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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.01.1998
Aktenzeichen: X ZR 82/94
Rechtsgebiete: PatG


Vorschriften:

PatG 1981 § 81
- Bürstenstromabnehmer -

PatG 1981 § 81

Wenn durch den Bestand des Schutzrechts eine derzeitige oder auch nur eine in der Zukunft mögliche eigene gewerbliche Tätigkeit des Klägers in Frage gestellt wird, kann daraus nicht gefolgert werden, die Nichtigkeitsklage sei von einem Dritten nur als Strohmann des früheren Nichtigkeitsklägers erhoben.

BGH, Urt. v. 13. Januar 1998 - X ZR 82/94 - Bundespatentgericht


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 82/94

Verkündet am: 13. Januar 1998

Welte Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in der Patentnichtigkeitssache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Rogge und die Richter Dr. Jestaedt, Dipl.-Ing. Frhr. v. Maltzahn, Scharen und Keukenschrijver

für Recht erkannt:

Die Berufung gegen das am 9. Dezember 1993 verkündete Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats II) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 33 29 632 (Streitpatents). Es beruht auf einer Anmeldung vom 17. August 1983, für die eine Unionspriorität vom 20. August 1982 in Anspruch genommen ist. Nach der am 5. März 1987 vorgenommenen Veröffentlichung der Patenterteilung hat die J. , Ltd., H. , Nichtigkeitsklage erhoben. Die Beklagte hat das Streitpatent nur noch in beschränktem Umfang verteidigt. Unter Abweisung der Nichtigkeitsklage im übrigen ist das Streitpatent in dem nicht verteidigten Umfang teilweise für nichtig erklärt worden. Der durch Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 2 beschränkte Patentanspruch 1 lautet nunmehr wie folgt:

"Bürstenstromabnehmer für einen Kleinmotor mit einem Bürstenarm, der eine Klemmleiste hat, die aus einem flexiblen, elektrisch leitenden Metallstreifen gefertigt ist, der einen Klemmabschnitt bildet, welcher aus einem Motorgehäuse für einen Außenanschluß herausgeführt ist, und eine Kommutatorschleifleiste aufweist, die aus einem hochelastischen, elektrisch leitenden Metallstreifen hergestellt ist, der einen Kommutatorschleifabschnitt zur Herstellung eines elektrischen Kontaktes mit einem Kommutator mittels einer auf seinem Vorderteil angebrachten Bürste bildet, und mit einer Bürstenhaltevorrichtung, die an einem Gehäusedeckel des Motorgehäuses vorgesehen ist und Nuten zum Halten der Bürstenarme hat, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t ,

daß die Klemmleiste (9') oder die Kommutatorschleifleiste (10') mehrere Vorsprünge (14) aufweist, die durch Verlängern der Klemmleiste (9') oder der Kommutatorschleifleiste (10') gebildet sind, daß die Vorsprünge (14) gebogen und umgelegt sind, nachdem die Klemmleiste (9') und die Kommutatorschleifleiste (10') überlappt sind, daß der verbundene Abschnitt der Klemm- (9') und der Kommutatorschleifleiste (10') jeweils in eine Nut (13) der Bürstenhaltevorrichtung (8) eingesetzt ist und daß jede auf der Bürstenhaltevorrichtung (8) vorgesehene Nut (13) eine Breite (W') hat, die etwas kleiner als die Stärke (H') eines Biegeabschnitts der Vorsprünge (14) ist."

Wegen des Wortlauts der nunmehr auf diesen Anspruch rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 wird auf die Patentschrift (dort erteilte Patentansprüche 3 bis 5) Bezug genommen.

Die Klägerin bezieht Kleinmotoren von der früheren Nichtigkeitsklägerin und vertreibt sie in der Bundesrepublik Deutschland. Wie die frühere Nichtigkeitsklägerin macht sie in ihrer Nichtigkeitsklage geltend, der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents sei nicht patentfähig.

Die Beklagte hat die Zulässigkeit der Klage bezweifelt und ist auch im übrigen der Klage entgegengetreten.

Das Bundespatentgericht hat die Klage abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und das Streitpatent für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Prof. Dr.-Ing. Peter Dietz, Direktor des Instituts für Maschinenwesen der Technischen Universität Clausthal, hat im Auftrag des Senats ein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet und dieses in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die Nichtigkeitsklage ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet, weil sich nicht feststellen läßt, daß der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig ist.

II. Eine auf den Mangel der Patentfähigkeit gestützte Klage auf Nichtigerklärung eines in Kraft stehenden Patents erfordert nicht den Nachweis eines rechtlichen Interesses des Klägers (BGH, Urt. v. 15.04.1955 - I ZR 33/54, GRUR 1955, 476 - Spülbecken). Die förmliche Nichtigerklärung eines Patents, dem keine Schutzwürdigkeit zukommt, liegt für sich schon im öffentlichen Interesse und macht damit die Nichtigkeitsklage statthaft (Sen.Urt. v. 15.05.1990 - X ZR 119/88, GRUR 1990, 667 - Einbettungsmasse, m.w.N.).

Die Zulässigkeit findet jedoch ihre Grenze, wo besondere Umstände vorliegen, welche die Durchführung des Nichtigkeitsverfahrens gerade zwischen den beteiligten Parteien als anstößig oder jedenfalls dem auch im Prozeßrecht zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben widersprechend erscheinen lassen (Sen.Urt. v. 02.06.1987 - X ZR 97/86, GRUR 1987, 900, 901 - Entwässerungsanlage, m.w.N.). Solche Umstände hat die Rechtsprechung unter anderem dann angenommen, wenn über die Patentfähigkeit bereits rechtskräftig entschieden ist, der unterlegene Nichtigkeitskläger diese gleichwohl weiterbekämpfen will und deshalb in Anbetracht der nach allgemeinen prozessualen Regeln (insbesondere § 325 Abs. 1 ZPO) zu beachtenden Wirkungen der Rechtskraft des ersten Urteils ein Dritter als Strohmann des früheren Klägers erneut Nichtigkeitsklage erhebt (BGH, Urt. v. 10.01.1963 - Ia ZR 174/63, GRUR 1963, 253 f. - Bürovorsteher). Von einem solchen Sachverhalt kann ausgegangen werden, wenn der Dritte ausschließlich im Auftrag und Interesse des früheren Klägers sowie auf dessen Weisung und Kosten ohne jedes eigene ins Gewicht fallende gewerbliche Interesse an der Vernichtung des Patents mit der Nichtigkeitsklage gegen dieses vorgeht (Benkard, PatG/GebrMG, 9. Aufl., § 22 PatG Rdn. 22 m.w.N.). Dagegen scheidet die Annahme eines solchen Sachverhalts aus, wenn aufgrund der gewerblichen Tätigkeit des Nichtigkeitsklägers die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Betätigung für den Fall zu besorgen ist, daß das Patent bestehenbleibt. Bereits dann, wenn durch den Bestand des Schutzrechts eine derzeitige oder auch nur eine in der Zukunft mögliche gewerbliche Tätigkeit in Frage gestellt ist, kann sich ein Gewerbetreibender aus sachlichen Gründen veranlaßt sehen, die Nichtigerklärung des Schutzrechts zu erstreben. Auch im Falle einer zweiten Nichtigkeitsklage kann deshalb unabhängig von dem Verhältnis des Klägers zu dem früheren Nichtigkeitskläger oder den zwischen ihnen getroffenen Absprachen dann ein ins Gewicht fallendes eigenes Interesse des Klägers nicht verneint werden.

Im zu entscheidenden Fall handelt die Klägerin mit Kleinmotoren, die mit Bürstenstromabnehmern versehen sind. Das Streitpatent betrifft damit Waren der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin. Auch wenn die von ihr in der Vergangenheit und derzeit vertriebenen Waren weder vom Gegenstand des Streitpatents Gebrauch machen noch dessen Schutzbereich unterfallen, berührt der Bestand des Schutzrechts deshalb die gewerblichen Belange der Klägerin. Denn ihr Geschäftsbetrieb kann es mit sich bringen, Kleinmotoren mit Bürstenstromabnehmern in anderer Ausführung zu vertreiben, deren Gestaltung zum Vorwurf der Patentverletzung führen kann. Die Nichtigkeitsklage der Klägerin ist geeignet, damit verbundenen Beeinträchtigungen vorzubeugen. Deshalb fehlt es nicht an einem sachlichen Interesse und die Erhebung der Nichtigkeitsklage durch die Klägerin verstößt weder gegen Treu und Glauben noch erscheint sie gar anstößig.

III. Das Streitpatent betrifft Bürstenstromabnehmer für Kleinmotoren, die aus sogenannten Bürstenarmen bestehen, die aus Metallstreifen gefertigt sind. Wie der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten ausgeführt hat, besteht die Aufgabe solcher Vorrichtungen darin, elektrischen Strom von außen auf ein rotierendes Innenteil des Motors zu leiten, das im Falle des Streitpatents ein Kommutator ist. Hieraus ergeben sich verschiedene Anforderungen an eine solche Vorrichtung. Die Streitpatentschrift nennt ausdrücklich, daß Schwankungen des Bürstendrucks auf das rotierende Innenteil vermieden werden müssen, damit der Motor gleichbleibende Leistung erbringen kann (Sp. 1 Z. 59 ff.). Außerdem muß die Vorrichtung fest in Position gehalten werden. Die Streitpatentschrift bezeichnet dies als besonders wichtig (Sp. 1 Z. 66 - Sp. 2 Z. 2). Zumal bei der Behandlung des Standes der Technik auch hierauf in der Patentschrift hingewiesen ist (Sp. 2 Z. 16), erkennt der Durchschnittsfachmann aufgrund der Erwähnung dieser Notwendigkeiten zugleich, daß für eine gute elektrische Leitfähigkeit der Bürstenarme gesorgt werden muß.

Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ist im vorliegenden Fall der Durchschnittsfachmann ein betrieblich erfahrener Konstrukteur der genannten Vorrichtungen, der z.B. eine Technikerausbildung hat, sich im wesentlichen mit Fragen der Werkstoffertigungs- und montagegerechten Konstruktion im Bereich der Teilefertigung bei für den hier interessierenden Bereich der Technik typischen hohen Stückzahlen (Massenfertigung) beschäftigt, aber auch in den Fragen der elektrischen Funktion Grundkenntnisse hat und unter Umständen zur Beantwortung spezieller Fragen einen Elektrofachmann zu Rate zieht. Wegen der auf diese Weise verfügbaren Kenntnisse der Elektrik kann auch angenommen werden, daß der sich mit dem Sinngehalt der Lehre nach dem Streitpatent beschäftigende Durchschnittsfachmann ohne weiteres um die Voraussetzung für eine gute elektrische Leitfähigkeit weiß. Der elektrische Widerstand muß während des Betriebes möglichst konstant klein gehalten werden, worauf der Sachverständige in seinem Gutachten ebenfalls hingewiesen hat.

Die Streitpatentschrift erläutert dem Fachmann ferner, daß ein aus einem Stück gefertigter Bürstenarm zur Erfüllung der bestehenden Anforderungen in der Praxis nicht in Betracht komme. Denn der Abschnitt, der dafür zu sorgen hat, daß der Arm an dem Kommutator mit gleichmäßigem Druck anliegt, und der in der Streitpatentschrift als Kommutatorschleifleiste bezeichnet ist, wird nach den Angaben der Beschreibung normalerweise z.B. aus Phosphor- oder Beryllium-Bronze gefertigt, weil dieses Material eine hohe Elastizität bei guter elektrischer Leitfähigkeit hat, während als Material des zum Außenanschluß dienenden Abschnitts, der im Streitpatent als Klemmleiste bezeichnet wird, im allgemeinen beispielsweise Kupfer oder Messing verwendet wird, weil solche flexiblen und elektrisch leitenden Materialien ein leichtes Verlöten, aber auch die zum wiederholten Biegen erforderliche Elastizität gewährleisten (Sp. 2 Z. 14 ff.). Es war deshalb bekannt, Bürstenarme aus zwei Teilen jeweils unterschiederlicher Materialbeschaffenheit durch Vernieten oder Punktschweißen herzustellen. In der Streitpatentschrift wird diese Verbindung als technisch schwierig (Verschweißen) bzw. als herstellungsaufwendig (Vernieten) und deshalb für eine Massenfertigung zu kostspielig abgelehnt (Sp. 2 Z. 34 ff.). Außerdem führten solche Verbindungen dazu, daß bei Verschleiß der Kommutatorschleifleiste ein vollständig neues Vorrichtungsteil eingesetzt werden müsse (Sp. 2 Z. 49 ff.). Auch andere - in der Streitpatentschrift sodann abgehandelte - Lösungen hätten nicht überzeugt, entweder weil es ihnen an der erforderlichen mechanischen Festigkeit fehle oder weil sie zu materialaufwendig, zu teuer und zu verschleißanfällig seien. Die Beschreibung nennt deshalb als Aufgabe der Erfindung, einen Bürstenstromabnehmer mit einer Klemmleiste und einer Kommutatorschleifleiste in Form von Metallstreifen so weiterzuentwickeln, daß die Klemmleiste und die Kommutatorschleifleiste auf einfache Weise zu einem Bürstenarm verbindbar sind, wobei dessen Teile bei Verschleiß leicht auswechselbar sein sollen und bei einer ausreichenden Festigkeit und Elastizität ein guter Kontakt zwischen der Bürste und einem Kommutator gewährleistet ist (Sp. 3 Z. 4 ff.).

Die nach Anspruch 1 in der geltenden Fassung als Lösung vorgeschlagene Kombination von Merkmalen läßt sich in folgender Weise umschreiben und gliedern:

1. Der Bürstenarm besteht aus

a) einer flexiblen, elektrisch leitenden Klemmleiste mit Klemmabschnitt und Anschluß und

b) einer hochelastischen, elektrisch leitenden Kommutatorschleifleiste mit Abschnitt für die Bürste.

2. Klemmleiste oder Kommutatorschleifleiste weisen Vorsprünge auf,

a) die durch Verlängern gebildet sind.

b) Klemmleiste und Kommutatorschleifleiste überlappen sich.

c) Die Vorsprünge sind - nach Überlappung von Klemm- und Kommutatorschleifleiste - gebogen und umgelegt.

3. An einem Gehäusedeckel des Motorgehäuses ist eine Bürstenhaltevorrichtung vorgesehen.

a) Diese hat Nuten zum Halten der Bürstenarme,

b) in die der verbundene Abschnitt von Klemmleiste und Kommutatorschleifleiste eingesetzt ist.

c) Die Nut ist etwas schmaler als die Stärke eines Biegeabschnitts der Vorsprünge.

IV. Diese Lehre zum technischen Handeln ist neu. Keine der Entgegenhaltungen weist sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 der geltenden Fassung in Kombination auf. Der gerichtliche Sachverständige hat dies in seinem schriftlichen Gutachten überzeugend ausgeführt und in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Der Meinung der Klägerin, das vorveröffentlichte Patent GB 1 499 998 (Anl. K 9) nehme die Lehre nach Anspruch 1 in der geltenden Fassung vorweg, kann nicht beigetreten werden.

Bei der in der britischen Patentschrift beschriebenen und gezeigten Vorrichtung besteht ein Bürstenarm - nach der Terminologie des Streitpatents - aus einer flexiblen, elektrisch leitenden Klemmleiste mit Klemmabschnitt und Anschluß (Bezugszeichen 3) und aus einer elektrisch leitenden Kommutatorschleifleiste mit Abschnitt für die Bürste (Bezugszeichen 2). Diese Leiste kann laut Beschreibung aus einem Edelmetall bestehen und deshalb auch hochelastisch sein, wie es Merkmal 1 verlangt. Die Kommutatorschleifleiste (2) weist ferner beidseitig Vorsprünge auf (Bezugszeichen 22 a), welche die Kontur des verwendeten Metallstreifens verbreitern. Die vorbeschriebene Vorrichtung genügt deshalb auch der Anweisung, die Merkmal 2 a zugrunde liegt. Denn nach Funktion und Bedeutung im Rahmen der Gesamtkombination des Anspruchs 1 meint der Begriff "Verlängern" eine Verbreiterung des sonst schmaleren Bürstenarms, so daß Vorsprünge entstehen, die gebogen und umgelegt werden können. Dies ist in den die Erfindung betreffenden Figuren der Streitpatentschrift gezeigt, wird von dem gerichtlichen Sachverständigen so gesehen und wird auch von den Parteien nicht in Zweifel gezogen. Im eingebauten Zustand überlappen sich Klemmleiste und Kommutatorschleifleiste auch bei der Vorrichtung der britischen Patentschrift (Merkmal 2 b). Die Vorrichtungsteile mit dem Bezugszeichen 22 der Kommutatorschleifleiste und mit dem Bezugszeichen 32 der Klemmleiste liegen dann nämlich übereinander.

In der britischen Patentschrift nicht offenbart ist dagegen die Anweisung zu 2 c. Ihre Befolgung soll ersichtlich die sichere Verbindung gewährleisten, die aus Klemmleiste und Kommutatorschleifleiste ein einem einteiligen Bürstenarm entsprechendes einheitliches leitendes Teil, also gleichsam ein Stück (vgl. Sp. 5 Z. 11), macht, das sich einfach herstellen und dann in der Bürstenhaltevorrichtung anbringen läßt. Dabei soll bereits die Verbindung den für einen gleichbleibend niedrigen Leitungswiderstand erforderlichen guten und dauerhaften Kontakt herstellen und sich gleichwohl im Falle des Verschleißes der Kommutatorschleifleiste wieder lösen lassen, damit anders als im Stand der Technik nur dieses Vorrichtungsteil ausgetauscht werden kann. Diese Zielrichtung führt zu der Deutung, daß Merkmal 2 c eine - wie es der gerichtliche Sachverständige ausgedrückt hat - Lapp- oder Lappenverbindung lehrt, die sich durch eine enge Umschließung des einen Vorrichtungsteils durch Teile des anderen auszeichnet, die vermittels Umbiegens der breiteren Bereiche zu dem zu verbindenden Teil hin geschieht, mit der Folge, daß sich im Biegebereich, der zugleich Überlappungsbereich ist, ein aus nicht mehr gegeneinander verschieblichen Teilen bestehendes, selbst praktisch nicht mehr elastisches, also festes Paket bildet. Der gerichtliche Sachverständige hat in diesem Zusammenhang von einer gemischt form-/reibschlüssigen Verbindung gesprochen, derer sich die Erfindung bediene.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, damit sei Anspruch 1 in der geltenden Fassung durch zusätzliche Merkmale aus der Beschreibung bzw. den Figuren konkretisiert. Von der genannten Zielrichtung her bildet die Annahme, es gehe hier um ein zu der zu verbindenden Leiste gerichtetes und dann zur Anlage an diese führendes Biegen, die nächstliegende Auslegung der Merkmal 2 zugrundeliegenden Anweisung, weshalb der Fachmann sie für sachgerecht halten wird, zumal andere Möglichkeiten in dem Streitpatent in keiner Weise auch nur angedeutet sind. Ganz im Gegenteil gibt schon die Wortwahl des Anspruchs 1 verläßliche Hinweise, daß patentgemäß ein solches Gebogensein der Vorsprünge nicht ausreicht, welches die Vorsprünge zwar aus einer zu dem schmaleren Teil der Leiste ebenen Lage geführt, sie aber nicht zur Anlage an die mit dieser Leiste zu verbindende Leiste und zur Umfassung derselben gebracht hat. Durch den mit dem Wort "nachdem" eingeleiteten Nebensatz des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 und durch Merkmal 3 b wird sowohl auf eine bestimmte Reihenfolge bei der Verbindungsherstellung als auch darauf abgestellt, daß erst danach die Anbringung des aus zwei Leisten hergestellten Bürstenarms erfolgt ist. Außerdem beschränkt sich der Wortlaut hinsichtlich der Verbindungsherstellung nicht darauf zu erwähnen, daß die Vorsprünge gebogen sein müssen, sondern verlangt zusätzlich, daß sie umgelegt sind. Damit ist deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die Umlegung der Vorsprünge der einen Leiste die zweite Leiste umfassen und mit der ersten Leiste zu einem vollständigen Bürstenarm verbinden soll. Erst nach Herstellung einer solchen Verbindung soll der Einsatz in die Haltevorrichtung erfolgen.

Der gerichtliche Sachverständige hat dies bestätigt. Bei seiner mündlichen Anhörung hat er angegeben, der Fachmann verstehe die Lehre nach dem Streitpatent dahin, daß vor der Montage des Bürstenarms in das Gehäuse dieser bereits aus zwei Leisten hergestellt sei, indem Teile der einen die andere anliegend so umfaßten, daß an den Kanten der Effekt des Kaltverschweißens eingetreten sei. Das werde üblicherweise mit dem Begriff "umlegen" umschrieben, wenn er - wie hier - im Zusammenhang mit der Verbindung von dünnen Metallteilen gebraucht werde. Bestätigung findet die vorgenommene Auslegung des Merkmals 2 c aber auch durch die Beschreibung in Sp. 2 Z. 17 ff. des Streitpatents. Diese Textstelle gilt keinem Ausführungsbeispiel, sondern erläutert die Erfindung allgemein und zwar gerade im Hinblick auf das fragliche Merkmal, weil die Beschreibung anders als die Fassung des Anspruchs 1 unverändert geblieben ist und deshalb ihr allgemeiner Teil nur den ursprünglichen Anspruch 1 betrifft. Auch nach dieser Textstelle muß die Verbindung bereits vor dem Einsetzen des Bürstenarms in die Bürstenhaltevorrichtung ausreichende Festigkeit haben, die bei überlappten Teilen, die durch Biegen und Umlegen verbunden werden sollen, erreicht ist, wenn in der erörterten Weise vorgegangen worden ist.

Im Gegensatz hierzu gibt die britische Patentschrift nicht an, daß über die in ihrer Fig. 1 gezeigte leichte Abwinklung der Vorsprünge 22 a hinaus der Bürstenträger aus zwei Teilen mittels enger Umschlingung im Bereich eines Abschnitts gestaltet sei, die ein starres Paket schafft. Auch der gerichtliche Sachverständige hat ausgeführt, es werde keine Einheit zu einem Streifenpaket durch Biegen und Umlegen von Laschen hergestellt, sondern der Kontakt zwischen Bürste (= Kommutatorschleifleiste) und Anschlußplatte (= Klemmleiste) werde durch die Klemmwirkung aufgrund des Einpressens in die Nut unter Zuhilfenahme von federnden Formelementen (Teile 22 a u. 32 a) an Bürste und Anschlußplatte erzeugt.

Zugleich fehlen bei der Vorrichtung nach der britischen Patentschrift auch die Merkmale 3 b und c. Diese Merkmale lehren einen Sitz des die Verbindung der Leisten bewirkenden festen Pakets (verbundener Abschnitt) in einer engeren Nut, der die erforderliche feste Positionierung des Bürstenarms nicht mit Hilfe von Elastizität des verbundenen Abschnitts, sondern aufgrund einer Preßwirkung schafft, die das Material vor allem des Nuten bildenden Bereichs des Gehäusedeckels verformt. Ein derartiger Preßsitz, der - wie der gerichtliche Sachverständige ausgeführt hat - ohne Zusatzteile oder Werkstoffe auskommt, durch einfache Montage zu erhalten ist, gute Eignung zur Massenfertigung aufweist, sich durch geringe Anfälligkeit gegen Lösen infolge von Motorvibrationen auszeichnet und zusätzlich die form-/reibschlüssige Verbindung gemäß Merkmal 2 c durch Zusammendrücken des Pakets in Fügekraftrichtung unterstützt, findet sich bei der Lehre nach der britischen Patentschrift nicht. Sie vertraut auf Gestaltungen von Klemmleiste und Kommutatorschleifleiste, die geeignet sein sollen, in der vorhandenen Nut der jeweiligen Leiste, die unter bzw. über der anderen eingeführt wird, zu dem notwendigen zuverlässigen Kontakt zu dieser zu verhelfen (S. 2 1. Sp. Z. 11 ff. = deutsche Übers. S. 3). Vorzugsweise soll dies durch Formteile geschehen, die Federkräfte entwickeln können. Den Nuten der vorbekannten Vorrichtung mag dadurch zwar auch Haltefunktion zukommen, wie es Merkmal 3 a verlangt. Die vorbekannte Gestaltung zum Halten der Bürstenarme entspricht aber ansonsten nicht dem patentgemäßen, durch elastische Aufweitung der enger dimensionierten Haltenut geschaffenen Preßsitz und den ihm eigenen Vorteilen. Dies wird auch daran deutlich, daß der Vorschlag nach der britischen Patentschrift nicht ohne ein besonderes Mittel der dauerhaften Festlegung der Klemmleiste am Gehäusedeckel auszukommen meint. Es besteht in einem Vorsprung des Deckels, der die Klemmleiste durchdringt und zum Abschluß der Montage von Kommutatorschleifleiste und Klemmleiste über dieser durch Erhitzen verschmolzen wird.

V. In Übereinstimmung mit dem gerichtlichen Sachverständigen kann auch nicht festgestellt werden, der Lehre nach Anspruch 1 des Streitpatents der geltenden Fassung liege eine erfinderische Tätigkeit nicht zugrunde.

1. Was das bei der britischen Patentschrift nicht verwirklichte Merkmal 2 c anbelangt, kommt in erster Linie die US-Patentschrift 1 798 394 (Anl. K 6) als Vorbild in Betracht. Die dort als Klemmleiste wirkende Leiste (Bezugszeichen 60) ist mit mehreren Vorsprüngen (Bezugszeichen 61) versehen (Fig. 10 u. 11), die durch seitliches Verbreitern gebildet sind und zum Zwecke der Verbindung mit der als Kommutatorschleifleiste wirkenden Leiste (Bezugszeichen 55) gebogen und umgelegt sind, nachdem die Klemmleiste und die Kommutatorschleifleiste überlappt sind (S. 3 Z. 27 ff. = deutsche Übers. S. 8 4. Abs.). Wie der Senat in seinem Urteil vom 27. November 1991 ausgeführt hat, lenkt diese Gemeinsamkeit den Fachmann jedoch nicht in Richtung auf die Lehre nach Anspruch 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung, weil statt der die Haltenut betreffenden Merkmalsgruppe 3 eine sehr viel aufwendigere federnde Halterung vorgeschlagen ist, die der patentgemäßen fernliegt und zu dieser nicht anregen kann. Der gerichtliche Sachverständige hat ebenfalls darauf hingewiesen, daß die Art der Halterung für die Bürstenarme in der Bürstenhaltevorrichtung bei der Lösung nach der US-Patentschrift 1 798 394 grundsätzlich verschieden zu der des Streitpatents sei.

2. Anregung, ein gemäß Merkmalsgruppe 2 geschaffenes festes Paket in einer Nut des Gehäusedeckels zu halten, wie es patentgemäß nach Merkmalsgruppe 3 erfolgen soll, konnte der Fachmann auch nicht aufgrund der US-Patentschrift 3 475 635 (Anl. K 5) finden. Diese Vorveröffentlichung betrifft einen Bürstenarm, der aus einem einzigen Metallstreifen gefertigt ist, der mit einem nachgiebigen Vorsprung (Bezugszeichen 15) versehen ist und so in einer im Vergleich zu dieser Ausprägung des Metallstreifens engeren Nut des Gehäusedeckels gehalten wird. Gelehrt wird also ein Bürstenarm, der beim Einschieben in eine Nut in dem zu seiner Positionierung dienenden Abschnitt elastisch nachgiebig ist. Die Beschreibung der US- Patentschrift 3 475 635 stellt allein darauf ab, daß durch diese Nachgiebigkeit des eingeführten Teils zu gewährleisten sei, daß sich der Bürstenarm in der Nut eng anlege (Sp. 3 Z. 34 ff. = deutsche Übers. S. 6). Jeder Hinweis fehlt, daß tatsächlich daneben oder gar allein die Wände der Nut des Gehäusedeckels eine Klemmwirkung haben könnten, weil sie sich in einem in gewissem Umfang elastischen Vorrichtungsteil befinden, das üblicherweise aus Kunststoff besteht. Damit unterscheidet sich auch dieser Vorschlag prinzipiell von der patentgemäßen Lösung und vermag nicht nahezulegen, eine über Form-/Reibschluß wirkende Verbindung als festes Paket zweier Metallstreifen, das festgefügt und nicht federnd nachgiebig ist, in eine engere Nut einzupressen, wie es Anspruch 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung lehrt.

3. Dasselbe gilt für die im Rahmen der Neuheitsprüfung bereits abgehandelte britische Patentschrift 1 499 998. Denn ihr Offenbarungsgehalt geht in Beziehung auf die Festlegung der Verbindungsstelle zweier Metallstreifen, also des verbundenen Abschnitts in einer Nut des Gehäusedeckels, nicht über die Anweisung hinaus, federnd abstehende Bereiche der Streifen zu nutzen, um sie gegeneinander und beide an die Wand der Nut zu drücken.

Die Feststellung, ausgehend von der britischen Patentschrift habe der Fachmann in naheliegender Weise die patentierte Lehre auffinden können, läßt sich entgegen der Meinung der Klägerin auch dann nicht treffen, wenn man einen Fachmann zugrunde legt, der als nachteilig erkennt, daß vor dem Einschieben der beiden Leisten in den Schlitz (12 a) der Vorrichtung nach der britischen Patentschrift der Bürstenarm keine feste Verbindung aufweist und der deshalb nach einem Vorbild mit ausreichender mechanischer Festigkeit sucht. Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang selbst darauf abgestellt, daß auch dann noch mehrere Erkenntnisschritte vonnöten gewesen wären. Es hätte erkannt werden müssen, daß eine Lappverbindung als Möglichkeit in Betracht komme. Die Klägerin hat insoweit auf das Beispiel einer solchen Verbindung in der US-Patentschrift 1 798 394 (Anl. K 6) hingewiesen. Die dort gezeigte Verbindung hätte jedoch für eine Vorrichtung nach der britischen Patentschrift nicht ohne weiteres übernommen werden können, weil die US-Patentschrift 1 798 394 die Verbindung von fluchtenden Teilen behandelt, während die britische Patentschrift über Eck stehende und im Winkel in das Gehäuse einzusetzende Vorrichtungsteile lehrt. Schließlich hätte erkannt werden müssen, daß gerade der verbundene Bereich in eine Nut des Gehäuses gehöre. Es kann dahinstehen, ob diese Schritte im einzelnen einfach zu bewerkstelligen gewesen wären; für ihre Gesamtheit ist dies jedenfalls nicht feststellbar, nicht zuletzt, weil jedem Vorbild, aus dem nach dem Vorbringen der Klägerin Erkenntnisse hätten erwachsen können, andere Probleme zugrunde liegen. Außerdem hat der gerichtliche Sachverständige darauf hingewiesen, daß die US-Patentschrift 1 798 394 einerseits und die britische Patentschrift 1 499 998 andererseits ganz unterschiedlichen Entwicklungslinien für Bürstenstromabnehmer angehören. Ganz abgesehen davon wäre selbst mit einer Lappverbindung, die in einem Gehäuse verwendbar ist, das der Erfindung nach dem Streitpatent zugrunde liegt, dem Fachmann auch noch nicht gelehrt gewesen, sie nach Anweisung der Merkmalsgruppe 3 in einer bezogen auf den verbundenen Abschnitt engeren Nut so festzulegen, daß andere Maßnahmen zur Halterung, insbesondere solche, die mit Hilfe federnder Teile arbeiten, entbehrlich sind.

4. Die von der Klägerin erstinstanzlich behauptete Vorbenutzung steht der Schutzfähigkeit des Anspruchs 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung ebenfalls nicht entgegen. Die Bürsteneinrichtung, welche die erste Nichtigkeitsklägerin bereits vor dem Prioritätsdatum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht haben soll, verwendet neben dem als Klemmleiste eingesetzten Vorrichtungsteil (terminal) und dem Vorrichtungsteil "brush leaf", das der Kommutatorschleifleiste entspricht, zur Herstellung des gewünschten Bürstendrucks ein drittes Vorrichtungsteil (brush spring leaf), die mittels Biegens und Umlegens von Laschen zu einem Bürstenarm verbunden sind. Die Positionierung dieses im Vergleich zum Streitpatent ohnehin schon aufwendigeren Gebildes erfolgt nicht durch Preßsitz in einer Nut des Gehäusedeckels, sondern durch ein Zusatzteil (Niet oder dergleichen), mit dem der Bürstenarm an dem Gehäusedeckel festgelegt wird. Denn die dort vorhandene Nut ist in Abweichung von Merkmal 3 c so breit, daß sie zwar das Durchstecken des Anschlußbereichs des Bürstenarms erlaubt, auf den verbundenen Abschnitt des Bürstenarms jedoch nicht haltend wirken kann, weil dort ein Spiel verbleibt. Auf die Möglichkeit, wie im Streitpatent durch wenige einfache Maßnahmen alle gestellten Anforderungen zu erfüllen seien, weist deshalb die angebliche Vorbenutzung in keinerlei Hinsicht hin.

5. Die weiter entgegengehaltenen Vorveröffentlichungen kommen dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung nicht näher und bedürfen deshalb keiner besonderen Erörterung. Zusammenfassend ist deshalb aufgrund der überzeugenden schriftlichen und mündlichen Darlegungen des gerichtlichen Sachverständigen festzustellen, daß weder eine der im Verfahren entgegengehaltenen Druckschriften bzw. die behauptete Vorbenutzung für sich allein noch bei einer Gesamtschau alle zusammen die Überzeugung erlauben, der Durchschnittsfachmann habe ohne erfinderische Tätigkeit zum Gegenstand nach Patentanspruch 1 des Streitpatents in der geltenden Fassung finden können. Als Ausgestaltungen dieser Lehre haben deshalb auch die Unteransprüche Bestand.

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 110 Abs. 3 Satz 1 und 2 1. Halbsatz PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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