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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.09.2006
Aktenzeichen: X ZR 49/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 91 a | |
ZPO § 91 a Abs. 1 | |
ZPO § 91 a Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 92 Abs. 2 Nr. 1 | |
ZPO § 139 | |
ZPO § 531 | |
ZPO § 531 Abs. 2 | |
BGB § 284 Abs. 2 a.F. | |
BGB § 284 Abs. 2 Satz 1 a.F. | |
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1 | |
BGB § 307 | |
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 | |
BGB § 315 Abs. 3 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 19. September 2006
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richterinnen Ambrosius und Mühlens und die Richter Asendorf und Dr. Kirchhoff
beschlossen:
Tenor:
Der Beklagte trägt die Kosten des ersten Rechtszugs. Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin 44 % und dem Beklagten 56 % auferlegt. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 63 % und der Beklagte zu 37 %.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 755,71 € und der des Revisionsverfahrens auf 523,79 € festgesetzt.
Gründe:
Die Parteien streiten nur noch über die Kosten des in der Hauptsache für erledigt erklärten Rechtsstreits.
I. Die Klägerin, eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, welche auf der Grundlage eines Anschluss- und Benutzungszwangs die Abfallentsorgung und Straßenreinigung im Land B. als öffentliche Aufgabe, aber in den Formen des Privatrechts betreibt, hat zunächst den damaligen Grundstückseigentümer (im Folgenden: Erblasser) und nach dessen Tod seinen Erben, den jetzigen Beklagten, auf rückständiges Straßenreinigungs- und Abfallbeseitigungsentgelt für die Jahre 2001 bis 2003 nebst gestaffelten Verzugszinsen in Anspruch genommen. Im Berufungs- und im Revisionsverfahren haben die Parteien nur noch über die Zinsen gestritten.
Die Klägerin hat Verzugszinsen jeweils ab Mitte des Quartals verlangt. Sie hat ihren Anspruch auf die kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit gestützt, die sowohl in ihren Leistungsbedingungen enthalten war, in denen die Fälligkeit des Entgelts in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines jeden Jahres festgelegt war, als auch in den von ihr jeweils zu Beginn des Jahres im Voraus erteilten Rechnungen, in denen, wie sie vorgetragen hat, ebenfalls die quartalsmäßige Fälligkeit zu den genannten Daten festgesetzt wurde. Im ersten Rechtszug hat die Klägerin jedoch diese ursprünglichen Jahresrechnungen nicht vorgelegt, sondern nur die drei geringfügig reduzierten Änderungsrechnungen vom 22. und 23. April 2003 für die Jahre 2001, 2002 und 2003 eingereicht, die jeweils den Hinweis enthielten, der geänderte Rechnungsbetrag sei am 15. Mai 2003 fällig.
Das Landgericht, das der Hauptforderung der Klägerin stattgegeben hat, hat ihr Zinsen erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen. Mit der Berufung hat die Klägerin den abgewiesenen Teil ihres Zinsanspruchs weiterverfolgt und die ursprünglichen Rechnungen vom 18. Januar 2001 für das Jahr 2001 und vom 16. Januar 2002 für 2002 vorgelegt, deren Versendung der Erblasser jedoch bestritten hat. Das Berufungsgericht hat ihr weitere Verzugszinsen seit dem 16. Mai 2003 zugesprochen und damit ihrem Zinsanspruch für das Entgelt des Jahres 2003 voll stattgegeben, hat ihren weitergehenden Anspruch auf gestaffelte Verzugszinsen auch für die Entgelte der Jahre 2001 und 2002 für die Zeit vom 16. Februar 2001 bis 15. Mai 2003 jedoch abgelehnt. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt: Unabhängig davon, dass die Klägerin sich auf die erst im Berufungsverfahren eingeführten Rechnungen von 2001 und 2002 gemäß § 531 ZPO nicht berufen könne, sei ein etwaiger Zinsanspruch der Klägerin erloschen, weil sie mit ihren geänderten Rechnungen vom 23. April 2003 auf Zinsen bis zum 15. Mai 2003 verzichtet habe. Das Berufungsgericht hat zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen, weil verschiedene Senate des Kammergerichts zur Befugnis der Klägerin, die Leistungszeit zu bestimmen, und zu der Frage eines Zinsverzichts divergierende Entscheidungen erlassen haben.
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Danach ist der Erblasser verstorben. Sein Erbe hat die Zinsforderung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bezahlt. Daraufhin hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und eine Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO beantragt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung durch Schriftsatz seiner zweitinstanzlichen Anwältin zugestimmt.
II. Wie von der Klägerin beantragt, hat der erkennende Senat nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden.
1. Die Voraussetzung eines Kostenbeschlusses nach § 91 a ZPO, dass die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist erfüllt. Der Beklagte hat seine Zustimmung, die er nach der hier anzuwendenden bis zum 31. August 2004 geltenden Fassung des § 91 a Abs. 1 ZPO ausdrücklich erklären musste (§ 29 Nr. 1 EGZPO), wirksam durch seine zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte erteilt. Er brauchte hierfür keinen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Anwalt zu bestellen (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 4 ZPO), weil für die Erledigungserklärung, die zu Protokoll der Geschäftsstelle gegeben werden kann, auch im Anwaltsprozess kein Anwaltszwang besteht (§ 78 Abs. 5 ZPO).
2. Die nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung führt zu dem Ergebnis, dass der Beklagte die Kosten des ersten Rechtszugs allein zu tragen hat, während die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens anteilig auf beide Parteien zu verteilen sind. Es war darauf abzustellen, ob und inwieweit die Revision der Klägerin Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung der Hauptsache gekommen wäre (BGH, Beschl. v. 11.12.2003 - I ZR 68/01, BGH-Report 2004, 418).
a) Die alleinige Kostentragungspflicht des Beklagten für die erste Instanz folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, wonach das Gericht einer Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen kann, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat. Selbst wenn der durch das landgerichtliche Urteil vom 19. August 2004 abgewiesene Teil des Zinsanspruchs der Klägerin in voller Höhe unberechtigt gewesen wäre, hätte diese Zuvielforderung weniger als 10 % des Gesamtbetrages aus Hauptforderung und Zinsen ausgemacht und wäre damit geringfügig gewesen. Der abgewiesene Teil des Zinsanspruchs hatte einen Wert von 755,71 €. Dem standen die zuerkannte Hauptforderung von 7.428,21 € und die zugesprochenen Zinsen aus 6.731,20 € seit dem 7. November 2003 und aus 697,21 € seit dem 13. März 2004 gegenüber. Die abgewiesene Zinsmehrforderung hat auch keine Kosten verursacht, weil bei der Berechnung des Streitwerts, nach dem sich die Prozesskosten richten, als Nebenforderung geltend gemachte Zinsen unberücksichtigt bleiben (§ 4 Abs. 1 2. Halbsatz ZPO).
b) Die Kosten des Berufungsverfahrens, dessen Streitwert der vom Landgericht abgewiesenen und nunmehr zur Hauptforderung gewordenen Zinsmehrforderung von 755,71 € entspricht, und des Revisionsverfahrens, dessen Streitwert nach dem teilweisen Obsiegen der Klägerin in der Berufung nur noch 523,79 € beträgt, sind verhältnismäßig zu teilen (§ 92 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative ZPO), weil die Revision der Klägerin voraussichtlich zum Teil Erfolg gehabt hätte. Ihr Anspruch auf weitere Verzugszinsen für das Entgelt des Jahres 2002 war begründet und insbesondere nicht durch Verzicht erloschen. Hinsichtlich des Jahres 2001 wäre der Revision dagegen aller Voraussicht nach der Erfolg versagt geblieben.
(1) Soweit der Zinsanspruch der Klägerin das Bestehen des Entgeltanspruchs voraussetzt, hätte im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin unterstellt werden müssen, dass der Beklagte der Klägerin Entgelt in der vom Landgericht rechtskräftig zuerkannten Höhe schuldet. Dies gilt, obwohl das Landgericht die die Rechnungshöhe betreffende Einwendungen des Beklagten allein wegen der in den Allgemeine Geschäftsbedingungen darstellenden Leistungsbedingungen der Klägerin enthaltenen Klausel zurückgewiesen hat, wonach Einwendungen des Kunden gegen eine Rechnung der Klägerin seine Verpflichtung zur Zahlung der Entgelte unberührt lassen und er diese Einwendungen nur in einem gesondert anzustrengenden Rückforderungsprozess geltend machen kann, und obwohl der Senat diese Klausel in der Zwischenzeit für unwirksam erklärt hat (§§ 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB; Sen.Urt. v. 05.07.2005 - X ZR 60/04, NJW 2005, 2919). Denn die Rechtskraft der landgerichtlichen Verurteilung des Beklagten in der Hauptsache hindert eine abweichende Entscheidung über den Hauptanspruch auch dann, wenn dieser in einem zweiten Prozess oder, wie hier, im weiteren Verlauf desselben Prozesses nur als Vorfrage zu beurteilen ist. Deshalb ist im Rechtsstreit um den Zinsanspruch der Hauptanspruch nicht mehr zu überprüfen, wenn er schon rechtskräftig festgestellt worden ist (BGH, Urt. v. 10.01.1980 - X ZR 121/77, MDR 1980, 395).
(2) Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob der von der Klägerin geltend gemachte Zinsanspruch ursprünglich entstanden ist, ist nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand für das Jahr 2001 zu verneinen und für 2002 zu bejahen.
aa) Zu Recht hat das Berufungsgericht es abgelehnt, den Verzug des Erblassers direkt aus den ursprünglichen Rechnungen der Klägerin vom 18. Januar 2001, 16. Januar 2002 und 22. März 2003 herzuleiten. In diesen Rechnungen hatte die Klägerin dieselbe quartalsmäßige Bestimmung der Leistungszeit getroffen wie in ihren Leistungsbestimmungen. Nach ihrem Vortrag hatte sie diese Rechnungen dem Erblasser auch jeweils rechtzeitig vor dem ersten in der jeweiligen Rechnung genannten Fälligkeitsdatum übersandt. Der Senat hat bereits klargestellt, dass die Klägerin die Festlegung der Leistungszeit nicht etwa nur allgemein und in Form von Leistungsbestimmungen vornehmen kann, sondern auch individuell in Einzelfällen (Urt. v. 15.02.2005 - X ZR 87/04, NJW 2005, 1772). Demnach kann sie die Leistungszeitbestimmung auch in ihren Rechnungen treffen. Das Berufungsgericht durfte jedoch die erst im Berufungsverfahren eingeführten Rechnungen der Klägerin von 2001 und 2002 nicht berücksichtigen. Es handelte sich bei diesen Rechnungen, deren Versendung der Erblasser bestritt, nämlich um ein neues Angriffsmittel der Klägerin, wie es nach § 531 Abs. 2 ZPO nur unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen ist, die hier nicht vorliegen.
Der Ansicht der Revision, dass die Klägerin diese Rechnungen nur infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht habe (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), weil das Landgericht gegen seine richterliche Hinweispflicht nach § 139 ZPO verstoßen habe, kann nicht gefolgt werden. Laut ihrer Klageschrift ist die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren davon ausgegangen, dass sich ihr Zinsanspruch aus ihren Leistungsbedingungen in Verbindung mit § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergebe. Die kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit nach Quartalen in den Leistungsbedingungen führt aber nur dann zum Verzug, wenn die Klägerin rechtzeitig vorher eine Rechnung für das betreffende Jahr übersandt hat. Vor Rechnungstellung kann der Schuldner nicht in Verzug geraten (Sen.Urt. v. 15.02.2005, NJW 2005, 1772). Diesen Gesichtspunkt hatte die Klägerin nicht berücksichtigt, als sie die ursprünglichen Jahresrechnungen für 2001 und 2002 nicht vorlegte. Das Landgericht hat insoweit seine Hinweispflicht nicht verletzt. Es hat vielmehr unbeschadet dessen, dass keine gerichtliche Hinweispflicht besteht, soweit nur eine Nebenforderung betroffen ist (§ 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO), und dass die Klägerin schon durch vorangegangene Rechtsprechung der Berliner Gerichte gewarnt war, der Klägerin einen hinreichend klaren Hinweis erteilt, indem sie es durch Verfügung vom 10. Mai 2004 auf "die bekannten Bedenken gegen die geltend gemachten Zinsen" und auf die fehlende Darlegung des Verzuges aufmerksam gemacht hat, womit das Landgericht, wie in seinen Urteilsgründen niedergelegt, auf eine Vielzahl von bei der befassten Kammer anhängig gewesenen Prozessen der Klägerin Bezug nahm. Im Übrigen führte einer dieser Prozesse zu der am 17. Mai 2004 ergangenen Berufungsentscheidung des Kammergerichts (22 U 286/03, KGR Berlin 2004, 311), in der ausführlich dargelegt ist, dass und weshalb eine vorangegangene Rechnung Voraussetzung der in den Leistungsbedingungen bestimmten Fälligkeit ist. Dieses Urteil hätte die Klägerin im vorliegenden Prozess schon in der ersten Instanz beachten können und müssen.
bb) Die Klägerin kann jedoch ihren Zinsanspruch für das Entgelt des Jahres 2002 auf ihre Leistungsbedingungen stützen.
(i) Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die für 2001 und 2002 geltenden Leistungsbedingungen der Klägerin eine quartalsweise gestaffelte kalendermäßige Bestimmung der Leistungszeit enthielten. Für die Jahre 2001 und 2002 galten nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin die Leistungsbedingungen in der Fassung vom 18. Mai 2000. Die Klägerin hat sie nicht vorgelegt; für die vorliegende Entscheidung kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die darin enthaltene Fälligkeitsklausel entweder noch der dem Senat aus Vorprozessen bekannten Fassung vom 1. Januar 1994 entsprach oder schon die Formulierung der im vorliegenden Verfahren vorgelegten Fassung vom 25. März 2003 vorwegnahm. In jedem Fall war die Bestimmung der Leistungszeit wirksam.
In der Fassung vom 1. Januar 1994 hieß es unter Ziff. 1.5.2:
"Das Entgelt ist in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu zahlen."
Für diese Klausel hat der erkennende Senat inzwischen entschieden (Urt. v. 15.02.2005, NJW 2005, 1772), dass sie, sofern zu den genannten Fälligkeitsdaten bereits die Rechnung vorlag, den Verzug des Entgeltschuldners aufgrund kalendermäßiger Bestimmung der Leistungszeit nach § 284 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. (jetzt: § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB) bewirkt, sofern er die festgesetzten Zahlungsdaten verstreichen lässt. Die Klägerin kann nicht nur ihre privatrechtlichen Entgelttarife sondern auch die Leistungszeit einseitig festsetzen (§ 315 BGB entsprechend).
Die Leistungsbedingungen hätten für das Jahr 2002 auch dann den Verzug des Beklagten bewirkt, falls die damals geltende Fassung denselben Inhalt hatte wie Ziff. 1.4.1 Abs. 2 Satz 1 der Leistungsbedingungen vom 25. März 2003, der lautet:
"Das Entgelt ist - unabhängig von einer Rechnungslegung - in vier gleichen Teilbeträgen am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November eines jeden Jahres fällig."
In dieser Klausel ist zwar der Teil "- unabhängig von einer Rechnungslegung -" nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam, weil die Klägerin sich dadurch der für die staatliche Verwaltung bestehenden Pflicht entzieht, auch bei Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in den Formen des Privatrechts jedenfalls die grundlegenden Prinzipien des öffentlichen Finanzgebarens zu beachten, zu denen im Abgabenrecht der Grundsatz zählt, dass Fälligkeit erst mit der Bekanntgabe der Festsetzung der Abgabe eintritt (Sen.Urt. v. 15.02.2005, NJW 2005, 1772, und v. 05.07.2005, NJW 2005, 2919). Die Unwirksamkeit der Klausel beschränkt sich jedoch auf diesen Teil. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf zwar eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegen § 307 BGB verstößt, nicht im Wege der so genannten geltungserhaltenden Reduktion auf den gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt und damit aufrechterhalten werden. Lässt sich eine Formularklausel jedoch nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen, so ist die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils rechtlich unbedenklich (vgl. nur Urt. v. 27.09.2000 - VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203, 211 f.). So liegt es hier. Die Klausel ist inhaltlich ohne Weiteres teilbar. Zum einen wird darin die Fälligkeit nach Rechnungslegung geregelt und zum anderen wird diese Fälligkeitsregelung auf die Fälle ausgedehnt, in denen noch keine Rechnung erteilt worden ist. Der letztere, unwirksame Teil kann durch einfaches Streichen der Wörter "unabhängig von einer Rechnungslegung" entfernt werden.
(ii) Nicht für das Jahr 2001, wohl aber für 2002 bewirkte die Fälligkeitsklausel in den Leistungsbestimmungen den Verzug des Beklagten. Wie bereits dargelegt, ist die Klausel dahin zu verstehen, dass das Entgelt nicht vor Rechnungsstellung zu zahlen ist. Für 2001 scheitert die Annahme eines Verzuges des Beklagten deshalb daran, dass die Klägerin nicht nur die Rechnung vom 18. Januar 2001 verspätet vorgelegt, sondern auch das Datum dieser Rechnung erst im Berufungsverfahren vorgetragen hat, so dass die von ihr behauptete rechtzeitige Rechnungstellung nicht berücksichtigt werden kann. Für 2002 gilt etwas anderes, obwohl auch die Rechnung vom 16. Januar 2002 selbst nicht berücksichtigt werden kann. Für 2002 hat die Klägerin aber rechtzeitig - und insoweit unbestritten - vorgetragen, dass sie dem Erblasser schon vor dem ersten in den Leistungbedingungen genannten Fälligkeitsdatum Rechnung erteilte. Dies ergibt sich aus ihrer bereits mit der Klageschrift eingereichten Änderungsrechnung vom 23. April 2003 für das Jahr 2002, die ausdrücklich auf die ursprüngliche Rechnung vom 16. Januar 2002 Bezug nimmt und den in dieser Rechnung festgesetzten Jahresgesamtbetrag aufführt. Da es dem Erblasser auch möglich und zumutbar war, aus dem Jahresgesamtentgelt die quartalsmäßig geschuldeten Teilbeträge zu errechnen, wurden diese zu den unstreitig in den Leistungsbedingungen festgelegten und noch nicht verstrichenen Terminen 15. Februar, 15. März, 15. August und 15. November 2002 fällig und trat mit Ablauf dieser Zahlungstermine Verzug gemäß § 284 Abs. 2 BGB a.F. ein.
(iii) Schließlich scheitert der Verzug des Erblassers auch nicht daran, dass die ursprüngliche Rechnung, gemessen an den später mit Rückwirkung herabgesetzten Tarifen, zu hoch war und deshalb geändert wurde. Es bedarf in diesem Zusammenhang keines Rückgriffs auf die Rechtsprechung, wonach bei der Mahnung eine geringfügige Zuvielforderung den Verzugseintritt nicht hindert (BGH, Urt. v. 13.11.1990 - XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286), die auch für den Verzug aufgrund einer kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit gelten muss. Denn hier handelte es sich nicht um eine Zuvielforderung. Die Herabsetzung beruht allein auf einer mit Blick auf zwischenzeitliche Änderungen auf der Kostenseite vorgenommenen Anpassung der Tarife. Bis zu dieser Anpassung gilt die ursprüngliche Tarifbestimmung der Klägerin - deren Verbindlichkeit nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB der Beklagte nicht in Zweifel zieht - fort, so dass bis zu diesem Zeitpunkt auch eine Entgeltforderung der Klägerin in der dem ursprünglichen Tarif entsprechenden Höhe bestand.
Nach alledem hätte der Senat ohne die Erledigungserklärung vermutlich entschieden, dass der Anspruch der Klägerin auf die geltend gemachten Verzugszinsen zwar nicht für das Jahr 2001, wohl aber für das Jahr 2002 entstanden ist.
(3) Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht durch Verzicht erloschen.
aa) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt: Der Verzicht der Klägerin ergebe sich aus dem Wortlaut der jeweiligen Änderungsrechnungen in Verbindung mit Ziff. 1.4.1 Abs. 1 Satz 2 ihrer Leistungsbedingungen, wo es heiße: "Gelegte Rechnungen gelten dementsprechend so lange, bis sie durch eine neue Rechnung berichtigt oder ersetzt werden." In den Änderungsrechnungen habe die Klägerin erklärt, dass sie die ursprüngliche Rechnung "stornier(e)" und "statt dessen" dem Erblasser einen neuen Betrag berechne. Weiter heiße es in den Änderungsrechnungen: "Der Betrag in EUR ist wie folgt fällig: Fällig am 15.05.2003 ..." Damit habe die Klägerin eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sie die alten Rechnungen nicht nur berichtigen und reduzieren, sondern durch neue ersetzen und aus den alten keine Rechte mehr herleiten wolle, und zwar auch nicht hinsichtlich der Fälligkeit. Gerade dadurch, dass sie in den Änderungsrechnungen den geschuldeten Betrag erst für einen in der Zukunft liegenden Termin fälligstelle, bringe sie gegenüber dem Kunden zum Ausdruck, dass er vor diesem Zeitpunkt keine Zahlungen erbringen müsse. Es bestehe auch kein Grund zu der Annahme, die Klägerin habe ihre etwaigen schon entstandenen Ansprüche aus Verzug offenlassen wollen. Denn es wäre ihr unbenommen geblieben, frühere Fälligkeitstermine aus den ursprünglichen Rechnungen zu übernehmen.
bb) Dieser Auslegung der Änderungsrechnungen kann nicht gefolgt werden, da sie gegen die vom Bundesgerichtshof entwickelten Auslegungsgrundsätze verstößt.
(i) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Annahme eines konkludent erklärten Verzichts strenge Anforderungen zu stellen. Wenn ein eindeutig auf einen Verzichtswillen hindeutender Wortlaut nicht gegeben ist, bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte. Gerade bei Erklärungen, die als Verzicht, Erlass oder in ähnlicher Weise rechtsvernichtend gewertet werden sollen, muss das Gebot einer interessengerechten Auslegung beachtet werden und haben daher die der Erklärung zugrunde liegenden Umstände besondere Bedeutung. Wenn feststeht oder davon auszugehen ist, dass eine Forderung entstanden ist, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, der Gläubiger habe sein Recht einfach wieder aufgegeben. Das bildet in solchen Fällen die Ausnahme (Sen.Urt. v. 15.01.2002 - X ZR 91/00, NJW 2002, 1044 m.w.N.). Ein Ausnahmefall setzt voraus, dass die sich auf den angeblichen Verzicht berufende Partei einen nachvollziehbaren Grund darlegt, warum der Forderungsinhaber bereit gewesen sein sollte, auf seine Forderung zu verzichten (BGH, Urt. v. 10.05.2001 - VII ZR 356/00, NJW 2001, 2325).
(ii) Nach diesen Grundsätzen fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Annahme eines Verzichts der Klägerin auf die bereits angefallenen Verzugszinsen.
Der Wortlaut der Änderungsrechnungen ist insoweit, wie auch das Berufungsgericht erkannt hat, jedenfalls nicht eindeutig. Die bereits entstandenen Verzugszinsen werden darin überhaupt nicht erwähnt. Wie die Revision zutreffend darlegt, bringt insbesondere die Formulierung, die ursprüngliche Rechnung werde "storniert", nur zum Ausdruck, dass die Klägerin anstelle des ursprünglichen Forderungsbetrags nunmehr den geänderten geltend macht, also nicht etwa doppeltes Entgelt verlangt. Dagegen ergibt sich aus dieser Formulierung nicht, dass alle Rechtswirkungen der ursprünglichen Rechnung vollständig entfallen sollen. Nicht eindeutig ist auch die Angabe: "Der Betrag in EUR ist wie folgt fällig: Fällig am 15.05.2003 ..." Für sich betrachtet könnte diese Formulierung zwar dafür sprechen, dass der geänderte Rechnungsbetrag erstmals zu dem genannten, in der Zukunft liegenden Datum fällig sein sollte. Die gebotene Gesamtwürdigung der von der Klägerin in Gestalt der Änderungsrechnung abgegebenen Erklärung, bei der die einzelnen Bestandteile des Textes der Änderungsrechnung nicht isoliert, sondern im Zusammenhang geprüft werden müssen, zeigt aber als Hauptinhalt auf, dass das ursprünglich geforderte Entgelt lediglich in geringem Umfang herabgesetzt worden war. Bei vernünftiger Betrachtung musste sich dem Erklärungsempfänger daher die Einsicht aufdrängen, dass mit dem genannten zukünftigen Fälligkeitstermin nicht sein früher eingetretener Verzug beseitigt werden, sondern ihm lediglich ein neues Zahlungsziel gesetzt werden sollte, bis zu dem die Klägerin noch stillhalten bzw. bei dessen Überschreitung sie weitere Maßnahmen ergreifen würde, ohne dass die Klägerin damit auf Zinsansprüche, die durch die Überschreitung früher genannter Leistungszeiten entstanden waren, verzichten wollte. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass auch bei einer zweiten Mahnung mit erneuter Zahlungsfrist die erste Mahnung nicht ohne Weiteres ihre verzugsbegründende Wirkung verliert.
Da somit eine klare und eindeutige Verzichtserklärung fehlt, hätte der Beklagte einen nachvollziehbaren Grund für den angeblichen Zinserlass der Klägerin darlegen müssen. Diesen vom Bundesgerichtshof entwickelten Auslegungsgrundsatz hat das Berufungsgericht, soweit er die Darlegungs- und Beweislast betrifft, mit seiner Auffassung, es bestehe kein Grund für die Annahme, die Klägerin habe etwaige Ansprüche aus Verzug offenlassen wollen, in sein Gegenteil verkehrt. Denn damit hat es stillschweigend der Klägerin auferlegt, nachvollziehbare Gründe dafür darzulegen, weshalb sie auf bereits entstandene Ansprüche nicht habe verzichten wollen.
Ende der Entscheidung
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