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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 21.04.1998
Aktenzeichen: XI ZR 377/97
Rechtsgebiete: BörsG


Vorschriften:

BörsG § 53
BörsG § 58
BörsG § 61
BörsG §§ 53, 58, 61

Der Termin- und der Differenzeinwand gehören bei im Ausland geschlossenen Börsentermingeschäften, auch soweit sie Waren betreffen, bei nicht aufklärungsbedürftigen, nicht termingeschäftsfähigen Inländern nicht mehr zum deutschen ordre public international, der die Anerkennung und Vollstreckbarkeit eines ausländischen Urteils im Inland ausschließt.

BGH, Urteil vom 21. April 1998 - XI ZR 377/97 - OLG München LG München I


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 377/97

Verkündet am: 21. April 1998

Weber Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. April 1998 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Schramm, Dr. Siol, Nobbe und Dr. van Gelder

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 31. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. Dezember 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts vom 20. November 1995 über die Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 18. Oktober 1994 wird aufrechterhalten.

Der Kläger trägt die weiteren Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten aus schuldhafter Verletzung eines Anwaltsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.

In den Jahren 1987 bis 1989 schloß der Kläger, ein akademischer Oberrat mit Wohnsitz in M., mit Hilfe der Volksbank Sch./Österreich verlustreiche Termingeschäfte in Devisen, Edelmetallen und in Zucker ab. Die Verluste glich er unter Inanspruchnahme eines von der Volksbank gewährten Kontokorrentkredits aus.

Die Volksbank stellte den Kredit im Jahre 1990 fällig und verlangte den Ausgleich des Debets. Das Bezirksgericht Sch. verurteilte den Kläger unter Anwendung österreichischen Rechts zur Zahlung von 327.353 öS zuzüglich Zinsen und Kosten. Den Differenzeinwand des Klägers wies es zurück und verneinte auch ein Aufklärungsverschulden der Volksbank, weil der Kläger nicht als aufklärungsbedürftiger Verbraucher, sondern als Fachmann in Termingeschäften aufgetreten sei.

Nachdem Berufung und Revision des Klägers erfolglos geblieben waren, beantragte die Volksbank, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil in Deutschland für zulässig zu erklären. Das Landgericht München I gab dem Antrag statt. Gegen den am 7. Oktober 1992 zugestellten Beschluß erhob der Beklagte für den Kläger am 21. Oktober 1992 Widerspruch, richtete diesen aber nicht an das zuständige Landgericht, sondern an das Oberlandesgericht. Die gesetzliche Widerspruchsfrist wurde deshhalb nicht eingehalten. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand blieb erfolglos.

Nach Zahlung der titulierten Beträge an die Volksbank Sch. nimmt der Kläger den Beklagten aus positiver Vertragsverletzung durch Versäumung der Widerspruchsfrist auf Schadensersatz in Anspruch. Er ist der Ansicht, bei rechtzeitiger Einlegung des Widerspruchs wäre der Beschluß des Landgerichts über die Vollstreckbarkeit des österreichischen Urteils aufgehoben worden. Dieses beruhe darauf, daß die österreichische Rechtsordnung einen Termin- und einen Differenzeinwand nicht kenne. Beide Einwände gehörten zum deutschen ordre public.

Das Landgericht hat die Klage über 77.644,03 DM zuzüglich Zinsen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet; sie führt zur Abweisung der Klage.

I.

Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus positiver Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrages für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:

Der Beklagte habe die Widerspruchsfrist im Anerkennungsverfahren schuldhaft versäumt. Dadurch sei dem Kläger ein Schaden entstanden; bei rechtzeitigem Widerspruch habe der Beschluß des Landgerichts über die Vollstreckbarkeit des österreichischen Urteils aufgehoben werden müssen. Die Nichtbeachtung des Termin- und des Differenzeinwands im Urteil des Bezirksgerichts Sch. verstoße gegen grundlegende Normen des deutschen Rechts. Der ausgeurteilte Debetsaldo resultiere aus Verlusten aus Termin- und Differenzgeschäften, die nach österreichischem Recht verbindlich, nach deutschem aber unverbindlich gewesen seien. Der Kläger sei, auch wenn er über die Risiken von Börsentermingeschäften gut informiert gewesen sei, nach deutschem Recht nicht termingeschäftsfähig, da er nicht Kaufmann sei und keine den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG genügende Informationsschrift unterzeichnet habe. Auch nach Einführung der Termingeschäftsfähigkeit kraft Information durch die Börsengesetznovelle 1989 gehöre der Termineinwand zum deutschen ordre public. Er diene ebenso wie der Differenzeinwand der Durchsetzung von Wertvorstellungen des deutschen Gesetzgebers über die innerstaatliche Sozialordnung. Das gelte allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 61 BörsG. Diese seien aber gegeben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß der nicht termingeschäftsfähige Kläger mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland die zum Abschluß der Börsentermin- und Differenzgeschäfte erforderlichen Erklärungen in Deutschland abgegeben habe.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Zutreffend ist allerdings die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe den zwischen den Parteien geschlossenen Anwaltsvertrag durch Versäumung der Widerspruchsfrist, die nach § 2 des Ausführungsgesetzes (BGBl. I 1960, S. 169) zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. Juni 1959 (BGBl. II 1960, S. 1246) i.V. mit § 1042 d Abs. 1 Satz 1 ZPO zwei Wochen betrug, schuldhaft verletzt. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.

2. Nicht gefolgt werden kann dagegen seiner Ansicht, die positive Vertragsverletzung habe zu einem Schaden des Klägers geführt, weil die Vollstreckbarerklärung des vom Bezirksgericht Sch. erlassenen Urteils rechtskräftig geworden sei.

Bei der Beurteilung, ob aus der Versäumung einer Rechtsbehelfsfrist ein Schaden entstanden ist, ist im Regreßprozeß nicht darauf abzustellen, wie das Gericht über den fristgemäß eingelegten Rechtsbehelf tatsächlich entschieden hätte, sondern wie es richtigerweise hätte entscheiden müssen (BGHZ 124, 86, 96; 133, 110, 111 jeweils m.w.Nachw.). Auf einen rechtzeitig eingelegten Widerspruch hin hätte die Vollstreckbarkeit des österreichischen Urteils bestätigt werden müssen.

a) Die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung österreichischer Urteile sind im vorgenannten deutsch-österreichischen Vertrag vom 6. Juni 1959 festgelegt. Das Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 (BGBl. 1994 II, S. 2658) war in den Jahren 1992 und 1993, als über den Widerspruch zu entscheiden war, für Deutschland noch nicht in Kraft getreten.

Nach Art. 2 und 5 Abs. 1 des deutsch-österreichischen Vertrages darf die Anerkennung und Vollstreckbarkeit österreichischer Urteile nur aus bestimmten Gründen versagt werden. Keiner dieser in Art. 2 des Vertrages abschließend aufgeführten Gründe lag vor. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts widersprach das Urteil des Bezirksgerichts Sch. nicht der deutschen öffentlichen Ordnung (Art. 2 Nr. 1 des Vertrages).

b) Abzustellen ist dabei nicht auf den nationalen ordre public, den die deutschen Gerichte bei eigener Anwendung ausländischen Rechts zu beachten haben, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international (BGHZ 98, 70, 73 f.; 118, 312, 328 f.). Mit diesem ist ein ausländisches Urteil nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter - hätte er den Prozeß entschieden - aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, daß es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint (BGHZ 118, 312, 330; 123, 268, 270). Dabei kommt es, anders als die Revisionserwiderung meint, nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Börsentermingeschäfte und auch nicht auf den des Erlasses des österreichischen Urteils, sondern auf den Zeitpunkt an, in dem über dessen Vollstreckbarkeit zu entscheiden ist (BGHZ 30, 89, 97; 52, 184, 192; BGH, Urteil vom 11. April 1979 - IV ZR 93/78, NJW 1980, 529, 531).

aa) In den Jahren 1992 und 1993, als das Landgericht über den Widerspruch des Klägers zu befinden hatte, hätte ein deutscher Richter eine Klage der Volksbank Sch. auf Ausgleich des Debetsaldos, der aus Devisen- und Warentermingeschäften des Klägers resultierte, abweisen müssen (§ 61 BörsG n.F.). Die Geschäfte waren nach deutschem Recht nicht verbindlich, da sie dem Termin- und dem Differenzeinwand unterlagen (§§ 53, 58 BörsG n.F., §§ 764, 762 BGB). Der Kläger, der die zum Abschluß der Börsentermingeschäfte erforderlichen Erklärungen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in München, seinem Wohnort, abgegeben hat, war nicht termingeschäftsfähig, da er kein Kaufmann war und ein den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG n.F. genügendes Informationsblatt nicht unterzeichnet hatte.

bb) Der Termin- und der Differenzeinwand nicht termingeschäftsfähiger Inländer gehören nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum deutschen ordre public (BGH, Urteil vom 4. Juni 1975 - VIII ZR 232/73, WM 1975, 676, 677; BGH, Urteil vom 12. Juni 1978 - II ZR 48/77, WM 1978, 1203, 1204 f.; BGH, Urteil vom 25. Mai 1981 - II ZR 172/80, WM 1981, 758 f.; BGH, Urteil vom 15. Juni 1987 - II ZR 124/86, WM 1987, 1153, 1154). Diese Rechtsprechung, die aus der Zeit vor Inkrafttreten der Börsengesetznovelle 1989 stammt, ist darauf gestützt worden, daß die §§ 52 bis 60 BörsG a.F. auch dann Anwendung fanden, wenn Börsentermingeschäfte im Ausland geschlossen worden oder zu erfüllen waren (§ 61 BörsG a.F.). Daraus wurde entnommen, daß es sich bei den Vorschriften über den Termin- und den Differenzeinwand um Schutzgesetze handele, die der Ordnung des deutschen innerstaatlichen Soziallebens dienten. Um dieser Wertentscheidung des Gesetzgebers zur Durchsetzung zu verhelfen und um nicht termingeschäftsfähige Inländer nicht der wirtschaftlich gefährlichen Spekulation im Ausland anheimzugeben, wurde es für erforderlich gehalten, den Termin- und den Differenzeinwand auch bei der Anerkennung eines ausländischen Urteils zur Vollstreckung in Deutschland zu beachten.

cc) An dieser restriktiven Rechtsprechung kann nach Änderung der §§ 53, 58 und 61 BörsG durch die Börsengesetznovelle 1989 nicht mehr festgehalten werden.

(1) Nach § 53 Abs. 2 BörsG n.F. erlangt jeder private Anleger durch Unterzeichnung eines den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Informationsblattes eines Kaufmanns, der der Banken- oder Börsenaufsicht unterliegt, die Termingeschäftsfähigkeit. Die Unterzeichnung bewirkt, daß der Termin- und der Differenzeinwand ausgeschlossen sind. Das gilt nach § 58 BörsG n.F. auch für den Differenzeinwand bei im Ausland abgeschlossenen Börsentermingeschäften.

Aus der Neufassung des § 58 BörsG hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 26. Februar 1991 (XI ZR 399/89, WM 1991, 576, 577) deshalb entnommen, daß der Differenzeinwand bei Börsentermingeschäften zwischen termingeschäftsfähigen Partnern nicht mehr zum deutschen ordre public international gehört. Für den Termin- und den Differenzeinwand kann nach §§ 53 Abs. 2 und 58 BörsG n.F. auch bei nicht termingeschäftsfähigen Anlegern nichts anderes gelten, wenn sie in Bezug auf Börsentermingeschäfte nicht aufklärungsbedürftig waren.

(2) Die in § 53 Abs. 2 BörsG n.F. geregelte Termingeschäftsfähigkeit privater Anleger kraft Information beruht auf einem grundlegenden Wandel der Ziele und der Ansichten des Gesetzgebers über die Schutzbedürftigkeit privater Anleger bei Börsentermingeschäften (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 1991 - XI ZR 349/89, WM 1991, 576, 577). Während es ihm früher darum ging, die Teilnahme nicht kaufmännischer Anleger an spekulativen Termin- und Differenzgeschäften im In- und Ausland zu erschweren und sie vor Verlusten daraus möglichst zu schützen, will die Börsengesetznovelle 1989 im Interesse eines leistungsstarken und wettbewerbsfähigen deutschen Finanzterminmarktes privaten Anlegern die Börsenterminspekulation ermöglichen (Begründung des Entwurfs der Börsengesetznovelle 2989, BT-Drs. 11/4177 S. 9). Der notwendige, zweistufig ausgestaltete Anlegerschutz soll durch Information insbesondere über die Risiken von Börsentermingeschäften gewährleistet werden. Zur Herbeiführung der Termingeschäftsfähigkeit und der Verbindlichkeit von Termingeschäften ist auf einer ersten Stufe lediglich eine standardisierte schriftliche Information insbesöndere über die Risiken von Börsentermingeschäften erforderlich. Ein durch die individuellen Verhältnisse des Anlegers oder durch die Eigenarten der beabsichtigten Geschäfte bedingter zusätzlicher Informationsbedarf wird auf einer zweiten Stufe durch (vor-)vertragliche zusätzliche Aufklärungspflichten sichergestellt (BGHZ 133, 82, 86).

§ 53 Abs. 2 BörsG n.F. gewährleistet danach nur noch einen Mindestschutz uninformierter privater Kunden. Sachkundige Anleger, die bei Börsentermingeschäften eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen können, werden vom Gesetzgeber nicht mehr als schutzbedürftig angesehen. Bei ihnen ist die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Information eine bloße Formalität im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Nichts spricht dafür, die Einhaltung dieser Formalität, von der der Termin- und der Differenzeinwand abhängen, bei ausreichend vorinformierten Anlegern zu den elementaren Grundlagen der deutschen Rechtsordnung zu zählen (vgl. Seeberg ZIP 1992, 600, 603 f.; de Lousanoff, Festschrift für Nirk S. 607, 632; a.A. Baumbach/Hopt, HGB 29. Aufl. § 61 BörsG Rdn. 5; Henssler ZHR 153 (1989), 611, 638 f.; Koller EWiR 1991, 559, 560; s. auch Schwark, BörsG 2. Aufl. § 61 Rdn. 27; Horn ZIP 1990, 2, 15).

(3) Das gilt auch unter Berücksichtigung des § 61 BörsG n.F.. Daß gegen einen nicht termingeschäftsfähigen Inländer danach unter bestimmten Voraussetzungen ohne Rücksicht auf das anzuwendende Recht keine weitergehenden Ansprüche als nach deutschem Recht geltend gemacht werden können, ändert nichts. § 61 BörsG n.F., der entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung keine Spezialregelung zum deutsch-österreichischen Vertrag enthält, regelt die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile nicht (Schwark, BörsG 2. Aufl. § 61 Rdn. 27) und gehört bei nicht aufklärungsbedürftigen Spekulanten auch nicht zum deutschen ordre public international. Er schützt nicht termingeschäftsfähige Inländer nur für den Fall, daß die Willenserklärung zum Abschluß eines Börsentermingeschäfts in Deutschland abgegeben worden ist. Wenn der Anleger zur Abgabe der Erklärung ins (benachbarte) Ausland fährt, greift § 61 BörsG n.F. - anders als § 61 BörsG a.F. - nicht ein. Angesichts des beschränkten Schutzbereichs des § 61 BörsG n.F. kann bei einem sachkundigen und damit nicht schutzbedürftigen Anleger keine Rede davon sein, daß die Nichtberücksichtigung des Termin- und des Differenzeinwands bei einem Termingeschäft, das auf einer in Deutschland abgegebenen Willenserklärung beruht, anders als bei einem im Ausland abgeschlossenen nach deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen zu einem untragbaren Ergebnis führt.

(4) Das gilt auch dann, wenn das Termingeschäft nicht Devisen oder Edelmetalle, sondern andere Waren zum Gegenstand hat. Zwar konnte die Termingeschäftsfähigkeit privater Anleger durch Vorlage und Unterzeichnung eines Informationsblattes in den Jahren 1992 und 1993 für solche Warentermingeschäfte nicht hergestellt werden. § 53 Abs. 3 BörsG ist erst durch Art. 2 Nr. 27 b des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 26. Juli 1994 (BGBl. I, S. 1749) gestrichen worden. Dies ist für die Reichweite des deutschen ordre public international aber nicht von wesentlicher Bedeutung. Sachkundige private Anleger waren auch schon vorher bei Termingeschäften, die nicht Edelmetalle, sondern andere Waren betrafen, nicht so schutzbedürftig, daß die Nichtberücksichtigung des Termin- und des Differenzeinwands nach deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen zu einem untragbaren Ergebnis führte (Schwark, BörsG 2. Aufl. § 62 Rdn. 27). Das Risiko geht bei Termingeschäften nicht von bestimmten Waren aus. Ansetzen muß ein wirksamer Anlegerschutz vielmehr bei allen Warentermingeschäften bei der Pflicht zur Aufklärung uninformierter Anleger (Samtleben IPRax 1992, 362, 364 f.).

c) Das vom Bezirksgericht Sch. erlassene Urteil verstößt nach diesen Grundsätzen nicht gegen den deutschen ordre public international. Nach den Feststellungen des Bezirksgerichts, von denen im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren auszugehen ist (BGH, Urteil vom 11. April 1979 - IV ZR 93/78, NJW 1980, 529, 531; MünchKommZPO-Gottwald § 328 Rdn. 84), war der Kläger in Bezug auf Börsentermingeschäfte nicht aufklärungsbedürftig. Er ist gegenüber der Volksbank als wohlinformierter Fachmann aufgetreten und hat dem Gericht den Eindruck vermittelt, daß er über umfangreiches Fachwissen verfügt. Einem solchen Anleger vermag ein den Anforderungen des § 53 Abs. 2 BörsG n.F. entsprechendes Informationsblatt keine neuen Kenntnisse zu verschaffen. Für ihn stellte die Aushändigung und Unterzeichnung eines solchen Blattes eine bloße Formalität dar. Die Nichtberücksichtigung des Termin- und des Differenzeinwands widerspricht daher den deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen im Ergebnis nicht in besonders schwerwiegender Weise und hindert die Vollstreckbarerklärung des Urteils des Bezirksgerichts Sch. nicht. Das gilt auch, soweit das Urteil nicht Termingeschäfte in Devisen oder Edelmetallen, sondern in anderen Waren betrifft.

d) Ein rechtzeitig eingelegter Widerspruch des Klägers hätte deshalb keinen Erfolg haben können. Ihm ist durch die Versäumung der Widerspruchsfrist kein Schaden entstanden.

III.

Auf die Revision des Beklagten war das Berufungsurteil daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO). Da es weiterer Feststellungen nicht bedurfte, war in der Sache selbst zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.

Ende der Entscheidung

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