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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.11.1999
Aktenzeichen: X ZR 45/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 234 Abs. 1 | |
ZPO § 234 Abs. 2 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 | |
BGB § 1902 | |
BGB § 166 Abs. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
30. November 1999
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 30. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I. Mit Schriftsatz vom 21. August 1998, der am 24. August 1998 beim Bundesgerichtshof einging, hat die Klägerin, vertreten durch ihre damalige Betreuerin, Frau H. W., Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Revisionsverfahrens gegen das ihr zu Händen ihrer Prozeßbevollmächtigten am 23. Juli 1998 zugestellte Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Juli 1998 beantragt. In der vorgelegten Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse vom 18. August 1998 war die Frage nach vorhandenen Sparguthaben durch die damalige Betreuerin verneint worden. Mit Beschluß des Amtsgerichts Wesel vom 17. September 1998 wurde die bisherige Betreuerin entlassen und Herr H. H. zum neuen Betreuer bestimmt. Auf Anfrage des neuen Betreuers der Klägerin teilte die Sparkasse K. mit Schreiben vom 29. September 1998 diesem mit, daß auf den Namen der Klägerin ein Guthaben über 70.084,42 DM bei der Sparkasse geführt werde. Der neue Betreuer der Klägerin wies mit Schreiben vom 21. Oktober 1998 die Prozeßbevollmächtigten der Klägerin darauf hin, daß er Kopien des Prozeßkostenhilfeantrags erhalten habe; er werde seine Entscheidung, das Verfahren weiterzuführen oder zu beenden, vom Ausgang des Prozeßkostenhilfeantrags abhängig machen.
Mit Beschluß vom 17. Februar 1999 hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe abgelehnt, weil im Hinblick auf das vorhandene Bankguthaben die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht dargetan sind. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 22. Februar 1999 hat die Klägerin am 8. März 1999 Revision eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist beantragt.
II. Der Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unzulässig, weil er nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gestellt worden ist. Diese Frist begann mit dem Tage, an dem das der Revisionseinlegung entgegenstehende Hindernis behoben war (§ 234 Abs. 2 ZPO).
Nach § 233 ZPO ist Voraussetzung für die Gewährung der Wiedereinsetzung, daß die Partei die Frist ohne ihr Verschulden nicht einhalten konnte. Das durch die Bedürftigkeit einer Partei begründete Unvermögen, einen Rechtsanwalt mit der Einlegung des Rechtsmittels zu beauftragen, stellt grundsätzlich ein unverschuldetes Hindernis im Sinne dieser Vorschrift dar.
Ein Rechtsmittelführer, der, wie die Klägerin, innerhalb der Rechtsmittelfrist die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt hat, ist bis zur Entscheidung über den Antrag so lange ohne sein Verschulden an der Einlegung des Rechtsmittels verhindert, als er nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit der Ablehnung seines Antrags wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen muß (vgl. BGH, Beschl. v. 13.07.1988 - IVb ZR 19/88, FamRZ 1988, 1153, 1154). Vorliegend ist aufgrund der in der eidesstattlichen Versicherung vom 5. März 1999 gemachten Angaben der vormaligen Betreuerin zugunsten der Klägerin davon auszugehen, daß der Betreuerin die Weiterexistenz des Sparguthabens bei der Sparkasse K. bei Stellung des Prozeßkostenhilfeantrags nicht bekannt war. Daß es insoweit auf die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen des Betreuers als gesetzlicher Vertreter der Klägerin ankommt, ergibt sich aus § 1902 BGB in Verbindung mit § 166 Abs. 1 BGB.
Nach Erhalt des Schreibens der Sparkasse vom 29. September 1998 am 1. Oktober 1998 konnte der neue Betreuer aber erkennen, daß die Voraussetzungen für eine Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bei einem nach Abzug der Kostenerstattungsansprüche noch vorhandenen Bankguthaben in Höhe von 55.568,-- DM nicht erfüllt waren, so daß er mit der Ablehnung des Gesuchs rechnen mußte. Die Kostenerstattungsansprüche der Prozeßgegner hat der Senat bei der Entscheidung über das Prozeßkostenhilfegesuch mit 14.516,-- DM berücksichtigt. Auch jetzt ist nicht dargetan, daß darüber hinausgehende Kostenerstattungsansprüche bestehen, nachdem mit dem Wiedereinsetzungsgesuch vorgetragen wird, daß 14.156,09 DM auf Kostenerstattungsansprüche überwiesen worden seien. Soweit in dem Wiedereinsetzungsgesuch vom 8. März 1999 weiter vorgebracht wird, daß zum damaligen Zeitpunkt die Vergütung für die Betreuertätigkeit von Frau W. noch ausgestanden sei und auch Herr H. noch keine Vergütung für seine bisherige Betreuertätigkeit erhalten habe, ist darauf hinzuweisen, daß damit konkrete Verbindlichkeiten nicht belegt, geschweige denn glaubhaft gemacht sind (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Nach der Kenntnisnahme des neuen Betreuers vom vorhandenen Bankguthaben in Höhe von über 70.000,-- DM Anfang Oktober 1998 war die Klägerin, die sich insoweit das Wissen ihres Betreuers zurechnen lassen muß, trotz weiterlaufenden Prozeßkostenhilfeverfahrens nicht mehr schuldlos verhindert, das Rechtsmittel der Revision einzulegen. Die danach einsetzende Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung war bei der Anbringung des Gesuchs im März 1999 längst abgelaufen.
Ende der Entscheidung
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