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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.01.2008
Aktenzeichen: X ZR 60/06
(1)
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 826 | |
ZPO § 321 a Abs. 1 | |
ZPO § 559 Abs. 1 | |
ZPO § 559 Abs. 1 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 30. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis und die Richter Keukenschrijver, Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning
beschlossen:
Tenor:
Die Anhörungsrüge wird auf Kosten der Klägerin nach einem Wert von 200.629,27 € zurückgewiesen.
Gründe:
I. Die Klägerin hatte die Beklagte wegen Verletzung ihrer eine Zerkleinerungsvorrichtung betreffenden Schutzrechte auf - nach der Lizenzanalogie berechneten - Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hatte ihr unter Abweisung der weitergehenden Klage 280.473,60 DM zugesprochen. Gegen das Urteil hatte nur die Beklagte Berufung eingelegt, dieses Rechtsmittel aber zurückgenommen, nachdem die Klägerin die Klage im Wege der Anschlussberufung - nunmehr nach dem Verletzergewinn berechnet - auf insgesamt 410.569,73 € erweitert hatte.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin beantragt, die Beklagte über den im Vorprozess ausgeurteilten Betrag hinaus zur Zahlung von 405.235,51 € nebst Zinsen zu verurteilen. Die Beklagte hat die Klage für unzulässig erachtet, weil das der Klägerin ursprünglich zustehende Wahlrecht bezüglich der Berechnungsmethode durch die rechtskräftige Entscheidung im Vorprozess verbraucht sei. Das Landgericht hat die Zulässigkeit der Klage durch Zwischenurteil bejaht, das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Durch Urteil vom 25. September 2007 hat der Senat die Klage als unzulässig abgewiesen.
Mit ihrer am 7. November 2007 erhobenen Anhörungsrüge macht die Klägerin geltend, dieses Urteil verletze sie in entscheidungserheblicher Weise in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Sie habe sich in den Tatsacheninstanzen hilfsweise für den Fall, dass eine rechtskräftige Entscheidung über ihren gesamten Schadensersatzanspruch im Vorprozess bejaht werde, darauf berufen, ihr sei aufgrund einer vorsätzlichen und sittenwidrigen Schädigung seitens der Beklagten ein Schaden in Höhe der Differenz (200.629,27 €) zwischen dem von dieser angegebenen und ihrem tatsächlich erzielten Gewinn entstanden. Der Senat hätte die Klage nicht abweisen dürfen, ohne sich mit diesem hilfsweise geltend gemachten Anspruch aus § 826 BGB auseinanderzusetzen.
Die Klägerin beantragt zunächst,
das Senatsurteil vom 25. September 2007 aufzuheben, das Verfahren fortzusetzen und die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.
II. Die nach § 321 a Abs. 1 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Anhörungsrüge ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Das als übergangen gerügte Vorbringen unterlag nicht der Beurteilung durch den Senat.
Welchen Prozessstoff die revisionsgerichtliche Entscheidung zum Gegenstand hat, ergibt sich - abgesehen von hier nicht erhobenen Verfahrensrügen (§ 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d ZPO) - aus § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Danach unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Es ist dem Bundesgerichtshof verwehrt, Vorbringen, das darin - bzw. in Vorentscheidungen des Berufungsgerichts (vgl. § 557 Abs. 2 ZPO) - nicht enthalten ist, aus den Akten zu entnehmen und seiner rechtlichen Prüfung zugrunde zu legen (vgl. Gaier, Urteilstatbestand und Mündlichkeitsprinzip, S. 205 ff. zu dem § 559 Abs. 1 ZPO entsprechenden § 561 ZPO a.F.). § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt für alle in der Berufungsinstanz erlassenen Endurteile, gegen die die Revision stattfindet. Dazu gehören auch die auf ein Zwischenurteil ergangenen Berufungsurteile (§ 280 Abs. 2 ZPO).
Im angefochtenen Urteil ist kein tatsächliches Vorbringen der Klägerin mit Bezug zu der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dokumentiert, auf die sie sich hilfsweise stützen will. Als für den Zwischenstreit maßgebliches tatsächliches Vorbringen ergibt sich aus dem Berufungsurteil lediglich, dass die Klägerin im Verlaufe der Anspruchsverfolgung im Vorprozess, während des dortigen Berufungsrechtszugs, zunächst angekündigt hatte, die Berechnungsmethode für den Schadensersatzanspruch wechseln und nunmehr die Herausgabe des Verletzergewinns verlangen zu wollen und dass sie, gestützt auf diese Berechnungsmethode, ihre Klageforderung auf insgesamt 410.569,73 € erweitert hatte. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin sich hilfsweise darauf stützen wollte, die Beklagte habe ihren Gewinn viel niedriger angegeben, als es tatsächlich der Fall gewesen war und dass darin eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu sehen sei, die sie nunmehr unabhängig von Rechtskraftsgesichtspunkten dazu berechtige, den entgangenen Gewinn einzuklagen, ergaben sich daraus nicht.
In Anbetracht der gesetzlichen Regelungen in § 559 Abs. 1 ZPO hatte der Senat keine Veranlassung und keine Handhabe, das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen auf etwaige Relevanz für die Entscheidung des Zwischenstreits zu überprüfen (vgl. Gaier, aaO, S. 208 ff.). Dagegen ließe sich nicht einwenden, die Klägerin hätte die unterbliebene tatbestandliche Dokumentation ihres Hilfsvorbringens im Revisionsverfahren gar nicht - durch eine Verfahrensrüge - zur Geltung bringen können, nachdem sie in den Vorinstanzen obsiegt hatte. Hat das Berufungsgericht Teile des Vortrags des in der Berufungsinstanz obsiegenden Revisionsbeklagten übersehen oder übergangen, ohne dass sich das im Ergebnis nachteilig für ihn ausgewirkt hat, obliegt es dem Revisionsbeklagten, den Verfahrensfehler mit einer Gegenrüge geltend zu machen, um zu vermeiden, dass das Revisionsgericht allein wegen des unvollständig im Tatbestand beurkundeten Vorbringens eine ihm ungünstige Entscheidung trifft (vgl. Gaier, aaO, S. 210; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 557 Rdn. 12). Eine solche Gegenrüge hat die Klägerin nicht erhoben; der hilfsweise angeführte Klagegrund der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung ist im Revisionsverfahren, was die Anhörungsrüge auch nicht geltend macht, weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochen worden.
Ende der Entscheidung
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