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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 24.11.1998
Aktenzeichen: XI ZR 327/97
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 127 Satz 2 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 24. November 1998
Bartholomäus Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 1998 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Siol, Dr. Bungeroth, Nobbe und Dr. Müller
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. September 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von mehr als 1.149.322 DM nebst 11% Zinsen seit dem 22. Januar 1992 sowie eines Zinsbetrags von mehr als 70.586,36 DM verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die beklagte jugoslawische Bank aus einer Bankgarantie auf Zahlung in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im November 1990 schloß die Klägerin mit der Firma RO "P." in R. in Jugoslawien einen Kaufvertrag, in dem sie sich zur Lieferung von 1.100 bis 1.150 Tonnen Polypropylen verpflichtete, sowie einen Kreditvertrag über die verzinsliche Stundung des Kaufpreises gegen Stellung einer Bankbürgschaft auf erstes Anfordern. Die damalige Zweigniederlassung der Beklagten in Skopje übernahm gegenüber der Klägerin eine abtretbare und übertragbare "unwiderrufliche und bedingungslose Garantie" für die Erfüllung der Vertragspflichten der Käuferin und Kreditnehmerin bis zum Höchstbetrag von 2 Millionen DM nebst Zinsen. Darin verpflichtete sie sich, "die fälligen und nicht bezahlten Beträge auf Ihre erste schriftliche Anforderung zu Ihren Gunsten durchzuführen, sofern Sie uns erklären, daß der Käufer seinen vertraglichen Rückzahlungsverpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen ist".
Im Januar 1991 trat die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Beklagte an die ... Bank ab. Diese richtete hinsichtlich mehrerer Teilbeträge der Garantie fernschriftliche Zahlungsaufforderungen und Erinnerungen an die Beklagte, erhielt aber keine Zahlungen. Daraufhin teilte die ... Bank der Klägerin mit Schreiben vom 4. Februar 1992 unter Beifügung der Garantieurkunde mit, daß sie aus der Abtretung der Garantie keine Rechte mehr herleite.
Die Klägerin verlangte von der Beklagten zunächst 1.694.494 DM nebst Zinsen sowie einen weiteren Zinsbetrag von 102.634,87 DM und ermäßigte ihre Forderung in der Berufungsinstanz auf 1.491.694 DM nebst Zinsen sowie einen weiteren Zinsbetrag von 90.727,42 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.460.762 DM nebst Zinsen sowie eines weiteren Zinsbetrags von 89.303,88 DM stattgegeben. Der erkennende Senat hat die auf Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils gerichtete Revision der Beklagten nur hinsichtlich eines Teilbetrags von 311.440 DM nebst Zinsen angenommen.
Entscheidungsgründe:
Im Umfang der Annahme ist die Revision begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat die Ansprüche der Klägerin überwiegend bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
1. Auf den Garantievertrag sei infolge konkludenter Rechtswahl deutsches Recht anzuwenden. Aus ihm sei die Klägerin berechtigt, weil sie mit der Garantiebegünstigten identisch sei und weil die Abtretung der Rechte aus der Garantie an die ... Bank durch das als Rückabtretung auszulegende Schreiben der ... Bank vom 4. Februar 1992 rückgängig gemacht worden sei. Die Beklagte sei aus der Garantie verpflichtet, weil sie für das rechtsgeschäftliche Handeln ihrer damaligen Zweigniederlassung in Skopje einstehen müsse.
2. Die Beklagte sei aus der Garantie auch überwiegend in formell ordnungsgemäßer Weise in Anspruch genommen worden.
Die ... Bank sei zur Inanspruchnahme der Beklagten berechtigt gewesen. Dabei komme es auf die Streitfrage nicht an, ob die Befugnis des Garantienehmers, die Garantie nach formalen Kriterien in Anspruch zu nehmen, ohne weiteres auf einen Dritten übertragbar sei. Auch wenn man dies verneine, stehe es den Parteien des Garantievertrages jedenfalls frei, die Übertragbarkeit auch der Befugnis zur Inanspruchnahme der Garantie zu vereinbaren. Im vorliegenden Fall sei der Garantievertrag der Parteien im Sinne einer solchen Vereinbarung auszulegen. Auch die Abtretung der Rechte aus der Garantie an die ... Bank sei dahin zu verstehen, daß die gesamte Rechtsstellung der Klägerin auf die Bank übertragen worden sei.
Die fernschriftlichen Inanspruchnahmen der Beklagten durch die ... Bank seien überwiegend wirksam gewesen. Aus dem Garantievertrag ergebe sich, daß für die Inanspruchnahme der Garantie die schriftliche Anforderung mit der Erklärung, daß der Käufer seinen vertraglichen Rückzahlungsverpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig nachgekommen sei, genügen sollte. Darin, daß die Unterschriften unter den Fernschreiben der ... Bank nicht handschriftlich gewesen seien, liege nach § 127 Satz 2 BGB kein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis. Bei den Fernschreiben vom 29. Mai und 18. September 1991 fehle allerdings jede Unterschrift; davon müsse auch bei dem Fernschreiben vom 25. Juli 1991, bei dem eine Unterschriftszeile nicht zu lesen sei, ausgegangen werden. Dieser Mangel führe jedoch nur hinsichtlich des mit dem Fernschreiben vom 18. September 1991 geltend gemachten Teilbetrags zur Klageabweisung. Bei den Fernschreiben vom 29. Mai und 25. Juli 1991 sei der Mangel dagegen im Ergebnis unschädlich, weil in einem unterzeichneten Schreiben vom 14. August 1991 der fehlende Eingang der Gelder unter Bezugnahme auf die früheren Garantie-Inanspruchnahmen beanstandet werde und darin eine erneute, formgerechte Inanspruchnahme der Garantie zu erblicken sei.
II.
Diese Ausführungen halten hinsichtlich der mit Fernschreiben vom 25. Juli 1991 angeforderten Garantiebeträge von insgesamt 311.440 DM rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Dem Berufungsgericht ist allerdings darin zuzustimmen, daß auf den Garantievertrag deutsches Recht anwendbar ist und daß dieser Vertrag für die Beklagte ungeachtet der Veränderungen in Jugoslawien und des Schicksals ihrer Zweigstelle in Skopje verbindlich ist. Auch die Bejahung der Aktivlegitimation der Klägerin auf der Grundlage der tatrichterlichen Auslegung des Schreibens der ... Bank vom 4. Februar 1992 ist frei von Rechtsfehlern.
2. Die Berechtigung der ... Bank zur Inanspruchnahme der Garantie hat das Berufungsgericht ebenfalls mit Recht bejaht. In diesem Zusammenhang kann der erkennende Senat ebenso wie das Berufungsgericht die Frage offen lassen, ob bei einer Bankgarantie auf erstes Anfordern die Befugnis zur Inanspruchnahme der Garantie ohne weiteres auf einen Dritten übertragbar ist. Auf jeden Fall kann die Übertragbarkeit dieser Befugnis im Garantievertrag vereinbart werden (BGHZ 90, 287, 291). Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht festgestellt, daß dies im vorliegenden Fall geschehen ist und die Klägerin ihre gesamte Rechtsstellung auch auf die ... Bank übertragen hat.
3. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Inanspruchnahme von Teilbeträgen der Garantie in Höhe von insgesamt 311.440 DM auf der Grundlage zweier Fernschreiben der ... Bank vom 25. Juli 1991 und vom 14. August 1991 als wirksam angesehen hat, ist dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings den Garantievertrag der Parteien dahin ausgelegt, daß zur Inanspruchnahme der Garantie die schriftliche Anforderung mit der Erklärung über die Nichterfüllung der Verpflichtungen des Käufers genügen sollte. Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, daß dem Schriftformerfordernis des Garantievertrags nach § 127 Satz 2 BGB im Wege der fernschriftlichen Inanspruchnahme genügt werden konnte und daß sich daraus eine Befreiung nur vom Erfordernis der handschriftlichen Unterzeichnung, nicht dagegen von der Notwendigkeit der Nennung des jeweiligen Urhebers der fernschriftlichen Erklärungen ergibt.
b) Geht man jedoch - wie das Berufungsgericht es getan hat - mangels Leserlichkeit der Unterschriftszeile in der zu den Akten gelangten Kopie des Fernschreibens der ... Bank vom 25. Juli 1991 davon aus, daß dieses Fernschreiben keine Angabe seines Urhebers enthielt und daher dem Schriftformerfordernis nicht genügte, so konnte das weitere Fernschreiben vom 14. August 1991 diesen Mangel entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht heilen.
Das Fernschreiben vom 14. August 1991 wies zwar die erforderliche Urheberangabe auf und enthielt unter anderem auch die Beanstandung des Nichteingangs der bereits mit Fernschreiben vom 25. Juli 1991 angeforderten Beträge von insgesamt 311.440 DM. Darin lag indessen hinsichtlich dieser Beträge keine erneute formgerechte Inanspruchnahme der Garantie. In der Beanstandung des Nichteingangs der Beträge kann man zwar eine erneute Inanspruchnahme-Erklärung sehen. Diese Erklärung war jedoch nicht formgerecht, weil ihr die nach dem Garantievertrag erforderliche weitere Erklärung über die Nichterfüllung der Verpflichtungen des Käufers nicht beigefügt war. In der bloßen Angabe der dem angemahnten Betrag zugrunde liegenden Rechnungen der Klägerin an die Käuferin nach Datum und Rechnungs-Nummer liegt keine Erklärung über die Nichterfüllung der Verpflichtungen der Käuferin. Die Frage, ob etwas anderes gelten würde, wenn die ... Bank die Rechnungen, wie in ihrem andere Teilbeträge betreffenden Fernschreiben vom 8. Juli 1991, als "überfällig" bezeichnet hätte, bedarf hier keiner Entscheidung.
III.
Das Berufungsurteil mußte daher, soweit es nach der Teilannahme der Revision noch angefochten ist, aufgehoben werden. Insoweit ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif, weil den Parteien Gelegenheit gegeben werden muß, zur Frage der Urheberangabe auf dem lediglich in nicht vollständig lesbarer Kopie vorliegenden Fernschreiben der ... Bank vom 25. Juli 1991 vorzutragen und gegebenenfalls Beweis anzutreten. In diesem Umfang war die Sache deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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