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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 01.07.2003
Aktenzeichen: X ZR 8/00
Rechtsgebiete: PatG, ZPO


Vorschriften:

PatG § 81
PatG § 87 Abs. 1
PatG § 121 Abs. 2
ZPO § 91 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 8/00

Verkündet am: 1. Juli 2003

in der Patentnichtigkeitssache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt und Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 26. Oktober 1999 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt hat die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist Inhaberin des deutschen Patents 38 06 470 (Streitpatents), das auf einer Anmeldung vom 1. März 1988 beruht. Anspruch 1 des Streitpatents lautet wie folgt:

"Gleitvorrichtung für den Transport eines Patienten von einer ersten Stelle zu einer zweiten Stelle mit einem Endlosband, das um wenigstens einen Körper geschlungen ist und das wenigstens mit einer Oberfläche gleitbar auf einem starren Brett oder dergleichen aufliegt, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , daß der Körper, um den das Endlosband (32) geschlungen ist, das starre Brett (44) ist, wobei der Querschnittsumfang des Bretts (44) im wesentlichen dem Querschnittsumfang des Endlosbands (32) entspricht, daß der Reibungswiderstand zwischen dem Endlosband (32) und dem Brett (44) so klein ist, daß er von einer Bedienungsperson, die am Endlosband (32) zieht, überwunden werden kann, wenn sich auf dem Endlosband eine Person befindet, und daß das Brett (44) und das Endlosband (32) eine für eine Bedienungsperson tragbare Einheit bilden."

Wegen des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf diesen Anspruch rückbezogenen Ansprüche 2 bis 19 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Auf die Nichtigkeitsklage der Klägerin hin hat das Bundespatentgericht das Streitpatent für nichtig erklärt. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Beklagte beantragt hauptsächlich,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen,

und verteidigt das Streitpatent hilfsweise mit einem geänderten Anspruchssatz sowie - weiter hilfsweise - im Umfang des Patentanspruchs 17.

Die Klägerin tritt diesem Begehren entgegen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des öffentlich-bestellten und vereidigten Sachverständigen Prof. Dr. J. G. . Der gerichtliche Sachverständige hat dieses Gutachten in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt. Die Beklagte hat ihrerseits ein schriftliches Gutachten des Arztes und Dipl.-Ing. Dr. med. H. H. vorgelegt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

I. Die Nichtigkeitsklage ist zulässig.

Die Klage ist unter Beachtung der Voraussetzungen des § 81 PatG erhoben. Sie hat sich insbesondere gegen den in der Rolle eingetragenen Inhaber des Streitpatents gerichtet. Denn in der Klageschrift ist das E. W. Kunststoffwerk als Beklagter bezeichnet gewesen, das damals in der Rolle als Patentinhaber eingetragen war. Auch der Streitgegenstand ist in der Klage angegeben. Denn die Klageschrift und deren Begründung lassen erkennen, die Nichtigkeitsklage werde darauf gestützt, daß der Gegenstand des Streitpatents am Anmeldetag in Anbetracht der Erkenntnisse, welche die US-Patentschrift 3 493 979 vermittele, nicht patentfähig sei.

Das von der Beklagten geleugnete Rechtsschutzinteresse an der Erhebung und Durchführung der Nichtigkeitsklage durch die Klägerin fehlt ebenfalls nicht. Bei Erhebung einer Nichtigkeitsklage vor Erlöschen des angegriffenen Patents bedarf derjenige, der Nichtigerklärung begehrt, eines in seiner Person begründeten Rechtsschutzinteresses grundsätzlich nicht, weil er im Interesse der Allgemeinheit daran handelt, daß zu Unrecht erteilte technische Schutzrechte beseitigt werden. Dieses öffentliche Interesse wird von dem Verhalten des Nichtigkeitsklägers in einem gegen ihn gerichteten Verletzungsprozeß nicht berührt. Es ist deshalb im Streitfall ohne Belang, daß die Klägerin gegen ihre Verurteilung im Patentverletzungsprozeß kein Rechtsmittel eingelegt hat, obwohl das Verletzungsgericht eine Aussetzung des Verletzungsprozesses im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren abgelehnt hat. Abgesehen davon ist mit dem Verhalten der Klägerin im Patentverletzungsprozeß eine verbindliche Aussage über den Rechtsbestand des Streitpatents auch nicht verbunden.

II. Die Nichtigkeitsklage ist nicht begründet.

1. Das Streitpatent betrifft ein Hilfsmittel zum Umbetten eines bewegungsunfähigen, oft schweren Patienten von einem Bett oder einer Liege zu einem anderen Bett oder anderen Liege. Wenn dies von Hand geschieht, ist der Umbettungsvorgang relativ aufwendig, weil hierfür in der Regel mehrere Personen erforderlich sind (Sp. 1 Z. 23 ff. d. Streitpatentschrift). Nach der Darstellung in der Streitpatentschrift waren am Anmeldetag aber auch schon Hilfsmittel bekannt, nämlich neben der aus der deutschen Patentanmeldung 36 39 799 ersichtlichen Dusch- und Pflegewanne die in Fig. 1 abgebildete, einer solchen Wanne ähnliche Gleitmatte sowie die mit aufrollbarem Laken arbeitende Umbettungsvorrichtung nach der deutschen Patentanmeldung 36 14 572. Die aus der deutschen Anmeldeschrift 36 39 799 bekannte Wanne wird ohne nähere Erörterung als zum Umbetten ungeeignet bezeichnet (Sp. 1 Z. 18 f.). Die Vorrichtung nach der deutschen Anmeldeschrift 36 14 572 wird abgelehnt, weil sie ortsfeste Rollen am Rand der betreffenden Liege benötigt (Sp. 1 Z. 33 ff.). Diese Vorrichtung wird also als nachteilig angesehen, weil sie nicht ein unabhängig von der Beschaffenheit des jeweiligen Bettes und der jeweiligen Liege verwendbares Hilfsmittel ist. Bei dem in Fig. 1 der Streitpatentschrift dargestellten Hilfsmittel handelt es sich hingegen um eine nicht ortsgebundene und bei beliebigen Betten/Liegen einsetzbare Einrichtung. Nach der Darstellung in Sp. 1 Z. 65 ff. der Streitpatentschrift besteht sie aber aus zwei miteinander nicht verbundenen Teilen, nämlich einer Unterlage, die einen starren oder weichen Innenkörper haben kann, und einer aufliegenden Gleitmatte, auf der wiederum der zu transportierende Patient liegen muß. Damit unter Verwendung eines nur geringen Kraftaufwands des Klinikpersonals der Patient mit der Gleitmatte über die dann notwendigerweise hinreichend starre Unterlage von einem Bett in ein anderes Bett gezogen werden kann, weisen die Flächen von Unterlage und Gleitmatte, die sich hierbei berühren, besondere Gleiteigenschaften auf, die beispielsweise durch Verwendung von Polypropylenband oder Nylonrundgarngewebe zu erreichen sind.

Das hier bereits verwirklichte Prinzip (vgl. Sp. 2 Z. 59 d. Streitpatentschrift), daß durch bloßes Ziehen an einer Matte oder dergleichen ein aufliegender Patient von einer ersten Position in eine zweite Position gebracht werden kann, will das Streitpatent ebenfalls nutzen. Es soll - wie es in Sp. 1 Z. 37 ff. heißt - eine Vorrichtung zur Verfügung gestellt werden, die tragbar ist und mit der auch schwergewichtige Patienten durch körperlich schwache Personen umgebettet werden können.

2. Hierzu wird in Anspruch 1 des Streitpatents ein als Gleitvorrichtung für den Transport eines Patienten von einer ersten Stelle zu einer zweiten Stelle bezeichnetes Hilfsmittel vorgeschlagen, das folgende Merkmale hat:

1. (Wenigstens) einen Körper,

2. ein um diesen geschlungenes Endlosband

3. mit im wesentlichen einander entsprechendem Querschnittsumfang.

4. Der Körper ist ein starres Brett (oder dergleichen),

auf dem

5. das Endlosband mit (wenigstens) einer Oberfläche aufliegt und

6. mit dieser gleiten kann ("gleitbar aufliegt").

7. Der Reibungswiderstand zwischen dem Endlosband und dem Brett ist so klein, daß er von einer Bedienungsperson, die am Endlosband zieht, überwunden werden kann, wenn sich auf dem Endlosband eine Person befindet.

8. Brett und Endlosband bilden eine Einheit,

9. die von einer Person getragen werden kann ("für eine Bedienungsperson tragbar ist").

Bei Befolgung dieses Vorschlags sind eine besondere Herrichtung des Krankenbetts oder der Liege sowie eine Unterlage mit besonderer Oberfläche entbehrlich. Es ergibt sich eine Vorrichtung, die von einer Bedienungsperson herbeigeholt werden kann, dann etwas unter den Patienten geschoben werden kann und mit deren Hilfe sodann die Bedienungsperson selbst schwere Patienten durch Ziehen an dem Endlosband mit geringem Kraftaufwand umbetten kann. Während des durch das Ziehen bewirkten Wanderns der Einheit auf dem Bett (oder der Liege) bzw. von einem Bett zu einem anderen Bett wird der aufliegende Patient dabei eine doppelte Strecke bewegt. Die Bedienungsperson muß also die zum Ziehen notwendige Kraft auch nur für eine vergleichsweise kurze Zeit aufbringen. Hat der Patient die erforderliche Strecke zurückgelegt, kann der Umbettungsvorgang durch Herausziehen des etwa noch unter dem Patienten verbliebenen Bereichs der Einheit beendet und diese kann für einen nächsten Einsatz von einer Bedienungsperson allein weggelegt werden.

3. Das Bestehen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1, 22 Abs. 1 PatG) kann nicht festgestellt werden.

a) Der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents ist neu, weil keine der Entgegenhaltungen eine Vorrichtung offenbart, die alle beanspruchten Merkmale in Kombination aufweist. Zu Unrecht sieht die Klägerin den patentgemäßen Gegenstand durch die US-Patentschrift 3 493 979 als vorweggenommen an.

Die dort vorgeschlagene Vorrichtung zum Transport von Objekten arbeitet mit einem unteren endlosen Umlaufband und einem oberen endlosen Umlaufband (Merkmal 2), das über dem unteren Band liegt. Jedes der Bänder läuft über ein Trägerelement (Merkmal 1). Bei den Ausführungsformen, die in den Fig. 1, 2, 6, 9 und 10 der US-Patentschrift 3 493 979 dargestellt sind, handelt es sich hierbei um eine Konstruktion aus mehreren in ihr gelagerten und voneinander beabstandeten Rollen (Rollensatz). In dieser Ausgestaltung sind mithin jedenfalls das Merkmal 4 und die sich hierauf beziehenden patentgemäßen Merkmale nicht verwirklicht.

Bei der Ausführungsform, die in den Fig. 3 und 4 der US-Patentschrift 3 493 979 bildlich dargestellt ist, besteht das jeweilige Trägerelement hingegen aus einer Metall- oder Kunststofflage, die von ihrer Funktion her relativ starr sein muß, so daß man durchaus davon sprechen kann, bei dem vorbekannten Gerät finde ein starres Brett oder dergleichen Verwendung (Merkmal 4). In der Ausgestaltung der Fig. 3 und 4 der US-Patentschrift 3 493 979 fehlt diesem Vorrichtungsbestandteil jedoch der in jeder Hinsicht dem zugehörigen Endlosband entsprechende Querschnittsumfang. Denn jedes Band ist zusätzlich um eine Umlenkrolle geschlungen, in deren Bereich eine maschinell betriebene Antriebsrolle an dem betreffenden Band angreift und dieses in Umlauf versetzt.

Vergeblich macht die Klägerin geltend, durch die Beschreibung der US-Patentschrift 3 493 979 sei darüber hinaus offenbart, bei der Variante mit einer Metall- oder Kunststoffauflage als Trägerelement für den Patienten sei die Umlenkrolle entbehrlich, wenn eine Ausführungsart gewählt werde, die manuell bedient werde. Zwar befaßt sich der Vorschlag nach der US-Patentschrift 3 493 979 auch mit der manuellen Nutzung des Grundkonzepts dieser Entgegenhaltung (vgl. Sp. 11 Z. 36 ff., Sp. 12 Z. 27 ff., ferner Sp. 5 Z. 35 ff., Sp. 5 Z. 69 ff.). Die insoweit beschriebenen und in den Fig. 7-10 der US-Patentschrift 3 493 979 gezeigten Beispiele betreffen jedoch ausschließlich Gestaltungen, die einen Rollensatz innerhalb des betreffenden Bandes aufweisen. Soweit Ausführungen behandelt sind, die ohne einen solchen Rollensatz auskommen, ist hingegen weder in der Beschreibung erwähnt, noch durch Figuren gezeigt, daß das Grundkonzept sich auch ohne Umlenkrolle an einer Längsseite des Trägerelements verwirklichen lasse. Das führte den Fachmann nicht zu dem Verständnis, daß die Lehre nach dem US-Patent 3 493 979 auch Ausführungsformen mit wenigstens einer Metall- oder Kunststofflage einschließt, die allein von einem Endlosband umschlungen ist, wie es das Streitpatent nach der Anweisung voraussetzt, deren Befolgung zu den Merkmalen 2 und 3 führt.

b) Im Hinblick auf das Erfordernis erfinderischer Tätigkeit hat der Senat die für den Erfolg der Nichtigkeitsklage nötige Überzeugung nicht gewinnen können, daß der Gegenstand von Anspruch 1 des Streitpatents sich am Anmeldetag für einen Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab.

(1) Zum Stand der Technik gehört neben der US-Patentschrift 3 493 979 auch die US-Patentschrift 2 918 681. Diese Schrift ist bei der Entscheidung des Senats über die Patentnichtigkeitsklage auch zu berücksichtigen. Darauf, daß die Klägerin sich zunächst nur auf die US-Patentschrift 3 493 979 gestützt und erst das Bundespatentgericht die US-Patentschrift 2 918 681 in die Prüfung miteinbezogen hat, weil sie in der US-Patentschrift 3 493 979 als Stand der Technik genannt ist, kommt es hierfür schon deshalb nicht an, weil die Klägerin das wesentlich auf die US-Patentschrift 2 918 681 abstellende Urteil des Bundespatentgerichts verteidigt und damit jedenfalls im Berufungsrechtszug dem Streitpatent auch diese Schrift entgegenhält. Abgesehen davon war die Heranziehung der US-Patentschrift 2 918 681 durch das Bundespatentgericht auch durch § 87 Abs. 1 PatG gedeckt. Da die von der Klägerin dem Streitpatent entgegengehaltene US-Patentschrift 3 493 979 sich mit der Gestaltung der Vorrichtung nach der älteren US-Patentschrift 2 918 681 befaßt, war ein Anhaltspunkt gegeben, daß das, was in der US-Patentschrift 2 918 681 offenbart war, auch für die Patentfähigkeit des Streitpatents von Bedeutung sein könnte. Das konnte es als sinnvolle Maßnahme der Amtsermittlung erscheinen lassen, auch diese Schrift in das Nichtigkeitsverfahren einzuführen.

(2) Maßgeblicher Fachmann ist im Streitfall ein Konstrukteur mit einer technischen Ausbildung und entsprechender beruflicher Erfahrung. Eine akademische Vorbildung, etwa in Form eines Fachhochschulstudiums, hat er nicht. Diese ist zwar bei Mitarbeitern von Konstruktionsabteilungen industriell betriebener Unternehmen üblich, die vorzugsweise automatisch arbeitende Geräte der Krankenhausbetriebs- oder Rehabilitationstechnik entwickeln. Mit der Konstruktion einfacher Erzeugnisse, wie es die Vorrichtungen nach dem Streitpatent sind, geben sich derartige Unternehmen regelmäßig jedoch nicht ab. Solche Geräte sind vielmehr üblicherweise Ergebnis des Wissens und der Erfahrung eher auf handwerksmäßiger Grundlage arbeitender Betriebe. Das hat die gerade auch insoweit eingehend geführte Erörterung des schriftlichen Sachverständigengutachtens mit Prof. Dr. G. in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats ergeben.

(3) Es kann ausgeschlossen werden, daß der hiernach zugrundezulegende Fachmann im Anmeldezeitpunkt ausgehend von der US-Patentschrift 3 493 979 in der Lage war, ohne erfinderische Tätigkeit den Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents aufzufinden. Die in der US-Patentschrift 3 493 979 offenbarte Vorrichtung hat nach dem bereits Ausgeführten einen vergleichsweise komplizierten Aufbau. Auch die vorgeschlagenen Möglichkeiten der Arbeitsweise (Unterfahren des ruhenden Körpers beispielsweise eines bettlägrigen Patienten durch gegenläufige Bänder, Stoppen des oberen Bandes bei Weiterlaufen des unteren Bandes, Abladen des Körpers durch Umlaufbewegung des oberen Bandes) können nicht als einfach bezeichnet werden. Erfahrungsgemäß versucht sich ein Fachmann mit einer Qualifikation, wie sie hier zugrunde zu legen ist, schon nicht an der Weiterentwicklung derartiger Gerätschaften. Dies folgt zwanglos aus den bereits getroffenen Feststellungen zum hier maßgeblichen Fachmann, die - wie ebenfalls bereits ausgeführt - auf entsprechenden Erläutreungen des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung beruhen.

(4) Ohne weiteres kann hingegen das aus der US-Patentschrift 2 918 681 vorbekannte Hilfsmittel als Ausgangsstand der Technik für eine Weiterentwicklung durch den hier maßgeblichen Fachmann angesehen werden. Diese Vorrichtung besteht aus einem Rahmen, in dem in Längsrichtung verlaufende Walzen im Abstand voneinander gelagert angeordnet sind. Ein Endlosband umschlingt (ausschließlich) den Walzensatz und hat auch in Querrichtung eine den Walzen entsprechende Dimensionierung. Die leichte Drehbarkeit, die bei gelagerten Walzen mit bekannten Mitteln, etwa Kugellagern, ohne weiteres zu verwirklichen ist, erlaubt es, dem Bedienungspersonal das Endlosband ohne bemerkenswerte Mühe in Bewegung zu setzen und zu halten. So können auch schwergewichtige bettlägrige Patienten aufgenommen, mit der Einheit auf ein anderes Bett verschoben und dort abgelegt werden. Das aus der US-Patentschrift 2 918 681 vorbekannte Hilfsmittel kann mithin nicht nur als Vorrichtung angesehen werden, die lediglich auf wenige Vorrichtungsteile angewiesen ist, es kann auch als durchaus taugliches Hilfsmittel gelten, wenn es um das Umbetten von Patienten durch Klinikpersonal mit Hilfe einer Vorrichtung geht, die händisch zu betreiben ist, nicht an eine spezielle Herrichtung des Bettes oder der Liege gebunden ist und fallweise zum Einsatzort herbeigeschafft werden kann. Dies legte es nahe, bei der Entwicklung einer Neuerung dieser speziellen Art von der Vorrichtung nach dem US-Patent 2 918 681 als Vorbild auszugehen.

Für eine solche Weiterentwicklung bestand auch Anlaß. Die vorbekannte Vorrichtung ist im Krankenhaus nicht universell einsetzbar. Der Abstand der Walzen zueinander und deren Durchmesser, der - um die leichte Aufnahme des Patienten nicht zu gefährden - über ein geringes Maß nicht hinausgehen darf, führen nämlich in jeweils nur ganz schmalen Bereichen der Auflagefläche auf dem Endlosband zu einer Druckbelastung der umzubettenden Person, die man als Punktbelastung bezeichnen und die jedenfalls sogenannten Schmerzpatienten unerträglich sein kann. Es kommt das Gewicht hinzu, das jedenfalls dann beträchtlich ist, wenn die genannten Teile in Metall ausgeführt sind, was angesichts der gewählten Konstruktion naheliegt. Hierdurch wird das Herbeiholen zum und das Wegschaffen vom jeweiligen Einsatzort erschwert. Schließlich bietet die in der US-Patentschrift 2 918 681 gewählte Gestaltung Probleme im Hinblick auf die Sterilisierbarkeit, auf die in Krankenhäusern zu achten ist. Der gerichtliche Sachverständige, der diese Nachteile des bekannten Hilfsmittels im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigt hat, ohne daß die Parteien diesen erläuternden Ausführungen entgegengetreten wären, hat dabei die Druckbelastung eines umzubettenden Patienten als den für die Praxis gravierendsten Gesichtspunkt bezeichnet.

(5) Dies rechtfertigt die Annahme, daß man im Anmeldezeitpunkt im Trachten nach einer Verbesserung an diesem Nachteil ansetzte. Bei der Umsetzung standen grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, nämlich die mehr auf theoretische Durchdringung von Vorbild und Verbesserungswunsch bauende Entwicklung einerseits und andererseits die dem grundsätzlich brauchbaren Vorbild wegen seiner Geeignetheit verhaftete Weiterbildung desselben durch eher kleinere, schrittweise Veränderungen. In Anbetracht der festgestellten Ausbildung und Erfahrung des hier maßgeblichen Fachmanns kann nicht angenommen werden, daß dieser ein Prinzip zu ergründen suchte, das sich aus dem Vorbild ergab und dessen grundsätzliche Brauchbarkeit gewährleistet, um hiervon ausgehend eine neue, verbesserte Konstruktion zu finden. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der dem Fachmann zum Anmeldezeitpunkt ohne erfinderische Tätigkeit mögliche Weg in der eher handwerksmäßigen Veränderung des aus der US-Patentschrift 2 918 681 bekannten Hilfsmittels bestand.

Die im Rahmen dieser Vorgehensweise naheliegende Maßnahme war, den auf der Hand liegenden Nutzen eines Walzensatzes im Hinblick auf die nötige leichte Drehbarkeit des Bandes nicht aufzugeben, das Endlosband aber nicht mehr nur auf den für die punktförmige Belastung der Patienten verantwortlichen Walzen aufliegen zu lassen. Hierzu stand auch ein einfaches Mittel zur Verfügung. Es mußte nur der jeweilige Zwischenraum zwischen den beabstandeten Walzen zu der Auflagefläche des Patienten hin mit einzelnen an dem Rahmen angebrachten Platten aufgefüllt werden, deren Oberflächen nahezu bündig mit dem Bereich der Walzen verlaufen, der das Endlosband jeweils berührt. Der gerichtliche Sachverständige hat dies bei seiner Anhörung ebenso gesehen. Dabei hat er auch angegeben, der Fachmann habe im Anmeldezeitpunkt im Hinblick hierauf beispielsweise kunststoffbeschichtete Metallplatten für erforderlich gehalten, solche Zwischenstücke hätten ihm aber im Anmeldezeitpunkt auch zur Verfügung gestanden. Es sind keine Gesichtspunkte hervorgetreten, die Anlaß zu durchgreifenden Zweifeln an dieser gutachterlichen Darstellung von Prof. Dr. G. böten. Hiernach war mithin bereits durch eine einfache Ergänzung des Vorbilds dessen im Vordergrund stehendem Nachteil beizukommen.

Dann aber kann zu Lasten der Beklagten nicht angenommen werden, daß der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nahegelegen hätte. Es ist schon nicht ersichtlich, warum der maßgebliche Fachmann sich zum Anmeldezeitpunkt nicht mit der Zwischenstücklösung zufrieden geben sollte. Jedenfalls aber wären jeweils neue Überlegungen notwendig gewesen, die nicht in dem entscheidenden Nachteil des Ausgangsstands der Technik angelegt gewesen wären und deshalb angesichts der Vorgehensweise, die nach den getroffenen Feststellungen von dem hier maßgeblichen Fachmann üblicherweise angewendet wird, nicht als in dessen Fachkönnen liegend erkannt werden können.

(6) Eine Anregung, nicht bei einer Hinzufügung von Zwischenstücken stehenzubleiben, war nicht durch das Gewicht der Vorrichtung nach der US-Patentschrift 2 918 681 bedingt. Bei Verwendung von Metallplatten als Zwischenstücken lag es im Fachkönnen des maßgeblichen Fachmanns, Kunststoffrollen einzusetzen. Auch das hat der gerichtliche Sachverständige im Rahmen der Erörterung in der mündlichen Verhandlung so angegeben. Unter Berücksichtigung der Gestaltungsmöglichkeiten, die hinsichtlich der Stärke der Metallplatten bestanden, war damit auch eine Reduzierung des Gewichts einer Vorrichtung nach der US-Patentschrift 2 918 681 möglich, die neben dem metallenen Rahmen auch Walzen aus Metall aufweist. Jedenfalls läßt sich aber nicht positiv feststellen, daß ein Gewichtsnachteil, der trotz Verwendung eines Kunststoffrollensatzes mit hinreichend tragfähigen, aber möglichst dünnen und damit ebenfalls vergleichsweise leichten Zwischenstücken noch verbleiben mag, dem Fachmann die zum Auffinden des Gegenstands des Anspruchs 1 des Streitpatents erforderliche Idee des Ersatzes der Walzen durch nur eine (durchgehende) Platte hätte vermitteln sollen. Denn - ausgehend von den in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen - gibt der übrige Stand der Technik keine in diesem Zusammenhang stehende Hinweise. Nur in dem US-Patent 3 493 979 sind Platten mit einer Größe beschrieben, die der gesamten Auflagefläche für den Patienten entspricht. Daß nach diesem Vorschlag eine solche Platte aus Gründen der Gewichtsreduzierung gewählt sei, ließ sich der US-Patentschrift 3 493 979 jedoch nicht entnehmen. Wie ausgeführt, sind die plattenartigen Trägerelemente dieser Vorrichtung ohnehin nur als Teil einer größeren maschinell betriebenen und damit schweren Einrichtung der Krankenhaustechnik beschrieben und in Figuren dargestellt.

(7) Auch der Gesichtspunkt der Sterilisierbarkeit führt nicht zu einer anderen Beurteilung einer von der US-Patentschrift 2 918 681 ausgehenden Entwicklungstätigkeit. Zwar versprach der zusätzliche Einsatz mehrerer Zwischenstücke insoweit keine Verbesserung. Auch insoweit bot die US-Patentschrift 3 493 979 jedoch aus den bereits hinsichtlich des Gewichts genannten Gründen kein ohne weiteres nutzbares Vorbild, an dem der Fachmann sich bei einer schrittweisen Weiterentwicklung hätte orientieren können. So, wie die Ausführungsformen in der US-Patentschrift 3 493 979 beschrieben und gezeigt sind, sind sie keinesfalls einfach in einen sterilen Zustand zu versetzen. Der Fachmann, der sich im Anmeldezeitpunkt nicht mit einem Walzensatz ergänzenden Zwischenstücken zufrieden geben wollte, obwohl bereits diese Kombination eine weitgehend druckfreie Lagerung des Patienten garantiert und zumindest die Möglichkeit bietet, das Gewicht günstig zu beeinflussen, mußte sich daher auch eine Maßnahme zur Verbesserung der Sterilisierbarkeit auf andere Weise erschließen. Dafür, daß in diesem Zusammenhang der Stand der Technik verwertbare Hinweise auf die Möglichkeiten enthielt, die der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents bietet, ist ebenfalls nichts ersichtlich. Es ist deshalb nicht auszuschließen, daß auch der Wunsch nach besserer Sterilisierbarkeit den Zugang zu der Lehre des Streitpatents nicht nahegelegt hat.

4. Die Unteransprüche haben aus den genannten Gründen ebenfalls Bestand.

5. Auf die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Ansprüche kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, § 121 Abs. 2 PatG.



Ende der Entscheidung

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