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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.10.1999
Aktenzeichen: X ZR 26/97
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 288 | |
ZPO § 138 Abs. 3 | |
ZPO § 525 | |
ZPO § 290 | |
ZPO § 532 | |
ZPO § 286 | |
ZPO § 411 Abs. 3 | |
ZPO § 412 | |
ZPO § 523 | |
ZPO § 282 | |
ZPO § 296 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 19. Oktober 1999
Schanz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dipl.-Ing. Frhr. v. Maltzahn, Scharen und die Richterin Mühlens
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Dezember 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Wegen des Einbaus einer Feuerlöschanlage in ihrem Rechenzentrum wandte sich die Klägerin 1991 an die Beklagte, ein Fachunternehmen für Feuerlöschanlagen. Da zur Schonung der Daten und Geräte in dem Rechenzentrum nur ein gasförmiges Löschmittel in Betracht kam, bot die Beklagte eine CO2-Hochdruckanlage an. Im Fall des Einsatzes der Löschanlage mußte der Schutz von Personen, die sich innerhalb der Schutzräume oder in den benachbarten Räumen aufhielten, sichergestellt werden. Der Betriebsrat der Klägerin wollte dem Einbau nur zustimmen, wenn jegliches Gesundheitsrisiko für die Mitarbeiter ausgeschlossen sein würde.
Am 18. Dezember 1991 fand eine Ortsbesichtigung bei der Klägerin statt. Mit Schreiben vom 19. Dezember 1991 teilte die Beklagte der Klägerin mit:
"Wir bestätigen Ihnen gerne nach der Ortsbegehung und Inaugenscheinnahme der Gegebenheiten, daß durch eine Flutung der Schutzbereiche in den Nachbarfluren keine personengefährdende CO2-Konzentration aufgebaut werden kann. Dies setzt eine ordnungsgemäße Funktion der Türschließungseinrichtungen und Feuerschutzklappen in den Schutzbereichen voraus."
Die Parteien schlossen daraufhin am 12./14. Februar 1992 einen Vertrag über den Einbau der CO2-Feuerschutzanlage. Die Beklagte baute die Anlage ein, deren Funktionstauglichkeit außer Streit steht. Die Klägerin zahlte die von der Beklagten verlangte Vergütung von 373.079,45 DM. Von anderen Unternehmen ließ sie Fernmeldeeinrichtungen und eine CO2-Warnanlage einbauen. Ihren Gesamtaufwand gibt sie nunmehr mit 726.686,68 DM an.
Bei einer Abnahme der Anlage durch den Verband der Sachversicherer am 20. März 1993 wurden Raumundichtigkeiten und eine meßbare CO2-Konzentration in benachbarten Räumen festgestellt. Die Beklagte nahm daraufhin Dichtigkeitsprüfungen vor und stellte in ihrem Bericht vom 22. November 1993 fest, "daß im Falle einer CO2-Flutung die beobachtete CO2-Leckrate in den Nachbarbereichen sowohl durch die 'porösen' Wände als auch durch die geschlossenen Lüftungsklappen zustande kommt". Der Hauptteil an abgeströmtem CO2 sei den nicht gasdichten Wänden zuzuordnen.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 681.785,45 DM. Sie meint, die Beklagte habe sie auf die Gasundichtigkeit der Mauern hinweisen müssen; wenn sie dies getan hätte, hätte sie die Anlage nicht in Auftrag gegeben. Die Beklagte hält dagegen, für die fehlerhafte Qualität der Wände habe die Klägerin als Bauherrin einzustehen; sie habe nach dem äußeren Anschein davon ausgehen können, daß die Wände der DIN-Norm entsprächen und deshalb gasdicht seien.
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sachverständig beraten die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils; sie rügt Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hält den mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzanspruch für unbegründet; weder aus einem selbständigen Garantieversprechen noch aus Verletzung von Beratungspflichten stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu.
1. a) Dazu hat das Berufungsgericht im wesentlichen ausgeführt. Ein selbständiges Garantieversprechen könne in der Bestätigung der Beklagten vom 19. Dezember 1991 nicht gesehen werden. Bei einem Werkvertrag mit einem gewerblich tätigen Unternehmer könne nur ausnahmsweise angenommen werden, daß dieser den erkennbaren Willen gehabt habe, die verschuldensunabhängige Haftung für einen über die vertragsgemäße Herstellung des Werkes hinausgehenden Erfolg zu übernehmen. Beide Parteien seien derart geschäftsgewandt, daß sie eine eindeutige Formulierung im Sinne einer Garantie gewählt und in den Werkvertrag aufgenommen hätten, wenn sie die Haftung der Beklagten auch für Schäden hätten vereinbaren wollen, die aus dem Austreten personengefährdender CO2-Konzentrationen in Nebenräumen entstehen konnten.
b) Dies greift die Revision an. Sie meint, das Berufungsgericht habe die Bestätigung vom 19. Dezember 1991 der Beklagten fehlerhaft nur als eine rein tatsächliche Auskunft über das mit der Anlage verbundene Gesundheitsrisiko für die Mitarbeiter der Klägerin und nicht als selbständiges Garantieversprechen angesehen. Diese Deutung verstoße gegen den allgemein anerkannten Grundsatz, daß bei der Auslegung von Willenserklärungen vom Wortlaut auszugehen sei, und gegen das Postulat einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung. Die Rüge hat im Ergebnis keinen Erfolg.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist ein selbständiges Garantieversprechen dadurch gekennzeichnet, daß eine Verpflichtung zur Schadloshaltung übernommen wird, falls der garantierte Erfolg nicht eintritt (BGH, Urt. v. 11.7.1985 - IX ZR 11/85, NJW 1985, 294 f.; BGH, Urt. v. 9.12.1993 - III ZR 94/92, BGHR BGB vor § 765 - Garantievertrag I, jeweils m.w.N.). Der Garant übernimmt die Gewähr für einen über die bloße Vertragsmäßigkeit des Werkes hinausgehenden, noch von anderen Faktoren abhängigen wirtschaftlichen Erfolg (BGH, Urt. v. 5.3.1970 - VII ZR 80/68, BauR 1970, 107, 108; BGH, Urt. v. 8.2.1973 - VII ZR 209/70, WM 1973, 411; BGHZ 65, 107, 110). Welche Bedeutung der Garantieerklärung den Umständen nach zukommt und ob und in welchem Umfang von dem Unternehmer eine besondere Gewähr übernommen worden ist, unterliegt dabei grundsätzlich der tatrichterlichen Auslegung. Diese ist im Revisionsverfahren nur beschränkt überprüfbar, nämlich nur darauf, ob anerkannte Auslegungsgrundsätze, gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind (§§ 133, 157 BGB; st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Urt. v. 25.10.1990 - VII ZR 284/88, WM 1991, 13, 14; Sen.Urt. v. 5.12.1995 - X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783).
bb) Das Berufungsgericht hat zwar - wie die Revision mit Recht rügt - weitgehend auf Feststellungen zum Inhalt des Schreibens vom 19. Dezember 1991 der Beklagten verzichtet; vielmehr hat es seine Überzeugung auf die allgemeine Erfahrung gestützt, daß bei einem Werkvertrag mit einem gewerblich tätigen Unternehmer nur ausnahmsweise angenommen werden könne, dieser wolle eine verschuldensunabhängige Haftung für einen über die vertragsgemäße Herstellung des Werkes hinausgehenden Erfolg übernehmen, und daß geschäftsgewandte Parteien in der Lage sind, das von ihnen Gewollte auch tatsächlich im Vertrag zu formulieren. Beides ist nicht zwingend und enthob das Berufungsgericht nicht der Pflicht, ausgehend vom Wortlaut des Bestätigungsschreibens das von der Beklagten tatsächlich Gewollte durch Auslegung zu ermitteln.
Letztlich greift dieser Fehler jedoch nicht durch. Der Senat kann das Schreiben vom 19. Dezember 1991, das zu den Akten gereicht worden ist, selbst auslegen, da weitere Auslegungsmittel nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind. Die Bestätigung, daß durch eine Flutung der Schutzbereiche in den Nachbarfluren keine personengefährdende CO2-Konzentration aufgebaut werden könne, falls die Türschließeinrichtungen und Feuerschutzklappen in den Schutzbereichen ordnungsgemäß funktionierten, enthält nicht die Erklärung der Beklagten, sie wolle unabhängig von der vertragsgemäßen Herstellung der Anlage bei einer Flutung des Schutzbereichs auch für die Sicherheit in den Nebenräumen einstehen. Gerade der Vorbehalt spricht gegen die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Garantie; denn die Beklagte brachte damit zum Ausdruck, daß sie für Umstände und Beschaffenheit der Räume, auf die sie keinen Einfluß hatte, nicht einstehen wollte. Dem steht nicht entgegen, daß für die Klägerin die Gefahrlosigkeit der Löschanlage für Personen in den angrenzenden Nebenräumen außerhalb der Schutzräume von hervorragender Bedeutung war und deshalb ihre Mitarbeiter anläßlich der Ortsbesichtigung vom 18. Dezember 1991 die Beklagte auf die Bedenken des Betriebsrates und darauf hingewiesen haben, daß diese Bedenken maßgeblich für die Erteilung des Auftrages seien. Die Beklagte mag sich zwar der zentralen Bedeutung ihrer Erklärung für die Zustimmung des Betriebsrates und damit für den Abschluß des Vertrages bewußt gewesen sein. Daraus folgt aber nicht, daß sie über die vertragsgemäße Leistung hinaus für alle Gefährdungen außerhalb der Schutzräume verschuldensunabhängig einstehen wollte.
c) Ohne Erfolg rügt die Revision ferner, das Berufungsgericht habe das Vorliegen einer unselbständigen Garantie rechtsfehlerhaft nicht geprüft; vertraglich versprochen sei nicht nur die Funktionstüchtigkeit der Anlage, sondern auch die Gefahrlosigkeit für die Mitarbeiter der Klägerin.
Eine unselbständige Garantie liegt vor, wenn der Unternehmer sich verschuldensunabhängig verpflichtet, für einen bestimmten Erfolg im Rahmen eines Vertrages einzustehen, selbst wenn das Fehlen des Erfolges nicht auf einem von ihm zu vertretenden Umstand beruht (Palandt/Thomas, BGB, 58. Aufl., Vorbem. v. § 633 Rdn. 7). Ist ein selbständiges Garantieversprechen nicht gegeben, weil ein vom Verschulden unabhängiger Verpflichtungswille der Beklagten nicht festzustellen ist, so scheidet auch eine unselbständige Garantie aus; denn die verschuldensunabhängige Haftung ist beiden Rechtsinstituten gemeinsam.
2. Das Berufungsgericht hat ferner einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus Werkvertrag verneint.
a) Es hat dabei angenommen, daß die Klägerin Schadensersatz verlangen kann, wenn die Beklagte ihrer vor- oder nebenvertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflicht im Rahmen des Werkvertrages vom 12./14. Februar 1992 nicht nachgekommen und der geltend gemachte Schaden hierdurch entstanden ist. Es hat weiter angenommen, daß der Unternehmer im Rahmen seiner besonderen Fachkunde zur umfassenden Aufklärung und Beratung des Bestellers verpflichtet sei und daß an diese Pflichten strenge Anforderungen zu stellen seien. Das Berufungsgericht hat deshalb die Beklagte für verpflichtet angesehen, die Klägerin über die in Betracht kommenden Möglichkeiten zu beraten, eine Gefährdung von Personen in den Nebenräumen durch abströmendes CO2 zu verhindern. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach der Unternehmer verpflichtet ist, den Besteller des Werkes über alle Umstände aufzuklären, die der Besteller nicht kennt, deren Kenntnis aber für seine Willensbildung und seine Entschlüsse von Bedeutung ist. Er muß deshalb z.B. auf die Brauchbarkeit einer noch unerprobten Technik hinweisen (BGH, Urt. v. 24.9.1992 - VII ZR 213/91, DB 1993, 1281) und hat eine umfassende Aufklärungs- und Beratungspflicht beim Angebot einer technischen Anlage über Gestaltung und Verwendbarkeit, damit sie den Zwecken und Bedürfnissen des Bestellers entspricht, der über dieses Wissen nicht verfügt (BGH, Urt. v. 9.7.1987 - VII ZR 208/86, BB 1987, 1843, 1844).
Diesen rechtlichen Ansatz greift die Revision nicht an. Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
b) Das Berufungsgericht hat sodann ausgeführt, die Beklagte habe ihren vertraglichen Aufklärungs- und Beratungspflichten genügt, indem sie in ihrer schriftlichen Auskunft vom 19. Dezember 1991 auf das Erfordernis der ordnungsgemäßen Funktion von Türschließeinrichtungen und Feuerschutzklappen hingewiesen habe. Da die baulichen Maßnahmen zu den bauseitigen Leistungen der Auftraggeberin gehört hätten, habe die Beklagte nicht mit einer Gasundichtigkeit der Wände rechnen können, die zu einer personengefährdenden CO2-Konzentration in den Nebenräumen habe führen können. Jedenfalls habe die Beklagte weder pflichtwidrig noch schuldhaft gehandelt, wenn sie einen Hinweis auf die Gasundichtigkeit der Wände als Gefahrenquelle unterlassen habe.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis nicht stand.
aa) Allerdings kann die Revision nicht mit Erfolg geltend machen, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung fehlerhaft nicht berücksichtigt, daß die Beklagte bereits in der ersten Instanz zugestanden habe, die Gasundichtigkeit der Wände sei ausschließlich Ursache für eine personengefährdende CO2-Konzentration in den dem Schutzbereich benachbarten Räumen. Das ergebe sich auch im Zusammenhang mit dem vorprozessualen Schreiben der Beklagten vom 21. Februar 1994, das das Berufungsgericht bei der Auslegung nicht herangezogen habe.
Das Revisionsgericht kann überprüfen, ob eine Prozeßhandlung einer Partei die vom Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen für ein Geständnis nach § 288 ZPO erfüllt (BGH, Urt. v. 12.3.1991 - XI ZR 85/90, NJW 1991, 1683; BGH, Urt. v. 11.3.1992 - VIII ZR 291/90, BGHR ZPO § 288 - Geständniswille 2; BGH, Urt. v. 7.7.1994 - IX ZR 115/93, NJW 1994, 3109). Mit Recht hat das Berufungsgericht die Erklärung der Beklagten in ihrer Klageerwiderung, Ursache für eine personengefährdende CO2-Konzentration in den umlaufenden Gängen sei ausschließlich die Undichtigkeit der Wände der Schutzräume, die mangelhaft erstellt worden seien, nicht als gerichtliches Geständnis, sondern lediglich als Nichtbestreiten im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO gewertet. Daher ist die Beklagte entgegen der Auffassung der Revision nicht mit ihrer Behauptung ausgeschlossen, daß CO2-Abströmungen durch das Mauerwerk nicht allein für den Aufbau personengefährdender CO2-Konzentrationen in den Nebenräumen ausreichten, sondern diese erst durch ein Hinzutreten der Abströmverluste an den Feuerschutz- und Lüftungsklappen herbeigeführt würden.
Eine Partei ist nämlich nicht gehindert, ihr Vorbringen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Sie ist auch in der Berufungsinstanz nicht an ihr erstinstanzliches Vorbringen gebunden (vgl. § 525 ZPO). Eigene Behauptungen darf jede Partei bis zum Schluß der letzten Tatsachenverhandlung beliebig widerrufen (BGH, Urt. v. 29.9.1989 - V ZR 326/87, NJW 1990, 392, 393 m.w.N.), soweit nicht die Wahrheitspflicht oder die Grundsätze von Treu und Glauben Schranken setzen. Lediglich ein gerichtliches Geständnis gemäß § 288 ZPO, die Erklärung also, daß eine von der Gegenseite behauptete Tatsache wahr ist (BGH, Urt. v. 7.7.1994 - IX ZR 115/93, NJW 1994, 3109), entfaltet eine, durch § 290 ZPO beschränkte Bindungswirkung (§ 532 ZPO). Ein Geständnis setzt ein übereinstimmendes Parteivorbringen voraus; nur deshalb bedarf es keines Beweises.
Dies ist hier nicht der Fall. Die Klägerin hat nicht behauptet, die Ursache der CO2-Abströmungen sei ausschließlich in der Undichtigkeit der Wände zu suchen. Die Klageschrift, auf die die Beklagte mit ihrem Schriftsatz vom 21. September 1994 erwidert hat, enthält nicht eine solche Behauptung. Die Klägerin weist lediglich referierend auf das Schreiben der Beklagten vom 5. November 1993 hin, wonach der Hauptteil an abgeströmtem CO2 den nicht gasdichten Wänden zuzuordnen sei. Die Vorinstanzen haben einen übereinstimmenden Vortrag der Parteien auch nicht festgestellt.
bb) Mit Recht rügt die Revision hingegen, daß das Berufungsgericht den rechtzeitig vorgetragenen Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen K. nicht nachgegangen ist und sich hierdurch nicht veranlaßt gesehen hat, die mündliche Anhörung des Sachverständigen oder die Ergänzung des Gutachtens von Amts wegen anzuordnen (§§ 286, 411 Abs. 3 ZPO).
Zur Erläuterung des Gutachtens kann das Gericht den Sachverständigen von Amts wegen laden (§ 411 Abs. 3 ZPO) oder eine schriftliche Gutachtenergänzung herbeiführen. Es muß dies unter anderem tun, wenn das Gutachten in einem entscheidungserheblichen Punkt unklar oder zweifelhaft ist (BGH, Urt. v. 27.5.1982 - III ZR 201/80, NJW 1982, 2874; Sen.Urt. v. 29.11.1988 - X ZR 112/87, BGH NJW-RR 1989, 953, 954), wenn die Partei substantiierte, nicht von vornherein widerlegbare Einwendungen gegen das Gutachten erhebt (vgl. § 411 Abs. 4 ZPO; BGH, Urt. v. 3.6.1986 - VI ZR 95/85, NJW 1986, 2886), insbesondere in Form eines Privatgutachtens (BGHZ 98, 32, 40; BGH, Urt. v. 9.11.1990 - V ZR 108/89, BGHR ZPO § 402 - Privatgutachten 1; BGH, Urt. v. 10.12.1991 - VI ZR 234/90, NJW 1992, 1459), oder die Ladung des Sachverständigen beantragt (BGH, Urt. v. 15.6.1994 - VIII ZR 237/93, NJW 1994, 2959). Das Gericht muß darauf hinwirken, daß vorhandene Aufklärungsmöglichkeiten zur Beseitigung von Zweifeln und Unklarheiten des Gutachtens nicht ungenutzt bleiben (BGH, Urt. v. 24.2.1987 - VI ZR 295/85, BGHR ZPO § 411 Abs. 3 - Anhörung 2; BGH, Urt. v. 10.12.1991 - VI ZR 234/90, NJW 1992, 1459). Es muß Einwendungen nachgehen und den Sachverhalt weiter aufklären (BGH, Urt. v. 6.3.1986 - III ZR 245/84, NJW 1986, 1928, 1930; BGH, Urt. v. 10.12.1991 - VI ZR 234/90, BGHR ZPO § 411 Abs. 3 - Ermessen 2).
Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Die Klägerin hat zwar nicht ausdrücklich die mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen beantragt. Sie hat aber in ihrem Schriftsatz vom 21. September 1996 fristgerecht Einwendungen gegen die Ausführungen des Sachverständigen erhoben und geltend gemacht, der Sachverständige habe nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb die Beklagte als Fachbetrieb für Feuerlöschanlagen zwar mit einer geringen Abströmung habe rechnen müssen, nicht aber damit, daß die Wände gasdurchlässig sein könnten und daß jedenfalls ein Unsicherheitsfaktor bestehen könnte, den die Beklagte habe ausräumen müssen. Eine nur visuelle Prüfung sei nicht geeignet, die Dichtigkeit der Wände festzustellen. Weiter hat die Klägerin Bedenken dagegen geäußert, daß der Sachverständige seine Ausführungen im wesentlichen aufgrund von Rückfragen bei Mitarbeitern der Technischen Prüfstelle des Verbandes der Schadensversicherer in K. und D. gemacht hat, obwohl der Verband nur für die Prüfung der Funktionsfähigkeit der Löschanlage zuständig sei und deshalb zu Schadensfällen aufgrund der Gasdurchlässigkeit von Wänden nichts sagen könne.
Diese Einwendungen der Klägerin waren auch nicht von vornherein widerlegbar. Der Sachverständige hat den baulichen Zustand der Wände der Schutzräume begutachtet und an diesen Risse sowie nicht ordnungsgemäß verputzte Außenwände festgestellt. Er hat auch im einzelnen dargelegt, was ein Fachbetrieb für Feuerschutzanlagen bei der Installation von CO2-Anlagen beachten muß. Insbesondere hat er darauf hingewiesen, daß nach Ziffer 4.6 der "Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz beim Einsatz von CO2-Feuerlöschanlagen" Räume, die durch Löschanlagen geschützt werden sollen, so beschaffen sein müßten, daß Löschmittel nicht unbeabsichtigt in Mengen entweichen könnten, durch die Personen in angrenzenden Räumen gefährdet werden könnten. Grundsätzlich sollte danach die Dichtigkeit derartiger Räume geprüft werden. Das gelte insbesondere dann, wenn durch Umbau, Neuinstallation oder Änderung der Installation veränderte Gegebenheiten entstünden. Er hat sodann aber daraus, daß nach den "Standardvertragsbedingungen" der Löschanlagenhersteller bauliche Maßnahmen wie das Schließen von Rohr- und Kabeldurchführungen zu den bauseitigen Leistungen gehören, geschlossen, daß die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, die Gasdichtigkeit der Wände zu überprüfen. Hätte das Berufungsgericht auf die Einwendungen der Klägerin den gerichtlichen Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens geladen, wäre dieser Fehlschluß mit großer Wahrscheinlichkeit vermieden worden.
Jedenfalls hätte die von der Klägerin vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Technischen Überwachungsvereins Südwestdeutschland e.V. vom 3. Dezember 1996 das Berufungsgericht veranlassen müssen, den Sachverhalt zu den entscheidenden Fragen, auf welcher Ursache die CO2-Abströmungen beruhten und ob die Beklagte angesichts des Zustandes der Wände mit personengefährdenden Abströmungen durch diese habe rechnen müssen, weiter aufzuklären, weil die Stellungnahme zu einem dem gerichtlichen Sachverständigen widersprechenden Ergebnis gelangte.
cc) Das Berufungsgericht durfte die Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen nicht deshalb ablehnen, weil nicht zu erwarten gewesen sei, daß der Sachverständige K. bei der mündlichen Anhörung einen von seiner schriftlichen Begutachtung abweichenden Standpunkt vertreten werde. Diese Erwägungen sind als vorweggenommene Beweiswürdigung unzulässig (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.1996 - VIII ZR 186/94, NJW 1996, 1541).
Ebensowenig durfte das Berufungsgericht die mündliche Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen, die Ergänzung seines Gutachtens oder die Einholung eines neuen Gutachtens (§§ 411 Abs. 3, 412 ZPO) mit der Begründung verweigern, das am 4. Dezember 1996 vorgelegte Gutachten des TÜV enthalte neue Tatsachen, die nach den §§ 523, 282, 296 Abs. 2 ZPO wegen Verspätung nicht zuzulassen seien.
Nach den §§ 523, 282, 296 ZPO kann das Gericht neues Vorbringen im zweiten Rechtszug zurückweisen, das eine Partei nach Ablauf einer vom Berufungsgericht gesetzten Frist vorgetragen hat, ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt. Die Klägerin hat das Gutachten des TÜV erst nach Ablauf der ihr für ihre Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten eingeräumten Frist vorgelegt. Eine Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits wäre durch die Zulassung des neuen Vorbringens allerdings nicht eingetreten. Hätte nämlich das Berufungsgericht bereits auf die rechtzeitig eingegangenen Einwendungen der Klägerin mit Schriftsatz vom 21. September 1996 den Sachverständigen mit prozeßleitender Verfügung zur mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 1996 geladen, wozu es nach Eingang des Schriftsatzes hinreichend Zeit hatte, hätten auch die Tatsachen, die den TÜV zu einer abweichenden Beurteilung veranlaßt haben, von dem gerichtlichen Sachverständigen aber nicht erkennbar berücksichtigt worden sind, erörtert werden können.
II. Das angefochtene Urteil beruht auf den aufgezeigten Verfahrensfehlern. Es ist deshalb aufzuheben. Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Revision zu entscheiden hat. Es ist derzeit nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß das Berufungsgericht nach Anhörung und Befragung des gerichtlichen Sachverständigen unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin oder nach Einholung eines weiteren Gutachtens zu dem Ergebnis kommen wird, daß die Beklagte unter Berücksichtigung des vorgefundenen baulichen Zustandes der Schutz- und Nebenräume mit einem Sicherheitsrisiko rechnen und die Klägerin deshalb entsprechend beraten mußte.
Ende der Entscheidung
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