehre nach dem Patentanspruch 1 des Streitpatents ausführen kann. Zwar lasse die Beschreibung offen, ob der Übergang zwischen dem Kerndurchmesser und dem vergrößerten Kerndurchmesser von einer Schräge gebildet sei oder der Übergang scharfkantig ausgebildet werde. Die Gestaltung des Übergangs könne der Fachmann aber aufgrund seiner Fachkenntnisse in Form eines kontinuierlichen oder eines gestuften Übergangs vornehmen.

3. Der Gegenstand des Streitpatents in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung ist jedoch durch die europäische Patentanmeldung 0 668 751 (Astra-Implantatsystem) vorweggenommen, die sämtliche Merkmale des Streitpatents bei einer nicht zylindrischen Ausgestaltung des Kerns bereits enthält. Das europäische Patent ist zwar erst nach dem Prioritätstag des Streitpatents, nämlich am 25. Oktober 1993 angemeldet worden. Die Patentanmeldung, für die die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat benannt worden ist, nimmt jedoch die Priorität einer schwedischen Patentanmeldung vom 28. Oktober 1992 in Anspruch und ist deshalb bei der Neuheitsprüfung gemäß Art. 54 Abs. 3 EPÜ zu berücksichtigen (Art. 89 EPÜ).

Die Befestigungsvorrichtung für Dentalimplantate nach dieser Schrift umfasst ein Fixierteil mit einem zylindrischen Körper, wobei ein äußeres Ende mit einem sich konisch aufweitenden Teil versehen ist, der zumindest teilweise an das Knochengewebe anstoßen soll, wenn das Fixierteil implantiert ist. Das konisch aufgeweitete Kopfteil ist mit einer Mikrorauigkeit versehen, welche gemäß Anspruch 6 als Mikrogewinde ausgebildet ist. Damit weist das Implantat eine Außenseite mit einem Gewinde auf, das am oberen (gingivalen) Ende eine geringere Tiefe besitzt. Die sechseckige Buchse (8) ist als Aufnahme für ein Werkzeug zum Einschrauben des Implantats geeignet. Es erstreckt sich in den Abschnitt, der an der Außenseite ein Gewinde mit geringerer Tiefe als der untere Gewindeabschnitt aufweist. Auch ein gewindefreier Kopfabschnitt ist vorhanden. Er erstreckt sich am oberen Ende des sich konisch aufweitenden Teils. Über die Höhe dieses Kopfteils macht Patentanspruch 1 des Streitpatents keine Angaben. Seiner Funktion nach dient das Kopfteil, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargestellt hat, dazu, ein reizloses Anliegen an der Schleimhaut zu gewährleisten und das Eindringen von Verunreinigungen zu vermeiden. Der gerichtliche Sachverständige hat dazu weiter überzeugend ausgeführt, zur Gewährleistung dieser Funktion sei es vorzuziehen, dass das Kopfteil eine Höhe von 3 bis 5 mm aufweise, er hat jedoch auch bestätigt, dass dies bei einer geringeren Höhe in dem erforderlichen Umfang erreicht werden kann. Damit sind alle Merkmale der obigen Merkmalsgliederung durch die europäische Patentanmeldung 0 668 751 verwirklicht.

4. In der Fassung des Hilfsantrags 1 ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 neu. In keiner der entgegengehaltenen Schriften sind alle Merkmale dieses Patentanspruchs verwirklicht.

a) In der Fassung dieses Hilfsantrags wird in Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung eingefügt, dass der Mittelabschnitt mit einem Gewinde geringerer Tiefe einen zylindrischen Kern aufweist. Dies ist bei der Befestigungsvorrichtung nach der vorstehend erörterten europäischen Patentanmeldung nicht der Fall.

b) Die US-Patentschrift 5 000 686 (K 3) beschreibt eine Zahnimplantatvorrichtung, insbesondere zur Verwendung bei schmalen Kieferknochenkämmen. Der Implantatkörper weist dabei die Form eines konischen (sich verjüngenden) Schafts auf, der auf seiner Außenseite ein Schraubgewinde besitzt (Sp. 1 Z. 63-65). Im axialen Verlauf des Gewindes weg vom apikalen Ende verringert sich die Gewindetiefe, und der Schaft wird breiter. Zwischen dem Gewinde der Innenbohrung und dem Gewindekern des Außengewindes soll vorzugsweise eine Wand mit gleichmäßiger Materialstärke vorhanden sein, die sich in den mechanisch am stärksten beanspruchten Bereichen der Implantatvorrichtung befindet und die Herstellung einer zylindrischen Implantatvorrichtung mit einem Durchmesser von 2,8 bis 2,9 mm ermöglicht (Sp.2 Z. 14-19). Über das Gewinde sagt die Beschreibung weiter aus, dass es am apikalen Ende tiefer als am gingivalen Ende des Schaftes ist (Sp. 2 Z. 8-12). Es ist weiter ein Schraubenkopf am gingivalen Ende des Schaftes vorhanden, dessen Seiten glatt sind (Sp. 3 Z. 11-12). Eine Bohrung, die von der gingivalen Oberfläche aus axial in die Vorrichtung verläuft, dient zur Aufnahme eines Aufbauteils. Eine sechseckige Vertiefung in der gingivalen Oberfläche umgibt die Öffnung der aufnehmenden Bohrung und dient als Verdrehschutz für ein solches Aufbauteil (Sp. 3 Z. 19-25).

Damit weist das Schraubimplantat nach dieser Schrift an seiner Außenfläche ein Gewinde auf, das in einem Mittelteil eine geringere Tiefe hat als in einem unteren Anteil. Es sind mithin drei Abschnitte vorhanden: ein gewindefreier Kopfabschnitt (smooth-sided cap) am gingivalen Ende, ein Mittelabschnitt mit einer geringeren Gewindetiefe als der sich anschließende untere Gewindeabschnitt. Über den Kopfabschnitt sagt die Beschreibung (Sp. 4 Z. 29-34, Z. 52-58) weiter aus, dass dieser in die vorbereitete Bohrung hineingezogen werden kann, was verbesserte Voraussetzungen für eine erfolgreiche Osseointegration schaffen soll.

Diese Schrift zeigt damit ein Schraubimplantat mit den Merkmalen 1 und 2 a-c der obigen Merkmalsgliederung. Die Tiefe der Eingriffsmöglichkeit für ein Werkzeug ist jedoch hier gering. Sie erstreckt sich nur über einen Teil des Kopfes, der, wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat, insgesamt eine Höhe von ca. 2 mm aufweist.

c) Die europäische Patentschrift 0 282 789 (K 4) beschreibt ein Implantat, das an seiner Außenfläche ebenfalls ein Gewinde unterschiedlicher Schnitttiefe aufweist, die jedoch kontinuierlich von seinem apikalen Ende her zunimmt, so dass der Außendurchmesser des Implantats über seine Länge konstant bleibt (Sp. 2 Z. 57-62). Die Werkzeugaufnahme erfolgt über eine sechseckige Ausnehmung zum Einsatz eines Schraubschlüssels beim Eindrehen des Implantats in die Knochenbohrung. Im Boden dieser Ausnehmung befindet sich eine Sackbohrung mit Innengewinde (Sp. 2 Z. 6-14, Sp. 3 Z. 10-15). Ein Mittelabschnitt mit geringerer Gewindetiefe an der Außenfläche ist dort nicht vorhanden. Es ist zwar die Ausnehmung zum Eindrehen des Implantats bis in den Bereich geführt, der das Außengewinde trägt. Es wird dabei jedoch die Ausgangsform ausgenutzt und kein Mittelabschnitt im Sinne des Streitpatents geschaffen.

d) Die europäische Patentanmeldung 0 438 048 (Anl. K 7) betrifft ein Dentalimplantat, das ein im Kiefer verankerbares Pfostenteil enthält, welches am koronalen Ende eine Ausnehmung zur Befestigung eines Zahnersatzes aufweist. Die Außenfläche des Pfostenteils ist zum apikalen Ende mit wenigstens zwei Stufenteilen gestuft ausgebildet. In dem Stufenteil am apikalen Ende soll der Gewindeaußendurchmesser im Wesentlichen gleich oder kleiner als der Kerndurchmesser des dem Kopfteil näher liegenden Stufenteils sein. Nach der Beschreibung ist eine hexagonale Werkzeugaufnahme vorgesehen (Sp. 7 Z. 54 - Sp. 8 Z. 2). Das Dentalimplantat nach dieser Schrift unterscheidet sich damit vom Gegenstand des Streitpatents jedenfalls insofern, als kein Mittelteil vorhanden und somit Merkmal 2c nicht verwirklicht ist.

Die übrigen Entgegenhaltungen liegen weiter weg und enthalten jeweils einzelne, jedoch nicht sämtliche Merkmale der obigen Merkmalsgliederung.

5. Der Senat kann auch nicht feststellen, dass es dem Fachmann durch den Stand der Technik nahegelegt war, zur Lösung des Streitpatents in der Fassung des Hilfsantrags 1 zu gelangen.

Fachleute, die sich mit der Entwicklung von Neuerungen auf dem Gebiet der zahnärztlichen Implantologie befassten, waren im Zeitpunkt der Priorität des Streitpatents, wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat und worüber die Parteien nicht streiten, Zahnärzte mit entsprechender Berufserfahrung, die Lösungen für in der Praxis auftretende Anforderungen entwickelten.

Ein solcher Fachmann, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, aus der US-Patentschrift 5 000 686 (K 3) bekannte Implantate zu verbessern, hatte insbesondere Anlass, die Eingriffsmöglichkeit für das Werkzeug vorteilhafter auszugestalten. Diese war bei dem Implantat nach der US-Patentschrift von einer geringen Höhe, was einerseits die sichere Führung und Drehmomentübertragung für ein Eindrehwerkzeug erschweren konnte und andererseits die Stabilität der Verbindung des Implantats mit dem Aufbau, beispielsweise einer Krone, beeinträchtigen konnte. Dies hat auch der gerichtliche Sachverständige bestätigt. Dies konnte den Fachmann dazu veranlassen, die Eingriffsmöglichkeit (nachhaltig) tiefer zu gestalten. Hierzu hatte er zwei Möglichkeiten. Zum einen konnte er das glatte Kopfteil verlängern und zum anderen den zylindrischen Kern vergrößern. Wählte er die zweite Möglichkeit, so war die Folge, dass die Wandstärke sich verringerte. Dies legte es für den Fachmann nahe, die Vertiefung lediglich im Kopfbereich vorzunehmen, und hielt ihn davon ab, die Vertiefung in den Bereich auszudehnen, an dem sich das Außengewinde befindet.

Hierzu konnte er auch aus der europäischen Patentschrift 0 282 789 (K 4) keine Anregung entnehmen. Zwar erstreckt sich dort das Werkzeugaufnahmemittel in Form eines Sechskants axial tiefer in den Bereich hinein, der das Außengewinde aufweist. Dabei wird jedoch lediglich die Ausgangsform ausgenutzt. Dies ist möglich, weil der Durchmesser so groß ist, dass er eine axial tiefere Führung zulässt und gleichwohl eine ausreichende Wandstärke hergibt. Der Fachmann konnte mithin dieser Schrift nicht mehr entnehmen, als die Idee, das Werkzeugaufnahmemittel axial tiefer auszudehnen, wenn das Umfeld dies hergab. Eine Anregung für die Gestaltung des Umfelds, um dies zu ermöglichen, fand er dagegen nicht, insbesondere nicht die Anregung, gezielt einen Mittelabschnitt mit geringerer Gewindetiefe zu schaffen, um so eine ausreichende Wandstärke zu erhalten, wenn dies die Ausgangsform sonst nicht zuließ. Gerade der funktionelle Zusammenhang zwischen den Merkmalen 2 c und 3 b gehört aber zum Sinngehalt des Streitpatents. Hierfür fand der Fachmann in der europäischen Patentschrift 0 282 789 (K 4) kein Vorbild. Auch die übrigen Entgegenhaltungen gaben ihm hierfür keine Anregung.

Mit Patentanspruch 1 in der Fassung des ersten Hilfsantrags sind auch die übrigen Patentansprüche, die sich nunmehr auf den geänderten Patentanspruch 1 beziehen, von Bestand.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 92 ZPO.

Ende der Entscheidung

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