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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.09.2002
Aktenzeichen: X ZR 196/01
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 528 Abs. 1 | |
BGB § 531 Abs. 2 | |
BGB § 530 Abs. 1 | |
BGB § 818 Abs. 2 | |
BGB § 528 Abs. 1 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 17. September 2002
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. September 2002 durch die Richter Prof. Dr. Jestaedt, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 6. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der 1935 geborene Kläger verlangt von der Beklagten, seiner Tochter, Herausgabe und Rückauflassung eines Hausgrundstücks auf der Insel ....
Mit notariellem Vertrag vom 26. Juni 1996 übertrug der Kläger dieses Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf die Beklagte, die dem Kläger ein Wohnrecht an einer im Kellergeschoß des Hauses gelegenen Wohnung einräumte.
Seit Juli 1995 bezog der Kläger Sozialhilfe in Höhe von zunächst 515,00 DM monatlich.
Mit Anwaltsschreiben vom 21. Januar 1999 erklärte er den Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks und forderte zugleich das Hausgrundstück wegen Notbedarfs zurück.
Nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat die Beklagte eine vom Landgericht nicht mehr zugestellte Hilfswiderklage eingereicht, mit der sie wegen werterhöhender Verwendungen auf das Hausgrundstück Zahlung von 100.000,- DM begehrt hat.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Herausgabe und Rückauflassung des Grundstücks verurteilt. Ihre Berufung ist einschließlich der Hilfswiderklage ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre Berufungsanträge weiter.
Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.
I.1. Das Berufungsgericht, das den Vertrag vom 26. Juni 1996 zutreffend als Schenkungsvertrag qualifiziert hat, hat angenommen, dem Kläger stehe ein Anspruch nach § 528 Abs. 1 BGB auf Herausgabe des Geschenks zu, da er außerstande sei, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Empfange der Schenker - wie im Streitfall - Sozialhilfe, sei der Notbedarf bereits vorgeprüft. Der Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, nach ihrer Kenntnis, die auf einer Information durch eine Mitarbeiterin der Gemeinde beruhe, sei dem Kläger Rente bewilligt worden, ändere an der Beurteilung des Sachverhalts nichts. Der Sachvortrag der Beklagten beruhe nicht auf sicherer Kenntnis und sei insgesamt ungenau; die Beklagte hätte sich dazu äußern müssen, ob die Rentenzahlungen nach ihrer Höhe den Notbedarf des Klägers unter Berücksichtigung seines Wohnrechts abdeckten.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt nicht verkannt hat, ist der Kläger für die tatbestandlichen Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Herausgabeanspruchs nach § 528 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtig. Dazu gehört insbesondere die Darlegung, daß und inwieweit er außerstande ist, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Da der Kläger bei Schluß der mündlichen Verhandlung das 65. Lebensjahr vollendet hatte und, wovon auch das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang ausgeht, unstreitig einen Rentenantrag gestellt hatte, hatte er sich dazu zu äußern, ob ihm zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein Anspruch auf eine Sozialversicherungsrente zustand und auf welchen Betrag sich dieser belief. Auf jeden Fall hatte er sich zu der Behauptung der Beklagten zu erklären, nach ihrer Kenntnis sei ihm eine Rente bewilligt worden (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO), und das Berufungsgericht hatte auf eine solche Erklärung hinzuwirken (§ 139 Abs. 1 ZPO a.F.). Die mangelnde Genauigkeit der Behauptung der Beklagten stand dem nicht entgegen, da die Beklagte über keine nähere Kenntnis der Rentenansprüche des Klägers verfügen konnte.
Da somit der Notbedarf des Klägers nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist, kann das Berufungsurteil schon deshalb keinen Bestand haben.
II. Das Geschenk ist ferner nach § 528 Abs. 1 BGB nur herauszugeben, soweit der Schenker zur Bestreitung seines angemessenen Unterhalts außerstande ist. Grundsätzlich wird beim Rückforderungsanspruch gemäß § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB zwar Naturalrestitution (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) geschuldet. Ist der Unterhaltsbedarf aber geringer als der Wert des geschenkten Gegenstandes und ist bei einem real unteilbaren Geschenk - wie es hier in Form eines Grundstücks vorliegt - eine Teilherausgabe unmöglich, ist gemäß § 818 Abs. 2 BGB (Teil-) Wertersatz in Geld zu leisten (BGHZ 94, 141, 143 f.). Bei regelmäßig wiederkehrendem Bedarf richtet sich der Anspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB demgemäß nach ständiger Rechtsprechung auf wiederkehrende Leistungen des Beschenkten in einer dem angemessenen Unterhaltsbedarf entsprechenden Höhe, und zwar so lange, bis der Wert des Schenkungsgegenstandes erschöpft ist (Senat, BGHZ 137, 76, 83; 146, 228, 231; BGH, Urt. v. 17. Januar 1996 - IV ZR 184/94, NJW 1996, 987 f.). Daß die Beklagte in der Vergangenheit den erforderlichen Unterhalt nicht geleistet hat, ändert an dieser Rechtslage nichts. Die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe des Grundstücks ist daher rechtsfehlerhaft.
III. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderem Grunde im Ergebnis zutreffend. Zwar könnte der Kläger Herausgabe des Grundstücks verlangen, wenn er die Schenkung wegen groben Undanks der Beklagten wirksam widerrufen hätte (§§ 530 Abs. 1, 531 Abs. 2 BGB). Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Widerrufsgrundes hat das Berufungsgericht - wie bereits das Landgericht - jedoch keine Feststellungen getroffen.
IV. Für die erneute Verhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob dem Kläger ein Herausgabeanspruch nach § 531 Abs. 2 BGB zusteht.
Für den Fall, daß die Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 BGB nicht festgestellt werden können, wird das Berufungsgericht den angemessenen Unterhaltsbedarf (§ 1610 BGB; vgl. Sen.Urt. v. 11. Juli 2000 - X ZR 126/98, NJW 2000, 3488) des Klägers zu ermitteln und darauf hinzuwirken haben, daß der Kläger darlegt, inwieweit er zur Deckung dieses Bedarfs außerstande ist bzw. - soweit Zahlung für die Vergangenheit begehrt werden sollte - außerstande war
Ende der Entscheidung
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