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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.01.2006
Aktenzeichen: XI ZR 179/04
Rechtsgebiete: ZPO, RBerG, BGB
Vorschriften:
ZPO § 767 | |
RBerG § 1 | |
BGB § 134 | |
BGB § 171 | |
BGB § 172 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 17. Januar 2006
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 10. Mai 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bank aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, soweit er hieraus persönlich in Anspruch genommen wird. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger, ein damals 46 Jahre alter Ingenieur, wurde im Jahre 1991 von einem Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital eine Eigentumswohnung in einer Appartementwohnanlage in W. zu erwerben. Zur Durchführung des Erwerbs erteilte er der C. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Geschäftsbesorgerin) mit notarieller Urkunde vom 30. November 1991 im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages eine umfassende Vollmacht. Die Geschäftsbesorgerin, die über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht verfügte, sollte unter anderem den Kaufvertrag und den Darlehensvertrag abschließen sowie zur Bestellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten befugt sein. Der kalkulierte Gesamtaufwand für das Kaufobjekt war mit 232.962 DM ausgewiesen.
Am 27. Dezember 1991 erwarb die Geschäftsbesorgerin für den Kläger mit notariellem Kauf- und Werklieferungsvertrag eine Eigentumswohnung zum Preis von 178.495 DM, übernahm für ihn gegenüber der Beklagten die persönliche Haftung in Höhe eines Grundschuldteilbetrages von 232.962 DM und unterwarf ihn der Zwangsvollstreckung durch die Beklagte in sein gesamtes Vermögen.
Am 27. August/10. September 1992 schloss die Geschäftsbesorgerin für den Kläger mit der Beklagten zur Finanzierung des Kaufpreises und der Erwerbsnebenkosten einen Darlehensvertrag über 232.962 DM mit einer Gesamtlaufzeit bis 31. Mai 2017 und einem festen Zinssatz bis 31. Mai 1997 ab. Der formularmäßige Darlehensvertrag enthielt in Ziffer 8.1 unter anderem die Verpflichtung des Klägers, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Ziffer 9.1 bestimmte, dass bei Darlehen mit festem Zinssatz die Konditionen für neue Festschreibungszeiten neu vereinbart werden und der Darlehensvertrag im Übrigen fortbesteht, wenn eine neue Vereinbarung getroffen wird.
Mit Formularschreiben vom 29. April 1997 unterbreitete die Beklagte dem Kläger für die von ihr so bezeichnete "Konditionenanpassung" mit Wirkung ab 1. Juni 1997 verschiedene Angebote, von denen der Kläger eines annahm, indem er das Schreiben mit Unterschrift vom 2. Mai 1997 an die Beklagte zurücksandte. Da der Kläger seine Zahlungsverpflichtungen aus dem Darlehensverhältnis nur bis September 1999 erfüllte, betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung unter anderem in sein persönliches Vermögen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO. Er macht geltend, die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sei als Vollstreckungstitel unwirksam, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die in ihm enthaltene Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien.
Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt, soweit sie wegen der persönlichen Haftungsübernahme in das Vermögen des Klägers betrieben wird. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus der notariellen Urkunde vom 27. Dezember 1991 als zulässig angesehen und dazu im Wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger sei aus dem von ihm am 2. Mai 1997 unterschriebenen Darlehensvertrag verpflichtet, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Dabei handele es sich um eine eigenständige neue vertragliche Verpflichtung, da beide Parteien davon ausgegangen seien, dass das ursprüngliche Darlehen ohne weitere Absprachen zum Ablauf der Festschreibungszeit zurückzuzahlen sei. Wegen der übernommenen Verpflichtung könne sich der Kläger nicht mit Erfolg auf eine etwaige Unwirksamkeit der Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung in dem von der Geschäftsbesorgerin für ihn abgeschlossenen Kauf- und Werklieferungsvertrag vom 27. Dezember 1991 berufen. Die Frage, ob der Treuhandvertrag mit der Geschäftsbesorgerin wirksam oder wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig sei, brauche deshalb ebenso wenig beantwortet zu werden wie die, ob sich eine etwaige Nichtigkeit auf die zur Begründung der notariell beurkundeten Unterwerfungserklärung erforderliche Vollmacht erstrecke. Für einen der Vollstreckung der Beklagten entgegenstehenden Schadensersatzanspruch fehle ausreichendes Vorbringen des Klägers.
II.
Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Nicht zu beanstanden sind allerdings die von der Revision nicht angegriffenen Ausführungen des Berufungsgerichts, für einen die Vollstreckung hindernden Schadensersatzanspruch fehle ausreichender Vortrag des Klägers.
2. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Ansicht des Berufungsgerichts, bei der Vereinbarung vom 29. April/2. Mai 1997 handele es sich um einen neuen Darlehensvertrag, aus dem sich eine eigenständige Verpflichtung des Klägers, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen, mit der Folge ergebe, dass er sich auf eine etwaige Nichtigkeit der Unterwerfungsklausel im notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrag vom 27. Dezember 1991 nicht berufen könne. Diese Auslegung ist - auch nach der übereinstimmenden Ansicht von Revision und Revisionserwiderung - mit Wortlaut sowie Sinn und Zweck der formularmäßigen Vereinbarung unvereinbar.
Dem Kläger ist im Mai 1997 weder ein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt, noch eine Darlehensvaluta ausgezahlt oder in Novation der Darlehensschuld von 1992 zur Verfügung gestellt worden. Außerdem ergibt sich aus Ziffer 9.1 des formularmäßigen Kreditvertrages von 1992, dass der mit einer Gesamtlaufzeit bis 31. Mai 2017 abgeschlossene Darlehensvertrag fortbesteht, wenn - wie hier - eine Vereinbarung für eine neue Festschreibungszeit getroffen wird. Unter Bezugnahme auf diesen Vertrag hat die Beklagte ihr Schreiben vom 29. April 1997 an den Kläger selbst als "Konditionenanpassung" bezeichnet. Auf Seite 2 dieses Schreibens wird der Kläger darüber hinaus nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass "die Fortsetzung des Darlehensvertrages zu den in dieser Vereinbarung genannten Konditionen ... damit beiderseits verbindlich vereinbart" sei. Angesichts dessen ist mit der Formulierung im darauf folgenden Satz "käme kein neuer Vertrag zustande, wäre das Darlehen zum 31.5.1997 zurückzuzahlen", entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht der Abschluss eines eigenständigen Vertrages gemeint, sondern eine Vereinbarung über die Anpassung der Konditionen des Kreditvertrages von 1992.
III.
Das klageabweisende Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
1. Der Kläger macht mit seiner prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO zu Recht geltend, die Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung im notariellen Kauf- und Werklieferungsvertrag vom 27. Dezember 1991 sei unwirksam, da er von der Geschäftsbesorgerin nicht wirksam vertreten worden sei.
Die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksam. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartigen umfassenden Befugnissen ist nichtig. Die Nichtigkeit erfasst auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte Prozessvollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung, deren Nichtigkeit mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB nicht überwunden werden kann (st.Rspr.; BGHZ 154, 283, 287 f.; Senatsurteile vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521; jeweils m.w.Nachw.).
2. Dem Kläger ist es nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der notariell beurkundeten Unterwerfungserklärung zu berufen.
a) Aus dem Darlehensvertrag von 1992 ergibt sich zwar die Verpflichtung des Klägers, das Darlehen durch eine Grundschuld in Höhe der Darlehenssumme zuzüglich Zinsen abzusichern und sich der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Der Kläger könnte sich deshalb nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung vom 27. Dezember 1991 nicht berufen, wenn er an den Kreditvertrag vom 27. August/10. September 1992 gebunden wäre (st.Rspr.; Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - XI ZR 396/03, WM 2005, 1698, 1701, vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521 f.; jeweils m.w.Nachw.). Von der Wirksamkeit des Kreditvertrages aus dem Jahre 1992 kann nach den bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht ausgegangen werden.
Auch bei diesem Vertrag ist der Kläger von der nicht wirksam bevollmächtigten Geschäftsbesorgerin vertreten worden. Im Gegensatz zur Prozessvollmacht sind hier allerdings die §§ 171, 172 BGB sowie die allgemeinen Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die einem Geschäftsbesorger erteilte Abschlussvollmacht auch dann anwendbar, wenn dessen umfassende Bevollmächtigung gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist (BGH, Urteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03, WM 2003, 2375, 2379, vom 10. März 2004 - IV ZR 143/03, WM 2004, 922, 924, vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2352 und vom 17. Juni 2005 - V ZR 220/04, WM 2005, 1598, 1599; Senatsurteile vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 328, vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1522). An dieser Rechtsprechung hält der Senat - wie er mit Urteilen vom 26. Oktober 2004 (XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 130 f.) und vom 9. November 2004 (XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat - auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des II. Zivilsenates vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1531 und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1538) - fest (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, WM 2005, 1764, 1766; Senatsurteil vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831). Das Berufungsgericht hat aber keine Feststellungen zu der von der Beklagten unter Beweis gestellten Behauptung getroffen, dass ihr - wie nach §§ 171, 172 BGB erforderlich - bei Abschluss des Kreditvertrages im Jahre 1992 entweder das Original oder eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin des Klägers ausweisenden Vollmachtsurkunde vorgelegen hat.
b) Der durch die vollmachtlose Geschäftsbesorgerin im Jahre 1992 geschlossene Darlehensvertrag ist - wie die Revision zutreffend ausführt - durch die Unterzeichnung der Vereinbarung von 1997 vom Kläger nicht genehmigt (§§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB) und damit nachträglich wirksam geworden.
Eine ausdrückliche Genehmigung liegt nicht vor. In der Vereinbarung von 1997 ist an keiner Stelle auch nur sinngemäß davon die Rede, der Darlehensvertrag von 1992 werde genehmigt.
Eine konkludente Genehmigung setzt voraus, dass aus der maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers der Genehmigende die Unwirksamkeit kennt oder zumindest mit ihr rechnet und dass in seiner Erklärung oder in seinem Verhalten der Ausdruck des Willens zu sehen ist, das bisher als unverbindlich angesehene Geschäft verbindlich zu machen (st.Rspr.; Senatsurteile vom 20. April 2004 - XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1229 und vom 22. Februar 2005 - XI ZR 41/04, WM 2005, 786, 788; BGH, Urteile vom 14. Juni 2004 - II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1532 sowie II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1539). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor; alle Beteiligten gingen von der Wirksamkeit der erteilten Vollmacht und somit auch des Darlehensvertrages aus.
IV.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird nunmehr Feststellungen dazu treffen müssen, ob der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages vom 27. August/10. September 1992 eine Ausfertigung der notariellen Vollmacht vom 30. November 1991 vorlag.
Ende der Entscheidung
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