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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 16.03.2004
Aktenzeichen: XI ZR 335/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 765
ZPO § 771
a) Stellt der Drittwiderspruchskläger dem Gläubiger zur Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eine pfandgleiche Sicherheit (Prozeßbürgschaft), so liegt dem regelmäßig ein selbständiges Garantieversprechen des Inhalts zugrunde, im Falle der Klageabweisung für einen sog. "Aufhebungsschaden" aufzukommen.

b) Übernimmt die Bank zunächst für die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung eine Prozeßbürgschaft und wird die Bürgschaftssumme später wegen der Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahme erhöht, so liegt darin eine stillschweigende und nach § 350 HGB formfreie Änderung des Sicherungszwecks.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 335/02

Verkündet am: 16. März 2004

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 3. Juni 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer Prozeßbürgschaft. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (nachfolgend: Klägerin) ließ am 27. Mai 1997 wegen einer titulierten Forderung über 500.000 DM ein Fahrzeug vom Typ Mercedes-Benz S 350 pfänden. Hiergegen erhob dessen angeblicher Eigentümer Drittwiderspruchsklage vor dem Landgericht B. . Dieses stellte die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung von 45.000 DM vorläufig ein und ließ dem Drittwiderspruchskläger nach, die Sicherheit durch eine Bankbürgschaft zu erbringen. Am 26. Juni 1997 übernahm die beklagte Bank daraufhin im Auftrag des Drittwiderspruchsklägers eine formularmäßige selbstschuldnerische Bürgschaft bis zur Höhe des festgesetzten Betrages für gegenwärtige und künftige Ansprüche der Klägerin gegen den Drittwiderspruchskläger. Nach dem Wortlaut der Vertragsurkunde soll die Bürgschaft der Klägerin als "Sicherheitsleistung für das beim Landgericht B. anhängige Verfahren, Aktenzeichen ... , in Verbindung mit der betriebenen Zwangsvollstreckung - Pkw Daimler-Benz - Kennzeichen ... " dienen.

Mit Beschluß vom 6. Januar 1998 erhöhte das Landgericht B. unter Abänderung des Einstellungsbeschlusses die zu leistende Sicherheit auf 55.000 DM und ordnete zugleich an, daß die bereits getroffenen Vollstreckungsmaßregeln nach Sicherheitsleistung aufzuheben sind. Die Beklagte übernahm gegenüber der Klägerin deshalb am 13. Januar 1998 eine weitere Bürgschaft über 10.000 DM. Das gepfändete Fahrzeug wurde danach von dem Gerichtsvollzieher freigegeben und anschließend durch den Drittwiderspruchskläger zum Preis von 43.000 DM veräußert. Bei der ursprünglich auf den 27. Juni 1997 angesetzten Versteigerung wäre unstreitig nur ein Erlös in Höhe von 14.316,17 € (28.000 DM) erzielt worden. Die Drittwiderspruchsklage wurde in der Folgezeit rechtskräftig abgewiesen.

Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung von 43.000 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht sie zur Zahlung von 14.316,17 € (28.000 DM) nebst Zinsen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat eine Bürgschaftsforderung der Klägerin in Höhe des Versteigerungswertes des Gebrauchtwagens bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Die Beklagte habe der Klägerin aufgrund der Prozeßbürgschaft vom 26. Juni 1997 für die Zahlung des Betrages von 14.316,17 € einzustehen, der bei der vom Gerichtsvollzieher auf den 27. Juni 1997 angesetzten Versteigerung des Fahrzeuges erlöst worden wäre, wenn die Zwangsvollstreckung nicht zuvor gegen Sicherheitsleistung eingestellt worden wäre. Der Bürgschaft liege ein entsprechender Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den Drittwiderspruchskläger zugrunde, der die Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung bewirkt und damit die Versteigerung des Pkw's verhindert habe. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von dem Drittwiderspruchskläger Schadensersatz wegen einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen, letztlich unberechtigten Verhinderung der Zwangsvollstreckung verlangen könne. Der Sicherungszweck der Bürgschaft sei nicht auf einen derartigen Schadensersatzanspruch beschränkt, sondern bestehe darin, der Klägerin den Versteigerungswert des gepfändeten Pkw für den Fall zu sichern, daß die Drittwiderspruchsklage abgewiesen werde. Die prozessuale Verpflichtung, für Sicherheit zu sorgen, sei Hauptschuld und zugleich Gegenstand des Bürgschaftsvertrages gewesen. Hätte der Drittwiderspruchskläger - statt eine Bürgschaft zu stellen - als Sicherheit 45.000 DM hinterlegt, so hätte die Klägerin in Höhe des Wertes des ihr entzogenen Pfandes nach Abweisung der Drittwiderspruchsklage ohne weiteres die Herausgabe des hinterlegten Geldes verlangen können. Dementsprechend müsse sie jetzt auch aus der Bürgschaft vorgehen können, ohne ihrem früheren Prozeßgegner Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nachweisen zu müssen.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.

1. Die Revision beanstandet mit Recht, daß dem Berufungsgericht bei der Auslegung der Prozeßbürgschaft erhebliche Fehler unterlaufen sind.

a) Zwar ist die Auslegung von Individualvereinbarungen grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung bindet aber das Revisionsgericht dann nicht, wenn sie unter Verletzung gesetzlicher Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) vorgenommen wurde (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1998 - VIII ZR 197/97, WM 1999, 922, 924 m.w.Nachw.). Hierzu gehört auch, daß der Tatrichter allgemein anerkannte Auslegungsregeln hinreichend beachtet und alle für die Auslegung erheblichen Umstände und Verhältnisse in rechtlich vertretbarer Weise umfassend würdigt. Hiergegen hat das Berufungsgericht bei der Auslegung der Prozeßbürgschaft verstoßen.

b) Seine Ansicht, die Beklagte habe der Klägerin nach dem Inhalt der Bürgschaft vom 26. Juni 1997 über 45.000 DM für die Zahlung des Betrages von 14.316,17 € einzustehen, der "bei der vom Gerichtsvollzieher auf den 27. Juni 1997 angesetzten Versteigerung des gepfändeten Kraftfahrzeuges erlöst worden wäre, wenn die Zwangsvollstreckung nicht vor diesem Termin gegen Sicherheitsleistung eingestellt worden wäre", ist schon im Ansatz verfehlt. Eine Sicherheit, die der Drittwiderspruchskläger dem Gläubiger bei Einstellung der bereits eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen leistet, haftet grundsätzlich nur für den sogenannten "Verzögerungsschaden", wie er sich vor allem aus einem Wertverlust der Pfandsache ergeben kann (siehe etwa RGZ 86, 36, 39 f.; BGHZ 95, 10, 13). Ein derartiger Schaden wird aber von der Klägerin nicht geltend gemacht; vielmehr will sie von der Beklagten für den Verlust des Pfändungspfandrechts entschädigt werden, den sie durch die vom Landgericht B. im Januar 1998 angeordnete Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen erlitten hat. Zwar weist das Berufungsgericht an anderer Stelle darauf hin, daß eine Sicherheit geleistet werden mußte, die den der Klägerin "aus der Freigabe des Pfandstücks drohenden Schaden in jedem Fall abdeckt". Es legt aber nicht einmal dar, daß der Bürgschaft zumindest in ihrer endgültigen Fassung eine derartige Sicherungsabrede zugrunde liegt. Überhaupt wird der sich geradezu aufdrängenden Frage, ob die Bürgschaft vom 26. Juni 1997 nur für die Einstellung der Zwangsvollstreckung bestellt worden ist und ob sich ihr Inhalt mit der zum Zweck der Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen bestellten Zusatzbürgschaft vom 13. Januar 1998 über 10.000 DM trotz fehlender schriftlicher Vereinbarung der Parteien geändert hat, keine Beachtung geschenkt. Bei einer solchen widersprüchlichen Vertragsauslegung besteht in der Revisionsinstanz keine Bindungswirkung.

2. Ferner vermißt die Revision im Hinblick auf die Akzessorietät der Bürgschaft zu Recht, daß das Berufungsgericht keinen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den vormaligen Drittwiderspruchskläger bejaht, sondern die Frage einer allgemeinen Verschuldenshaftung ausdrücklich offengelassen hat.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein durch die Prozeßbürgschaft gesicherter Anspruch der Klägerin nicht aus einer prozessualen Verpflichtung des vormaligen Drittwiderspruchsklägers, für die geforderte Sicherheit zu sorgen, herzuleiten. Ob der Drittwiderspruchskläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit, eine Sicherheit zu stellen, Gebrauch macht oder nicht, steht in seinem Belieben. Von einer Verpflichtung im Rechtssinne kann insoweit keine Rede sein. Das Berufungsgericht beachtet ferner nicht ausreichend, daß ein Anspruch auf Stellung einer Sicherheit mit dem gesicherten Anspruch nicht identisch ist. Außerdem läßt das Berufungsurteil nicht erkennen, woraus der gesicherte Anspruch der Klägerin gegen den vormaligen Drittwiderspruchskläger folgt. Aus der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 1983 (VIII ZR 315/81, WM 1983, 210, 211) ergibt sich dafür nichts. Sie betrifft nicht eine Prozeßbürgschaft, sondern eine Bürgschaft für ein Darlehen. Soweit in diesem Urteil unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGHZ 69, 270 ausgeführt worden ist, die in jenem Fall gestellte Prozeßbürgschaft habe dem Gläubiger eine Sicherheit dafür verschaffen sollen, daß der Hauptschuldner nach Eintritt der Rechtskraft des Vorbehaltsurteils und vor Abschluß des Nachverfahrens die Urteilssumme bezahlen würde, wenn ein weiterer Vollstreckungsaufschub (§ 707 ZPO) nicht bewilligt würde, gibt dies für die Entscheidung des vorliegenden Falles nichts her. Mit dem Hinweis, "diese prozessuale Verpflichtung" sei als Hauptschuld Gegenstand des Vertrages zwischen dem Hauptschuldner, dem Gläubiger und dem Bürgen gewesen, wird ersichtlich keine Aussage über eine verschuldensunabhängige Haftung des Drittwiderspruchsklägers und einer von ihm gestellten Sicherheit getroffen.

III.

Das angefochtene Urteil stellt sich aber aus anderen Gründen als zutreffend dar (§ 561 ZPO). Die Beklagte hat jedenfalls mit der Bürgschaft in der Fassung vom 13. Januar 1998 zusammen mit dem früheren Drittwiderspruchskläger die Haftung dafür übernommen, daß der Klägerin durch die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen kein Vermögensschaden entsteht.

1. Entgegen der Ansicht der Revision setzt die Bürgenhaftung keine verschuldensabhängige Schadensersatzpflicht des Drittwiderspruchsklägers voraus. Der von ihm gestellten pfandgleichen Sicherheit liegt regelmäßig ein auf Ersatz des sogenannten "Aufhebungsschadens" gerichtetes selbständiges Garantieversprechen zugrunde.

a) In der reichsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. RGZ 25, 373, 376; 37, 430, 431; 86, 36, 39; 141, 194, 196, 198) und in der neueren Literatur (vgl. Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 771 Rdn. 44; Salzmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO 3. Aufl. § 771 Rdn. 78; Gaul, in: Rosenberg, Zwangsvollstreckungsrecht 11. Aufl. § 41 XI 1; Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl. § 769 Rdn. 7) ist allgemein anerkannt, daß dann, wenn eine gemäß § 771 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V. mit § 769 Abs. 1 Satz 1 ZPO erlassene Anordnung die Aufhebung einer Pfändung erlaubt, die Sicherheit anstelle des Pfandgegenstandes insoweit haftet, als der Gläubiger bei Fortbestand der Pfändung aus ihm befriedigt worden wäre. Ihm muß daher grundsätzlich voller Ersatz für die aus der Anordnung entstehenden Nachteile gewährt werden (vgl. Zöller/Herget aaO). Zwar bleibt hierbei offen, ob dies auch für den Fall gilt, daß der Drittwiderspruchskläger, der eine Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen gegen eine Sicherheitsleistung erreicht, dem Gläubiger mangels Verschuldens nicht auf Schadensersatz haftet. Die pfandgleiche Sicherheit kann aber ihren Zweck grundsätzlich nur dann erfüllen, wenn sie den Prozeßgegner unter allen Umständen so stellt, wie er bei einer Verwertung der Pfandsache gestanden hätte. Es liegt daher in der Rechtsnatur einer derartigen umfassenden Sicherheit, daß der Drittwiderspruchskläger als Sicherungsgeber stillschweigend eine entsprechende Garantie für den ungewissen Fall der Klageabweisung übernimmt. Würde er gegenüber dem Gläubiger kein selbständiges Garantieversprechen abgeben und nicht neben der Sicherheit auch persönlich haften, sondern hinge die Haftung der Sicherheit von einem Verschuldenserfordernis ab, so hätte sie keinen pfandähnlichen Charakter und wäre infolgedessen kein ausreichendes Äquivalent für die mit der Ungewißheit des Prozeßausgangs behaftete Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen.

b) Zwar hat es der IX. Zivilsenat in der zitierten Entscheidung vom 23. Mai 1985 (BGHZ 95, 10, 13 ff.) ausdrücklich abgelehnt, dem Gläubiger in entsprechender Anwendung des § 717 Abs. 2, § 945 ZPO einen Schadensersatzanspruch zuzusprechen, wenn sich die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung als unzutreffend erweist. Vielmehr muß der Drittwiderspruchskläger für einen in diesem Zeitraum eintretenden Verzögerungsschaden ausschließlich nach Deliktsrecht einstehen, sofern ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit und nicht nur eine fahrlässige Verkennung der Rechtslage zur Last fällt (so auch OLG München NJW-RR 1989, 1471, 1472; Zöller/Herget, aaO § 771 Rdn. 19; Münzberg, aaO; Gaul, aaO; Salzmann, aaO; Schuschke, in: Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl. § 771 Rdn. 45; a.A. LG Frankfurt MDR 1980, 409; MünchKomm/Karsten Schmidt, ZPO 2. Aufl. § 771 Rdn. 69; Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 771 Rdn. 24; Häsemeyer NJW 1986, 1028 f.). Daraus vermag die Revision aber für sich nichts herzuleiten. Die Entscheidung betrifft nur die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dem Gläubiger, dessen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch einen sich später als ungerechtfertigt erweisenden Antrag nach § 771 Abs. 3 ZPO eingestellt wurden, ein gesetzlicher Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens gegen den Drittwiderspruchskläger zusteht. Die Frage, welche Rechte der Gläubiger aus einer ihm geleisteten Sicherheit herleiten kann, wird nicht angesprochen, geschweige denn entschieden.

2. Die Klägerin hatte durch die formell ordnungsgemäße Pfändung vom 27. Mai 1997 ein Pfändungspfandrecht an dem Gebrauchtwagen ihres Schuldners erworben. Aufgrund der rechtskräftigen Abweisung der Drittwiderspruchsklage steht dies auch im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten als Prozeßbürgin fest (BGH, Urteil vom 19. März 1975 - VIII ZR 250/73, NJW 1975, 1119, 1121; vgl. auch Schmitz, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 91 Rdn. 147). Das Pfändungspfandrecht der Klägerin erlosch endgültig und nicht nur vorläufig (vgl. z.B. Zöller/Stöber, ZPO 24. Aufl. § 776 Rdn. 4), als die Pfändung durch den Gerichtsvollzieher aufgrund des Beschlusses des Landgerichts B. vom 6. Januar 1998 gemäß § 771 Abs. 3 Satz 1, § 769 Abs. 1 Satz 1, § 776 Satz 2 ZPO aufgehoben wurde.

3. Die Beklagte hat der Klägerin jedenfalls nach dem Inhalt des endgültigen Bürgschaftsvertrages den "Aufhebungsschaden" in Höhe des entgangenen Versteigerungserlöses zu ersetzen. Diese Auslegung kann der erkennende Senat selbst vornehmen, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind (vgl. BGHZ 124, 39, 45).

Der Umfang der Haftung des Prozeßbürgen richtet sich grundsätzlich nach dem Zweck der Sicherheitsleistung und kann im konkreten Einzelfall häufig der gerichtlichen Anordnung entnommen werden (vgl. RGZ 141, 194, 196; BGHZ 69, 270, 272 m.w.Nachw.; vgl. ferner BGH, Urteile vom 20. November 1978 - VIII ZR 243/77, WM 1979, 15, 16 und vom 20. Oktober 1988 - IX ZR 47/87, WM 1988, 1883, 1885). Danach unterliegt es keinem berechtigten Zweifel, daß die Beklagte mit der gesamten Sicherheit über 55.000 DM für den geltend gemachten "Aufhebungsschaden" haftet. Der Einwand der Revision, die Bürgschaft vom 26. Juni 1997 in Höhe von 45.000 DM sei ausschließlich zum Zweck der Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt worden, woran auch die die Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen betreffende ergänzende Bürgschaft vom 13. Januar 1998 über 10.000 DM nichts geändert habe, greift nicht. Dabei kann offenbleiben, ob schon die ursprüngliche Bürgschaft - wie die Revisionserwiderung meint - angesichts des weit gefaßten Wortlauts der Vertragsurkunde vom 26. Juni 1997 und der für einen ohnehin eher fernliegenden "Verzögerungsschaden" ungewöhnlich hohen Haftungssumme von 45.000 DM im Vorgriff auf die prozessuale Entwicklung ersichtlich auch einen etwaigen "Aufhebungsschaden" erfassen sollte. Jedenfalls war es ersichtlich die Absicht des Landgerichts B. und der erkennbare Wille aller Beteiligten, mit der Erhöhung der Bürgschaftssumme auf insgesamt 55.000 DM sicherzustellen, daß jeder erdenkbare "Aufhebungsschaden" abgedeckt ist. Eine stillschweigende Anpassung des Sicherungszwecks der bereits bestehenden Bürgschaft an die neue prozessuale Situation war aufgrund der Kaufmannseigenschaft der Beklagten ohne Einhaltung der Schriftform des § 766 BGB möglich (§ 350 HGB). Als ein für die Klägerin sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich ausschließlich vorteilhaftes Geschäft bedurfte es gemäß § 151 Satz 1 BGB auch keiner Annahmeerklärung gegenüber der Beklagten, sondern es reichte das bloße Schweigen auf das auf die Vertragsänderung gerichtete Angebot der Beklagten aus (st.Rspr., siehe etwa Senatsurteil vom 12. Oktober 1999 - XI ZR 24/99, WM 1999, 2477, 2478 m.w.Nachw.).

4. Das Berufungsgericht hat der Klage daher im Ergebnis zu Recht in Höhe des der Klägerin entgangenen Versteigerungserlöses über 14.316,17 € stattgegeben.

IV.

Die Revision der Beklagten konnte deshalb keinen Erfolg haben und war zurückzuweisen.



Ende der Entscheidung

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