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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 16.12.2003
Aktenzeichen: X ZR 6/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 561 Abs. 1 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 6/02

Verkündet am: 16. Dezember 2003

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und Asendorf

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das am 7. November 2001 verkündete Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der polnische Kläger, der ein Abschleppunternehmen betreibt, hatte bei dem Beklagten einen Bergungs- und Abschleppaufbau auf einem von ihm gestellten LKW-Fahrgestell zum Preis von 150.000 DM bestellt. Der Aufbau wurde erstellt und vom Kläger in einem Zweigbetrieb des Beklagten abgeholt; auf dem Lieferschein wurde am 19. Juli 1999 unterschriftlich bestätigt, Fahrgestell, Aufbau und Zubehör seien in einwandfreiem und ordnungsgemäßem Zustand übernommen worden. In der Folgezeit hat der Kläger, gestützt auf ein DEKRA-Gutachten, Mängel geltend gemacht, insbesondere, daß sich der Teleskoparm nicht genügend weit absenken lasse, so daß es nicht möglich sei, den Unterfahrlift unter Fahrzeuge mit starkem Überhang zu fahren. Er hat beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 176.982,82 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Aufbaus zu verurteilen. Der Beklagte hat behauptet, der Kläger habe die Ausführung des Teleskoparms akzeptiert. Sonstige Mängel hat er bestritten. Im übrigen hat er sich auf Verjährung berufen. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zweitinstanzlich zuletzt geltend gemachten Anträge weiter. Der Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne sich nur noch auf solche Mängel berufen, die in dem DEKRA-Gutachten vom 15. November 1999 aufgeführt seien; Ansprüche wegen anderer Mängel seien sowohl nach Kaufrecht als auch nach Werkvertragsrecht verjährt. Die in diesem Gutachten genannten Mängel seien beseitigt. Im Berufungsverfahren hätten die Parteien eine Schiedsgutachterabrede getroffen; der Sachverständige B. habe als Schiedsgutachter die Behebung der Mängel bestätigt; bei dem einzigen nicht beseitigten (Anbringung der Radabdeckung) habe es sich nicht um einen Mangel gehandelt. Dieses Gutachten sei bindend, weil es nicht offenbar unrichtig sei. Eine vom Kläger erklärte Ablehnung des Gutachters sei ohne Bedeutung, weil Schiedsgutachter nicht abgelehnt werden könnten.

II. Die Feststellungen des Gerichts tragen die Klageabweisung schon aus Rechtsgründen nicht.

Das Berufungsgericht hat nicht geklärt, welches Recht auf das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis Anwendung findet. Hierzu bestand zunächst schon deshalb Anlaß, weil Kläger ein ausländisches Unternehmen ist. Allerdings wäre das Berufungsgericht einer Prüfung dann enthoben gewesen, wenn die Parteien wirksam die Anwendung deutschen Rechts vereinbart hätten (Art. 27 EGBGB). Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Allein der Umstand, daß die Parteien und das Gericht - ohne die Frage zu problematisieren - ersichtlich übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen sind, genügt - auch wenn es für die Annahme einer nachträglichen konkludenten Rechtswahl ausreichen kann, wenn die Vertragsparteien im Prozeß deutlich auf eine bestimmte Rechtsordnung Bezug nehmen oder diese ihren rechtlichen Ausführungen zugrunde legen - den Anforderungen an eine nachträgliche Rechtswahl jedenfalls nicht ohne weiteres (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2000 - VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002). Mangels Feststellungen zu einer Rechtswahl ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß sich das auf den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag anzuwendende Recht nach Art. 28 Abs. 1, 2 und 5 EGBGB bestimmt. Zwar verweist diese Regelung grundsätzlich auf das deutsche Recht als das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist, weil die Partei, die die charakteristische Leistung zu erbringen hatte, hier also der Beklagte, ersichtlich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte und damit die Vermutung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 EGBGB eingreift. Jedoch ergibt sich aus dem nach § 561 Abs. 1 ZPO a.F. der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegenden Sitzungsprotokoll vom 21. März 2001, daß sich die Parteien im Berufungsverfahren auf eine Mängelbeseitigung im Werk des Beklagten in D. (Tschechische Republik) geeinigt haben. Auch aus der im Berufungsurteil in Bezug genommenen Auftragsbestätigung (Anlage K1) folgt eine Lieferung "ab Betrieb C. /D. " jedenfalls mit teilweiser Rechnungsstellung aus der Tschechischen Republik. Dies läßt es als möglich erscheinen, daß die Vermutung des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 EGBGB eingreift, wonach der Vertrag die engsten Beziehungen zu dem Staat aufweist, in dem, wenn die Leistung nach dem Vertrag von einer anderen als der Hauptniederlassung zu erbringen ist, sich die andere Niederlassung befindet, und daß mithin das deutsche Kollisionsrecht auf das Recht der Tschechischen Republik verweist. Demnach durfte das Berufungsgericht jedenfalls nicht ohne weiteres seiner Entscheidung deutsches Recht zugrunde legen. Damit ist die Annahme des Berufungsgerichts, Ansprüche wegen anderer als den Gegenstand des Gutachtens vom 15. November 1999 bildenden Mängel seien verjährt, nicht rechtsfehlerfrei getroffen, denn das Berufungsgericht hat die Verjährungsfrage nur nach deutschem Recht geprüft. Schon deshalb kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.

III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:

1. Die Rüge der Revision, der Beklagte habe sich verpflichtet, nach Durchführung der Arbeiten für die Betriebserlaubnis zu sorgen, muß schon deshalb ohne Erfolg bleiben, weil nicht aufgezeigt wird, daß sich der Kläger auf diesen Sachverhalt in den Tatsacheninstanzen gestützt hat. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird diesbezüglicher Sachvortrag nachgeholt werden können.

2. Der Angriff der Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, im Termin vom 21. März 2001 sei eine Schiedsgutachterabrede geschlossen worden, ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Allerdings ist die Auslegung der Vereinbarung in erster Linie Sache des Tatrichters. Der protokollierte Wortlaut der Vereinbarung gibt aber für die Vereinbarung eines Schiedsgutachtens nichts her. Zwar mögen sich aus der Interessenlage der Parteien Gesichtspunkte entnehmen lassen, die für eine Schiedsgutachtervereinbarung sprechen können, worauf die Revisionserwiderung hinweist. Geregelt wurde aber nur, daß der Beklagte die Mängelfreiheit nach Durchführung der Mängelbeseitigungsmaßnahmen begutachten lassen sollte; von einer verbindlichen Feststellung mit Wirkung für beide Parteien war nicht die Rede. Das Berufungsgericht hat sich auch nicht näher mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Abrede als Schiedsgutachten zu verstehen ist, sondern dies ohne weitere Begründung bejaht. Es wird bei erneuter Befassung Gelegenheit haben, seine Auffassung unter Berücksichtigung der von den Parteien vorgetragenen Argumente zu überprüfen.

3. Sofern das Berufungsgericht bei seiner erneuten Befassung zu dem Ergebnis kommen sollte, daß ein Schiedsgutachten nicht vereinbart war, wird es, soweit der Klage nicht aus anderen Gründen der Erfolg versagt bleiben muß, der substantiiert vorgetragenen und unter Beweis gestellten Behauptung nachzugehen haben, das Fahrzeug weise auch nach der Nachbesserung noch Mängel auf.

Ende der Entscheidung

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