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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 09.11.1999
Aktenzeichen: X ZR 95/97 (2)
Rechtsgebiete: PatG, ZPO


Vorschriften:

PatG § 110 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

X ZR 95/97

Verkündet am: 9. November 1999

Wermes Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in der Patentnichtigkeitssache

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter Rogge, die Richter Dipl.-Ing. Frhr. v. Maltzahn, Scharen, Keukenschrijver und die Richterin Mühlens

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 12. Dezember 1996 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 133 462 (Streitpatents), das am 20. Juni 1984 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 3. August 1983 angemeldet worden ist. Im Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt wurde das Streitpatent mit den nachfolgenden drei Patentansprüchen aufrechterhalten:

"1. Verfahren zum Verpacken von palettierten Gutstapeln (12) mit einer Heißschrumpffolie, bei dem der Gutstapel (12) an seiner Unterseite zunächst freigestellt, insbesondere angehoben und mit der Heißschrumpffolie derart umhüllt wird, daß deren unterer Rand nach unten über den Gutstapel (12) vorsteht, wobei dieser untere Rand in freigestelltem Zustand des Gutstapels (12) zunächst stärker als die übrige Heißschrumpffolie bis auf Schrumpftemperatur erwärmt und dabei durch Strömungskräfte eines von einem Gebläse (20) erzeugten Heißgasstroms unter die Unterseite des Gutstapels (12) gelegt wird, sowie anschließend der Rest der Heißschrumpffolie geschrumpft wird,

dadurch gekennzeichnet,

daß zuerst nur der untere Rand der Heißschrumpffolie mit Heißgas aus einem den Gutstapel (12) umgebenden Ringbrenner (3) auf Schrumpftemperatur erwärmt und mit dem Ansaugstrom eines unter dem Gutstapel (12) angeordneten Sauggebläses (20) gegen die Unterseite des Gutstapels (12) gesogen wird, daß der zunächst angehobene Gutstapel (12) mit dem noch auf Schrumpftemperatur befindlichen Rand der Heißschrumpffolie auf eine Unterlage (13) abgesetzt wird und daß dann die restliche Heißschrumpffolie mit dem Heißgas des Ringbrenners (3) bei einer Relativbewegung zwischen Ringbrenner (3) und Gutstapel (12) geschrumpft wird.

2. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, mit einer Haubenüberziehstation, einer unterhalb der Haubenüberziehstation angeordneten Heißgas-Schrumpfeinrichtung aus einem den Gutstapel (12) umgebenden und vertikal längs des Gutstapels (12) bewegbaren Ringbrenner (3) und mit einer Unterlage (13) für den Gutstapel (12),

dadurch gekennzeichnet,

daß die Unterlage ein Förderer (13) ist und daß unterhalb des Ringbrenners (3) eine Hebebühne (16) sowie im Bereich der Hebebühne (16) ein Sauggebläse (20) angeordnet sind.

3. Vorrichtung nach Anspruch 2,

dadurch gekennzeichnet,

daß die Hebebühne (16) Hubstempel (17, 18) aufweist, die in Öffnungen an der Unterseite einer Gutstapelpalette (14) bis zur Unterseite der Oberfläche der Gutstapelpalette (14) einfahrbar sind."

Mit der Nichtigkeitsklage hat die Klägerin geltend gemacht, das geschützte Verfahren und die Vorrichtung dazu seien nicht patentfähig. Sie seien nicht neu, jedenfalls aber ergäben sie sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem vorbekannten Stand der Technik. Die Beklagte hat das Patent verteidigt und die Abweisung der Nichtigkeitsklage beantragt.

Nach dem Konkurs der Klägerin hat der Konkursverwalter das Verfahren aufgenommen und weitergeführt.

Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage nach Durchführung einer Beweisaufnahme zu einer vom Kläger behaupteten Vorbenutzung bei den S. -Werken durch Vernehmung der Zeugen B. , K. , H. , Kr. und G. abgewiesen. Der druckschriftliche Stand der Technik und die geltend gemachten Vorbenutzungen hätten dem Fachmann weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau die Lehre des Streitpatents nahegelegt.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger als Konkursverwalter der Gemeinschuldnerin den Antrag auf Nichtigerklärung des Streitpatents weiter.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Als gerichtlicher Sachverständiger hat Herr Prof. Dr.-Ing. D. S. , der das Fachgebiet Fördertechnik und Getriebetechnik im I. , ein schriftliches Gutachten erstellt, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert, ergänzt und vertieft hat.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat vermochte sich nicht davon zu überzeugen, daß der Verfahrensanspruch (Patentanspruch 1) oder der Vorrichtungsanspruch (Patentanspruch 2) dem Fachmann des Prioritätstages durch den Stand der Technik nahegelegt waren.

Als Durchschnittsfachmann ist ein Absolvent einer technischen Fachhochschule der Fachrichtung Maschinenbau oder auch ein entsprechend ausgebildeter Techniker mit mehrjähriger Konstruktionserfahrung anzusehen, dem die Anforderungen der Fördertechnik sowie der Transport- und Umschlagtechnik von Paletten-Verpackungssystemen bekannt sind und der mit der Ladungssicherung palettierter Gutstapel durch Schrumpffolien-Verpackung vertraut ist.

I. Die Erfindung nach dem Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Verpacken von palettierten Gutstapeln mit einer Heißschrumpffolie. Diese Verpackung dient der Ladungssicherung während des Transports palettierter Gutstapel.

In der Beschreibung des Streitpatents ist ausgeführt, aus der US-Patentschrift 38 07 126 sei bereits ein Verpackungsverfahren mit Heißschrumpffolie zum Verpacken palettierter Gutstapel bekannt, bei dem der mit einer Heißschrumpffolie umhüllte Gutstapel mit Hilfe eines Förderers in einen Schrumpfofen gebracht werde, in dem die Heißschrumpffolie mit Heißluft geschrumpft werde. Dabei werde die Heißluft mit Hilfe eines an der Decke des Schrumpfofens angeordneten Gebläses so durch den Schrumpfofen gefördert, daß sie zunächst die Seiten des Gutstapels beaufschlage und sodann durch Öffnungen unter der Palette wieder abströme. Im Bereich der unteren Kanten des Gutstapels ergäben sich höhere Strömungsgeschwindigkeiten mit der Folge, daß der untere Rand der Heißschrumpffolie zunächst stärker erwärmt und unter dem Einfluß der Strömungskräfte unter die Unterseite des Gutstapels gelegt werde. Im Zuge der weiteren Wärmebehandlung werde dann auch der Rest der Heißschrumpffolie auf Schrumpftemperatur erwärmt und geschrumpft. Weil sich jedoch der untere, bereits umgeschlagene Rand nicht abkühle, bestehe die Gefahr, daß bei der Schrumpfung der übrigen Heißschrumpffolie sich der untere Rand wieder von der Unterseite des Gutstapels löse. Nachteilig sei auch der zur Durchführung des Verfahrens erforderliche große Raumbedarf, weil Haubenüberziehstation und Schrumpfstation voneinander getrennt seien.

Bekannt sei auch bereits eine Vorrichtung, bei der unterhalb einer Haubenüberziehstation eine Schrumpfeinrichtung aus einem den Gutstapel umgebenden und vertikal längs des Gutstapels bewegbaren Ringbrenner angeordnet sei.

Ferner sei eine Schrumpfstation bekannt, bei der unterhalb des Ringbrenners eine Hebebühne angeordnet sei, die den Gutstapel anhebe, damit der unter die Palette überhängende Folienrand unter die Palette geschrumpft werden könne.

Bei einer anderen bekannten Schrumpfeinrichtung mit Ringbrenner werde der Gutstapel auf einer festen, luftdurchlässigen Unterlage abgesetzt. Im Bereich der festen Unterlagen befände sich ein Sauggebläse, welches eine Luftströmung erzeuge, die den unter der Palette hängenden Rand der Heißschrumpffolie nach innen sauge.

Bei all diesen bekannten Vorrichtungen bestehe die Gefahr, daß der untere Rand der Heißschrumpffolie sich wieder von der Unterseite des Gutstapels löse, wenn der Rest der Heißschrumpffolie geschrumpft werde.

Daran anschließend wird es als "Aufgabe" der Erfindung bezeichnet, daß das Schrumpfergebnis am unteren Rand der Schrumpffolie wesentlich verbessert ist. Außerdem soll das Verfahren so gestaltet werden, daß es mit einer einfachen und platzsparenden Vorrichtung durchgeführt werden kann.

Damit ist das der patentgemäßen Erfindung zugrundeliegende objektive Problem umrissen. Zur Lösung wird vorgeschlagen und ist in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellt ein:

Verfahren zum Verpacken von palettierten Gutstapeln (12) mit einer Heißschrumpffolie in folgenden Schritten:

I. Der Gutstapel wird zunächst

1. freigestellt, insbesondere angehoben,

2. mit einer Heißschrumpffolie umhüllt,

3. derart, daß deren unterer Rand nach unten über den Gutstapel vorsteht.

II. Sodann wird

1. der untere Rand erwärmt

a) durch Heißgas

b) aus einem den Gutstapel umgebenden Ringbrenner

c) bis auf Schrumpftemperatur,

d) zunächst im Unterschied zur übrigen Schrumpffolie ("nur");

2. wobei der untere Rand gegen die Unterseite des Gutstapels gelegt wird, indem er

a) mit einem unter dem Gutstapel angeordneten Sauggebläse

b) durch dessen Ansaugstrom gegen die Unterseite des Gutstapels gesogen wird.

III. Der Gutstapel wird sodann abgesetzt

1. auf eine Unterlage mit dem Rand der Folie,

2. der sich noch auf Schrumpftemperatur befindet.

IV. Anschließend wird der Rest der Heißschrumpffolie geschrumpft

1. mit dem Heißgas des Ringbrenners

2. bei einer Relativbewegung zwischen Ringbrenner und Gutstapel.

Der Kern des Lösungsgedankens des Patentanspruchs 1 liegt, wie Sp. 2 Z. 20 ff. der nach dem Einspruchsverfahren neu gefaßten Beschreibung der Patentschrift zu entnehmen und wie zwischen den Parteien nicht streitig ist, in folgendem: Die Gefahr eines Hochziehens der Heißschrumpffolie beim Schrumpfprozeß wird dadurch vermieden, daß in einem vorgezogenen Verfahrensschritt zunächst nur der sogenannte Unterschrumpf gebildet wird, wobei die einzelnen Lagen des Randes verkleben, die verklebten Lagen sodann durch Aufsetzen des Gutstapels auf die Unterlage zusammengepreßt und verschweißt (vgl. Sp. 2 Z. 23 ff.) und zusätzlich durch Verklemmen zwischen Unterlage und Gutstapel mechanisch gesichert werden. Die Bildung des Unterschrumpfes wird durch die Kombination von Erwärmung (durch Heißgas aus einem Ringbrenner) und Ansaugstrom (durch einen Sauglüfter) ermöglicht und gegenüber dem Stand der Technik verbessert. Sich bildende Falten im Unterschrumpf werden durch Absetzen des Gutstapels auf die Unterlage mit dem noch weichen Unterschrumpf so zusammengepreßt, daß eine Verschweißung der einzelnen Lagen eintritt (vgl. Sp. 4 Z. 23-29). Durch den Zeitablauf bis zum eigentlichen Schrumpfvorgang der Heißschrumpffolie und die Pressung zwischen Gutstapel und Unterlage tritt eine Abkühlung und Verfestigung des Unterschrumpfes ein, so daß der untere Rand der Schrumpffolie (Unterschrumpf) einen extrem guten Halt erhält (Sp. 4 Z. 29-31). Das Verklemmen des Unterschrumpfes zwischen Gutstapel und Unterlage gibt eine zusätzliche mechanische Sicherung gegen das Abziehen der Folie nach oben während des eigentlichen Schrumpfvorganges (vgl. Sp. 2 Z. 49-55).

II. Weder die europäische Patentanmeldung 0 077 508 noch eine durch die Zeugenvernehmung des Bundespatentgerichts bestätigte vorbenutzte Heißfolienschrumpfeinrichtung bei den S. -Werken nehmen das in Patentanspruch 1 des Streitpatents unter Schutz gestellte Verfahren neuheitsschädlich vorweg.

1. Die von dem gleichen Erfinder wie das Streitpatent stammende und wenige Monate vor dessen Anmeldung veröffentlichte europäische Patentanmeldung 0 077 508 betrifft ein Verfahren zum Verpacken von palettierten Gutstapeln, bei dem über den Gutstapel und die Palette eine Schrumpfhaube gezogen wird. Die an den Gutstapel und die Palette angelegte Schrumpfhaube wird sodann geschrumpft. Die Patentanmeldung betrifft zudem auch eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

Auch in dieser Schrift geht es um das Problem der zuverlässigen Bildung eines hinreichend großen Unterschrumpfes und eine Sicherung dagegen, daß sich die Folie während des Schrumpfvorganges unter Einwirkung der Schrumpfkräfte hochziehen kann (vgl. S. 3, 7 der Beschreibung). Zur Lösung dieses Problems wird vorgeschlagen, die Schrumpffolie bei angehobenem Gutstapel zunächst über dessen Unterkante hinaus nach unten zu ziehen, dann die überstehenden Ränder nach innen einzuschlagen und sie durch Absenken des Gutstapels auf die Unterlage für die Dauer des anschließenden Schrumpfvorganges festzuklemmen, so daß die Folie beim anschließenden Schrumpfen keine freien Bewegungen nach oben mehr ausführen kann (vgl. S. 3 Abs. 3 der Beschreibung). Das Einschlagen der nach unten über den Gutstapel überstehenden Folienränder erfolgt - wie bei der Lehre des Streitpatents - unter Einwirkung des Ansaugstroms eines Sauglüfters, jedoch - abweichend von der Lehre des Streitpatents - ohne gleichzeitige Unterstützung durch Erwärmung und dadurch bedingte Erweichung der Folie. Soweit der Ansaugstrom (insbesondere bei Gutstapeln auf rechteckigen Paletten) für das Einschlagen des über den Gutstapel nach unten überstehenden Folienrandes unzureichend ist, wird der Einsatz zusätzlicher mechanischer Werkzeuge vorgeschlagen.

Die Schrumpfung der Folie erfolgt durch gleichzeitige Erwärmung der Folie über die gesamte Höhe des Gutstapels. Dazu umfährt ein senkrecht stehender Schrumpfmast den Gutstapel und erwärmt dabei die Schrumpffolie gleichzeitig über die gesamte Gutstapelhöhe, wobei sich die Folie zusammenzieht. Anders als nach der Lehre des Streitpatents wird nicht zunächst separat durch ringförmige Erwärmung der über den Gutstapel überstehenden Ränder der Schrumpffolie im unteren Folienbereich ein Unterschrumpf gebildet. Bei dem aus der europäischen Patentanmeldung bekannten Verfahren kommt es, wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat und der Kläger auch nicht in Abrede stellt, nicht zur Bildung eines Unterschrumpfes von vergleichbarer Festigkeit und Haltbarkeit wie nach der Lehre des Streitpatents. Es fehlen die Merkmale II 1a bis d, die Merkmale III 1 bis 2 und auch der Verfahrensschritt gemäß IV des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

2. Hinsichtlich der behaupteten Vorbenutzung bei den S. -Werken ist auf der Grundlage der Feststellungen des Bundespatentgerichts und der protokollierten Zeugenaussagen über die vom Bundespatentgericht durchgeführte Beweisaufnahme von folgendem auszugehen:

Bereits 1980 gab es in den S. -Werken Schrumpffolien-Verpackungsanlagen, bei denen das Überziehen der Schrumpffolienhaube und der anschließende Schrumpfvorgang an ein und demselben Ort ausgeführt wurden. Die Gutstapel wurden dabei entweder auf SB-Paletten oder auf Euro-Paletten verpackt, wobei unterschiedlich ausgestaltete Anlagen eingesetzt wurden.

a) Die SB-Paletten wurden auf Kettenförderern in die Verpackungs- und Schrumpfstation transportiert und dort geschrumpft. Es war bei diesem Verfahren jedenfalls ursprünglich nicht vorgesehen, die SB-Palette anzuheben, um den nach unten überstehenden Rand der Schrumpffolienhaube unter die Aufstandsfläche der Palette legen zu können. Aus den Feststellungen des Bundespatentgerichts und den protokollierten Zeugenaussagen ergibt sich, daß zu einem späteren Zeitpunkt eine Hubvorrichtung nachgerüstet wurde, wobei unklar bleibt, ob diese Nachrüstung vor oder nach dem Prioritätstag des Streitpatents erfolgte. Der Zeuge H. meint, dies sei etwa 1985/1986 gewesen, was der Aussage des Zeugen B. nahekommt, der 1987 angegeben hat. Der Zeuge K. hat erklärt, dies sei auf keinen Fall 1981 geschehen, sondern später. Der Zeuge Kr. hat als Zeitraum das Jahr 1983 genannt, aber eingeräumt, daß es auch ein bis zwei Jahre später gewesen sein könne.

Der Zeuge H. hat weiter angegeben, daß eine Verpackungsanlage für SB-Paletten wegen Windproblemen in der Nähe des Hallentores mit einem "Ventilator" unterhalb des Kettenförderers nachgerüstet worden ist. Der Zeuge Kr. hat erklärt, daß es sich dabei um ein "Unterdruckgebläse", also um einen Sauglüfter gehandelt habe. Demgegenüber soll es sich nach der Aussage des Zeugen K. bei dem "Ventilator" um ein Gebläse gehandelt haben, mit dem die über den Gutstapel gezogene Folie aufgeblasen worden sei. Nach dem Aufblasen der Folie sei das Gebläse abgestellt, die Spreizfinger seien herausgezogen und sodann sei der Brenner gezündet worden.

Eine genaue zeitliche Datierung der vorstehend genannten Umrüstung war den Zeugen nicht möglich. Der Zeuge H. gab an, daß die in Rede stehende Nachrüstung in dem Zeitintervall 1985 bis 1986 erfolgt sei, also deutlich nach dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents. Der Zeuge Kr. meinte demgegenüber, daß dies vor 1983 gewesen sei, erklärte aber gleichzeitig, daß er sich auch um ein bis zwei Jahre irren könne.

Bei dieser Sachlage kann weder davon ausgegangen werden, daß vor dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents eine Hubvorrichtung zum Anheben des palettierten Gutstapels noch ein Sauglüfter zum Einschlagen des über den Gutstapel überstehenden Folienrandes bei einer von den S. -Werken betriebenen Verpackungsanlage für SB-Paletten eingesetzt war.

b) Der insoweit nächstliegende Stand der Technik ist damit die bei den S. -Werken nach den eindeutigen und übereinstimmenden Angaben der Zeugen vor dem Prioritätstag des Streitpatents eingesetzte Schrumpffolienverpackungsanlage für Euro-Paletten. Diese arbeitete nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts und den protokollierten Zeugenaussagen wie folgt:

Der palettierte Gutstapel wurde mittels eines Rollenförderers in die Verpackungs- und Schrumpfstation gefördert. Dort wurde die Palette mit einer unter dem Rollenförderer angeordneten Hubvorrichtung angehoben und der Gutstapel so an seiner Unterseite freigestellt. Sodann wurde er mit einer Heißschrumpffolie umhüllt und zwar derart, daß deren unterer Rand nach unten über den Gutstapel vorstand. Damit ist die Merkmalsgruppe I des Patentanspruchs 1 des Streitpatents verwirklicht.

Sodann wurde der nach unten über den Gutstapel vorstehende Folienrand durch Heißgas aus einem den Gutstapel umgebenden Ringbrenner bis auf Schrumpftemperatur erwärmt und zwar nur dieser Bereich der Heißschrumpffolie. Damit ist auch die Merkmalsgruppe II 1 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents verwirklicht.

Die Folie wird bei dem zuletzt genannten Vorgang infolge des Drucks des aus dem Ringbrenner austretenden Heißgases in Richtung auf die Unterseite des Gutstapels geblasen. Die Merkmalsgruppe II 2 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist damit nicht verwirklicht, denn der untere Folienrand wird nicht durch den Ansaugstrom eines Sauggebläses (technisch richtig: Sauglüfter) gegen die Unterseite des Gutstapels gesogen.

Anschließend wird der Ringbrenner nach oben gefahren und der Rest der Heißschrumpffolie geschrumpft. Damit ist auch die Merkmalsgruppe IV des Patentanspruchs 1 des Streitpatents verwirklicht.

Nicht verwirklicht ist die Merkmalsgruppe III, denn der Gutstapel wird nach der Schrumpfung des überstehenden Folienrandes, der dadurch unter die Aufstandsseite der Palette gezogen wird und so den sogenannten Unterschrumpf bildet, nicht auf einer Unterlage abgesetzt. Vielmehr bleibt der Gutstapel bis zur Beendigung des gesamten Schrumpfvorganges in angehobener Stellung. Anders als nach der Lehre des Streitpatents findet keine Einklemmung des Folienrandes zwischen Palette und Unterlage statt und es kommt auch nicht zu einer Verschweißung der einzelnen Lagen des Folienrandes infolge des Absetzens des Gutstapels auf der Unterlage.

3. Der Senat kann nicht feststellen, daß der Fachmann durchschnittlichen Könnens des Prioritätstages von der Verpackungs- und Schrumpfanlage der S. -Werke für Euro-Paletten ohne erfinderische Tätigkeit zur Lehre des Verfahrensanspruchs des Streitpatents gelangen konnte. Nach dem Beweisergebnis der mündlichen Verhandlung spricht mehr dafür, daß es dazu einer erfinderischen Leistung bedurfte.

Wie der gerichtliche Sachverständige angegeben hat und wie auch durch die Zeugenaussagen und vorgelegten Fotografien belegt ist, arbeitete die bei den S. -Werken eingesetzte Heißfolienschrumpfanlage für Euro-Paletten nicht voll befriedigend. Es kam dort beim Schrumpfvorgang häufiger an allen vier Seiten der Palette zu halbmondförmigen Bögen und es kam gelegentlich auch vor, daß sich die geschrumpfte Folie an einer Ecke der Palette löste.

Für den Fachmann bestand daher Anlaß, über eine Verbesserung des Schrumpfverbandes nachzudenken. Es war dabei naheliegend, daß er sich im einschlägigen druckschriftlichen Stand der Technik umsah und dabei in seine Erwägungen auch die europäische Patentanmeldung 0 077 508 einbezog. Es läßt sich aber nicht feststellen, daß der Fachmann durchschnittlichen Könnens durch einfache Kombination der europäischen Patentanmeldung 0 077 508 mit der Euro-Paletten-Verpackungsanlage der S. -Werke zur Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents gelangen konnte.

Wie der gerichtliche Sachverständige angegeben hat und sich aus dem druckschriftlichen Stand der Technik ergibt, war dem Fachmann bekannt, daß beim Schrumpfungsprozeß horizontal und vertikal wirkende Kräfte in der Folie auftreten und daß die vertikalen, nach oben ziehenden Kräfte abgefangen werden müssen, um ein Hochziehen der Schrumpffolie beim Schrumpfungsprozeß zu vermeiden. Wenn sich sichelförmige Bögen an den Seiten der Palette im unteren Bereich des Gutstapels ausbilden, werden die auftretenden Vertikalkräfte - wie der Fachmann sieht - nur an den vier Ecken der Palette aufgenommen. Nachteilig für die Sicherung des Gutstapels wirkt sich dies erst aus, wenn sich der Unterschrumpf an einer dieser vier Ecken löst, was gelegentlich vorgekommen ist.

Es läßt sich nicht feststellen, daß dem Fachmann durch die Erkenntnis der vorbezeichneten Mängel der Weg zur Lösung des Problems in Richtung auf die Lehre des Verfahrensanspruchs des Streitpatents gewiesen wurde. Es läßt sich insbesondere nicht feststellen, daß es für ihn nahegelegen hätte, einen aus der europäischen Patentanmeldung 0 077 508 bekannten Sauglüfter unterhalb des Förderers einzusetzen.

Der Fachmann konnte eine Lösung des Problems zunächst durch Verwendung einer dickeren Folie suchen, um dadurch zu erreichen, daß die Festigkeit der Folie auch dann ausreicht, die beim Schrumpfungsprozeß auftretenden Vertikalkräfte aufzunehmen, wenn sie nur an den vier Ecken der Palette eingespannt ist, also auch dann eine ausreichende Sicherung des Gutstapels gewährleistet ist, wenn im unteren Bereich des Gutstapels an den Seitenflächen der Palette beim Schrumpfvorgang sichelförmige Bögen entstehen. Dem steht nicht entgegen, daß dies vermutlich zu einer Verteuerung der Folie und wahrscheinlich auch zu einem höheren Wärmeverbrauch geführt hätte. Der Fachmann konnte ferner in Erwägung ziehen, den Überstand des Folienrandes über den Gutstapel zu vergrößern, um auf diese Weise zu versuchen, die sichelförmigen Bögen an den Seiten der Palette im unteren Bereich des Gutstapels zu vermeiden. Es war für den Fachmann naheliegend, die Ursache der sichelförmigen Bögen in einem zu kurzen Folienüberstand zu sehen und zu versuchen, durch eine Vergrößerung des Überstandes und dessen Erwärmung zu Beginn des Schrumpfprozesses unter Nutzung des unter Druck aus dem Ringbrenner austretenden Heißgases ein Zusammenziehen der Folie unterhalb der Palette sicherzustellen, d.h. einen Schrumpfwulst nicht neben, sondern unter der Palette zu erreichen. Er hätte dabei einen höheren Materialverbrauch in Kauf nehmen und er hätte infolge der größeren Materialmenge an dieser Stelle möglicherweise mit Problemen beim Transport und der Lagerung der palettierten Gutstapel rechnen müssen.

Zum Einsatz eines Sauglüfters, wie er bei der europäischen Patentanmeldung 0 077 508 eingesetzt ist, hätte der Fachmann nur dann Anlaß gehabt, wenn er erkannt hätte, daß die sichelförmigen Bögen nicht auf einem zu kurzen Überstand der Folie über den Gutstapel beruhen, sondern darauf, daß der Folienrand vor Einleitung des Schrumpfvorganges nicht weit genug umgeschlagen war. Diese Erkenntnis lag nicht auf der Hand, so daß der Fachmann keinen Anlaß hatte, nach einem Sauglüfter Ausschau zu halten.

Selbst wenn der Fachmann - wie nicht - auf den Gedanken gekommen wäre, einen Sauglüfter einzusetzen, um damit den Folienüberstand unter die Palettenaufstandsfläche zu saugen, so wäre er damit immer noch nicht bei der Lehre des Verfahrensanspruchs des Streitpatents angelangt. Denn der Erfolg des Verfahrens nach dem Streitpatent besteht zu einem wesentlichen Teil darin, bei angehobenem Gutstapel zunächst den unteren Rand durch einen Ringbrenner zu schrumpfen und den Gutstapel sodann mit dem umgeschlagenen, noch auf Schrumpftemperatur befindlichen Rand der Folie auf einer Unterlage abzusetzen. Dadurch wird die Schrumpfhaube nicht nur mit ihren freien Rändern zwischen der Unterseite des Gutstapels und der Abstellfläche eingeklemmt, so daß sie beim anschließenden Schrumpfen des Restes der Heißschrumpffolie keine freien Bewegungen in vertikaler Richtung mehr ausführen kann. Es erfolgt darüber hinaus auch ein Verkleben und Verschweißen der übereinanderliegenden Falten des Unterschrumpfes, durch welche die Widerstandsfähigkeit des Unterschrumpfes und damit die Zuverlässigkeit der Ladungssicherung wesentlich verbessert wird.

Es kommt hinzu, daß der gerichtliche Sachverständige angegeben hat, daß die Lehre des Patentanspruchs 1 des Streitpatents zum Prioritätszeitpunkt eine beachtliche Bedeutung hatte, weil sie einen Weg gewiesen hat, Schrumpfverbände zuverlässiger herstellen zu können, als dies bis dahin möglich war. Vor dem Prioritätszeitpunkt des Streitpatents sei die Heißschrumpffolie nicht unter die Füße der Palette gelegt worden, um dort einen Unterschrumpf herzustellen. Nach dem damaligen Stand des Wissens hätte der Fachmann dagegen auch Bedenken gehabt. Er hätte annehmen können, daß die unter die Palettenaufstandsfläche gelegte Folie den Transportprozeß stören oder die unter die Aufstandsfläche der Palette gelegte Folie im Lauf des Transportprozesses beschädigt und der Verband sich dadurch lösen werde.

Aus alledem folgt, daß mindestens zweifelhaft ist, daß der Fachmann des Prioritätstages die Lehre des Verfahrensanspruchs des Streitpatents in naheliegender Weise durch Kombination des Standes der Technik auffinden konnte. Insoweit kann sich der Senat auch auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen stützen.

III. Der Patentanspruch 2 des Streitpatents betrifft

eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 mit folgenden Merkmalen:

1. Sie hat

a) eine Haubenüberziehstation,

b) eine Heißgas-Schrumpfeinrichtung,

c) eine Unterlage (13) für den Gutstapel (12).

2. Die Schrumpfeinrichtung befindet sich unterhalb der Haubenüberziehstation.

3. Die Heißgas-Schrumpfeinrichtung hat einen Ringbrenner (3),

a) der den Gutstapel umgibt und

b) vertikal längs des Gutstapels (12) bewegbar ist.

4. Die Unterlage ist ein Förderer.

5. Zur Vorrichtung gehört eine Hebebühne (16) unterhalb des Ringbrenners (3).

6. Zur Vorrichtung gehört weiter ein Sauggebläse (20) im Bereich der Hebebühne (16).

Die einleitende Angabe bedeutet lediglich, daß die Vorrichtung (auch) zur Durchführung des Verfahrens nach Patentanspruch 1 des Streitpatents geeignet ist, besagt aber nicht, daß der Schutz auf eine Vorrichtung zur Durchführung eben dieses Verfahrens beschränkt wäre.

1. Die Lehre des Patentanspruchs 2 ist weder durch die europäische Patentanmeldung 0 077 508 noch durch die Heißschrumpffolienverpackungsanlage für Euro-Paletten der S. -Werke neuheitsschädlich vorweggenommen. Insoweit kann weitgehend auf die vorstehenden Ausführungen zur Neuheit gegenüber Patentanspruch 1 des Streitpatents Bezug genommen werden.

Gegenüber der europäischen Patentanmeldung besteht der Unterschied, daß die Schrumpfeinrichtung nach dem Streitpatent aus einem Ringbrenner besteht, der den Gutstapel umgibt und vertikal längs des Gutstapels bewegbar ist, während die Schrumpfvorrichtung nach der europäischen Patentanmeldung 0 077 508 einen vertikalen Schrumpfmast aufweist, der die Seiten des Gutstapels umfährt. Gegenüber der bei den S. -Werken eingesetzten Verpackungsanlage für Euro-Paletten besteht der Unterschied, daß nach der Lehre des Streitpatents unterhalb des Ringbrenners im Bereich der Hebebühne ein Sauggebläse (Sauglüfter) vorgesehen ist.

2. Auch insoweit gilt, daß der Fachmann durchschnittlichen Könnens nur dann Anlaß gehabt hätte, einen Sauglüfter einzusetzen, wenn er erkannt hätte, daß die bei der Verpackungsanlage der S. -Werke entstandenen sichelförmigen Bögen und die mangelhafte Standfestigkeit des Folienverbandes vermieden werden können, wenn der Folienrand vor Beginn des Schrumpfvorganges unter die Palettenaufstandsfläche gelegt wird und der Fachmann sich gleichzeitig über das Bedenken hinweggesetzt hätte, daß die unter die Palettenaufstandsfläche gelegte Folie den nachfolgenden Transportprozeß behindern, die Folie im Lauf des Transportprozesses beschädigt werden und der Folienverband sich dadurch lösen und die lose an der Palette hängende Folie die Funktion der zur Steuerung des Transportprozesses notwendigen Sensoren stören könnte. Es läßt sich weder feststellen, daß der Fachmann Anlaß gehabt hätte, einen Sauglüfter einzusetzen (um den durch den Druckluftstrom des Ringbrenners erwärmten Folienrand unter die Aufstandsfläche des Gutstapels zu saugen), noch läßt sich feststellen, daß der Fachmann nach dem damaligen Stand des Wissens annehmen konnte, daß durch eine solche Maßnahme der anschließende Transportprozeß nicht gestört und die unter die Aufstandsfläche der Palette gelegte Folie beim Transport nicht beschädigt wird.

Mit Patentanspruch 2 hat auch der auf ihn zurückbezogene Patentanspruch 3 Bestand.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 110 Abs. 3 PatG in der übergangsweise weiterhin anwendbaren früheren Fassung in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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