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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 11.07.2000
Aktenzeichen: X ZR 78/98
Rechtsgebiete: BGB, WEG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 531 Abs. 2
BGB §§ 812 ff.
BGB § 530
BGB § 822
BGB § 531 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 818 Abs. 2
BGB §§ 741 ff.
BGB § 1008
WEG § 11 Abs. 1 Satz 1
WEG § 11 Abs. 1 Satz 2
WEG § 18
WEG § 11
ZPO § 139 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 78/98

Verkündet am: 11. Juli 2000

Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dr. Melullis, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das am 26. März 1998 verkündete Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger sind die Eltern des Beklagten zu 1 und die Schwiegereltern der Beklagten zu 2.

Die Kläger waren je zur Hälfte Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks.

Mit notariellem Vertrag vom 12. Januar 1989 übertrugen sie dem Beklagten zu 1 einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück im Wege vorweggenommener Erbfolge. Der Beklagte zu 1 übertrug in demselben Vertrag sodann von seinem Miteigentumsanteil einen hälftigen Miteigentumsanteil auf die Beklagte zu 2. Zur Bildung von Wohnungseigentum vereinigten die Kläger und die Beklagten dann die jetzt bestehenden 1/4-Miteigentumsanteile zu hälftigen Miteigentumsanteilen und räumten sich Sondereigentum an bestimmten Räumen in dem Wohngebäude ein, wobei den Klägern die Wohnung im Erdgeschoß und den Beklagten die Wohnung im Dachgeschoß zugeordnet wurde.

Zur Vergrößerung der Wohnfläche wurde zudem ein Anbau an das Wohnhaus erstellt, wobei nicht feststeht, ob dieser Anbau im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ganz oder erst teilweise fertiggestellt war.

In der Folgezeit verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Parteien. Am 8. Februar 1995 kam es zu einer Auseinandersetzung. Die Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig.

Die Kläger widerriefen daraufhin wegen der aus ihrer Sicht vorliegenden schweren Verfehlung der Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 31. März 1995 gegenüber dem Beklagten zu 1 die mit dem Vertrag vom 12. Januar 1989 erfolgte Schenkung und forderten ihn auf, das Erlangte herauszugeben.

Mit ihrer Klage verlangen die Kläger von den Beklagten jeweils die Auflassung eines 1/4-Miteigentumsanteils an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentumsanteil von 1/2 an der im Dachgeschoß befindlichen Wohnung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei den Klägern nicht gelungen, einen zum Widerruf der Schenkung führenden Sachverhalt darzutun und zu beweisen.

In der Berufungsinstanz haben die Kläger hilfsweise beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von Wertersatz in Höhe von 100.000,-- DM nebst Zinsen zu verurteilen.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter. Die Beklagten treten dem entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I. 1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß es sich bei der Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils von den Klägern auf den Beklagten zu 1 um eine gemischte Schenkung gehandelt hat. Feststellungen dazu, ob der entgeltliche oder der unentgeltliche Teil der gemischten Schenkung überwogen hat, hat es indessen nicht getroffen. Es ist deshalb für die Revisionsinstanz davon auszugehen, daß der unentgeltliche Teil überwogen hat. Denn nur in diesem Fall kann grundsätzlich der Schenker, der die Schenkung wirksam widerrufen hat, die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herausverlangen, §§ 531 Abs. 2, 812 ff. BGB (BGHZ 30, 120 ff., 122; BGH, Urt. v. 03.12.1971 - V ZR 134/69, NJW 1972, 247 ff.; Urt. v. 02.10.1987 - V ZR 85/86, NJW-RR 1988, 584 ff.; BGHZ 107, 156 ff., 158 f.; Urt. v. 23.09.1994 - V ZR 113/93, NJW-RR 1995, 77 ff.; BGH, Urt. v. 23.09.1999 - X ZR 114/96, zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHZ 142, 300 ff.).

2. Das Berufungsgericht hat es dahingestellt sein lassen, ob ein Schenkungswiderruf nach § 530 BGB gerechtfertigt gewesen sei; es bedürfe deswegen keiner Beweisaufnahme über die Auseinandersetzung der Parteien am 8. Februar 1995. Für die Revisionsinstanz ist deshalb weiter davon auszugehen, daß die geltend gemachten Widerrufsgründe vorgelegen haben.

3. Das Berufungsgericht hat angenommen, auf die Wirksamkeit des Schenkungswiderrufs komme es nicht an, weil der mit dem Klageantrag in erster Linie herausverlangte Gegenstand eine weitere Veränderung erfahren habe bzw. in der früheren Form nicht mehr vorhanden sei. Nach der gemischten Schenkung sei die Umwandlung in Wohnungseigentum erfolgt. Den Beklagten habe danach nicht mehr ein ideeller Miteigentumsanteil von je 1/4 an dem Hausgrundstück gehört, sondern jeweils 1/4-Miteigentumsanteil an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentumsanteil zu 1/2 an der Dachgeschoßwohnung. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 WEG könne kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen. Zwar könne gemäß § 18 WEG unter bestimmten Voraussetzungen von einem Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohneigentums gefordert werden. Dies sei aber nicht Gegenstand des Antrages der Kläger und könne nur im FGG-Verfahren entschieden werden.

Dies rügt die Revision. Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausginge, daß Schenkungsgegenstand lediglich der hälftige Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück und Beschenkter allein der Beklagte zu 1 gewesen sei, wäre dieser jedenfalls zur Herausgabe seines 1/2-Anteils am Wohnungseigentum und entweder auch die Beklagte zu 2 zur Herausgabe ihres hälftigen Anteils am Wohnungseigentum gemäß § 822 BGB oder aber der Beklagte zu 1 insoweit zu Wertersatz verpflichtet (§ 818 Abs. 2 BGB). Auf richterlichen Hinweis hätten die Kläger ihren Klageantrag entsprechend um- bzw. richtiggestellt und Auflassung des 1/2-Miteigentumsanteils an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der Dachgeschoßwohnung durch die Beklagten gemeinsam beantragt.

Diese Rüge hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, daß Auflassungsansprüche nicht in Betracht kämen, weil der geschenkte Gegenstand eine weitere Veränderung erfahren habe bzw. in der früheren Form überhaupt nicht mehr vorhanden sei.

Der Bereicherungsschuldner hat nach § 531 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 812 Abs. 1 BGB grundsätzlich das Erlangte gegenständlich herauszugeben. Nur wenn die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder der Empfänger aus einem anderen Grund zur Herausgabe außerstande ist, schuldet er Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB.

a) Die Bildung von Wohnungseigentum hat nicht dazu geführt, daß die gegenständliche Herausgabe unmöglich geworden ist. Die Beklagten bilden, was das Wohnungseigentum betrifft, keine Gemeinschaft im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes, sondern eine Miteigentümergemeinschaft gemäß §§ 741 ff., 1008 BGB, für die insbesondere § 11 WEG nicht gilt (Weitnauer, WEG, 8. Aufl., § 3 Rdn. 121; MünchKomm.BGB/K. Schmidt, 3. Aufl., § 741 Rdn. 12). Dies hat zur Folge, daß dem Miteigentümer die Verfügungsbefugnis über seinen Miteigentumsanteil zusteht, § 747 Satz 1 BGB. Die Bildung von Wohnungseigentum steht deshalb der Auflassung des Miteigentumsanteils des Beklagten zu 1 an die Kläger nicht entgegen.

b) Der Beklagte zu 1 ist auch nicht deswegen zur Herausgabe außerstande, weil er der Beklagten zu 2 den hälftigen Anteil des Wohnungseigentums übertragen hat und ihm danach selbst nur noch ein hälftiger Miteigentumsanteil zusteht. Diesen herauszugeben ist der Beklagte zu 1 rechtlich nicht gehindert. Die teilweise Unmöglichkeit steht der Herausgabe in Natur nicht entgegen (Staudinger/Lorenz, BGB, 13. Bearb., § 818 Rdn. 22; MünchKomm. BGB/Lieb, 3. Aufl., § 818 Rdn. 30).

c) Aus den gleichen Gründen ist auch die Beklagte zu 2 nicht gehindert, ihren Miteigentumsanteil herauszugeben. Sie ist hierzu auch verpflichtet, wenn der Schenkungswiderruf zu recht erfolgt ist. Das Berufungsgericht hat es offengelassen, ob die Beklagte zu 2 den Miteigentumsanteil von dem Beklagten zu 1 unentgeltlich erworben oder als sogenannte unbenannte Zuwendung erhalten habe. Auf diese Unterscheidung kommt es nicht an. § 822 BGB verpflichtet einen Dritten zur Herausgabe des Erlangten, wie wenn er selber die Zuwendung von dem Gläubiger ohne rechtlichen Grund erhalten hätte, sofern der Empfänger das Erlangte unentgeltlich dem Dritten zugewendet hat und eine Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe infolgedessen ausgeschlossen ist. Ob der Empfänger das Erlangte seinem Ehegatten als Dritten unentgeltlich zugewendet hat, ist im Verhältnis zum Gläubiger nicht nach Gesichtspunkten des ehelichen Güterrechts zu beurteilen. Vom Merkmal der Unentgeltlichkeit im Sinne des § 822 BGB sind sowohl unentgeltliche Zuwendungen im Sinne des Schenkungsrechts als auch jedenfalls im Regelfall sonstige, objektiv unentgeltliche "unbenannte" Zuwendungen erfaßt (Sen.Urt. v. 23.09.1999 - X ZR 114/96, zur Veröffentlichung vorgesehen in BGHZ 142, 300). Die güterrechtliche Behandlung und mithin auch die Einordnung als "unbenannte" Zuwendung im Verhältnis der Ehegatten zueinander ist für die Frage der Anwendbarkeit des § 822 BGB auf Ansprüche Dritter gegen den Ehegatten in bezug auf Vermögensgegenstände, die diesem unentgeltlich vom anderen Ehegatten zugewendet worden sind, nicht ausschlaggebend; ob der Empfänger das Erlangte seinem Ehegatten unentgeltlich zugewendet hat, ist im Verhältnis zum außerhalb der güterrechtlichen Beziehung stehenden Gläubiger nicht nach güterrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen (BGH, aaO).

d) Hätte das Berufungsgericht die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt, so hätte es die Kläger gemäß § 139 Abs. 1 ZPO darauf hinweisen müssen, daß sie zur Erreichung ihres Klageziels - der Rückgabe des Geschenks - die Auflassung des 1/2-Miteigentumsanteils an dem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der Dachgeschoßwohnung durch beide Beklagte gemeinsam hätten beantragen müssen.

II. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Sache war daher zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen war.

Das Berufungsgericht wird bei der erneuten Verhandlung zunächst zu klären haben, ob der entgeltliche oder unentgeltliche Teil der gemischten Schenkung überwogen hat. Es wird in diesem Zusammenhang zu klären sein, ob die vom Beklagten zu 1 zur Erstellung des Anbaus erbrachten Leistungen entgeltlicher Teil einer gemischten Schenkung (zu dieser Sichtweise vgl. etwa BGH, Urt. v. 17.06.1992 - XII ZR 145/91, NJW 1992, 2566, 2567) oder aber als Aufwendungen, die im Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit der Schenkung gemacht wurden (vgl. dazu BGH, Urt. v. 02.10.1987 - V ZR 85/86, WM 1987, 1533; Sen. Urt. v. 19.01.1999 - X ZR 42/97, NJW 1999, 1629), anzusehen sind. Kommt das Berufungsgericht danach zu dem Ergebnis, daß der unentgeltliche Teil der Schenkung überwogen hat, so wird es weiter zu prüfen haben, ob Widerrufsgründe vorgelegen haben. Ist ein wirksamer Schenkungswiderruf erfolgt, so kommt ein Auflassungsanspruch gegen beide Beklagte in Betracht. Haben beide Beklagte als Bereicherungsschuldner das Geschenk herauszugeben, so besteht diese Verpflichtung Zug um Zug gegen den Wertausgleich des entgeltlichen Teils der gemischten Schenkung oder, falls von Aufwendungen auf die geschenkte Sache auszugehen ist, auf deren Ausgleich, soweit sie ursächlich im Zusammenhang mit dem rechtsgrundlosen Erwerb des Miteigentums entstanden sind.

Ende der Entscheidung

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