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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 02.05.2000
Aktenzeichen: XI ZB 6/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 519 b Abs. 2
ZPO § 547
ZPO § 238 Abs. 2
ZPO § 233
ZPO § 85 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

XI ZB 6/00

vom

2. Mai 2000

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Schramm, Dr. Bungeroth, Dr. van Gelder und Dr. Joeres am 2. Mai 2000

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 22. Februar 2000 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 75.000 DM.

Gründe:

I.

Der Beklagte wurde vom Landgericht H. zur Zahlung von 75.000 DM nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Die Berufungsschrift seines Prozeßbevollmächtigten ging am 19. März 1999, die Berufungsbegründung am 21. April 1999 bei dem Oberlandesgericht ein. Nachdem ein Hinweis des Oberlandesgerichts auf die Verspätung der Berufungsbegründung dem Prozeßbevollmächtigten am 3. Mai 1999 zugegangen war, beantragte dieser am 11. Mai 1999 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Zur Begründung trug er vor, er habe erst durch den Hinweis des Oberlandesgerichts erfahren, daß die Berufung bereits am 19. März 1999 eingelegt worden sei. Bis dahin habe er von einer Berufungseinlegung am 23. März 1999, frühestens am 22. März 1999, ausgehen können. Er habe die Berufungsschrift zwar bereits am 19. März 1999 kurz vor Antritt einer Reise fertiggestellt, sie dann aber seiner Ehefrau mit dem schriftlichen Vermerk übergeben, daß die Berufung erst am 23. März 1999 eingelegt werden solle. Seine Frau habe noch am 19. März 1999 die Berufungsschrift mit dem Vermerk in sein Büro gebracht und dort dem Personal ausdrücklich erklärt, daß die Berufung am 23. März 1999 eingelegt werden solle. Am 23. März 1999 sei sie dann erneut in seinem Büro erschienen. Dort sei ihr vom Personal mitgeteilt worden, daß alles weisungsgemäß ausgeführt worden und nur insofern eine kleine Panne geschehen sei, als die gerichtliche Quittung über den Empfang der Berufungsschrift nicht auffindbar sei. Daraufhin habe sie auf seinem Vermerk vom 19. März 1999 handschriftlich "erl. 23.3.99" notiert. Er sei daher davon ausgegangen, daß die Berufung erst am 23. März 1999 eingelegt worden sei.

Mit Beschluß vom 22. Februar 2000 hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Es hat ausgeführt, aus dem Vortrag des Beklagten ergebe sich nicht, daß sein Prozeßbevollmächtigter die erforderlichen Organisationsmaßnahmen zur Sicherstellung einer korrekten Berechnung und Kontrolle prozessualer Fristen getroffen habe; im übrigen habe der Prozeßbevollmächtigte sich auf den Erledigungsvermerk seiner Ehefrau, die nicht zu seinem geschulten Büropersonal gehört habe, nicht verlassen dürfen.

Mit der gegen diesen Beschluß gerichteten sofortigen Beschwerde macht der Beklagte geltend, das Oberlandesgericht überspanne die Anforderungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; sein Prozeßbevollmächtigter bediene sich mit "Phantasy für Windows" eines voll ausgereiften elektronischen Anwaltsprogramms mit abgesichertem Fristen- und Terminkalender, dessen hervorragende Funktionsfähigkeit über jeden Zweifel erhaben sei.

II.

Die nach § 519 b Abs. 2, §§ 547, 238 Abs. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Das Oberlandesgericht hat dem Beklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Recht versagt.

Nach den §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO hätte dem Beklagten nur dann Wiedereinsetzung gewährt werden dürfen, wenn seinen Prozeßbevollmächtigen an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kein Verschulden träfe. Das ist indessen nicht der Fall.

Zu den Pflichten des Rechtsanwalts gehört es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, daß das tatsächliche Ende der Berufungsbegründungsfrist nach Eingang der Berufung bei Gericht überprüft und erforderlichenfalls im Fristenkalender berichtigt wird. Dies kann entweder anhand der gerichtlichen Mitteilung über den Tag des Eingangs der Berufungsschrift erfolgen oder, wenn eine solche Mitteilung fehlt, durch Nachfrage bei Gericht (BGH, Beschluß vom 6. Februar 1997 - III ZB 97/96, VersR 1997, 642 m.w.Nachw.).

Aus dem Vorbringen des Beklagten ergibt sich nicht, daß eine derartige Fristenkontrolle im vorliegenden Fall stattgefunden hätte oder zumindest in der Büroorganisation seines Prozeßbevollmächtigten vorgesehen gewesen und aus vom Prozeßbevollmächtigten nicht zu vertretenden Gründen im Einzelfall unterblieben wäre. Wie das Oberlandesgericht zutreffend dargelegt hat, durfte der Prozeßbevollmächtigte sich nicht stattdessen auf den Erledigungsvermerk seiner Ehefrau über die angebliche Berufungseinlegung am 23. März 1999 verlassen. Demgegenüber sind die recht allgemein gehaltenen Angaben in der Beschwerdebegründung über das angeblich vorbildlich funktionierende EDV-Programm des Prozeßbevollmächtigten nicht geeignet, die hier vorliegenden konkreten Versäumnisse auszuräumen.

Ende der Entscheidung

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