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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.10.2003
Aktenzeichen: X ZR 198/99
Rechtsgebiete: PatG, ZPO


Vorschriften:

PatG § 121 Abs. 2
ZPO § 91
ZPO § 97
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 198/99

Verkündet am: 21. Oktober 2003

in der Patentnichtigkeitssache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten wird das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 18. August 1999 abgeändert:

Das deutsche Patent 29 20 023 wird insgesamt für nichtig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte war Inhaberin des deutschen Patents 29 20 023 (Streitpatents), das am 17. Mai 1979 unter Inanspruchnahme der Priorität der italienischen Patentanmeldung 68 163 A - 78 vom 22. Mai 1978 angemeldet worden ist, ein Verfahren zum Erzeugen von Anzeigen analoger Betriebsparameter eines Fernsehempfängers betrifft und dessen Schutzdauer im Verlauf des Nichtigkeitsverfahrens abgelaufen ist. Das Streitpatent umfaßt 4 Patentansprüche, die wie folgt lauten:

"1. Verfahren zum Erzeugen von Anzeigen analoger Betriebsparameter eines Fernsehempfängers auf dessen Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, daß eine Zeichenerzeugungseinrichtung derart gesteuert wird, daß sie ein Signal erzeugt, welches aus einer Folge einer ersten Anzahl von ersten Zeichen besteht, wobei die erste Anzahl von ersten Zeichen proportional dem Pegel des dem ersten Signal zugeordneten Betriebsparameters ist, und aus einer Folge einer zweiten Anzahl von zweiten Zeichen besteht, wobei die Gesamtzahl der ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Pegel des zugeordneten Betriebsparameters proportional ist.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der gerade angezeigte Betriebsparameter durch ein zusätzliches Zeichen symbolisiert wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens eines der ersten Zeichen in seiner Form den zugeordneten Betriebsparameter symbolisiert.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein akustisches Warnsignal erzeugt wird, wenn beim Einstellen eines Betriebsparameters ein vorgegebener Maximalwert erreicht wird."

Mit der Nichtigkeitsklage macht die Klägerin, die aus dem Streitpatent von der Beklagten vor dem Landgericht Mannheim wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird, geltend, der Gegenstand des Streitpatents gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus. Dort sei nicht offenbart, daß das Signal auch aus einer Folge von zweiten Zeichen bestehe und die Gesamtzahl der ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Pegel des zugeordneten Betriebsparameters proportional sei. Im übrigen sei der Gegenstand der Streitpatents nicht neu und beruhe jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Hierzu hat sich die Klägerin auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften berufen: Kroll/Ong: "Digitales Abstimmsystem für Fernsehempfänger" in Funkschau 1976, Heft 5, S. 171 - 173 (Anlage K1); deutsche Offenlegungsschrift 2 513 418 (Anlage K2); Clas/Becker: "Der Uhr-Baustein (erklärt am Beispiel der RGB-Ansteuerung)" in GRUNDIG, Technische Informationen 3 - 76, S. 741 - 749 (Anlage K3); Code-Übersetzungstabelle IBM, März 1974 (Anlage K5); "brockhaus abc electronic", März 1978, S. 610 und 692 (Anlage K6).

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent unter Abweisung der Klage im übrigen dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß in der Beschreibung Spalte 1, Zeile 63, nach dem Satz: "Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst", folgender Zusatz eingefügt wird: "mit Ausnahme des Merkmals - wobei die Gesamtzahl der ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Pegel des zugeordneten Betriebsparameters proportional ist - da insoweit der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie ursprünglich beim Patentamt eingereicht worden ist". Seine Entscheidung ist in BPatGE 42, 57 und GRUR 2000, 302 veröffentlicht.

Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien, mit denen sie die Abänderung des angefochtenen Urteils jeweils insoweit erstreben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

Die Beklagte verteidigt das Streitpatent hilfsweise in folgenden Fassungen:

Erster Hilfsantrag (Abweichungen gegenüber den Patentansprüchen der erteilten Fassung des Streitpatents sind fett gesetzt):

"1. Verfahren zum Erzeugen von Anzeigen analoger Betriebsparameter eines Fernsehempfängers auf dessen Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, daß eine von einem Prozessor gesteuerte Zeichenerzeugungseinrichtung derart gesteuert wird, daß sie ein Signal erzeugt, welches aus einer Folge einer ersten Anzahl von auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbaren ersten alphanumerischen oder Sonderzeichen besteht, wobei die erste Anzahl von ersten Zeichen proportional dem Pegel des dem ersten Signal zugeordneten Betriebsparameters ist, und aus einer Folge einer zweiten Anzahl von auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbaren zweiten alphanumerischen oder Sonderzeichen besteht, wobei die Gesamtzahl der ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Pegel des zugeordneten Betriebsparameters proportional ist.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der gerade angezeigte Betriebsparameter durch ein zusätzliches Zeichen symbolisiert wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens eines der ersten Zeichen in seiner Form den zugeordneten Betriebsparameter symbolisiert.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein akustisches Warnsignal erzeugt wird, wenn beim Einstellen eines Betriebsparameters ein vorgegebener Maximalwert erreicht wird."

Zweiter Hilfsantrag (Abweichungen gegenüber dem ersten Hilfsantrag sind kursiv gesetzt):

"1. Verfahren zum Erzeugen von Anzeigen und Einstellung analoger Betriebsparameter eines Fernsehempfängers auf dessen Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, daß eine von einem Prozessor gesteuerte Zeichenerzeugungseinrichtung derart gesteuert wird, daß sie ein Signal erzeugt, welches aus einer Folge einer ersten Anzahl von auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbaren ersten alphanumerischen oder Sonderzeichen besteht, wobei die erste Anzahl von ersten Zeichen proportional dem Pegel des dem ersten Signal zugeordneten Betriebsparameters ist, und aus einer Folge einer zweiten Anzahl von auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbaren zweiten alphanumerischen oder Sonderzeichen besteht, wobei die Gesamtzahl der ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Pegel des zugeordneten Betriebsparameters proportional ist und wobei der Pegel des dem Signal zugeordneten Betriebsparameters ebenfalls durch den Prozessor gesteuert wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der gerade angezeigte Betriebsparameter durch ein zusätzliches Zeichen symbolisiert wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens eines der ersten Zeichen in seiner Form den zugeordneten Betriebsparameter symbolisiert.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein akustisches Warnsignal erzeugt wird, wenn beim Einstellen eines Betriebsparameters ein vorgegebener Maximalwert erreicht wird."

Dritter Hilfsantrag (Abweichungen gegenüber den vorstehenden Fassungen sind kursiv gesetzt und unterstrichen):

"1. Verfahren zum Erzeugen von Anzeigen und Einstellung analoger Betriebsparameter eines Fernsehempfängers auf dessen Bildschirm, dadurch gekennzeichnet, daß eine von einem Prozessor gesteuerte Zeichenerzeugungseinrichtung derart gesteuert wird, daß sie ein Signal erzeugt, welches aus einer Folge einer ersten Anzahl von auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbaren ersten alphanumerischen oder Sonderzeichen besteht, wobei die erste Anzahl von ersten Zeichen proportional dem Pegel des dem ersten Signal zugeordneten Betriebsparameters ist, und aus einer Folge einer zweiten Anzahl von auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbaren zweiten alphanumerischen oder Sonderzeichen besteht, die jeweils die Form eines Punktes aufweisen, wobei die Gesamtzahl der ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Pegel des zugeordneten Betriebsparameters proportional ist und wobei der Pegel des dem Signal zugeordneten Betriebsparameters ebenfalls durch den Prozessor gesteuert wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der gerade angezeigte Betriebsparameter durch ein zusätzliches Zeichen symbolisiert wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens eines der ersten Zeichen in seiner Form den zugeordneten Betriebsparameter symbolisiert.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß ein akustisches Warnsignal erzeugt wird, wenn beim Einstellen eines Betriebsparameters ein vorgegebener Maximalwert erreicht wird."

Schließlich verteidigt die Beklagte das Streitpatent äußerst hilfsweise in den vorstehenden Fassungen mit der vom Bundespatentgericht vorgenommenen Beschränkung.

Die Klägerin hält das Streitpatent auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen nicht für patentfähig und hat sich ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vortrag auf die deutsche Offenlegungsschrift 27 42 123 berufen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Prof. Dr.-Ing. H. S. , . Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten in der mündlichen Verhandlung ergänzt und erläutert.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Die Berufung der Klägerin ist begründet und führt unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten zur Nichtigerklärung des Streitpatents.

I. Das Streitpatent betrifft, nachdem die ursprünglich auf ein Fernsehgerät gerichtete Anmeldung im Erteilungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht geteilt und das Patent auf die im Oktober 1993 eingereichten neuen Patentansprüche erteilt worden ist, ein Verfahren zum Erzeugen von Anzeigen analoger Betriebsparameter auf dem Bildschirm eines Fernsehempfängers.

1. Nach den Angaben der Beschreibung des Streitpatents war es an dessen Prioritätstag aus der deutschen Offenlegungsschrift 24 32 600 bekannt, anstelle von Leuchtzeilen aus Lumineszenz-Dioden, die an der Frontseite eines Fernsehgeräts angeordnet sind und analoge Betriebsparameterwerte in der Weise anzeigen, daß der jeweils anzuzeigende Wert inkrementiert wird und jedes Inkrement eine Diode der Leuchtzeile ansteuert, analoge Betriebsparameterwerte in Form verschiedenfarbiger Balken auf dem Bildschirm darzustellen. Dabei können alphanumerische Zeichen zur Wiedergabe von Klartext oder Symbolen eingeblendet werden. Der vorgesehene Regelbereich jedes Betriebsparameters wird über die gesamte Bildbreite aufgeteilt, so daß die horizontale Auslenkung des betreffenden Betriebsparameters an einem Bildschirmrand beginnt und an dem anderen endet. Auf dem Balken kann der Benutzer erkennen, wie weit ein Betriebsparameter variiert werden kann und wo der momentane Istwert liegt (Beschreibung des Streitpatents Sp. 1, Zeilen 7 - 33).

Ferner war es der Beschreibung zufolge aus der Zeitschrift "Electronics" vom 27.11.1975, Seiten 6 E und 8 E, bekannt, Speichereinrichtungen zum Ablegen gewünschter Werte von verschiedenen analogen Betriebsparameterwerten vorzusehen, wobei an der Fernsteuereinheit des Bildwiedergabegerätes eine Funktionstaste betätigt wird. Daraufhin werden die gespeicherten Betriebsparameterwerte in Form verschiedenfarbiger Balken auf dem Bildschirm angezeigt. Bei Betätigung einer weiteren Funktionstaste wird das Bildwiedergabegerät auf die gespeicherten Parameterwerte eingestellt (Beschreibung Sp. 1, Zeilen 34 - 44).

An diesen Ausführungsformen von Anzeigen bemängelt die Streitpatentschrift, daß der entfernt sitzende Benutzer bei der Darstellung der Betriebsparameterwerte mittels eines kontinuierlich veränderbaren Farbbalkens das Problem habe, bei der Feineinstellung Änderungen des Farbbalkens zu erkennen. Mit der Kalibrierung des Endwertes auf den linken oder rechten Bildrand sei der Benutzer nur in der Lage, den momentanen Absolutwert des Betriebsparameters ungefähr zu erfassen; je kleiner der Wert sei, um so größer sei die Ungenauigkeit. Eine exakte Reproduktion analoger Parameter auf bestimmte Werte sei nicht möglich (Beschreibung Sp. 1, Zeilen 45 - 56).

2. Demgegenüber sollen mit dem Verfahren nach dem Streitpatent eine Änderung der Werte analoger Betriebsparameter von Fernsehempfängern und/oder die Absolutwerte der Betriebsparameter genauer angezeigt werden (Beschreibung Sp. 1, Zeilen 57 - 60).

Zur Lösung dieses Problems schlägt Patentanspruch 1 des Streitpatents ein Verfahren vor, bei dem - entsprechend der Gliederung im Urteil des Bundespatentgerichts -

A) analoge Betriebsparameter eines Fernsehempfängers auf dessen Bildschirm angezeigt werden,

B) indem eine Zeichenerzeugungseinrichtung derart gesteuert wird, daß sie ein Signal erzeugt;

C) das Signal besteht aus einer Folge einer ersten Anzahl von ersten Zeichen,

D) wobei die erste Anzahl von ersten Zeichen proportional dem Pegel des dem ersten Signal zugeordneten Betriebsparameters ist;

E) das Signal besteht ferner aus einer Folge einer zweiten Anzahl von zweiten Zeichen,

F) wobei die Gesamtzahl der ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Pegel des zugeordneten Betriebsparameters proportional ist.

Der Fachmann, bei dem es sich nach den überzeugenden und von den Parteien nicht in Frage gestellten Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen um einen Entwicklungsingenieur mit Abschluß in der Fachrichtung Elektrotechnik oder Nachrichtentechnik an einer Universität, Technischen Hochschule oder Fachhochschule handelt, der über mehrjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der Darstellung von Bildern und Informationen auf Bildwiedergaberöhren von Fernsehgeräten sowie der entsprechenden analogen und digitalen Schaltungstechnik verfügt, erkennt nach den überzeugenden und von den Parteien nicht in Frage gestellten Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen aus diesen Angaben nebst den zugehörigen Erläuterungen der Beschreibung zu den in den Figuren dargestellten Schaltungen und Diagrammen, daß mit dem Drücken der "Plus"- und "Minus"-Tasten der Steuereinheit des Fernsehgeräts die Betriebsparameter insbesondere für Lautstärke, Farbe und Kontrast schrittweise eingestellt und gleichzeitig die durch das Drücken dieser Tasten ausgelösten schrittweisen Veränderungen der Werte auf dem Bildschirm angezeigt werden. Auf diese Weise erscheint auf dem Bildschirm eine Anzeige, bei der die Anzahl der ersten Zeichen für die ausgeführten schrittweisen Veränderungen dem eingestellten Wert des zugehörigen Betriebsparameters proportional ist und die Summe der angezeigten ersten und zweiten Zeichen dem maximalen Wert des zugehörigen Betriebsparameters entspricht, so daß, wenn die Zeile der Anzeige für den zugehörigen Betriebsparameter mit ersten Zeichen ausgefüllt ist, der maximale Wert für seine Einstellung erreicht ist, und wenn die Zeile der Anzeige mit zweiten Zeichen ausgefüllt ist, der minimale Wert des zugehörigen Betriebsparameters erreicht ist.

Unter einer Zeichenerzeugungseinrichtung im Sinne des Patentanspruchs 1 des Streitpatents versteht der Fachmann nach den überzeugenden und von den Parteien nicht in Frage gestellten Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen jede Art von Schaltung, die geeignet ist, Zeichen wie Buchstaben, Punkte, Striche, Balken und dergleichen, sei es in analoger Form, bei der nach der Anzahl ausgeführter Tastendrücke beispielsweise einem Balken Blöcke hinzugefügt werden, sei es in anderen Formen, zur Darstellung auf dem Bildschirm zu generieren. Als derartige Schaltungen zieht er fest verdrahtete Schaltungen, wie sie aus GRUNDIG, Technische Informationen 3 - 76, "Der Uhr-Baustein", bekannt waren, sowie alle Arten von programmierbaren Zeichengeneratoren, die ein Zeichen (z.B. als eine Bit-Folge) kodieren und zu seiner graphischen Darstellung für die Ausgabe auf einem Bildschirm, Drucker und dergleichen zu einem aus Punkten aufgebauten Bild umwandeln, in Betracht. Wie der gerichtliche Sachverständige auf Nachfrage bestätigt hat, bestand für den Fachmann keine Präferenz für eine bestimmte Art von Zeichenerzeugungseinrichtung. Dem entspricht, daß Patentanspruch 1 keine bestimmten Angaben darüber enthält, mit welchen Verfahrensschritten die Zeichenerzeugungseinrichtung gesteuert und das darzustellende Zeichen ausgegeben werden soll.

II. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Streitpatents beruht in seinen Merkmalen E und F auf einer unzulässigen Erweiterung und in seinen Merkmalen A bis D jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Da auch die Patentansprüche 2 bis 4 durch den Stand der Technik nahegelegt sind, ist das Streitpatent im Umfang seiner erteilten Fassung für nichtig zu erklären (§§ 22, 21 Abs. 1 Nr. 1, 4 PatG 1981; vgl. zur Anwendbarkeit dieser Vorschriften Sen.Urt. v. 6.10.1994 - X ZR 50/93, Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen, Bd. I, 44 ff. - Wasser-Öl-Wischtuch).

1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Fachmann die Merkmale E und F des Verfahrens nach Patentanspruch 1 des Streitpatents den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen nicht als zur Erfindung gehörend entnehmen konnte.

a) Der Fachmann hat, wie auch die Beklagte einräumt, im Text der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen keine ausdrücklichen Hinweise darauf erhalten, ein Verfahren zur Anzeige analoger Betriebsparameterwerte eines Fernsehgeräts so zu steuern, daß von der Zeichenerzeugungseinrichtung nicht nur eine, sondern zwei Folgen von Zeichen erzeugt werden, wobei die erste auf dem Bildschirm dargestellte Folge von Zeichen dem aktuell eingestellten analogen Betriebsparameter proportional ist und eine dargestellte Folge erster und zweiter Zeichen dem Maximalwert des zugeordneten Betriebsparameters entspricht (Merkmale E und F). Denn die darauf bezogenen Angaben der Beschreibung des Streitpatents Spalte 1, Zeile 66, bis Spalte 2, Zeile 8, sind in der ursprünglichen Beschreibung nicht enthalten. Sie gehen vielmehr auf die in der mündlichen Verhandlung im Erteilungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht eingereichten neuen Beschreibungsteile vom 8. Oktober 1993 und Patentanspruch 1 auf die Neufassung des Patentbegehrens in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht vom 13. Oktober 1993 zurück. Deshalb kommt allein die nachfolgend wiedergegebene bildliche Darstellung der Anzeige in den ursprünglichen Unterlagen (S. 53) als Angabe in Betracht, aus der der Fachmann einen Hinweis hätte erhalten können, ein Verfahren zur Erzeugung der Anzeige analoger Betriebsparameterwerte mit den Merkmalen E und F des Patentanspruchs 1 auszubilden.

b) Nach Überzeugung des Senats konnte der Fachmann dieser bildlichen Darstellung nicht als zur Erfindung gehörend entnehmen, ein Verfahren zur Anzeige analoger Betriebsparameterwerte mit den Merkmalen E und F des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auszubilden.

Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem schriftlichen Gutachten und auf ergänzendes Befragen in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, daß der Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents unter Zeichen jedwede Art von Zeichen oder Symbol verstanden hat und in dieser Annahme dadurch bestärkt worden ist, daß dieser ihm geläufige Sprachgebrauch auch in der Beschreibung verwendet wird, die ebenfalls die Begriffe "Zeichen" und "Symbol" synonym gebraucht. Dazu hat der Fachmann nach den überzeugenden Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht nur Striche, Punkte, Balken und dergleichen gerechnet, sondern auch Leerzeichen, die üblicherweise als Punkte dargestellt werden.

Der gerichtliche Sachverständige hat ferner eingehend und zur Überzeugung des Senats dargelegt, daß der Fachmann am Prioritätstag aus den Erläuterungen zu dem auf Seite 53 der ursprünglichen Beschreibung dargestellten Ausführungsbeispiel, dem die Angaben in Spalte 10, Zeilen 30 - 47 der Streitpatentschrift entsprechen, entnehmen konnte, daß das von der Zeichenerzeugungseinrichtung gelieferte Signal aus einer Kombination alphanumerischer Zeichen bestehen kann, die den aktuell eingestellten Wert des Betriebsparameters repräsentieren. Das sind die in der Darstellung auf Seite 53 der ursprünglichen Unterlagen in drei Zeilen aneinandergereihten Buchstaben V für Lautstärke, L für Helligkeit und C für Farbe, wobei die Anzahl von Buchstaben pro Zeile die aktuelle Pegelhöhe repräsentiert. Wie der Sachverständige auf Nachfrage erläutert hat, mißt der Fachmann den in der Darstellung auf Seite 53 der ursprünglichen Unterlagen wiedergegebenen Punkten zwar eine Begrenzungsfunktion zu, weil er erkennt, daß die Summe der dargestellten Buchstaben und Punkte anzeigt, wie viele Inkremente mit Hilfe der jeweils eingesetzten Zeichenerzeugungseinrichtung insgesamt dargestellt werden können, und weiß, daß die Anzahl der Zeichenplätze von der Auslegung des jeweils eingesetzten Prozessors abhängig ist. Einen Hinweis darauf, auch die maximal ausführbaren und anzeigbaren, aber noch nicht ausgeführten Inkremente (Tastendrücke) in der Anzeige zur Darstellung zu bringen, indem die bereits ausgeführten Einstellschritte durch eine Folge erster Zeichen und die noch ausführbaren, aber (noch) nicht ausgeführten Verstellschritte durch eine Folge anderer (zweiter) Zeichen symbolisiert werden, konnte der Fachmann dieser Angabe jedoch nicht ohne weiteres entnehmen. Vielmehr wurde der Fachmann insbesondere durch die in der Streitpatentschrift nicht mehr enthaltenen, in den ursprünglichen Unterlagen auf Seite 54 dargestellten weiteren Ausführungsformen der mit dem Verfahren erzeugbaren Anzeigen in eine andere Richtung gewiesen. Denn in diesen Darstellungen der Bildschirmanzeige eines Signals der auf Seite 53 der ursprünglichen Unterlagen dargestellten Art sind die zur Einstellung des aktuellen Werts des zugeordneten Betriebsparameters ausgeführten Inkremente durch Sonderzeichen wie Sternchen und dergleichen dargestellt und der in den drei Zeilen der Anzeige jeweils angezeigte Betriebsparameter wird durch einen Buchstaben kenntlich gemacht. Dagegen fehlt in diesen weiteren Ausführungsbeispielen die Wiedergabe der in der bildlichen Darstellung auf Seite 53 der ursprünglichen Unterlagen vorhandenen Punkte als Zeichen für die bis zur Erreichung des maximalen Werts noch ausführbaren Inkremente.

Daraus folgt, daß es dem Verständnis des Fachmanns am Prioritätstag entsprach, die in der Darstellung des von der Zeichenerzeugungseinrichtung gelieferten Signals auf Seite 53 der ursprünglichen Unterlagen abgebildeten Punkte als Leerzeichen und damit als Platzhalter für die Abbildung weiter auszuführender und auf dem Bildschirm anzuzeigender Inkremente zu verstehen. In diesem Verständnis wurde der Fachmann durch die Darstellung von Bildschirmanzeigen auf Seite 54 der ursprünglichen Unterlagen bestätigt. Schließlich hat der gerichtliche Sachverständige auf weitere Nachfrage bestätigt, daß der Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents eine andere Form der Darstellung erwartet hätte, als sie mit der Zeichenfolge auf Seite 53 der ursprünglichen Beschreibung gewählt worden ist, wenn ihm der Hinweis hätte gegeben werden sollen, den aktuellen Pegelwert mittels einer ersten Zeichenfolge und den maximal einstellbaren Pegel mittels einer zweiten Zeichenfolge in ihrer Relation zueinander zur Anzeige zu bringen.

Demzufolge fehlt in den ursprünglichen Unterlagen nicht nur jeder konkrete Hinweis darauf, daß in der Bildschirmanzeige nicht nur der aktuelle Wert des einer Zeile der Anzeige zugeordneten Betriebsparameters mittels einer Folge ihn repräsentierender Zeichen dargestellt werden soll, sondern auch der maximal einstellbare Wert mittels einer Folge zweiter Zeichen; vielmehr wurde der Fachmann darüber hinaus durch die Beschreibung eher in die Richtung gewiesen, in den Punkten der Darstellung auf Seite 53 der ursprünglichen Anmeldungsunterlagen einen Hinweis auf Platzhalter für weitere Zeichen zur Darstellung des aktuellen Werts des zugeordneten Betriebsparameters durch eine Folge weiterer (erster) Zeichen zu sehen. Bei dieser Sachlage konnte der Fachmann durch die ursprünglichen Unterlagen allenfalls im Unklaren darüber gelassen werden, wie er die Darstellung des von der Zeichenerzeugungseinrichtung gelieferten Signals auf Seite 53 der ursprünglichen Unterlagen zu verstehen habe. Bleibt dem Fachmann auf diese Weise unklar, daß mit einer bestimmten, in der Beschreibung nicht erläuterten und sich aus dem Funktionszusammenhang und dem Zweck der Erfindung nicht erschließenden Darstellung eine bestimmte Ausführungsform der Erfindung angestrebt wird, ist diese Ausführungsform nicht als zur Erfindung gehörend offenbart. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind nur solche Merkmale einer Erfindung in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart, die in den ursprünglichen Unterlagen schriftlich niedergelegt sind und sich dem Fachmann ohne weiteres aus dem Gesamtinhalt dieser Unterlagen am Anmeldetag erschließen (vgl. Sen.Beschl. v. 6.10.1994 - X ZB 4/92, GRUR 1995, 113 - Datenträger). Daran fehlt es, wenn ein Merkmal zwar in den ursprünglichen Unterlagen erwähnt wird, für den Fachmann in seiner Bedeutung für die Erfindung jedoch nicht zu erkennen ist (vgl. Sen.Beschl. v. 23.1.1990 - X ZB 9/89, GRUR 1990, 432 - Spleißkammer).

2. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 mit den danach der Prüfung auf Patentfähigkeit allein zugrunde zu legenden Merkmalen A bis D kann keinen Bestand haben, da es insoweit durch den Stand der Technik vorweggenommen ist, jedenfalls aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

Weil mit dem Verfahren nach Patentanspruch 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung weder die Verwendung einer bestimmten Zeichenerzeugungseinrichtung noch eine bestimmte Art der Steuerung und Anzeige der Werte von Betriebsparametern (analog oder digital) beansprucht wird, erfaßt der Anspruch jedwede Art der Erzeugung, Steuerung und Anzeige analoger Betriebsparameterwerte mittels Zeichen auf dem Bildschirm eines Fernsehgeräts. Dazu zählen auch Anzeigen mittels Balken oder dergleichen, wie sie im Stand der Technik bekannt waren.

Am Prioritätstag war es insbesondere aus der Druckschrift Werner, Farbbalken-Proportional-Anzeige für Farbfernseher, Radio Mentor Electronic, 1975, S. 350 - 352, bekannt, Proportionalwerte eines analogen Betriebsparameters mittels zweier Farbbalken unterschiedlicher Farbe, zum Beispiel rot und schwarz, in der Weise anzuzeigen, daß die Länge des einen Teils ein Maß für den eingestellten Wert des analogen Betriebsparameters ist. Während der rote Teil der Anzeige den aktuellen Stand des Pegels symbolisiert, ist das Verschwinden des schwarzen Teils ein Zeichen für den maximalen Pegelstand. Bei einer derartigen Anzeige auf dem Bildschirm eines Fernsehgeräts wird die Anzeige durch ein Springen des Kathodenstrahls von Zeile zu Zeile erzeugt, so daß dem Balken Zeichen in Form von Strichen oder Strichblöcken hinzugefügt werden. Demzufolge wird der den aktuellen Wert eines Betriebsparameters anzeigende Balken durch ein Folge von Zeichen dargestellt, die den aktuellen Wert der ausgeführten Einstellinkremente des Betriebsparameters proportional abbilden. Da Patentanspruch 1 in der hier der Prüfung zugrundezulegenden Fassung weder auf die Darstellung diskreter Zeichen noch auf eine bestimmte Art der Steuerung der Zeichenerzeugungseinrichtung und/oder bestimmte Verfahrensschritte zur Anzeige des von der Zeichenerzeugungseinrichtung gelieferten Signals beschränkt ist noch vorgibt, ob diese durch Überlagerung der einen Zeichengruppe durch die andere oder einer alternativen Darstellung an dem jeweiligen Bildpunkt wiedergegeben werden, sondern alle diese Alternativen einschließt, ist das Verfahren nach Patentanspruch 1 des Streitpatents durch diese Druckschrift zumindest in einigen Ausführungsformen vorweggenommen. Sofern man davon ausgehen wollte, daß sich das Verfahren nach Patentanspruch 1 dadurch von der genannten Druckschrift unterscheidet, daß - unter Weglassung der unzulässigen Erweiterung des Verfahrens nach Patentanspruch 1 - nur eine Anzeige des aktuellen Pegels des betreffenden Betriebsparameters erfolgt, nicht auch eine Anzeige seines maximalen Werts, so daß sein Gegenstand insoweit als neu zu betrachten wäre, beruht er jedenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da einfache Balkendarstellungen - wie sich auch aus der Beschreibung des Streitpatents ergibt - bereits in zahlreichen Formen Stand der Technik waren und dem Fachmann daher eine einfarbige Balkendarstellung zur Anzeige des Werts eines analogen Betriebsparameters geläufig war.

3. Die Patentansprüche 2 bis 4 des Streitpatents weisen keinen eigenen erfinderischen Gehalt auf; ein solcher wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Das Verfahren nach Patentanspruch 2 unterscheidet sich vom Gegenstand nach Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung dadurch, daß der durch die Folge erster Zeichen angezeigte Wert für die Einstellung des zugeordneten Betriebsparameters durch ein zusätzliches Zeichen symbolisiert werden soll, beispielsweise indem einem Balken, einer Folge von Sonderzeichen oder dergleichen ein Buchstabe vorangestellt wird (zum Beispiel ein V oder ein L für Lautstärke). Diese Maßnahme ist, wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, durch Bild 2 der Druckschrift Clas/Becker: "Der Uhr-Baustein (erklärt am Beispiel der RGB-Ansteuerung)", in GRUNDIG, Technische Informationen 3 - 76, S. 741 - 749, vorweggenommen. Dort ist der Abstimmskala für den eingestellten Kanal die Ziffer für den betreffenden Kanal vorangestellt.

Das Verfahren nach Patentanspruch 3 des Streitpatents in der erteilten Fassung unterscheidet sich vom Verfahren nach Patentanspruch 1 dadurch, daß wenigstens eines der ersten Zeichen in seiner Form den zugeordneten Betriebsparameter symbolisiert. Derartige Maßnahmen sind durch die bereits genannte Druckschrift Werner, Farbbalken-Proportional-Anzeige für Farbfernseher, Radio Mentor Electronic, 1975, S. 350 - 352, vorweggenommen, bei der die den drei Zeilen der Anzeige jeweils zugeordneten Betriebsparameterwerte durch drei Grundfarben dargestellt werden, nämlich blau, wenn die Lautstärke, grün, wenn die Helligkeit, und rot, wenn die Farbstärke in die Anzeige eingeschrieben wird. Zudem ist aus der deutschen Offenlegungsschrift 24 32 600 bekannt, in den ausgewählten Flächenbereich der Stellgröße zusätzlich alphanumerische Zeichen einzublenden (Beschreibung S. 4, erster Absatz; Patentanspruch 8).

Das Verfahren nach Patentanspruch 4 weist als gegenüber den vorhergehenden Ansprüchen zusätzlichen Verfahrensschritt ein akustisches Warnsignal auf, das erzeugt wird, wenn beim Einstellen eines Betriebsparameters ein vorgegebener Maximalwert erreicht wird. Diese Maßnahme ist aus der deutschen Offenlegungsschrift 27 24 123 vorbekannt.

Die Patentansprüche 2 bis 4 nennen daher jeweils vorbekannte Maßnahmen zur Unterstützung des Verfahrens nach Anspruch 1, die weder für sich noch zusammen mit den Maßnahmen nach Patentanspruch 1 eine erfinderische Tätigkeit erkennen lassen. Sie sind daher mit dem Patentanspruch 1 für nichtig zu erklären.

III. Die Beklagte verteidigt das Streitpatent auch in der Fassung der Hilfsanträge ohne Erfolg.

1. a) Die Beklagte verteidigt Patentanspruch 1 in zulässiger Weise durch die beschränkende Aufnahme des Merkmals der "von einem Prozessor gesteuerten" Zeichenerzeugungseinrichtung sowie dadurch, daß sie die auf dem Bildschirm anzuzeigenden Zeichen einschränkend als "auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbar" sowie als "alphanumerische und Sonder"-Zeichen charakterisiert (erster Hilfsantrag). Denn die Verwendung eines Prozessors zur Erzeugung des für die Zeichendarstellung erforderlichen Signals sowie die Anzeige mittels alphanumerischer und Sonderzeichen ist - im Gegensatz zu den Merkmalen E und F des Patentanspruchs 1 - in den ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart. Soweit die Merkmale E und F in den hilfsweise geltend gemachten Fassungen der Patentansprüche enthalten sind, sind sie bei der Prüfung auf Patentfähigkeit außer Betracht zu lassen, da es sich bei ihnen um unzulässige Erweiterungen handelt.

b) Das Verfahren in der nach dem ersten Hilfsantrag verteidigten Fassung ist neu, da keine der Entgegenhaltungen eine Anzeige beschreibt, bei der analoge Betriebsparameterwerte eines Fernsehgeräts in der Weise angezeigt werden, daß mittels einer von einem Prozessor gesteuerten Zeichenerzeugungseinrichtung eine Reihe einzelner auf dem Bildschirm unterscheidbarer Zeichen erscheint. Zwar offenbart die Druckschrift Clas/Becker: "Der Uhr-Baustein (erklärt am Beispiel der RGB-Ansteuerung)" in GRUNDIG, Technische Informationen 3 - 76, S. 741 - 749, die Verwendung einer Schaltung, die der Fachmann nach den überzeugenden Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen als fest verdrahteten Prozessor ansieht, der in Verbindung von analog und digital arbeitenden Elementen analoge Betriebsparameterwerte proportional auf dem Bildschirm eines Fernsehgeräts zur Anzeige bringt. Bei der Anzeige des Werts des Betriebsparameters werden aber nicht einzeln wahrnehmbare Zeichen erzeugt und dargestellt, sondern es wird ein Abstimmstrich über eine Skala gelegt. Zur Anzeige des Pegelwerts des zugeordneten Betriebsparameters werden Teile des Abstimmstrichs überdeckt, so daß seine auf dem Bildschirm wahrnehmbare Länge ein Maß für den aktuell eingestellten Pegelwert ist.

c) Das Verfahren ist aber nicht patentfähig, weil es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Wie der gerichtliche Sachverständige zur Überzeugung des Senats dargelegt hat, hat der Fachmann am Prioritätstag des Streitpatents unter einer prozessorgesteuerten Zeichenerzeugungseinrichtung nicht nur eine solche Einrichtung verstanden, die durch einen programmierbaren Mikroprozessor gesteuert wird; als in Betracht kommende Prozessoren hat er auch fest verdrahtete Prozessoren verstanden, deren Verwendung bereits durch die Druckschrift Clas/Becker: "Der Uhr-Baustein (erklärt am Beispiel der RGB-Ansteuerung)" in GRUNDIG, Technische Informationen 3 - 76, S. 741 - 749, nahegelegt war. Wie der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage weiter dargelegt hat, war dem Fachmann am Prioritätstag bekannt, daß Mikroprozessoren - auch programmierbare Prozessoren - in der Fernsehtechnik in zunehmendem Maße in der Entwicklungsarbeit berücksichtigt wurden. Der Einsatz von Mikroprozessoren in Schaltungen zum Messen und Regeln lag, wie sich der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgedrückt hat, am Prioritätstag "in der Luft"; erste Prozessoren waren, wie sich aus der im Einspruchsverfahren entgegengehaltenen, vor dem Prioritätstag veröffentlichen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Druckschrift "Valvo Handbuch", Bauelemente für die gesamte Elektronik 1978, ergibt, auch für die Entwicklungsarbeit im Bereich der Fernsehgeräte für den Fachmann verfügbar. Deshalb lag es für den Fachmann nahe, bei der Entwicklungsarbeit an Verfahren zum Regeln und Messen im Bereich der Fernsehgeräte grundsätzlich auch die Verwendung bereits im Handel befindlicher Mikroprozessoren in Betracht zu ziehen.

Während dem Fachmann aus dem Stand der Technik - beispielsweise aus der Druckschrift Kroll/Ong: "Digitales Abstimmsystem für Fernsehempfänger" in Funkschau 1976, Heft 5, S. 171 - 173 - geläufig war, die Einstellung der Parameter für Lautstärke, Helligkeit und Farbe inkremental vorzunehmen, hat er im Bereich der Meß- und Regeltechnik für Fernsehgeräte keine unmittelbaren Anregungen erhalten, wie er die am Prioritätstag geläufige Balkendarstellung so auflösen kann, daß der Benutzer des Fernsehgeräts den in bekannter Weise dargestellten Proportionalitätswert eines Betriebsparameters besser ablesen kann. Am Prioritätstag war aber bereits aus dem Bereich der Maschinensteuerung bekannt, Pegelwerte eines analogen Betriebsparameters unter Einsatz von Mikroprozessoren an einem Sichtgerät durch einzeln unterscheidbare, alphanumerische Zeichen sichtbar zu machen (deutsche Offenlegungsschrift 25 13 418, Fig. 5 und 7). Der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zwar ausgeführt, daß der auf dem Gebiet der Steuer- und Regeltechnik für Fernsehgeräte tätige Fachmann nicht ohne weiteres auf Lösungen im Bereich der Meß- und Regeltechnik für Fertigungsmaschinen zurückgegriffen hat, wenn er sich vor die Aufgabe gestellt sah, die Lesbarkeit von Bildschirmanzeigen für analoge Betriebsparameterwerte von Fernsehgeräten zu verbessern. Er hat jedoch weiter angegeben, daß der Fachmann, dem nahegelegt war, zur Regelung und Anzeige der Betriebsparameterwerte von Fernsehgeräten Mikroprozessoren einzusetzen, bei der Ausbildung entsprechender Schaltungen entweder einen Fachmann für Datenverarbeitung zugezogen hätte oder dieser ohnehin Mitglied der mit solchen Entwicklungen in der Industrie vielfach befaßten Arbeitsgruppen gewesen wäre. Für einen solchen Fachmann aber lag die Einbeziehung der genannten Druckschrift in seine Betrachtungen zur Lösung der Aufgabe, eine besser lesbare Anzeige für inkremental eingestellte Betriebsparameterwerte zu schaffen, nahe.

Das Verfahren nach Patentanspruch 1 in der mit dem ersten Hilfsantrag verteidigten Fassung war dem Fachmann daher infolge des keinen erfinderischen Schrittes erfordernden Einsatzes von Mikroprozessoren in Zusammenschau mit den durch sie eröffneten und in der deutschen Offenlegungsschrift 25 13 418 bereits beschriebenen Möglichkeiten zur Anzeige einzeln unterscheidbarer alphanumerischer Zeichen auf dem Bildschirm nahelegt und stellt mithin keine patentfähige Erfindung dar. Das gilt auch für die Patentansprüche 2 bis 4 in Zusammenschau mit dem Patentanspruch 1 in seiner mit dem ersten Hilfsantrag verteidigten Fassung.

2. Für Patentanspruch 1 in seiner mit dem zweiten Hilfsantrag verteidigten Fassung gilt nichts anderes.

In den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents ist offenbart, daß mit dem beanspruchten Verfahren der gewünschte Wert des Betriebsparameters durch Drücken der Steuertasten eingestellt und der eingestellte Wert entsprechend der Anzahl der zur Einstellung ausgeführten Tastendrücke angezeigt wird. Die Beklagte verteidigt Patentanspruch 1 daher mit dem zweiten Hilfsantrag in zulässiger Weise.

Auch in der Kombination mit einer unmittelbaren Verknüpfung der Schritte des Einstellens und Anzeigens des Werts analoger Betriebsparameter beruht das Verfahren nach Patentanspruch 1 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Denn der gerichtliche Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugend dargelegt, daß in der Schaltung nach Bild 2 der Druckschrift Kroll/Ong: "Digitales Abstimmsystem für Fernsehempfänger" in Funkschau 1976, Heft 5, S. 171 - 173, die Ausgänge für die Einstellung und die Anzeige des analogen Betriebsparameters ebenfalls miteinander verknüpft sind, weil bereits am Prioritätstag des Streitpatents die unmittelbare Verknüpfung der beiden Ausgänge für den Fachmann das Naheliegende gewesen sei. Eine solche Verknüpfung lag deshalb für den Fachmann auch und gerade dann nahe, wenn er die Zeichenerzeugungseinrichtung zur Anzeige einzeln unterscheidbarer Zeichen durch einen Prozessor steuerte.

3. Soweit die Beklagte Patentanspruch 1 des Streitpatents weiter hilfsweise unter Beschränkung auf eine "zweite Folge auf dem Bildschirm einzeln unterscheidbarer zweiter alphanumerischer oder Sonderzeichen, die jeweils die Form eines Punktes aufweisen" (dritter Hilfsantrag) verteidigt, kann ihre Verteidigung schon deshalb keinen Erfolg haben, weil eine zweite Folge zweiter Zeichen zur Anzeige des maximalen Pegels des analogen Betriebsparameters in den ursprünglichen Unterlagen nicht offenbart ist, so daß dieses Merkmal eine unzulässige Erweiterung darstellt, aus der Rechte nicht hergeleitet werden können und die bei der Prüfung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit außer Betracht zu bleiben hat.

4. Soweit die Beklagte das Streitpatent schließlich in der Fassung aller Anträge unter Berücksichtigung des vom Bundespatentgericht in seinem Urteil in die Beschreibung eingefügten Disclaimers verteidigt, ist die Prüfung des Streitpatents in den vorstehenden Ausführungen bereits unter Beseitigung der unzulässigen Erweiterung erfolgt. Nimmt man die unzulässige Erweiterung aus den Patentansprüchen heraus, fehlt es danach an der erforderlichen erfinderischen Tätigkeit.

IV. Das Streitpatent ist daher auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten in vollem Umfang mit der Kostenfolge aus § 121 Abs. 2 PatG, §§ 91, 97 ZPO für nichtig zu erklären.

Ende der Entscheidung

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