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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.09.2007
Aktenzeichen: X ZR 81/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 406
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

X ZR 81/06

vom 18. September 2007

in der Patentnichtigkeitssache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. September 2007 durch die Richter Scharen, Keukenschrijver, Prof. Dr. Meier-Beck, Asendorf und Gröning

beschlossen:

Tenor:

Das gegen den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. H. H. gerichtete Ablehnungsgesuch wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents 0 461 646, das u.a. eine Vorrichtung zur Herstellung von Reifen für Fahrzeugräder betrifft. Die Klägerin hat vor dem Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage erhoben, mit der sie in erster Instanz Erfolg hatte.

Im Berufungsverfahren hat der Senat Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und Prof. Dr. H. H. in G. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt, der dem Senat zuvor mitgeteilt hatte, er sei 33 Jahre lang bei der C. in H. in der Reifenindustrie tätig gewesen. Die Beklagte hat den Sachverständigen mit der Begründung abgelehnt, dass dieser bei einer bedeutenden Konkurrentin tätig gewesen sei, die einen Motorradreifen herstelle, der demjenigen der Klägerin entspreche, woraus sich die Besorgnis ergebe, der Sachverständige sei befangen.

Die Klägerin hat dem Ablehnungsgesuch widersprochen.

II. Das Ablehnungsgesuch bleibt ohne Erfolg.

Ein Sachverständiger kann nach § 406 ZPO, der auch im Berufungsverfahren in Patentnichtigkeitssachen anwendbar ist, abgelehnt werden, wenn hinreichende Gründe vorliegen, die in den Augen einer vernünftigen Partei geeignet sind, Zweifel an seiner Unparteilichkeit zu wecken (Sen.Beschl. v. 4.12.2001 - X ZR 199/00, GRUR 2002, 369 - Sachverständigenablehnung; v. 13.1.1987 - X ZR 29/86, GRUR 1987, 350 f. - Werkzeughalterung).

Die von der Beklagten geltend gemachten Gründe rechtfertigen - auch unter Berücksichtigung des Vortrags im Schriftsatz vom 7. September 2007 - bei verständiger Würdigung nicht die Annahme, der gerichtliche Sachverständige werde nicht die erforderliche Unparteilichkeit aufbringen.

Vorangegangene Industrietätigkeiten als solche sind bei Hochschullehrern auf dem Gebiet der Technik und der Naturwissenschaften allgemein zu erwarten und schon deshalb für sich allein nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Sie sind sogar im Interesse der Qualifikation des Sachverständigen erwünscht (Sen.Beschl. v. 26.7.2005 - X ZR 108/04, Umdruck S. 5, im Druck nicht veröffentlicht).

Auch eine Tätigkeit für einen nicht am Verfahren beteiligten und auch nicht mit einem Verfahrensbeteiligten verflochtenen Konkurrenten (zu diesem Fall Sen.Beschl. v. 10.12.1998 - X ZR 64/97, abgedruckt bei Bausch, Nichtigkeitsrechtsprechung in Patentsachen 1994 - 1998, 551 - Sachverständigenablehnung 05; v. 24.7.2007 - X ZR 1/06, im Druck nicht veröffentlicht) rechtfertigt die Besorgnis der Befangenheit ohne Hinzutreten weiterer Umstände noch nicht (vgl. Sen.Beschl. v. 11.7.1995 - X ZR 99/93, Schulte-Kartei PatG 26-29 Nr. 39 - Sachverständigenablehnung 01; vgl. auch Sen.Beschl. v. 5.11.2002 - X ZR 136/99, Schulte-Kartei PatG 110-122 Nr. 59 - Sachverständigenablehnung 07, Umdruck S. 5, nicht im Druck veröffentlicht, und zwei Parallelentscheidungen vom gleichen Tag). Derartige Umstände hat die Beklagte indessen nicht ausreichend dargelegt, auch wenn das Streitpatent einen Geschäftsbereich betrifft, auf dem sowohl die Beklagte als auch die frühere Arbeitgeberin des Sachverständigen tätig sind. Dass ein Erzeugnis, das der Konkurrent der Öffentlichkeit vorgestellt hat, gewisse Gemeinsamkeiten mit dem Gegenstand des Streitpatents aufweisen soll, ist keine ausreichende Grundlage für die von der Beklagten zudem nur in vager Form geäußerte Vermutung, dass eine Patentverletzung durch den Konkurrenten in Betracht kommen könnte ("schließt die Möglichkeit nicht aus, dass der ... Reifen eine Verletzung des Streitpatents darstellen könnte"). Objektiv greifbare Anhaltspunkte, die bei verständiger Würdigung die Annahme stützen können, dass der Sachverständige befangen sei, ergeben sich hieraus nicht.

Der gerichtliche Sachverständige hat seine frühere Industrietätigkeit zudem nicht verschwiegen, sondern dem Senat vor seiner Bestellung auf Anfrage offenbart. Damit kann sich bei verständiger Würdigung auch aus seinem Verhalten kein hinreichender Grund ergeben, an seiner Unbefangenheit zu zweifeln.

Ende der Entscheidung

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