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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.11.1999
Aktenzeichen: XI ZB 12/99
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 567 Abs. 4 | |
ZPO § 519 b Abs. 2 | |
ZPO § 238 Abs. 2 | |
ZPO § 519 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 233 | |
ZPO § 97 Abs. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
23. November 1999
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Schramm, Dr. van Gelder, Dr. Müller und Dr. Joeres
am 23. November 1999
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Beschlüsse des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 1999 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 312.455,91 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat die auf Freistellung von einer Darlehensverbindlichkeit und Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage des Klägers abgewiesen. Gegen das am 18. März 1998 zugestellte Urteil legte der nach seinen Angaben mittellose Kläger durch seine damalige Prozeßbevollmächtigte am 20. April 1998, einem Montag, Berufung ein. Mit Schriftsatz vom 14. Mai 1998 stellte sie einen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, bat um ihre Beiordnung zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung der Rechte des Klägers in der Berufungsinstanz und kündigte die Begründung des Antrags in materieller Hinsicht an. Den Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers war lediglich eine Gehaltsabrechnung seines Arbeitgebers für den Monat März 1998 beigefügt. Außerdem nahm der Kläger zum Nachweis seiner "sonstigen Verbindlichkeiten" ausdrücklich auf eine Gläubigeraufstellung Bezug, die jedoch dem Antrag nicht beilag, sondern erst nach einem gerichtlichen Hinweis mit Schreiben vom 3. Juli 1998 eingereicht wurde.
Mit am 6. Juli 1998 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz wies die Prozeßbevollmächtigte des Klägers darauf hin, daß die Unterlagen für den Prozeßkostenhilfeantrag bereits in erster Instanz übergeben worden seien und sich bei den Akten befänden. Zugleich beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist und erklärte an Eides statt, daß sie zwar zur unentgeltlichen Einlegung der Berufung bereit gewesen sei, nicht aber dazu, die Berufung auch zu begründen. Nachdem das Berufungsgericht das Prozeßkostenhilfegesuch durch Beschluß vom 20. Juli 1998, zugestellt am 28. Juli 1998, wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückgewiesen hatte, stellte der Kläger durch seinen neuen Prozeßbevollmächtigten am 11. August 1998 erneut einen Wiedereinsetzungs- und Prozeßkostenhilfeantrag und begründete die Berufung.
Durch Beschlüsse vom 7. Juli 1999 hat das Oberlandesgericht die Wiedereinsetzungsanträge und die Gegenvorstellungen des Klägers gegen die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen und seine Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.
II.
1. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe durch das Berufungsgericht richtet. Gegen derartige Entscheidungen von Oberlandesgerichten findet eine Beschwerde nicht statt (§ 567 Abs. 4 ZPO).
2. Im übrigen ist die nach §§ 519 b Abs. 2, 238 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde zwar zulässig, aber nicht begründet.
a) Die Berufungsbegründungsfrist von einem Monat begann am 20. April 1998 (§ 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Sie ist durch die erst am 11. August 1998 bei Gericht eingegangene Berufungsbegründung nicht eingehalten.
b) Den Wiedereinsetzungsanträgen kann nicht stattgegeben werden. Denn der Kläger war nicht ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert (§ 233 ZPO).
Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels Prozeßkostenhilfe beantragt hat, ist nach Ablehnung ihres Prozeßkostenhilfegesuchs wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen mußte, sich also für arm halten und davon ausgehen durfte, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozeßkostenhilfe hinreichend dargetan zu haben (st.Rspr., BGH, Beschlüsse vom 15. Mai 1990 - XI ZB 1/90, NJW-RR 1990, 1212, 1213 und vom 27. November 1996 - XII ZB 84/96, VersR 1997, 383). Letzteres ist hier nicht der Fall.
§ 117 Abs. 4 ZPO schreibt zwingend vor, daß sich die Partei zur Darlegung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001) eingeführten Vordrucks bedienen muß. Die Partei kann deshalb nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe hinreichend dargetan zu haben, wenn sie rechtzeitig, d.h. vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, einen solchen Vordruck ordnungsgemäß ausgefüllt zu den Akten gereicht hat. Eine Bezugnahme auf eine in der Vorinstanz eingereichte Erklärung ist lediglich dann ausnahmsweise zuzulassen, wenn das Verlangen, eine neue Erklärung vorzulegen, eine überflüssige Förmelei darstellen würde. Das ist dann der Fall, wenn der Antragsteller im Zusammenhang mit der Bezugnahme auf die frühere Erklärung unmißverständlich mitteilt, es habe sich seither nichts geändert und eine neue Erklärung müsse daher denselben Inhalt haben (BGH, Beschluß vom 27. November 1996 - XII ZB 84/96, aaO m.w.Nachw.). Eine solche Fallgestaltung ist hier jedoch nicht gegeben.
Der Kläger hat in der innerhalb der Berufungsbegründungsfrist eingereichten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wegen seiner "sonstigen Zahlungsverpflichtungen" auf eine gesonderte "Gläubigeraufstellung" verwiesen, eine solche aber dem Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht beigefügt. Auch in erster Instanz hat er keine gesonderte Gläubigeraufstellung eingereicht, sondern seine Verbindlichkeiten in der Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 22. Juni 1995 selbst aufgeführt. Eine Bezugnahme darauf fehlt in seiner Erklärung vom 15. April 1998 ebenso wie die ausdrückliche Mitteilung, an seinen Verbindlichkeiten habe sich seither nichts geändert. Abgesehen davon ergibt ein Vergleich der Angaben des Klägers vom 22. Juni 1995 mit der erst im Juli 1998 zu den Akten gereichten "Gläubigeraufstellung" erhebliche Veränderungen. Überdies fehlen in der "Gläubigeraufstellung" genaue Angaben dazu, welche Zahlungen der Kläger auf die aufgeführten Verbindlichkeiten leistet. Es steht danach außer Frage, daß der Kläger bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist keine ausreichenden Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat und daß er deshalb nicht darauf vertrauen konnte, sein Prozeßkostenhilfegesuch werde voraussichtlich nicht wegen fehlender Bedürftigkeit zurückgewiesen werden. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist war daher nicht unverschuldet.
Die sofortige Beschwerde war deshalb mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ende der Entscheidung
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