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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 06.10.1998
Aktenzeichen: XI ZR 313/97
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 308 Abs. 1 |
Ein Verstoß des erstinstanzlichen Gerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO wird geheilt, wenn der Kläger sich in der Berufungsinstanz die Antragsüberschreitung auch nur hilfsweise zu eigen macht.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 313/97 - OLG Hamm LG Bochum
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 6. Oktober 1998
Bartholomäus Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 1998 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Nobbe und Dr. van Gelder
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. September 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für die Revisionsinstanz werden nicht erhoben (§ 8 Abs. 1 GKG).
Von Rechts wegen
Tatbestand:
In der Revisionsinstanz streiten die Parteien über die Frage, ob das Berufungsgericht den Rechtsstreit wegen eines Verfahrensfehlers an das Landgericht zurückverweisen durfte.
Der Kläger hatte vor dem Landgericht unter anderem die Verurteilung des Beklagten beantragt, ihn von Kreditverbindlichkeiten gegenüber einer Bank freizustellen, hilfsweise an die Bank 159.184,89 DM nebst Zinsen zu zahlen. Das Landgericht hat daraufhin den Beklagten zur Zahlung von 150.000 DM an den Kläger verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Die unselbständige Anschlußberufung des Klägers, mit der dieser hilfsweise das beantragt hat, was das Landgericht ihm zuerkannt hatte, hat das Berufungsgericht für wirkungslos erklärt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat unter anderem ausgeführt: Das Landgericht habe hinsichtlich des Klageantrages zu 3) mit der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 150.000 DM an den Kläger über einen nicht gestellten Antrag entschieden und damit gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen. Dieser Verfahrensfehler sei auch nicht durch nachträgliche Genehmigung des Klägers geheilt worden, da er den auf Befreiung gerichteten Hauptantrag mit der Anschlußberufung weiterverfolgt habe. Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO führe gemäß § 539 ZPO zur Aufhebung und Zurückverweisung, weil das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leide und keine ordnungsmäßige Grundlage für eine Entscheidung abgeben könne.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
1. Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts: Das Landgericht hat gegen § 308 Abs. 1 ZPO verstoßen; denn es hat über einen vom Kläger nicht gestellten Antrag entschieden.
2. Das rechtfertigt indessen nicht die Zurückverweisung durch das Berufungsgericht.
Dabei bedarf die umstrittene Frage, ob und inwieweit Verstöße gegen § 308 ZPO unter § 539 ZPO fallen (vgl. z.B. MünchKommZPO/Rimmelspacher § 539 Rdn. 23 m.w.Nachw.), keiner Entscheidung; denn entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Fehler des Landgerichts dadurch geheilt worden, daß der Kläger die Antragsüberschreitung nachträglich genehmigt hat.
Die Heilung eines Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 ZPO ist dann anzunehmen, wenn der Kläger sich die Entscheidung des Landgerichts zu eigen macht und das vom Beklagten angefochtene Urteil mit dem Antrag verteidigt, die Berufung zurückzuweisen (vgl. BGHZ 111, 158, 161; 124, 351, 370 m.w.Nachw.). So liegt es hier.
Daß der Kläger Anschlußberufung eingelegt hat, mit der er in erster Linie seinen ursprünglichen Klageantrag weiterverfolgt, ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unschädlich. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß es ausreicht, wenn der Kläger sich die Antragsüberschreitung auch nur hilfsweise zu eigen macht. Entscheidend ist der Wille des Klägers, jedenfalls hilfsweise das zu verteidigen, was ihm das Landgericht zugesprochen hat (vgl. BGHZ 111, 158, 161).
Dieser Wille des Klägers ergibt sich aus der Anschlußberufung, mit der er hilfsweise den vom Landgericht unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO zugesprochenen Zahlungsantrag gestellt hat. In seiner Anschlußberufungsbegründung macht der Kläger deutlich, daß dieser Anspruch sich in jedem Fall aus der zwischen den Parteien getroffenen Schuldübernahmevereinbarung vom 8. Oktober 1993 ergebe.
Damit ist der Verstoß des Landgerichts gegen § 308 Abs. 1 ZPO geheilt. Das Berufungsgericht durfte deshalb die Sache nicht an das Landgericht zurückverweisen, sondern mußte selbst abschließend entscheiden.
Ende der Entscheidung
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