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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.09.2004
Aktenzeichen: XI ZR 184/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 607 a.F.
Ein die fristlose Kündigung eines Sanierungsdarlehens rechtfertigender wichtiger Grund kann vorliegen, wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers seit dem Zeitpunkt, in dem das Kreditinstitut seine Mitwirkung an der Sanierung zugesagt hat, eine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist, die die Sanierung als nicht mehr aussichtsreich erscheinen läßt (Ergänzung zum Senatsurteil vom 6. Juli 2004 - XI ZR 254/02, WM 2004, 1676).
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 184/03

Verkündet am: 14. September 2004

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. September 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den Richter Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. März 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von 1.363.615,45 € nebst hierauf zuerkannter Zinsen verurteilt und seine Berufung insoweit zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Bürgschaft auf Zahlung in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im folgenden: Klägerin) war Hausbank und Haupt-Kreditgeberin der R. AG und deren Konzern-Tochtergesellschaften, die in den neuen Bundesländern als Bauträger tätig waren. Der Beklagte war einer der Aktionäre der R. AG. Nachdem die Unternehmensgruppe in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, fanden im Frühjahr 1997 zwischen der R. AG, ihren damaligen Hauptaktionären und den beteiligten Banken Gespräche über eine wirtschaftliche Sanierung des Konzerns statt. Mit Darlehensvertrag vom 30. Juni/7. Juli 1997 räumte die Klägerin der T. GmbH und der TE. GmbH, die aus dem R.-Konzern ausgegliedert worden waren, unter gesamtschuldnerischer Mithaftung der R. GmbH (später: G. GmbH) einen Kontokorrent-/Avalkredit in Höhe von insgesamt 49.150.000 DM ein, der mit festgelegten Kreditteilbeträgen für insgesamt sieben Bauträgerobjekte bestimmt war. Die Laufzeit des bis zum 31. Dezember 1998 zinslos gestellten Kredites wurde bis zum 29. Juni 2001 fest vereinbart. Ferner wurde vorgesehen, daß die im jeweiligen Geschäftsjahr anfallenden Überschüsse aus der Abwicklung der Projekte zur Rückführung der weiteren Grundstücksfinanzierungen verwendet werden sollten, sofern die Liquidität für den laufenden Geschäftsbetrieb für die nächsten zwölf Monate mit einem Ansatz von 1 Million DM gesichert sei.

Am 14. Juli 1997 übernahm der Beklagte, wie im Darlehensvertrag vorgesehen, gegenüber der Klägerin für deren Forderungen gegen die T. GmbH, die TE. GmbH sowie die R. GmbH eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Höchstbetrag von 2.667.000 DM. Im Rahmen eines Sanierungspaketes für die R.-Gruppe vereinbarten die Parteien am 2. Juni 1999 unter anderem, daß der Beklagte berechtigt und verpflichtet sein sollte, den Bürgschaftsbetrag in Höhe von 2.667.000 DM bis zum 31. Dezember 1999 an die R. AG zur Reduzierung des dieser eingeräumten Betriebsmittelkredites über 6 Millionen DM zu zahlen. Zu einer solchen Zahlung des Beklagten kam es nicht. Mit Schreiben vom 21. Juni 2000 teilte die Klägerin dem Beklagten deshalb unter anderem mit, daß seine Bürgschaft über 2.667.000 DM weiter bestehen bleibe.

Anfang September 2000 valutierte das vom Beklagten verbürgte Darlehen in Höhe von 45.485.632 DM. Ende September 2000 wurde für alle drei aus dem Darlehensvertrag haftenden Unternehmen seitens der Geschäftsführung Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Am 12. Oktober 2000 kündigte die Klägerin gegenüber der GV. GmbH und der TE. GmbH unter Hinweis auf Nr. 19 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Kreditverhältnis fristlos und stellte die bestehenden Schuldsalden zur sofortigen Rückzahlung fällig.

Der von ihr aus der Bürgschaft in Anspruch genommene Beklagte macht im wesentlichen geltend, die zur Sanierung der R.- Gruppe getroffenen Vereinbarungen einschließlich der Bürgschaft stünden in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Da sich die Klägerin insbesondere gegenüber der R. AG vertragswidrig verhalten habe, sei seine Verpflichtung aus der Bürgschaft entfallen. Die Klägerin habe ihren Anspruch aus der Bürgschaft überdies verwirkt, weil sie in treuwidriger Weise die Insolvenz der Hauptschuldnerinnen herbeigeführt habe. Obwohl der eingeräumte Kontokorrentkredit nicht ausgeschöpft gewesen sei, habe sie sich seit Anfang September 2000 grundlos geweigert, Verfügungen der Hauptschuldnerinnen über ihre Konten auszuführen. Dadurch sei es zu ihrer Insolvenz gekommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sich die Revision des Beklagten, die der Senat zugelassen hat, soweit sie sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 1.363.615,45 € nebst hierauf zuerkannter Zinsen richtet.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist im Umfang ihrer Zulassung begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Auch wenn von einem Gesamtkonzept zur Sanierung ausgegangen werde, hätten die Verpflichtungen des Beklagten nicht in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis mit den von der Klägerin übernommenen Pflichten gestanden. Die Klägerin sei zur Unterstützung des Sanierungskonzepts und zur Fortführung ihres Kreditengagements nur bereit gewesen, weil unter anderem der Beklagte eine Höchstbetragsbürgschaft in Höhe von 2.667.000 DM übernommen habe. Die Klägerin habe ihre weitere Beteiligung an der Sanierung nur deshalb aufrecht erhalten, weil der Beklagte ihr gegenüber am 2. Juni 1999 neue Verpflichtungen übernommen habe. Es habe sich danach um Maßnahmen im alleinigen Interesse des Beklagten als Mehrheitsaktionär der R. AG gehandelt. Selbst bei einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis lägen keine Pflichtverletzungen der Klägerin vor. Die Bürgschaftsverpflichtung des Beklagten sei auch nicht durch die am 2. Juni 1999 getroffene Vereinbarung entfallen. Daß der Betriebsmittelkredit der R. AG über 6 Millionen DM damals zu weniger als 3,3 Millionen DM valutiert habe, habe den Beklagten nicht von seiner Zahlungspflicht befreit.

Die Klägerin habe auch nicht durch ihre Kündigung des verbürgten Darlehens den Bürgschaftsfall treuwidrig herbeigeführt. Die Insolvenz der T. GmbH und der TE. GmbH habe eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenslage im Sinne von § 19 Abs. 3 der AGB der Klägerin dargestellt. Darüber hinaus hätten nach der Vereinbarung vom 2. Juni 1999 der R. AG seitens des Beklagten bis zum 31. Dezember 1999 2.667.000 DM und bis zum 15. Januar 2000 weitere 4 Millionen DM zufließen sollen. Selbst nach der - abändernden - Vereinbarung vom 21. Juni 2000 habe der R. AG im Geschäftsjahr 2000 mindestens der Betrag von 4 Millionen DM liquiditäts- und ergebniswirksam zufließen sollen. Auch unter Berücksichtigung eines Bruttoerlöses aus zwei Vereinbarungen von Mitte des Jahres 2000 in Höhe von 727.320 DM sei zum Zeitpunkt der Kündigung ein zugesagter Zufluß von jedenfalls über 5 Millionen DM nicht erfolgt, der das Kreditrisiko der Klägerin habe reduzieren sollen. Nachdem zum Kündigungszeitpunkt mit Sicherheit festgestanden habe, daß ein Zufluß in der angeführten Höhe auch nicht mehr erfolgen werde, könne die Kündigung nicht als treuwidrige Herbeiführung des Bürgschaftsfalles gewertet werden. Die Bürgschaftsforderung der Klägerin sei deshalb begründet.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. a) Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, daß die (Verpflichtung zur) Übernahme der Bürgschaft durch den Beklagten nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehe mit Pflichten der Klägerin gegenüber den Hauptschuldnerinnen oder Gesellschaften der R.-Gruppe. Ob ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis gegeben ist, ist eine Frage der Auslegung mehrerer Individualvereinbarungen. Diese Auslegung unterliegt im Revisionsverfahren nur der eingeschränkten Überprüfung darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Senatsurteile vom 25. Juni 2002 - XI ZR 239/01, WM 2002, 1687, 1688, vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233 und vom 18. November 2003 - XI ZR 332/02, WM 2004, 27, 30). Das ist hier nicht der Fall. Die Revision versucht in erster Linie, die Würdigung des Berufungsgerichts durch eine andere, dem Beklagten günstigere zu ersetzen, ohne auch nur Anhaltspunkte dafür aufzeigen zu können, daß Pflichten der Klägerin aus einer Sanierungsvereinbarung in dem Bürgschaftsvertrag Niederschlag gefunden haben.

b) Zu Recht beanstandet die Revision allerdings, die Ausführungen des Berufungsgerichts, bei den vom Beklagten eingegangenen neuen Verpflichtungen handele es sich um Maßnahmen in seinem alleinigen Interesse "als Mehrheitsaktionär" der R. AG, verletzten die Rechte des Beklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG. Das Berufungsgericht hat dabei entscheidungserhebliches Vorbringen des Beklagten übergangen. Dieser hat auf die Behauptung der Klägerin, er habe als Hauptaktionär über eine Sperrminorität verfügt, vorgetragen, er sei weder am 2. Juni 1999 noch in der Folgezeit an der R. AG persönlich mit 25% oder mehr beteiligt gewesen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber erkennbar nicht auf der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG. Der Beklagte hat sich nämlich selbst bereits in der Klageerwiderung mehrfach als "Hauptaktionär" bzw. "Hauptgesellschafter" der R. AG bezeichnet. Sein eigener Vortrag rechtfertigt daher die Annahme seines eigenen Interesses an der Sanierung der R.-Unternehmensgruppe.

c) Entgegen der Ansicht der Revision war das Berufungsgericht im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG nicht gehalten, die vom Beklagten als Zeugen benannten Verhandlungsführer des R.-Konzerns zu der Frage zu hören, welche Bedeutung die getroffenen Sanierungsabreden nach ihrem damaligen Verständnis haben sollten. Einseitige innere Vorstellungen der benannten Zeugen über den Inhalt der Sanierungsvereinbarung sind für deren Auslegung irrelevant. Daß die Zeugen ihre Vorstellungen insbesondere über ein Gegenseitigkeitsverhältnis der vom Beklagten zu übernehmenden Bürgschaft mit Pflichten der Klägerin bei den Verhandlungen zu erkennen gegeben haben und dies Vertragsinhalt geworden ist, ist nicht vorgetragen. Das indes wäre notwendig gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/01, WM 2001, 2262, 2266).

d) Kann danach nicht von einem Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der (Verpflichtung zur) Übernahme der Bürgschaft und Pflichten der Klägerin gegenüber den Hauptschuldnerinnen oder Gesellschaften der R.-Unternehmensgruppe ausgegangen werden, kommt es auf die von der Revision angegriffene Hilfsbegründung, die Klägerin habe ihre Pflichten nicht verletzt, nicht an.

2. a) Zu Recht beanstandet die Revision aber, daß das Berufungsgericht unter Verletzung des Anspruchs des Beklagten auf rechtliches Gehör seinen Vortrag übergangen habe, die Klägerin habe den Bürgschaftsfall treuwidrig herbeigeführt. Der Beklagte hat insoweit vorgetragen, die Klägerin habe sich unter Verletzung des bis zum 29. Juni 2001 fest abgeschlossenen Kreditvertrages vom 30. Juni/7. Juli 1997 ab Anfang September 2000 geweigert, weitere Kontoverfügungen der drei ausgegliederten Tochtergesellschaften zuzulassen, obwohl der gewährte Kreditrahmen bei weitem nicht ausgeschöpft gewesen sei. Die Hauptschuldnerinnen hätten ihren Zahlungspflichten deshalb nicht mehr nachkommen können und Insolvenzantrag stellen müssen. Diesen substantiierten und unter Beweis gestellten Vortrag des Beklagten hat das Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommen und nicht in Erwägung gezogen. Es hat lediglich die Frage geprüft und verneint, ob die Klägerin durch ihre Kündigung des Darlehensvertrages vom 12. Oktober 2000 den Bürgschaftsfall treuwidrig herbeigeführt hat. Das verletzt die Rechte des Beklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG.

Wenn das Berufungsgericht dabei ein treuwidriges Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der Kündigung des Kreditvertrages mit der Begründung verneint, der Beklagte habe seine Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 2. Juni 1999, der R. AG bis zum 31. Dezember 1999 2.667.000 DM und bis zum 15. Januar 2000 weitere 4 Millionen DM zufließen zu lassen, nicht erfüllt, beruht das zudem auf sachwidrigen Erwägungen. Es ist schlechthin nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin befugt gewesen sein soll, die Konten von aus einem Konzern bereits ausgegliederten Gesellschaften zu sperren und den Kreditvertrag mit ihnen zu kündigen, wenn der Beklagte die aufgrund einer gesonderten Vereinbarung beruhende Verpflichtung nicht erfüllt, Zahlungen an die - ehemalige - Muttergesellschaft zu erbringen. Darüber hinaus waren sich die Parteien ausweislich des Schreibens der Klägerin vom 21. Juni 2000 längst darüber einig, daß der Beklagte die 2.667.000 DM an die R. AG nicht mehr zahlen, sondern daß die Bürgschaft in dieser Höhe fortbestehen sollte.

b) Ein Bürgschaftsgläubiger verwirkt seinen Anspruch gegen den Bürgen, wenn er unter Verletzung seiner Vertragspflichten gegenüber dem Hauptschuldner dessen wirtschaftlichen Zusammenbruch schuldhaft verursacht, also den Bürgschaftsfall selbst herbeiführt und jeden Rückgriff des Bürgen vereitelt (BGH, Urteile vom 7. Februar 1966 - VIII ZR 40/64, WM 1966, 317, 319, vom 20. März 1968 - VIII ZR 153/65, WM 1968, 874, 875; Beschluß vom 23. Februar 1984 - III ZR 159/83, WM 1984, 586; Senatsurteil vom 6. Juli 2004 - XI ZR 254/02, WM 2004, 1676, 1678). Ein solcher Fall kann auch dann gegeben sein, wenn ein Kreditinstitut den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Hauptschuldners dadurch herbeiführt, daß es pflichtwidrig Verfügungen des Hauptschuldners nicht mehr zuläßt, etwa Schecks nicht mehr einlöst, obwohl sich die damit einhergehende Kontobelastung im Rahmen des vereinbarten Kontokorrentkredits gehalten hätte (BGH, Beschluß vom 23. Februar 1984 aaO).

So liegt der Fall hier. Nach dem vom Berufungsgericht übergangenen und mangels anderweitig getroffener Feststellungen für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Vorbringen des Beklagten hat sich die Klägerin ab Anfang September 2000 geweigert, weitere Kontoverfügungen der drei ausgegliederten Tochtergesellschaften zuzulassen, obgleich der gewährte Kreditrahmen nicht ausgeschöpft war. Dadurch sind die Gesellschaften nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen des Beklagten, dem das Berufungsgericht nicht nachgegangen ist, zahlungsunfähig und insolvent geworden.

c) Eine Verpflichtung der Klägerin, weitere Kontoverfügungen zuzulassen, hätte allerdings dann nicht bestanden, wenn sie Anfang September 2000 den mit Vertrag vom 30. Juni/7. Juli 1997 eingeräumten Kontokorrentkredit mit sofortiger Wirkung hätte kündigen können (vgl. BGH, Beschluß vom 23. Februar 1984 - III ZR 159/83, WM 1984, 586).

aa) Zu einer ordentlichen Kündigung des eingeräumten Kontokorrentkredits war die Klägerin indes bereits deshalb nicht berechtigt, weil für diesen eine Laufzeit bis zum 29. Juni 2001 fest vereinbart war. Darüber hinaus handelte es sich bei dem Kontokorrentkredit um einen Sanierungskredit, bei dem die ordentliche Kündigung nach allgemeiner Auffassung durch den von den Vertragspartnern vereinbarten Sanierungszweck konkludent ausgeschlossen ist (vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 2004 - XI ZR 254/02, WM 2004, 1676, 1679 m.w.Nachw.).

bb) Ein die fristlose Kündigung eines Sanierungsdarlehens rechtfertigender wichtiger Grund kann zwar dann vorliegen, wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers seit dem Zeitpunkt, in dem das Kreditinstitut seine Mitwirkung an der Sanierung zugesagt hat, eine wesentliche Verschlechterung eingetreten ist, die die Sanierung als nicht mehr aussichtsreich erscheinen läßt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1955 - I ZR 171/53, WM 1956, 217, 220; Häuser, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 85 Rdn. 72 f.; Hopt/Mülbert, Kreditrecht § 607 BGB Rdn. 210; Wenzel, in: Henckel/Kreft, Insolvenzrecht 1998 S. 261 f.). Das ist hier aber nicht der Fall.

Nach dem mangels anderweitig getroffener Feststellungen für die Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Vorbringen des Beklagten hat sich die wirtschaftliche Lage der aus dem R.-Konzern ausgegliederten Hauptschuldnerinnen im Zeitraum von 1997 bis zum Jahre 2000 nicht verschlechtert, sondern gebessert. Die drei Gesellschaften hätten saldiert im Jahre 1999 einen Gesamtüberschuß in Höhe von 759.866,05 DM erzielt. Bis zum 31. Juli 2000 sei bei den beiden Kreditnehmerinnen ein Überschuß in Höhe von zusammen 202.104,05 DM angefallen, dem hieraus zu deckende Geschäftskosten von lediglich 162.245,68 DM gegenüber gestanden hätten. Außerdem seien bei der Klägerin für die drei Gesellschaften Konten mit Guthaben in Höhe von 442.933,28 DM geführt worden. Diese und die erzielten Überschüsse hätten ausgereicht, um auch die Kosten des laufenden Geschäftsbetriebes der Hauptschuldnerinnen bis zum Jahre 2001 zu decken. Auf der Grundlage dieses Vortrags des Beklagten kommt ein Recht der Klägerin zur außerordentlichen Kündigung des Kreditvertrages nicht in Betracht.

III.

Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird - gegebenenfalls nach ergänzendem Parteivortrag - festzustellen haben, ob die Klägerin aufgrund des eingeräumten Kreditrahmens und der im Vertrag vom 30. Juni/7. Juli 1997 getroffenen Vereinbarung über die Verwendung von Überschüssen Anfang September 2000 verpflichtet war, Verfügungen über die Konten der Hauptschuldnerinnen zur Abdeckung von Kosten des laufenden Geschäftsbetriebes zuzulassen, oder ob die Klägerin den Kontokorrentkreditvertrag wegen Scheiterns der Sanierungsbemühungen fristlos kündigen konnte.

Ende der Entscheidung

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