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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.05.1998
Aktenzeichen: XI ZR 285/97
Rechtsgebiete: VerbrKrG
Vorschriften:
VerbrKrG § 7 Abs. 2 Satz 2 |
Die nach § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG erforderliche Unterschrift des Verbrauchers unter der schriftlichen Widerrufsbelehrung muß nicht auf dem ihm ausgehändigten Exemplar der Belehrung erfolgen, sondern kann auch auf ein anderes Exemplar gesetzt werden, das der Kreditgeber behält (Bestätigung von BGH WM 1998, 126).
BGH, Urteil vom 12. Mai 1998 - XI ZR 285/97 - OLG Schleswig-Holstein LG Itzehoe
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 12. Mai 1998
Weber Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Mai 1998 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Schramm, Nobbe, Dr. van Gelder und Dr. Müller
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 21. August 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Im Sommer 1994 verhandelten die Kläger mit der Beklagten über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 51.000 DM. Die Beklagte übersandte den Klägern drei ausgefüllte und von den Vertretern der Beklagten bereits unterzeichnete Darlehensvertragsformulare mit der Bitte, diese zu unterzeichnen. Die Formulare enthalten am Schluß eine durch einen Querstrich abgeteilte "Information über das Recht zum Widerruf", die von den Darlehensnehmern gesondert zu unterschreiben war.
Die Kläger unterschrieben auf den drei Formularen jeweils den Abschnitt über den Darlehensvertrag, nach Darstellung der Beklagten auf einem Formular auch die Widerrufsbelehrung, und gaben die Formulare am 22. August 1994 an die Beklagte zurück. Die Beklagte hat die Fotokopie eines Vertragsexemplars vorgelegt, in dem auch die Widerrufsbelehrung von den Klägern unterzeichnet ist. Das Darlehen wurde im September 1994 an die Kläger ausgezahlt.
Mit Schreiben vom 17. August 1995 widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag "gemäß Verbraucherkreditgesetz" und überwiesen an die Beklagte 50.610,41 DM. Da die Parteien keine Einigung über die Wirksamkeit des Widerrufs und die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung erzielen konnten, überwies die Beklagte den Betrag wieder an die Kläger zurück.
Die Kläger sind der Meinung, der Darlehensvertrag sei aufgrund des Widerrufs unwirksam; dieser sei rechtzeitig. Nach ihrer Ansicht hat die Wochenfrist nicht zu laufen begonnen, weil die Beklagte ihnen keine unterschriebene Widerrufsbelehrung ausgehändigt habe. Die Kläger haben beantragt festzustellen, daß der Kreditvertrag zwischen den Parteien nicht wirksam zustande gekommen sei und daß der Beklagten keine Vorfälligkeitsentschädigung zustehe.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und - im Wege der Widerklage - die Kläger, die zwischenzeitlich 44.480 DM überwiesen haben, zur Zahlung von weiteren 20.036,07 DM nebst Zinsen zu verurteilen. Sie ist der Auffassung, der Widerruf sei nicht rechtzeitig. Um die Wochenfrist in Lauf zu setzen, reiche es aus, wenn der Kreditnehmer die Widerrufsbelehrung unterschreibe und ein nicht unterschriebenes Exemplar ausgehändigt erhalte.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat in seiner - in WM 1997, 1986 veröffentlichten - Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Auf das Rechtsverhältnis der Parteien sei das Verbraucherkreditgesetz anwendbar. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG lägen nicht vor. Die Parteien hätten den Kreditvertrag dem Verbraucherkreditgesetz unterstellt, wie sich aus der Überschrift "Darlehensvertrag gemäß Verbraucherkreditgesetz" und der nicht gestrichenen Information über das Widerrufsrecht ergebe. Im übrigen sei das Darlehen nicht zu den für Realkredite damals üblichen Bedingungen gewährt worden.
Die Kläger hätten ihre auf den Abschluß des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärungen vom 22. August 1994 mit Schreiben vom 17. August 1995 wirksam widerrufen. Der Widerruf sei rechtzeitig gewesen. Der Lauf der einwöchigen Frist habe nicht begonnen, weil den Klägern keine von ihnen zu unterschreibende Widerrufsbelehrung im Sinne der genannten Vorschriften ausgehändigt worden sei. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des Gesetzes sei für den Beginn der Einwochenfrist die Aushändigung einer vom Verbraucher unterschriebenen Widerrufsbelehrung oder jedenfalls einer Durchschrift oder Fotokopie dieser unterschriebenen Widerrufsbelehrung an den Verbraucher erforderlich. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Das Gesetz gehe nach Wortlaut und Sinn davon aus, daß Widerrufsbelehrung und Unterschrift des Verbrauchers auf der ausgehändigten Urkunde enthalten sein müßten.
Die Kläger hätten das Darlehen auch binnen zwei Wochen nach Erklärung des Widerrufs zurückgezahlt (§ 7 Abs. 3 VerbrKrG).
II.
Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Keine Bedenken begegnet allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, daß auf das Rechtsverhältnis der Parteien das Verbraucherkreditgesetz anwendbar sei. Auch die Revision rügt dies nicht.
2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht jedoch davon ausgegangen, die Kläger hätten das ihnen nach §§ 2, 7 Abs. 1 und 2 VerbrKrG zustehende Widerrufsrecht fristgerecht ausgeübt.
Der Auffassung des Berufungsgerichts, die den Klägern von der Beklagten ausgehändigte Widerrufsbelehrung sei formal unzureichend, weil das den Klägern verbliebene Exemplar von ihnen nicht unterschrieben gewesen sei, kann nicht gefolgt werden. Der Beginn des Laufs der Widerrufsfrist setzt zwar nicht nur die Aushändigung einer inhaltlich ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung an den Verbraucher, sondern auch dessen gesonderte Unterschrift unter der Widerrufsbelehrung voraus. Die Unterschrift des Verbrauchers muß jedoch nicht auf dem ihm ausgehändigten Exemplar der Widerrufsbelehrung vorgenommen werden, sondern kann auch auf ein anderes Exemplar gesetzt werden, das der Kreditgeber behält. Das folgt aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift und vor allem aus dem Sinn und Zweck des Erfordernisses einer gesonderten Unterschrift des Verbrauchers unter der Widerrufsbelehrung (vgl. dazu eingehend BGH, Urteil vom 5. November 1997 - VIII ZR 351/96, WM 1998, 126, 128 m.w.Nachw.). Die gesonderte Unterschrift soll - ebenso wie die vom Gesetz vorgeschriebene drucktechnisch deutliche Gestaltung der Widerrufsbelehrung die erhöhte Aufmerksamkeit des Verbauchers hervorrufen und verhindern, daß er die Widerrufsbelehrung übersieht. Dieser Zweck ist erreicht, wenn der Verbraucher die Unterschrift geleistet hat. Ob die Unterschrift auf dem bei ihm verbleibenden oder auf dem für den Kreditgeber bestimmten Exemplar erfolgt, ist unerheblich. Einer durch die Unterschrift auf dem beim Verbraucher verbleibenden Exemplar hervorgerufenen "zusätzlichen Optik" bedarf es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht, nachdem der Verbraucher durch seine Unterschrift auf sein Widerrufsrecht aufmerksam gemacht worden ist (BGH aaO S. 128).
III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO). Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus zu Recht - offengelassen, ob die Widerrufsbelehrung "drucktechnisch deutlich gestaltet" war (§ 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG). Wäre dies zu verneinen, wäre ebenfalls die einjährige Widerrufsfrist maßgebend.
Die Widerrufsbelehrung entspricht formal und inhaltlich den gesetzlichen Erfordernissen. Diese rechtliche Wertung kann der Senat selbst vornehmen, weil die tatsächliche Gestaltung der auf Seite 2 der Darlehensvertragsurkunde am Schluß angebrachten Widerrufsbelehrung unbestritten ist.
Die drucktechnische Gestaltung ist nicht zu beanstanden, weil sich die Widerrufsbelehrung aus dem Vertragstext deutlich heraushebt (vgl. BGHZ 126, 56, 60). Sie wird durch eine breite durchgezogene Trennungslinie vom übrigen Darlehensvertrag abgegrenzt (vgl. BGH aaO S. 61) und ist mit der Überschrift "Information über das Recht zum Widerruf" versehen, die deutlich ins Auge fällt, da sie in Fettdruck und in gegenüber dem sonstigen Vertragstext deutlich vergrößerten Buchstaben gehalten ist. Im Text der Belehrung wird die Wochenfrist außerdem nochmals durch Fettdruck hervorgehoben. Für den Namen und die Anschrift des Widerrufsempfängers ist eine gesonderte Einrahmung vorgesehen. Daß die Anschrift der Beklagten etwas "verrutscht" knapp unterhalb dieser Einrahmung angegeben ist, mindert die Verständlichkeit nicht. Diese Anordnung ist insbesondere entgegen der Ansicht der Kläger nicht geeignet, den Leser zu verwirren.
Auch inhaltlich entspricht die Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG. Es reicht aus, wenn sie - wie hier - zutreffend und unzweideutig das Ereignis benennt, das nach dem Gesetz den Lauf der Frist auslöst, nämlich die Aushändigung der Belehrung (vgl. BGH WM 1998, 126, 127). Wenn die Beklagte als den Beginn der Widerrufsfrist die "Aushändigung der Durchschrift dieser Information über das Recht zum Widerruf" bezeichnet, so liegt darin nicht etwa deshalb eine Irreführung, weil - wie die Kläger geltend machen - keine "Durchschrift", sondern eines der drei Formulare zurückgesandt worden ist. Die Widerrufsbelehrung wurde daher durch die Übersendung eines Vertragsexemplars an die Kläger "ausgehändigt", das ihnen am 23. August 1994 zuging.
IV.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Entscheidung reif. Die Kläger haben bestritten, daß sie die Widerrufsbelehrung gesondert unterschrieben hätten, obwohl die Beklagte eine Ablichtung des Darlehensvertrages vorgelegt hat, die gesonderte Unterschriften der Kläger trägt. Das Berufungsgericht hat hierzu bisher keine Feststellungen getroffen, sondern lediglich zugunsten der Beklagten unterstellt, daß die Kläger die Information gesondert unterschrieben haben. Sollte der Widerruf nicht durchgreifen, sind die weiteren zwischen den Parteien umstrittenen Fragen zu klären, insbesondere ob ein Kreditvertrag abgeschlossen wurde, ob ein Aufhebungsvertrag zustande gekommen ist und ob der Beklagten eine Vorfälligkeitsentschädigung zusteht. Insoweit ist vorsorglich darauf hinzuweisen, daß die Kläger bisher keine Gesichtspunkte vorgetragen haben, auf die sich ein Anspruch auf vorzeitige Erfüllung stützen ließe, der die Beklagte nach den vom Senat entwickelten Grundsätzen (vgl. Senatsurteile vom 1. Juli 1997 - XI ZR 267/96, NJW 1997, 2875 und XI ZR 197/96, NJW 1997, 2878) in der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung beschränken würde.
Ende der Entscheidung
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