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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 23.01.2002
Aktenzeichen: X ZR 218/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 407
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 407 Abs. 1
ZPO § 286
ZPO § 139
ZPO § 527
ZPO § 528
ZPO § 278 Abs. 3
ZPO § 528 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 218/99

Verkündet am: 23. Januar 2002

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die Richterin Mühlens sowie den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das am 18. November 1999 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Geschäftsführerin der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "... mit beschränkter Haftung" (nachfolgend: I.), die namens ihrer Mitglieder (...unternehmen) Krankentransportscheine und sonstige Transporte mit den jeweiligen Kostenträgern abrechnet. Die jeweiligen Vergütungsforderungen der Gesellschafter der I. werden unter Abzug einer Provision vorfinanziert und von der Gesellschaft bzw. nach Abtretung durch die Klägerin geltend gemacht.

Die Beklagte ist ein im ... überregional tätiges Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs. Zur Erfüllung ihrer Verkehrs- und Betriebspflichten bedient sie sich auch privater Kraftverkehrsunternehmer, die aufgrund besonderer Vereinbarung eine oder mehrere Linien der Beklagten ganz oder teilweise übernehmen. Im Rahmen dieser Kooperation war auch der Omnibusbetrieb H. M. aus G. von Anfang der 90er Jahre bis zum 31. Mai 1998 für die Beklagte tätig.

Am 9. November 1993 trat C. M. namens des Omnibusbetriebs M. der I. bei, trat ihre Forderungen aus Krankentransporten an diese ab und schloß mit ihr einen Factoring-Vertrag. Am 6. September 1995 erklärte der Omnibusunternehmer H. M. seinen Beitritt zur I. und trat alle zur Abrechnung eingereichten Forderungen aus "Kranken-/Transporten, die ihm gegen den jeweils zuständigen Leistungsträger zustehen", an die I. ab. Gleichzeitig trat er als Mitglied der I. sämtliche gegenwärtigen und künftigen Forderungen der Gemeinschaft gegen sich als Mitglied sowie gegen Dritte an die Klägerin ab. Diese Beitritts- und Abtretungserklärung ging der Beklagten im September 1995 zu.

Für Transportleistungen, die der Omnibusbetrieb M. in den Monaten April bis Juni 1997 der Beklagten erbracht hatte, erstellte die I. der Beklagten entsprechende Abrechnungen vom 30. April 1997, 2. Juni 1997 und 3. Juli 1997 über insgesamt 104.180,14 DM. Dabei wies sie jeweils darauf hin, daß die Forderung an sie abgetreten sei und eine schuldbefreiende Wirkung nur durch Zahlung an sie eintrete. Die Beklagte beglich die Rechnungen teils durch Zahlung an den Omnibusbetrieb M. unmittelbar und teils, nämlich in Höhe von 15.000,-- DM, an die Klägerin.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Vergütung (104.180,14 DM abzüglich 15.000,-- DM) aus abgetretenem Recht sowie weiter aus eigenem Recht auf Zahlung von Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 2.673,75 DM mit der Behauptung in Anspruch, die Beklagte habe in Kenntnis der Abtretung an M. gezahlt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten führte zur Abänderung und zur Klageabweisung. Mit der Revision erstrebt die Klägerin Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der ursprüngliche Forderungsinhaber, das Busunternehmen M., habe seine Forderungen gegen die Beklagte nicht wirksam an die I. abgetreten.

1. a) Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Vertragspartner der Beklagten sei das Omnibusunternehmen H. M., Inhaberin C. M., gewesen. Aus der Beitritts- und Abtretungserklärung vom 9. November 1993 könne die Klägerin keine Rechte herleiten, weil aus diesen allenfalls die I., nicht aber die Klägerin berechtigt sei. Soweit die Beitritts- und Abtretungserklärung vom 6. September 1995 auch eine Abtretung von Forderungen der I. an die Klägerin enthalte, stammten die Erklärungen von dem I.-Mitglied H. M. als Inhaber des Omnibusbetriebs. Ob dieser Betrieb mit dem Omnibusunternehmen H. M., Inhaberin C. M., identisch sei oder die Erklärungen vom 6. September 1995 in Vertretung des Vertragspartners der Beklagten abgegeben worden seien, sei nicht ersichtlich. Die Forderungsabtretung von H. M. vom 6. November 1995 gehe deshalb ins Leere und erfasse nicht die dem Vertragspartner der Beklagten zustehenden Vergütungsforderungen.

b) Diese Ausführungen greift die Revision mit Recht an (§ 286 ZPO); sie beruhen auf einer unvollständigen Berücksichtigung des Parteivorbringens und des Beweisangebots der Klägerin.

Die Parteien haben übereinstimmend vorgetragen, Vertragspartner der Beklagten sei der Omnibusunternehmer H. M. gewesen. Die Beklagte hat lediglich in ihrer Klageerwiderung vorgetragen, sie habe Vertragsbeziehungen zu C. M. gehabt. Ansonsten hat sie stets als Vertragspartner H. M. genannt und von den von ihr für die Lieferungen und Leistungen des Kraftverkehrsunternehmers M. zu erbringenden Zahlungen gesprochen. Die drei vorgelegten Rechnungen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, betreffen Fahrten des H. M., G.. Angesichts des in diesem Punkt übereinstimmenden Vortrags beider Parteien, aber auch angesichts der Namens- und Anschriftenidentität ist das Landgericht davon ausgegangen, daß beide Seiten denselben Omnibusunternehmer H. M. meinen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte C. M. nicht mehr erwähnt, sondern gerügt, es sei nicht ersichtlich, in welcher Form das Omnibusunternehmen H. M. betrieben werde, folglich sei auch nicht erkennbar, ob eine vertretungsberechtigte Person die Zessionen unterschrieben habe. Die Klägerin hat daraufhin für ihre Behauptung, das Busunternehmen M. werde in Form eines Einzelunternehmens betrieben, die jeweiligen Abtretungserklärungen seien von H. M. unterzeichnet, diesen als Zeugen benannt.

Da die Beklagte im Berufungsverfahren nicht einmal gerügt hatte (§ 519 Abs. 3 ZPO a.F.), ihr erstinstanzlicher Vortrag zur angeblichen Beteiligung einer Omnibusunternehmerin C. M. sei übergangen worden, durfte das Berufungsgericht angesichts des übereinstimmenden Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren seine Entscheidung nicht auf diesen überholten Vortrag der Beklagten stützen, ohne diese Frage mit den Parteien zu erörtern. Hatte es trotz der übereinstimmenden Behauptungen der Parteien gleichwohl Zweifel an der Person des Inhabers und an deren Berechtigung zur Forderungsabtretung, hätte es den angebotenen Beweis erheben müssen.

2. a) Das Berufungsgericht hat weiter die Auffassung vertreten, die Klägerin müsse jedenfalls eine Leistung der Beklagten an den Zedenten, den Omnibusunternehmer H. M., gegen sich gelten lassen (§ 407 Abs. 1 BGB), weil die Klägerin nicht dargelegt habe, daß die Beklagte vor ihrer Zahlung positive Kenntnis von der Abtretung der Forderung erlangt habe. Eine solche Kenntnis der Beklagten sei von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls nicht rechtzeitig unter Beweis gestellt worden. Die der Beklagten im September 1995 zugegangene Beitritts- und Abtretungserklärung des H. M. habe der Beklagten allenfalls zur Kenntnis gebracht, daß ihr Vertragspartner bestimmte Forderungen an die I./die Klägerin abgetreten habe, nämlich solche, die er (zur Vorfinanzierung über die I.) bei dieser zur Abrechnung eingereicht habe. Zusätzlich zur Abtretungsanzeige habe daher jeweils eine ausdrückliche Anzeige des bisherigen Gläubigers über die Einreichung zur Abrechnung an die I. oder jedenfalls die Abrechnung durch die I. gegenüber der Beklagten hinzukommen müssen, um bei dieser Kenntnis von der erfolgten Abtretung zu begründen. Die I. bzw. die Klägerin sei aber nach September 1995 nicht so verfahren. Bei den Monatsabrechnungen für September, Oktober und November 1995 habe die Beklagte auf Anweisung des Omnibusunternehmers M. nur Teilbeträge an die I. geleistet. Von Dezember 1995 bis Anfang Mai 1997 habe die Beklagte, wie sie behaupte, weder von der I. noch der Klägerin Abrechnungen oder Zahlungserinnerungen erhalten. Dem sei die Klägerin nicht substantiiert, jedenfalls aber verspätet mit Beweisantritten entgegengetreten. Die Beklagte habe bei der ersten Rechnung der I. von April 1997 nicht davon ausgehen können, daß diese im Zusammenhang mit der Abtretungsanzeige von September 1995 gestanden habe, zumal diese lediglich die Klägerin, nicht aber die I. als Forderungsberechtigte ausgewiesen habe.

b) Auch diese Ausführungen halten im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

aa) Nach § 407 Abs. 1 BGB muß der neue Gläubiger eine Leistung des Schuldners an den alten Gläubiger gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei der Leistung kennt. Die Anwendung des § 407 Abs. 1 BGB setzt eine wirksame Abtretung voraus. Nur wenn die Forderung tatsächlich abgetreten worden ist, soll der Schuldner, der in Unkenntnis an seinen Vertragspartner zahlt, geschützt sein. Dabei schließt lediglich positive Kenntnis die befreiende Wirkung der Leistung aus; Kennenmüssen genügt nicht (BGH, Urt. v. 8.12.1976 - VIII ZR 248/75, NJW 1977, 581). Dieser weitreichende Schutz des Schuldners unterliegt allerdings einer zweifachen Einschränkung. Zum einen begründet der Zugang der Abtretungsanzeige die Vermutung, daß der Schuldner auch (positive) Kenntnis von ihr erlangt hat (RGZ 87, 412, 418). Es ist dann Sache des Schuldners, Umstände darzutun und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich zumindest die ernsthafte Möglichkeit ergibt, daß er dennoch die erforderliche positive Kenntnis von der Abtretung nicht gehabt hat (BGH, Urt. v. 27.2.1962 - VI ZR 260/60, VersR 1962, 515, 516; BGHZ 135, 39, 43). Zum anderen kann dem Schuldner, dessen Kenntnis nicht erwiesen oder nicht zu vermuten ist, nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf seine Unkenntnis zu berufen (BGHZ 135, 39, 44).

Nach diesen Grundsätzen hatte die Beklagte ihre behauptete Unkenntnis der Abtretung bei ihren Zahlungen an den Omnibusunternehmer M. zu beweisen. Die Beklagte hat nämlich unstreitig die Beitritts- und Abtretungs-erklärung des Omnibusunternehmers M. vom 6. September 1995 im September 1995 erhalten. Diese stellte eine Abtretungsanzeige dar, die die Vermutung der positiven Kenntnis der Abtretung begründete.

bb) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, die antizipierte Zession von 1995 sei mangels Abrechnungen der Klägerin oder I. im Zeitraum von Dezember 1995 bis April 1997 erledigt und die Anzeige habe damit keine Wirkung mehr gehabt. Das Berufungsgericht durfte bei seiner Entscheidung nicht von der Richtigkeit dieses Vortrags der Beklagten ausgehen. Die Klägerin hat die Behauptung der Beklagten bestritten, von Dezember 1995 bis April 1997 seien keine Abrechnungen erteilt worden. Sie hat behauptet, daß mindestens seit September 1995 die monatlichen Abrechnungen für die Beförderungsleistungen des Busunternehmers M. von der I. an die Beklagte versandt und mit dem Zusatz versehen worden seien, die Forderungen seien an die I. abgetreten, mit befreiender Wirkung könne nur an die I. gezahlt werden. Dieser Vortrag, den die Klägerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellt hat, war entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht unsubstantiiert, zumal aufgrund der unstreitigen Anzeige vom September 1995 die Vermutung der Kenntnis der Beklagten für die Klägerin focht. Da die Beklagte nach eigenem Vorbringen die Abtretungserklärung von 1995 und die jeweilige Vorfinanzierung der Beförderungsleistungen durch die I. kannte, war der behauptete Umstand der Rechnungsstellung mit dem Hinweis auf die Abtretung ab September 1995 geeignet, der Beklagten die Kenntnis zu vermitteln, daß die bekannte Abtretung nach wie vor Bestand hatte. Angesichts dessen bedeutete es ein Überspannen der Darlegungspflicht durch das Berufungsgericht, von der Klägerin die Darlegung der monatlichen Abrechnungen mit Ausstellungsdaten und Rechnungsbeträgen zu verlangen.

cc) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfolgte der Beweisantritt auch nicht verspätet. Das Berufungsgericht hat es, wie die Revision mit Recht rügt (Verstoß gegen §§ 139, 278 Abs. 3, 527, 528 ZPO a.F.), versäumt, rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung darauf hinzuweisen, daß es bei der Beurteilung der Kenntnis der Beklagten auch dem Zeitraum von September 1995 bis April 1997 Bedeutung beimesse, obwohl später begründete Forderungen geltend gemacht werden. Da das Berufungsgericht zudem die gesetzlichen Voraussetzungen der Zurückweisung nicht festgestellt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Beweisantritt der Klägerin die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte oder daß der Klägerin grobe Nachlässigkeit vorzuwerfen ist (§§ 527, 528 Abs. 2 ZPO a.F.).

c) Der Auffassung des Berufungsgericht könnte auch dann nicht gefolgt werden, wenn angesichts der langen Dauer von etwa 1 1/2 Jahren zwischen der Abtretungsanzeige von September 1995 bis April 1997 von dem Erfordernis einer erneuten Anzeige der Abtretung auszugehen wäre. Die Beförderungsleistungen des Busunternehmers M. sind der Beklagten am 30. April 1997, am 2. Juni 1997 und am 3. Juli 1997 von der I. in Rechnung gestellt worden. Die Rechnungen enthielten jeweils einen Hinweis auf die Abtretung der Forderung an die I.. Die Beklagte hat selbst vorgetragen, diese Rechnungen erhalten zu haben. Hätte das Berufungsgericht diesen unstreitigen Umstand berücksichtigt, hätte es von einer Kenntnis der Beklagten im Sinne des § 407 BGB ausgehen müssen.

Spätestens nach Erhalt der Rechnungen konnte daher die Beklagte nicht mehr befreiend an den Busunternehmer M. leisten. Daß sie vor diesen Zeitpunkten die in Rechnung gestellten Beförderungsleistungen bezahlt hätte, hat die Beklagte nicht behauptet.

II. Das Berufungsgericht hat die Wirksamkeit der zwischen der I. und der Klägerin vorgenommenen Abtretung verneint. Es hat ausgeführt: Sämtliche der I. originär oder aufgrund Abtretung zustehenden Forderungen stünden rechtlich ihren sämtlichen Mitgliedern zur gesamten Hand zu. Grundsätzlich könnten nur sämtliche Mitglieder gemeinschaftlich über Forderungen der I. verfügen. Ob dies anläßlich des Beitritts durch Erklärung möglich sei, erscheine zweifelhaft, jedenfalls sei eine derartige umfassende Globalzession der I. an die Klägerin wegen Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 BGB nichtig.

Auch dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht dessen Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens.

Der Bundesgerichtshof hat mehrfach Globalzessionen als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB gewertet. Er hat den Gedanken, daß umfassende Zessionen sittenwidrig sein können, für Fälle entwickelt, in denen die Zession der Sicherung von Forderungen dienen sollte, etwa wenn die Globalzession nach dem Willen der Vertragspartner auch solche Forderungen umfassen sollte, die der Zedent seinen Lieferanten auf Grund verlängerten Eigentumsvorbehaltes abtreten muß und abtritt (BGHZ 55, 34, 35; BGHZ 98, 303, 315; BGH, Urt. v. 18.4.1991 - IX ZR 149/90, WM 1991, 1273, 1277 = BGHR BGB § 138 Abs. 1 - Globalzession 3; BGH, Urt. v. 16.3.1995 - IX ZR 72/94, WM 1995, 995, 997). Die Sittenwidrigkeit gründet sich in diesen Fällen auf eine unangemessene Lösung des Konflikts zwischen Geld- und Warenkreditgeber. Zur Sicherung der schutzwürdigen Belange des Kreditnehmers und seiner Lieferanten müssen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs Ansprüche aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Globalabtretung in jedem Fall und mit dinglicher, nicht nur schuldrechtlicher Wirkung vorgehen. Sittenwidrigkeit hat der Bundesgerichtshof ferner angenommen, wenn die Deckungsgrenze weder vertraglich festgelegt noch durch Auslegung zuverlässig ermittelt werden kann und durch die vertragliche Gestaltung der Freigabeanspruch des Sicherungsgebers unbillig behindert wird (BGH, Beschl. v. 10.10.1996 - XI ZR 234/95, BGHR BGB § 138 Abs. 1 - Globalzession 6). Diese Grundsätze finden aber, anders als bei unechtem Factoring, das den Kreditgeschäften zugeordnet ist (BGHZ 58, 364; BGHZ 69, 254, 257; BGHZ 82, 50, 61), keine Anwendung auf eine Globalzession, die im Rahmen echten Factorings erfolgt, bei dem es sich um Forderungskauf handelt (BGHZ 100, 353, 358).

Das Berufungsgericht hat keine Gründe und Motive sittenwidrigen Inhalts festgestellt. Es hat in der Verfügung der Gesellschafter der I. einen sittenwidrigen Vorgang gesehen, weil ein Grund für die umfassende Zession von Gesellschaftsforderungen an die Klägerin weder vorgetragen noch ersichtlich sei. Für die Klägerin bestand keine Veranlassung, das der Abtretung zugrunde liegende Treuhandverhältnis näher offen zu legen. Weder das Landgericht noch die Beklagte haben den Vorwurf der Sittenwidrigkeit erhoben.

III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob die Klägerin auf Grund der Beitritts- und Abtretungserklärung vom 6. September 1995 oder durch weitere ausdrückliche oder konkludente Abtretungserklärungen Inhaberin der drei streitgegenständlichen Forderungen geworden ist. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht auch der Frage nachgehen müssen, ob die Abtretungserklärung nur Forderungen aus Krankentransporten gegen die jeweiligen Sozialversicherungsträger erfaßte, wie die Beklagte behauptet, oder sämtliche vorfinanzierten Beförderungsleistungen der Gesellschafter der I., also auch die drei streitgegenständlichen Forderungen aus Beförderungen im öffentlichen Personennahverkehr.

Ende der Entscheidung

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