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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.05.1998
Aktenzeichen: XI ZR 216/97
Rechtsgebiete: BörsG, BGB


Vorschriften:

BörsG § 53 Abs. 2
BGB § 276 Fa, Hb
BörsG § 53 Abs. 2, BGB § 276 Fa, Hb

a) Börsentermingeschäfte eines Nichtkaufmanns sind nur dann nach § 53 Abs. 2 BörsG verbindlich, wenn dieser die Unterrichtungsschrift vor der Erteilung seines Auftrags unterzeichnet hat.

b) Das Merkblatt "Wichtige Information über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" des Deutschen Sparkassenverlags in der Fassung vom Januar 1993 entspricht den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG.

c) Eine über § 53 Abs. 2 BörsG hinausgehende (vor-)vertragliche Aufklärungspflicht besteht im allgemeinen nicht, wenn ein Kunde mit gezielten Aufträgen zum Erwerb bestimmter Optionsscheine an ein Kreditinstitut herantritt.

BGH, Urteil vom 19. Mai 1998 - XI ZR 216/97 - OLG Hamm LG Essen


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 216/97

Verkündet am: 19. Mai 1998

Bartholomäus Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 1998 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Nobbe und Dr. van Gelder

für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Juni 1997 wird zurückgewiesen.

Auf die Revision des Klägers wird das genannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse wegen verlustreicher Optionsscheingeschäfte auf Bereicherungsausgleich und Schadensersatz in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger eröffnete am 10. März 1993 bei der Beklagten ein Depotkonto und erwarb zunächst Aktien. Am 16. Mai 1994 erteilte er der Beklagten einen Auftrag zum Erwerb von selbständigen US-Dollar-Optionsscheinen zum Preis von 6.572,40 DM einschließlich Spesen. Im Juli, August und September 1994 orderte er weitere US-Dollar-Optionsscheine sowie Lira-Optionsscheine im Umfang von insgesamt 7.686,46 DM. Sämtliche Optionsscheine verfielen nach Ablauf der Optionsfristen wertlos. Der Kläger hatte einen ihm von der Beklagten vorgelegten Vordruck "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" unterschrieben, der die handschriftlich eingetragene Datumsangabe "16.05.94" enthält.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung von 14.258,86 DM nebst Zinsen. Er behauptet, den Vordruck über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften nicht am 16. Mai 1994, sondern bereits am 10. März 1993 unterschrieben zu haben, und macht geltend, er sei bei Abschluß der Optionsscheingeschäfte nicht börsentermingeschäftsfähig gewesen. Außerdem beruft er sich auf Schadensersatzansprüche wegen Aufklärungspflichtverletzung und behauptet, die Beklagte habe ihn über die besonderen Risiken der von ihm erworbenen Optionsscheine nicht belehrt.

Die Beklagte tritt dem mit der Behauptung entgegen, der Kläger habe den Vordruck über die Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften entsprechend der darin enthaltenen Datumsangabe am 16. Mai 1994 unterschrieben und sei von ihr zusätzlich mündlich auf die besonderen Risiken der beabsichtigten Geschäfte hingewiesen worden; im übrigen habe er ihr gegenüber klare Vorstellungen über die beabsichtigten Geschäfte geäußert und keine Beratung gewünscht.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 6.572,40 DM nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Die Berufung der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers blieben erfolglos. Beide Parteien haben gegen das Berufungsurteil - zugelassene - Revision eingelegt. Der Kläger verfolgt seine Klage, soweit ihr nicht stattgegeben wurde, weiter; die Beklagte erstrebt die Abweisung der Klage in vollem Umfang.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist begründet, die der Beklagten bleibt dagegen erfolglos.

I. Revision des Kläqers

1. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Optionsscheingeschäfte von Juli, August und September 1994 Bereicherungsansprüche und Schadensersatzansprüche des Klägers verneint. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Rückzahlungsansprüche des Klägers wegen ungerechtfertigter Bereicherung seien nicht gegeben, weil die genannten Optionsscheingeschäfte für ihn verbindlich gewesen seien. Der Kläger sei nämlich zur Zeit der Geschäftsabschlüsse börsentermingeschäftsfähig gewesen. Das von ihm unterzeichnete Merkblatt der Beklagten genüge den Anforderungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Zeugenvernehmungen sei auch davon auszugehen, daß der Kläger das Merkblatt erst am 16. Mai 1994 unterzeichnet habe und damit im Juli, August und September 1994 noch börsentermingeschäftsfähig gewesen sei. Der vom Kläger für die von ihm behauptete Unterzeichnung am 10. März 1993 angetretene Sachverständigenbeweis sei ungeeignet.

Die Beklagte habe sich auch nicht wegen mangelnder Belehrung und Beratung des Klägers schadensersatzpflichtig gemacht. Von einem Beratungsvertrag der Parteien könne nicht ausgegangen werden, weil nach dem letztlich unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten der Kläger gezielt an sie herangetreten sei und sie unter Nennung der zur Abwicklung erforderlichen Daten sowie Wertpapier-Kennnummern mit dem Kauf bestimmter Papiere beauftragt habe.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Zutreffend ist allerdings die Verneinung von Schadensersatzansprüchen des Klägers wegen mangelnder Beratung und Belehrung.

Wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat, kann bei Börsentermingeschäften auch im Falle der Erfüllung der Informationspflichten nach § 53 Abs. 2 BörsG je nach Lage des Einzelfalles ein weitergehender, die Besonderheiten des konkreten Geschäfts betreffender Informationsbedarf des privaten Anlegers bestehen und eine zusätzliche Aufklärungspflicht auslösen, deren Verletzung die Bank oder Sparkasse zu Schadensersatz aus Verschulden bei Vertragsschluß oder aus positiver Vertragsverletzung verpflichtet (Senatsurteil BGHZ 133, 82, 86 m.w.Nachw.). Eine Bank oder Sparkasse braucht jedoch auch bei Börsentermingeschäften ihre Ratschläge niemandem aufzudrängen. Tritt ein Kunde mit gezielten Aufträgen zum Erwerb bestimmter Optionsscheine an sie heran, so darf sie im allgemeinen davon ausgehen, daß eine besondere Beratung weder gewünscht wird noch erforderlich ist.

So liegt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Beklagte letztlich ohne Widerspruch des Klägers vorgetragen hat, dieser sei gezielt an sie herangetreten und habe sie unter Nennung der zur Abwicklung erforderlichen Daten sowie der Wertpapier-Kennummern mit dem Kauf bestimmter Papiere beauftragt. Diese Feststellung ist nach § 561 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit §§ 314, 523 ZPO für den Senat bindend. Der Versuch der Revision des Klägers, sie unter Hinweis auf den Inhalt der Schriftsätze in Frage zu stellen, kann keinen Erfolg haben. Einschlägige Feststellungen im Berufungsurteil begründen vollen Beweis für das mündliche Parteivorbringen (Senatsurteil vom 19. Juni 1990 - XI ZR 280/89, WM 1990, 1322, 1324; BGH, Urteil vom 16. Mai 1990 - IV ZR 64/89, WM 1990, 1758 und Beschluß vom 26. März 1997 - IV ZR 275/96, NJW 1997, 1931; jeweils m.w.Nachw.) und gegebenenfalls auch dafür, daß etwas in der mündlichen Verhandlung anders als in einem früheren Schriftsatz vorgetragen wurde (Urteile vom 16. Mai und 19. Juni 1990, je aaO m.w.Nachw.). Das gilt auch für derartige Feststellungen, die nicht im Tatbestand, sondern in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils enthalten sind (Urteil vom 19. Juni 1990 und Beschluß vom 26. März 1997 je aaO). Eine Berichtigung wäre nur im Verfahren nach § 320 in Verbindung mit § 523 ZPO möglich gewesen.

b) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht Rückzahlungsansprüche des Klägers wegen ungerechtfertigter Bereicherung verneint hat, hält dagegen den Angriffen der Revision im Ergebnis nicht stand.

aa) Im Ausgangspunkt ist dem Berufungsgericht allerdings darin zuzustimmen, daß das vom Kläger unterzeichnete Merkblatt den Anforderungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG entspricht. Dieses Merkblatt wurde als "Wichtige Information über Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften" in der Fassung vom Januar 1993 vom Deutschen Sparkassenverlag herausgegeben. Es entspricht in Aufbau und Inhalt weitgehend der von den Spitzenverbänden der Kreditwirtschaft entwickelten Informationsschrift (abgedruckt in WM 1989, 1193 ff. und in ZIP 1989, 1158 f.), die vom erkennenden Senat in ständiger Rechtsprechung als den Erfordernissen des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG genügend angesehen wird (Senatsurteile vom 14. Februar 1995 - XI ZR 218/93, WM 1995, 658, vom 11. Juni 1996 - XI ZR 172/95, WM 1996, 1260, 1261 und vom 11. März 1997 - XI ZR 92/96, WM 1997, 811, 812). Das Merkblatt des Sparkassenverlages gibt ebenso wie die genannte Informationsschrift einleitend den wesentlichen Inhalt des § 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG wieder und widmet sodann allen dort angesprochenen Risiken einen oder mehrere gesonderte Abschnitte, in denen diese in knapper und informativer Form ohne Beschönigung zutreffend näher dargestellt und verständlich erläutert werden. Die im einzelnen vorhandenen Unterschiede zu der genannten Informationsschrift beeinträchtigen den Informationswert des Merkblatts nicht. So stellt es entgegen der Ansicht der Revision des Klägers keinen Mangel dar, daß auf die grundsätzliche Gleichartigkeit der Risiken bei unverbrieften und verbrieften Börsentermingeschäften in einem gesonderten Schlußabschnitt und nicht weiter vorn im Text hingewiesen wird. Die von der Revision des Klägers beanstandeten Zwischenüberschriften sind ebenfalls nicht nachteilig, sondern dürften im Gegenteil das Verständnis des Textes erleichtern. Schließlich kann auch die verhältnismäßig kleine Druckgröße entgegen der Ansicht der Revision nicht als entscheidender Mangel angesehen werden, weil das Merkblatt gleichwohl noch hinreichend gut lesbar ist.

bb) Mit Recht rügt die Revision des Klägers dagegen, daß das Berufungsgericht den vom Kläger angebotenen Sachverständigenbeweis für den Zeitpunkt seiner Unterschrift unter dem Informationsblatt nicht erhoben hat.

Der Kläger hat in der Anschlußberufungsbegründung vorgetragen, aus dem Vergleich des Schriftbilds seiner Unterschriften auf den bei den Akten befindlichen Originalen seines Depotkonto-Eröffnungsantrags vom 10. März 1993 und des Informationsblatts einerseits sowie des Wertpapierkaufauftrags vom 16. Mai 1994 andererseits ergebe sich, daß die Unterschrift auf dem Informationsblatt am 10. März 1993 geleistet worden sei, wobei sogar deutlich werde, daß bei dem Wertpapierkaufauftrag ein anderes Schreibgerät und eine andere Schreibunterlage als bei dem Informationsblatt benutzt worden seien. Zum Beweis dafür hat der Kläger unter anderem die Erhebung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

Das Berufungsgericht ist dem nicht gefolgt mit der Begründung, der Beweisantritt durch Sachverständigengutachten sei ungeeignet, weil das unterschiedliche Erscheinungsbild von Unterschriften nichts darüber besage, daß sie nicht am selben Tag geleistet sein könnten. Ausführungen über die eigene Sachkunde des Berufungsgerichts auf dem Gebiet der Schriftvergleichung enthält das Berufungsurteil nicht.

Die Nichtberücksichtigung des Beweisantritts des Klägers verstößt gegen § 286 ZPO. Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß der Tatrichter von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise nur absehen darf, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen oder zugunsten des Antragstellers zu unterstellen ist, und daß bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet größte Zurückhaltung geboten ist (BGH, Urteil vom 16. September 1986 - VI ZR 128/85, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 - Beweisantrag, Ablehnung 1 m.w.Nachw.). Im vorliegenden Fall kann der Hinweis des Berufungsgerichts auf den Erfahrungssatz, daß am selben Tag geleistete Unterschriften unterschiedlich ausfallen können, die Nichtberücksichtigung des Beweisantritts des Klägers nicht rechtfertigen. Dieser Umstand schließt es nämlich nicht aus, daß Übereinstimmungen und Unterschiede im Vergleich zu anderen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten geleisteten Unterschriften desselben Urhebers die zeitliche Einordnung einer bestimmten Unterschrift ermöglichen. Auch im wissenschaftlichen Schrifttum wird die zeitliche Einordnung einer Schreibleistung anhand des Vergleichs mit anderem Schriftmaterial für möglich gehalten und insbesondere dann als aussichtsreich angesehen, wenn weitere Umstände, wie sie hier in bezug auf die verwendeten Schreibgeräte vorgetragen wurden, hinzukommen (vgl. Michel, Gerichtliche Schriftvergleichung, 1982, S. 156 f.). Das Berufungsgericht ist eine Begründung dafür schuldig geblieben, warum dies im vorliegenden Fall von vorneherein ausgeschlossen sein sollte.

Der erkennende Senat hat daher davon auszugehen, daß das vom Kläger beantragte Sachverständigengutachten möglicherweise den Beweis für die von ihm behauptete Unterzeichnung der Aufklärungsschrift am 10. März 1993 erbringen kann. Das Berufungsurteil mußte deshalb, soweit darin zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

II. Revision der Beklagten

1. Hinsichtlich des Optionsscheingeschäfts vom 16. Mai 1994 hat das Berufungsgericht einen Bereicherungsanspruch des Klägers bejaht. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Durch die Unterzeichnung der Informationsschrift am 16. Mai 1994 sei die Börsentermingeschäftsfähigkeit des Klägers noch nicht für das am selben Tage abgeschlossene Optionsscheingeschäft hergestellt worden. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme stehe nämlich nicht fest, daß die Informationsschrift vor der Erteilung des Kaufauftrages ausgehändigt und unterzeichnet worden sei; das gehe zu Lasten der Beklagten, die insoweit gemäß § 53 Abs. 2 Satz 5 BörsG die Beweislast trage. Nach § 53 Abs. 2 BörsG sei die Unterzeichnung der Unterrichtungsschrift vor dem Geschäftsabschluß erforderlich; eine Unterzeichnung nur anläßlich, d.h. auch in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang nach Geschäftsabschluß, genüge nicht.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.

a) Der Senat stimmt dem Berufungsgericht darin zu, daß § 53 Abs. 2 BörsG eine schriftliche Unterrichtung des Kunden und damit auch die Unterzeichnung der Unterrichtungsschrift vor dem Geschäftsabschluß verlangt (Häuser ZBB 1992, 249, 265; Horn ZIP 1990, 2, 7 f.; Schwark, Börsengesetz, 2. Aufl., § 53 Rdn. 22; a.M. wohl Kümpel, WM 1989, 1485, 1489 und in Bank- und Kapitalmarktrecht, 1995, Rdn. 12.123). Das folgt zwingend aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 53 Abs. 2. Satz 1 BörsG. Demgegenüber kommt einer Bemerkung in der Begründung des Regierungsentwurfs der Börsengesetz-Novelle von 1989, nach der das Informationsblatt "vor oder bei Abschluß des ersten Geschäftes" unterzeichnet werden kann (BT-Drucks. 11/4177, S. 19), keine Bedeutung zu. Dabei kann dahinstehen, ob diese Bemerkung in dem Sinne zu verstehen ist, daß auch eine Unterzeichnung kurz nach Geschäftsabschluß genügen soll. Unzutreffende Wertungen in Gesetzesmaterialien sind nämlich von vornherein ungeeignet, eindeutige Auslegungsergebnisse in Frage zu stellen; allenfalls bei anders nicht behebbaren Auslegungszweifeln kann ein Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien in Frage kommen (Senatsbeschluß vom 24. März 1998 - XI ZR 4/98, WM 1998, 877, 878; zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

b) Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, ob die Informationsschrift vor der Erteilung des Kaufauftrags durch den Kläger unterzeichnet worden ist. Der Ansicht der Revision, es komme nicht auf den Zeitpunkt der Auftragserteilung, sondern auf den der Annahme des Auftrags durch die Gegenseite an, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

§ 53 Abs. 2 Satz 1 BörsG ist in diesem Punkt allerdings mißverständlich formuliert. Der Begriff "Geschäftsabschluß" könnte bei reiner Wortauslegung in dem Sinne verstanden werden, daß es auf den Zeitpunkt ankomme, in dem der Vertrag über ein Börsentermingeschäft zustande kommt, das heißt im Augenblick der Annahme des Kundenauftrags durch die Bank oder Sparkasse. Eine solche Auslegung stünde jedoch im Widerspruch zum Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. § 53 Abs. 2 BörsG bestimmt zum Schutz privater Anleger vor den Risiken der Börsentermingeschäfte, daß sie solche Geschäfte nur dann wirksam abschließen können, wenn sie zuvor in bestimmter Weise schriftlich über die Risiken informiert wurden und dies unterschriftlich bestätigt haben. Wenn aber nur ein in dieser Weise informierter Privatanleger zur wirksamen Teilnahme an Börsentermingeschäften in der Lage sein soll, so kann es für die Verbindlichkeit seiner auf den Abschluß eines solchen Geschäfts gerichteten Willenserklärung allein darauf ankommen, ob er vor Abgabe dieser Erklärung in der erforderlichen Weise unterrichtet wurde.

Diesem Ergebnis steht der Umstand nicht entgegen, daß der Schutz privater Anleger bei Börsentermingeschäften zweistufig ausgestaltet ist und daß die Herbeiführung der Börsentermingeschäftsfähigkeit nach § 53 Abs. 2 BörsG durch eine standardisierte und formalisierte Unterrichtung auf einer zweiten Stufe im Falle weitergehender individueller Informationsbedürfnisse des Anlegers durch zusätzliche vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten der Bank oder Sparkasse ergänzt wird. Die Zweistufigkeit des Schutzes rechtfertigt es zwar, für die Börsentermingeschäftsfähigkeit im Sinne des § 53 Abs. 2 BörsG allein darauf abzustellen, ob der Anleger ein inhaltlich generell ausreichendes Informationsblatt unterschrieben hat, und der Frage, ob er den Inhalt verstanden hat oder verstehen konnte, insoweit keine Bedeutung beizumessen (Senatsurteil BGHZ 133, 82, 86 f. m.w.Nachw.). Daraus läßt sich jedoch keine Rechtfertigung ableiten für eine Gesetzesauslegung, die den mit § 53 Abs. 2 BörsG bezweckten Minimalschutz von vorneherein verfehlt.

Ende der Entscheidung

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