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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 30.09.2003
Aktenzeichen: XI ZR 232/02
Rechtsgebiete: BGB, ScheckG


Vorschriften:

BGB § 254 Ea
BGB § 989
BGB § 990
ScheckG Art. 21
Zum Einwand des Mitverschuldens gegenüber Schadensersatzansprüchen wegen grob fahrlässiger Hereinnahme abhanden gekommener Schecks.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 232/02

Verkündet am: 30. September 2003

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juni 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Anschlußrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Aktiengesellschaft verlangt von der beklagten Sparkasse Schadensersatz, weil diese bei der Hereinnahme von 59 Inhaber- bzw. Orderverrechnungsschecks zur Einziehung grob fahrlässig nicht erkannt habe, daß die Schecks abhanden gekommen seien.

In der Zeit von 1989 bis 1996 reichte ein Angestellter der Klägerin, der u.a. für Logistik und Lagerverwaltung zuständig war, der Beklagten die Schecks zur Einziehung auf sein privates Girokonto ein und hob die gutgeschriebenen Scheckbeträge ab. Die Klägerin hat vorgetragen, der Angestellte habe ihr durch die Vorlage fingierter Rechnungen von Geschäftspartnern Verbindlichkeiten vorgetäuscht und sie dadurch zur Ausstellung und Aushändigung der Schecks veranlaßt. Bei der Hereinnahme der Schecks habe die Beklagte, insbesondere wegen der Disparität zwischen den Scheckbegünstigten und dem Scheckeinreicher, grob fahrlässig gehandelt. Die Beklagte hat ein Abhandenkommen der Mehrzahl der Schecks bestritten, ein grob fahrlässiges Verhalten in Abrede gestellt und ein überwiegendes Mitverschulden der Klägerin eingewandt.

Das Landgericht hat der in erster Instanz nur wegen fünf Schecks erhobenen Klage in Höhe von 398.531,25 DM nebst Zinsen zur Hälfte stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin zusätzlich Schadensersatz wegen des Abhandenkommens weiterer 54 Schecks verlangt und insgesamt Zahlung von 3.938.032,55 DM nebst Zinsen begehrt. Das Berufungsgericht hat der Klage in Höhe von insgesamt 683.403,56 € (= 1.336.621,18 DM) nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ihre Revision, mit der sie ihre Klageforderung in voller Höhe weiterverfolgt, zugelassen und die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Die Beklagte begehrt mit der Anschlußrevision die vollständige Abweisung der Klage bzw. Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:

Das in erster Instanz geltend gemachte Schadensersatzbegehren sei gemäß Art. 21 ScheckG i.V. mit §§ 989, 990 BGB in voller Höhe begründet. Die zugrunde liegenden fünf Inhaberverrechnungsschecks seien der Klägerin abhanden gekommen und von der Beklagten grob fahrlässig zur Einziehung hereingenommen worden. Der Beklagten habe auffallen müssen, daß die Schecks erhebliche Beträge aufwiesen und über ein Privatkonto eingezogen wurden, auf dem außer häufigen Scheckeinzahlungen und Abhebungen erheblicher Beträge praktisch keine Umsätze stattfanden. Die Beklagte, die gewußt habe, daß der einreichende Angestellte der Klägerin kein selbständiger Kaufmann gewesen sei, habe ferner erkennen müssen, daß den Schecks Handelsgeschäfte zwischen Kaufleuten zugrunde lagen. Hinzu komme, daß es im Zeitpunkt der Einreichung der Schecks im kaufmännischen Geschäftsverkehr nicht mehr üblich gewesen sei, Inhaberverrechnungsschecks zahlungshalber weiterzugeben.

Den Beweis eines Mitverschuldens der Klägerin und dessen Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden habe die beweispflichtige Klägerin (richtig: Beklagte) nicht geführt. In dem eingeholten Sachverständigengutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft werde nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, daß die innerbetriebliche Organisation der Klägerin zwar Mängel und Unzulänglichkeiten aufgewiesen habe, daß aber angesichts der erheblichen kriminellen Energie und Raffinesse des Angestellten der Klägerin nicht davon ausgegangen werden könne, daß dessen betrügerische Manipulationen durch ein branchenübliches, den wirtschaftlichen und personellen Verhältnissen der Klägerin angemessenes Kontrollsystem hätten verhindert oder früher entdeckt werden können. An der Richtigkeit dieser plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen bestehe kein Zweifel. Die fachliche Kompetenz des Gutachters stehe außer Frage.

Die Klageerweiterung im Berufungsverfahren sei zulässig, aber nur teilweise begründet. Von den zugrunde liegenden Inhaber- und Orderverrechnungsschecks seien der Klägerin nur 16 mit einem Gesamtwert von 938.090 DM abhanden gekommen. Bei den weiteren 38 Schecks sei das nicht der Fall. Da sie Indossamente der von der Klägerin angegebenen Scheckbegünstigten aufwiesen, sei von wirksamen Begebungsverträgen zwischen der Klägerin als Ausstellerin und den Begünstigten als ersten Scheckempfängern auszugehen. Für eine Fälschung der Indossamente fehle jegliches substantiiertes Vorbringen der Klägerin.

II.

1. Revision der Klägerin

a) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage teilweise abgewiesen hat, ist rechtsfehlerhaft. Das Berufungsgericht hat an die Substantiierung des klägerischen Sachvortrags zur Fälschung der Indossamente der Scheckbegünstigten überzogene Anforderungen gestellt.

aa) Sachvortrag ist erheblich, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, den geltend gemachten Anspruch zu begründen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2000 - VI ZR 236/99, NJW 2000, 3286, 3287, m.w.Nachw.). Die Angabe näherer Einzelheiten ist grundsätzlich nur erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolge von Bedeutung sind, wenn der Vortrag infolge der Einlassung des Gegners unklar wird oder wenn die Angabe weiterer Umstände erforderlich ist, um dem Gegner die Nachprüfung der behaupteten Tatsachen und den Antritt von Gegenbeweisen zu ermöglichen (BGH, Urteile vom 21. Januar 1999 - VII ZR 398/97, WM 1999, 1178 und vom 26. Mai 1999 - VIII ZR 123/98, WM 1999, 1986, 1989).

bb) Gemessen hieran ist der Vortrag der Klägerin hinreichend substantiiert. Sie hat unter Benennung von Zeugen behauptet, daß sämtliche Indossamente gefälscht seien. Zur Konkretisierung hat sie ausgeführt, daß in dem rechtskräftigen Strafurteil gegen ihren betrügerischen Angestellten Fälschungen von Indossamenten festgestellt worden seien. Hierzu hat sie eine Gegenüberstellung der Mehrzahl der streitgegenständlichen Schecks mit den in dem Strafurteil behandelten Schecks vorgelegt. Im Strafurteil, das das Berufungsgericht, zusammen mit den Strafakten, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, wird im einzelnen festgestellt, daß der Angestellte der Klägerin die Indossamente der Begünstigten auf der Mehrzahl der Schecks gefälscht und anschließend sein eigenes Blankoindossament hinzugefügt hat.

Weitere Einzelheiten brauchte die Klägerin auch deshalb nicht vorzutragen, weil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ersichtlich ist, wie die Schecks, wenn sie nicht abhanden gekommen, sondern wirksam an die Begünstigten begeben worden sein sollten, wieder an den betrügerischen Angestellten, der sie unstreitig der Beklagten zur Einziehung eingereicht hat, gelangt sein könnten. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war es im kaufmännischen Geschäftsverkehr unüblich, Schecks zahlungshalber weiterzugeben.

b) Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Grobe Fahrlässigkeit der Beklagten im Sinne des Art. 21 ScheckG kann, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht allein deshalb verneint werden, weil die hereingenommenen Schecks teilweise eine formell ordnungsgemäße Indossamentenkette aufwiesen und die Beklagte die Indossamente nicht auf ihre Echtheit prüfen mußte. Trotz formeller Ordnungsmäßigkeit der Indossamentenkette hat eine Bank zur Vermeidung grober Fahrlässigkeit die sachliche Berechtigung des Einreichers zu prüfen, wenn Umstände nach der Lebenserfahrung den Verdacht nahe legen, der Scheck könne abhanden gekommen und vom Einreicher auf unredliche Weise erlangt worden sein (vgl. Nobbe, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 61 Rdn. 196). Dies ist nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813).

c) Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Das Berufungsgericht wird nunmehr die zum schlüssigen Vortrag der Klägerin, die Schecks seien ihr abhanden gekommen und teilweise mit gefälschten Indossamenten versehen worden, angetretenen Beweise zu erheben haben.

2. Anschlußrevision der Beklagten

a) Die Anschlußrevision ist zulässig.

aa) Dem steht nicht entgegen, daß das Berufungsgericht die Revision der Beklagten nicht zugelassen und der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zurückgewiesen hat (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO; vgl. auch Begr. RegE ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 107 f.; BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, NJW 2003, 2525). Die Zulässigkeit der Anschlußrevision ist auch nicht davon abhängig, ob sie denselben Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung der Revision der Klägerin bezieht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 aaO, m.w.Nachw.).

bb) Ob eine Anschlußrevision nur zulässig ist, wenn zwischen ihrem Streitgegenstand und dem der Hauptrevision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 aaO, m.w.Nachw.), bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Zusammenhang ist im vorliegenden Fall gegeben. Die Anschlußrevision, mit der die Beklagte den Einwand des Mitverschuldens geltend macht, betrifft ebenso wie die Revision den Schadensersatzanspruch gemäß Art. 21 ScheckG i.V. mit §§ 989, 990 BGB.

b) Die Anschlußrevision ist unbegründet. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage teilweise als begründet angesehen hat, hält rechtlicher Überprüfung stand.

aa) Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Abhandenkommen der Schecks und zur groben Fahrlässigkeit der Beklagten bei ihrer Hereinnahme sind rechtsfehlerfrei, entsprechen, soweit sie die grobe Fahrlässigkeit mit der Disparität zwischen Schecknehmer und -einreicher begründen, der Rechtsprechung des Senats (vgl. für Inhaberverrechnungsschecks: Urteil vom 17. Juli 2001 - XI ZR 362/00, WM 2001, 1666, 1667 und für Orderverrechnungsschecks: Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813, jeweils m.w.Nachw.) und werden von der Anschlußrevision nicht angegriffen.

bb) Die Klageforderung ist, anders als die Anschlußrevision meint, nicht gemäß § 254 BGB gemindert oder ausgeschlossen.

(1) Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei kein schadensursächliches Organisationsverschulden in Form eines mangelhaften internen Kontrollsystems anzulasten, hält rechtlicher Überprüfung stand.

(a) Das Berufungsgericht hat diese Auffassung in einer § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO genügenden Weise begründet. Hiernach sind die für die Überzeugungsbildung des Tatrichters wesentlichen Gesichtspunkte darzulegen, um dem Revisionsgericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob alle Umstände vollständig berücksichtigt sind und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden ist (BGH, Urteile vom 17. November 1998 - VI ZR 32/97, NJW 1999, 423, 424 und vom 7. März 2001 - X ZR 176/99, LM ZPO § 286 (A) Nr. 79). Diese Darlegungen enthält das Berufungsurteil. Das Berufungsgericht hat klar zum Ausdruck gebracht, daß seine Überzeugung auf dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten beruht, das es sich aufgrund eigener Würdigung des Streitstoffes zu eigen gemacht hat. Die nähere Darlegung dieser Würdigung in allen Einzelheiten war nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2001 - X ZR 176/99, LM ZPO § 286 (A) Nr. 79).

(b) Daß das Berufungsgericht seine Überzeugungsbildung entscheidend auf das Sachverständigengutachten gestützt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gutachten ist entgegen der Auffassung der Anschlußrevision nicht unvollständig und gibt auch keinen Anlaß zu Zweifeln an seinen Feststellungen. Der Sachverständige vertritt aufgrund seiner eigenen Erfahrung und unter Berufung auf das Institut der Wirtschaftsprüfer mit eingehender Begründung die Auffassung, daß auch ein sachgerecht gestaltetes internes Kontrollsystem nicht in jedem Fall Unterschlagungen verhindern könne. Bezogen auf den vorliegenden Fall nimmt er an, daß sachgerechte Kontrollen die Straftaten des Angestellten der Klägerin weder verhindert noch früher aufgedeckt hätten. Nach Auffassung des Sachverständigen spricht angesichts der kriminellen Energie des Angestellten - die durch dessen rechtskräftige Verurteilung zu langjähriger Freiheitsstrafe belegt ist - vieles dafür, daß auch bei optimierten Kontrollen im Ergebnis der geltend gemachte Schaden entstanden wäre. Diese Ausführungen begründen, anders als die Anschlußrevision meint, keine Zweifel an den Feststellungen des Sachverständigen, sondern bringen Zweifel an der Kausalität des unsachgemäßen Kontrollsystems der Klägerin für den Schaden zum Ausdruck. Aufgrund dieser Zweifel hat das Berufungsgericht die Kausalität rechtsfehlerfrei nicht als erwiesen angesehen.

Der Inhalt des Sachverständigengutachtens gab dem Berufungsgericht mithin auch keinen Anlaß, von Amts wegen auf eine Ergänzung hinzuwirken oder ein weiteres Gutachten einzuholen. Einen dahingehenden Antrag hat die Beklagte nicht gestellt, obwohl das Berufungsgericht ihr ausdrücklich Gelegenheit gegeben hatte, eine mündliche Erläuterung des Gutachtens zu beantragen.

(c) Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, daß die Beklagte die Beweislast für die Kausalität des unzureichenden Kontrollsystems für den Schaden der Klägerin trägt. Die Beweislast für die zur Anwendung des § 254 BGB führenden Umstände, mithin auch für die Ursächlichkeit eines Mitverschuldens, trägt der Schädiger (BGHZ 91, 243, 260; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Mai 2001 - VIII ZR 70/00, WM 2001, 2010, 2012). Die Anschlußrevision zieht dies nicht in Zweifel, meint aber, die Frage, ob bei einem ausreichenden Kontrollsystem der gleiche Schaden entstanden wäre, betreffe nicht die Ursächlichkeit des Mitverschuldens, sondern den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Dies trifft nicht zu. Die Frage, ob ein hypothetisches rechtmäßiges Alternativverhalten den Schaden ebenso herbeigeführt hätte, stellt sich erst, wenn die Ursächlichkeit des tatsächlichen Verhaltens feststeht. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

(2) Ein schadensursächliches Mitverschulden ist entgegen der Ansicht der Anschlußrevision auch unter keinem anderen Gesichtspunkt gegeben.

(a) Die Klägerin trifft nicht etwa deshalb ein eigenes Mitverschulden an der Schadensentstehung, weil sie nach der Belastung ihres Girokontos mit den Scheckbeträgen die Beklagte als Inkassobank nicht rechtzeitig vor der Auszahlung an ihren Angestellten gewarnt hat. Dieses Verhalten war nicht sorgfaltswidrig, weil der Klägerin das Abhandenkommen der Schecks bis zu den Abhebungen nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein mußte.

(aa) Daß sie sich diese Kenntnis durch ein sachgerechtes Kontrollsystem hätte verschaffen können, hat das Berufungsgericht - wie dargelegt - rechtsfehlerfrei nicht festgestellt.

(bb) Die Kenntnis ihres betrügerischen Angestellten vom Abhandenkommen der Schecks muß sich die Klägerin nicht in entsprechender Anwendung des § 166 BGB zurechnen lassen. Der Angestellte ist im Verhältnis zur Beklagten nicht Wissensvertreter der Klägerin. Er war bei der Klägerin für den Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten nicht zuständig und nicht gehalten, sein aus der Straftat zum Nachteil der Klägerin resultierendes Wissen für den insoweit zuständigen Mitarbeiter verfügbar zu machen.

(b) Das Verschulden ihres betrügerischen Angestellten ist der Klägerin gemäß §§ 254 Abs. 2 Satz 2, 278 Satz 1 bzw. § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zurechenbar. Ob das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, das zwischen den Parteien infolge der Hereinnahme der Schecks durch die Beklagte bestand, eine Sonderbeziehung ist, die die Anwendung des § 278 BGB rechtfertigt (verneinend: RGZ 119, 152, 155 f.; s. auch BGH, Urteil vom 31. Mai 1965 - II ZR 89/63, WM 1965, 741, 743; bejahend: KG WM 1995, 241, 245 und die herrschende Lehre, vgl. die Nachweise bei Staudinger/Gursky, BGB 13. Bearbeitung Vorbem. zu §§ 987-993 Rdn. 28 und § 989 Rdn. 31), bedarf keiner Entscheidung. Die Klägerin hat sich dieses Angestellten jedenfalls nicht zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber der Beklagten bedient. Der Angestellte hat bei der Begehung seiner Straftaten schon deshalb nicht in Erfüllung von Pflichten der Klägerin gehandelt, weil diese selbst Pflichtverletzungen durch Straftaten zu ihrem eigenen Nachteil nicht begehen konnte (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 1997 - XI ZR 84/96, WM 1997, 1250, 1251). Zur Erfüllung etwaiger Warn- und Hinweispflichten gegenüber der Beklagten vor Auszahlung der Scheckbeträge hat sich die Klägerin nicht des betrügerischen Angestellten bedient. Dieser war weder in der Buchhaltung tätig noch sonst für den Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten zuständig. Eine Zurechnung gemäß § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Angestellte, soweit er eine Warnung an die Beklagte unterließ, nicht in Ausführung einer Verrichtung, zu der die Klägerin ihn bestellt hatte, handelte.

c) Die Anschlußrevision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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