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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.02.2005
Aktenzeichen: X ZR 47/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 563 Abs. 1 Satz 2
BGB § 649
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 47/03

Verkündet am: 15. Februar 2005

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das am 14. März 2003 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als die weitergehende Klage abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen als den 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger hat den Beklagten als Inhaber eines Fahrzeugreparaturbetriebs auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines von seinem damaligen Prozeßbevollmächtigten gekündigten Vertrags über umfassendes Tuning seines gebrauchten Fahrzeugs Chevrolet Corvette in Höhe des in der Hauptsache von ihm zuletzt auf 117.231,06 DM bezifferten Erfüllungsschadens wie auch aus unerlaubter Handlung in Anspruch genommen. In erster Instanz hatte die Klage in der Hauptsache in Höhe von 50.000 DM Erfolg. Das die beiderseitigen Berufungen zurückweisende Berufungsurteil wurde auf die Revision des Klägers durch Urteil des erkennenden Senats vom 16. Mai 2000 (Az.: X ZR 109/97) aufgehoben, mit dem der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde. Mit dem zweiten Berufungsurteil hat das Berufungsgericht nach ergänzender Beweisaufnahme das erstinstanzliche Urteil auf die Berufungen der Parteien dahin abgeändert, daß der Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage in der Hauptsache zur Zahlung von 6.203,15 EUR (entsprechend 12.132,30 DM) verurteilt wurde. Die vom Senat zugelassene Revision des Klägers richtet sich gegen die teilweise Klageabweisung; mit ihr wird die ursprüngliche Klageforderung weiter verfolgt. Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist. Der Senat hat dabei von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht, wobei er entsprechend dem nach dem Geschäftsverteilungsplan des Berufungsgerichts geltenden Turnus dessen 8. Zivilsenat von der weiteren Befassung ausgenommen hat (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 563 Rdn. 4, 5).

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe gegenüber dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nach fristloser Kündigung des Werkvertrags in Höhe von 12.132,30 DM (6.203,15 EUR) zu. Das Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 9. Juli 1991 hat das Berufungsgericht als Erklärung der fristlosen Kündigung gewertet. Diese sei wirksam gewesen, weil es dem Kläger nicht mehr zumutbar gewesen sei, das Vertragsverhältnis fortzuführen. Wiederholt zugesagte Fertigstellungstermine seien nicht eingehalten worden, die durchgeführten Arbeiten seien teilweise nicht brauchbar, teilweise nicht TÜV-fähig gewesen. Die fristlose Kündigung schließe einen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung nicht aus. Dieser sei auf das Erfüllungsinteresse gerichtet, weshalb Mehrkosten eingeschlossen seien, die der Kläger hätte aufwenden müssen, um den Erfolg durch Einschaltung von Drittunternehmern zu erreichen. Im einzelnen hat das Berufungsgericht folgende Schadenspositionen anerkannt:

Motor 11.000,00 DM Schaltgestänge 684,00 DM Auspuffanlage 3.106,50 DM TÜV-Abnahme 2.500,00 DM Teppichsatz 1.966,95 DM Lackierung 1.596,00 DM Innenreinigung 746,81 DM Felgenreparatur 425,30 DM Fahrwerk 11.000,00 DM Abschleppkosten 795,72 DM Transport- und Verwahrkosten 613,89 DM Nutzungsausfall 1.960,00 DM Erlöse ausgebaute Teile 5.000,00 DM Ölkühler 798,00 DM Elektrolüfter 832,30 DM Kühler HD-Ausführung 1.350,90 DM Zündung einstellen 165,30 DM Ventileinstellung 258,78 DM Achsvermessung 302,10 DM Gesamtkosten: 45.102,55 DM zuzüglich Anzahlung des Klägers 30.000,00 DM Summe: 75.102,55 DM abzüglich Leistungen des Beklagten 43.970,25 DM 4.000,00 DM Saldo: 27.132,30 DM abzüglich Veräußerungserlös 15.000,00 DM zu zahlen mithin: 12.132,30 DM

II. 1. Die Revision greift den rechtlichen Ausgangspunkt des angegriffenen Urteils, nach dem der Kläger nach seiner außerordentlichen Kündigung Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung verlangen kann und dieser Anspruch auf das Erfüllungsinteresse gerichtet ist, in der Sache nicht an. Insoweit unterliegt das Berufungsurteil auch, wie sich bereits aus dem ersten Revisionsurteil ergibt, keinen rechtlichen Bedenken. Die Revision macht jedoch geltend, die Wertlosigkeit der Arbeiten des Beklagten werde außer Betracht gelassen. Dem Kläger sei als Mindestschaden der Schaden zu ersetzen, um den der Wertverlust und die Anzahlungen von 30.000 DM den Nichterfüllungsschaden überstiegen.

2. Dem Angriff kann im Ergebnis der Erfolg nicht versagt bleiben. Die Abrechnung des Berufungsgerichts stellt keine ausreichende Berechnung des Schadensersatzanspruchs des Klägers dar. Diese wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug nachzuholen sein.

a) Das Berufungsurteil leidet schon im Ausgangspunkt daran, daß das Berufungsgericht nicht ausreichend geklärt hat, welche Schadensersatzansprüche in welchem Verhältnis zueinander geltend gemacht werden können und geltend gemacht werden. Soweit der Kläger das Erfüllungsinteresse geltend macht, müßte er so abrechnen, wie wenn er selbst seine Verpflichtungen aus dem Werkvertrag erfüllt hätte. Insbesondere kann der Kläger nicht verlangen, daß er vom Beklagten eine Wertverbesserung erhält, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, daß es gerade bei Liebhaberfahrzeugen nicht als zwingend erscheint, der seitens des Beklagten geschuldete Aufwand führe zu einer entsprechenden Werterhöhung des Fahrzeugs. Der Kläger kann auch nicht ohne weiteres einen Wertverlust neben einem Anspruch auf einen entsprechenden Aufwand zu dessen Beseitigung geltend machen.

b) Das Berufungsgericht hat entsprechend den Vorgaben des Senats im ersten Revisionsurteil auf der Grundlage des Ersatzes des Erfüllungsinteresses abgerechnet und dieses mit 45.102,55 DM bewertet; dabei hat es allerdings nur solche Positionen angesetzt, die Kosten für den Kläger darstellen. Die geleisteten Anzahlungen von 30.000 DM hat es hinzugerechnet. Nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht die vom Kläger geltend gemachte geschuldete Werterhöhung. Dagegen kann bei einer Abrechnung auf der Grundlage des Erfüllungsinteresses nicht der behauptete Wertverlust geltend gemacht werden, denn bei ordnungsgemäßer Ausführung der Arbeiten wäre dieser, wie der erkennende Senat bereits in seinem ersten Revisionsurteil ausgeführt hat, nicht eingetreten.

c) Nicht beigetreten werden kann dem Berufungsgericht darin, daß es die Aufwendungen des Beklagten insgesamt zu dessen Gunsten berücksichtigt hat (43.970,25 DM und 4.000 DM). Dies ist nur für den Fall einer tatsächlichen Werterhöhung bei einer Kündigung nach § 649 BGB gerechtfertigt (Revisionsurteil X ZR 109/97, Umdruck S. 6). Auf die Kündigung aus wichtigem Grund ist § 649 BGB aber nicht anzuwenden (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 649 Rdn. 10). Eine Vergütung für die Aufwendungen des Unternehmers ist hier jedenfalls dann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt geschuldet, wenn das Werk nicht nachbesserungsfähig und damit für den Besteller wertlos war (BGHZ 136, 33, 39 m.w.N.; Sen.Urt. v. 25.3.1993 - X ZR 17/92, NJW 1993, 1972). Hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt, obwohl sich eine dahingehende Annahme nach den Feststellungen im zweiten Berufungsurteil jedenfalls aufdrängte. Damit fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für eine Saldierung mit den vom Beklagten in Rechnung gestellten Beträgen. Auch der Restwert kann auf der vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Schadensberechnungsmethode nicht zu Lasten des Klägers abgesetzt werden; hierzu hätte es einer Berechnung über den Wertverlust und nicht über das Erfüllungsinteresse bedurft, die das Berufungsgericht bisher nicht vorgenommen hat. Schon von daher kann das zweite Berufungsurteil keinen Bestand haben, ohne daß es auf die weitere Abrechnung eines Mindestschadens durch die Klägerin und die dazu erhobenen Verfahrensrügen ankäme.

d) Soweit die Revision weiter geltend macht, der Kläger sei berechtigt, seinen Schaden hilfsweise so geltend zu machen, daß er die geleisteten Anzahlungen von 30.000 DM und den von ihm auf zunächst 25.500 DM, später 27.500 DM bezifferten Wertverlust verlange, kommt es darauf derzeit nicht an, weil der Schaden wegen Nichterfüllung jedenfalls unter Weglassung von Werklohnansprüchen und Restwert bereits einen höheren Betrag erreichen kann. Von daher kommt es derzeit auch nicht auf die Gegenrüge des Beklagten an, daß der geltend gemachte Wertverlust der Lebenserfahrung widerspreche. Sofern es im weiteren Verlauf des Verfahrens noch zu einer Abrechnung über den Wertverlust kommen sollte, wird das Berufungsgericht entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

e) Wieweit deliktische Ansprüche weiterführen können, zeigt die Revision nicht auf.

III. Auf die vorsorglichen Revisionsrügen kommt es für die Entscheidung über die Revision nicht an:

1. Da die vertraglich geschuldete und berechnete Vergütung jedenfalls nicht ohne weiteres in die Saldierung eingestellt werden kann, ist die Rüge, diese sei den nach Auffassung des Berufungsgerichts geschuldeten Werkleistungen anzupassen gewesen, im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich.

2. Zur Berücksichtigung des Veräußerungserlöses bei der Schadensberechnung wird auf die Ausführungen oben unter II. 2. verwiesen. Die in diesem Zusammenhang erhobene weitere Rüge, das Berufungsgericht habe eine Rechnung mit einer Gutschrift verwechselt, kann nur dann erheblich sein, wenn die Werklohnforderung des Beklagten bei der Abrechnung zu berücksichtigen ist. Sollte es im weiteren Verfahren auf diesen Betrag ankommen, wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob einer etwaigen Gutschrift ein Geldfluß an den Kläger entsprach.

IV. Das Berufungsgericht wird bei seiner erneuten Befassung zunächst - gegebenenfalls auf der Grundlage weitergehender Erklärungen des Klägers als bisher - zu klären haben, auf welcher Grundlage der Schadensersatzanspruch des Klägers zu berechnen ist. Hiernach wird es zu beurteilen haben, welche Positionen zugunsten des Klägers und des Beklagten zu berücksichtigen sind. Erst auf dieser Grundlage wird es eine Saldierung vornehmen können.

Ende der Entscheidung

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