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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: XI ZR 44/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 607
BGB § 273
BGB §§ 607, 273

Gegenüber dem Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens kann der Schuldner die Einrede der Wechselhingabe nicht erheben, wenn alle in Betracht kommenden Wechsel- und Wechselbereicherungsansprüche gegen ihn verjährt sind.

BGH, Urteil vom 7. November 2000 - XI ZR 44/00 - OLG Celle LG Stade


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 44/00

Verkündet am: 7. November 2000

Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Siol, Dr. van Gelder, Dr. Müller und Dr. Joeres

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Januar 2000 aufgehoben.

Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Juli 1999 wird aufrechterhalten.

Der Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, der im Wechselprozeß gegen den Beklagten ein Vorbehaltsurteil auf Zahlung der Wechselsumme zuzüglich Nebenforderungen erwirkt hat, macht im Nachverfahren hilfsweise eine dem Wechsel zugrundeliegende Darlehensforderung geltend.

Der Kläger stellte am 14. Juli 1992 einen Wechsel über 72.000 DM an eigene Order aus, der eine Unterschrift mit dem Namen des Beklagten als Akzeptanten aufweist. Der Wechsel ging nach Fälligkeit zu Protest. Zur Zeit ist er unauffindbar.

Der Kläger hat vorgetragen: Bei dem Wechsel handele es sich um die Prolongation eines von ihm früher ausgestellten und unstreitig vom Beklagten am 17. Juni 1991 angenommenen Wechsels über 127.236 DM, dem eine Darlehensforderung zugrunde liege. Er habe - auch das ist unstreitig - dem Beklagten im Juni 1991 einen Betrag in dieser Höhe überwiesen.

Der Beklagte hat demgegenüber behauptet, er habe den streitigen, vom Kläger am 14. Juli 1992 ausgestellten Wechsel nicht angenommen, seine darauf befindliche Unterschrift sei gefälscht. Dem von ihm am 17. Juni 1991 angenommenen Wechsel liege keine Forderung zugrunde, vielmehr handele es sich dabei um die Teilprolongation eines früheren Wechsels.

Das Landgericht hat das Vorbehaltsurteil bis auf einen Teil der geltend gemachten Zinsen und die Wechselnebenkosten für vorbehaltlos erklärt. Es hat wechselrechtliche Ansprüche verneint, aber einen Anspruch des Klägers auf Rückzahlung eines Darlehens bejaht, das dem Wechsel vom 14. Juli 1992 zugrunde liege. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten durch Versäumnisurteil vom 28. Juli 1999 zurückgewiesen. Nach Einspruch des Beklagten hat es dieses Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen in der Berufungsinstanz gestellten Antrag weiter, die im Versäumnisurteil getroffene Entscheidung aufrechtzuerhalten.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist begründet, sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Aufrechterhaltung des vom Berufungsgericht gegen den Beklagten erlassenen Versäumnisurteils.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung im wesentlichen ausgeführt:

Wechselrechtliche Ansprüche des Klägers bestünden nicht, da er den Beweis der Echtheit des Wechselakzepts nicht erbracht habe. Der Kläger habe allerdings einen Anspruch auf Rückzahlung des dem Beklagten am 18. Juni 1991 gewährten, dem Wechsel vom 14. Juli 1992 zugrunde liegenden Darlehens. Dieser Anspruch sei aber noch nicht fällig. Die Darlehensforderung sei wegen Nichterledigung des Wechsels gestundet. Übernehme der Schuldner zur Befriedigung des Gläubigers - wie hier der Beklagte durch die Hingabe des Wechsels an den Kläger - eine neue Verbindlichkeit, so sei im Zweifel eine Leistung erfüllungshalber anzunehmen. Mit einer solchen Leistung sei in der Regel eine Stundung der ursprünglichen Darlehensforderung verbunden. Diese Stundung ende mit der Erfüllung oder dadurch, daß der Versuch der anderweitigen Befriedigung mißlinge. Solange der Wechsel nicht aus dem Verkehr gezogen sei und die Möglichkeit bestehe, daß der Beklagte daraus von einem Dritten, dem der Wechsel indossiert sein könne, in Anspruch genommen werde, könne kein Mißlingen des Versuchs einer anderweitigen Befriedigung festgestellt werden.

II.

Diese Begründung hält in einem wesentlichen Punkt rechtlicher Prüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Darlehensforderung des Klägers fällig.

1. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht Wechselansprüche des Klägers verneint, da dieser den ihm obliegenden Beweis für die Echtheit des Wechsels nicht erbracht habe. Hiergegen hat der Kläger in der Revisionsbegründung nichts - wie erforderlich gewesen wäre - vorgebracht.

2. Das Berufungsgericht ist auch rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger könne von dem Beklagten die Rückzahlung eines am 18. Juni 1991 gewährten Darlehens beanspruchen, das Grund für die unstreitige Annahme des Wechsels vom 17. Juni 1991 über 127.236 DM gewesen sei und für das nach dem Vorbringen des Klägers der streitige Prolongationswechsel in Höhe von 72.000 DM ausgestellt und vom Beklagten akzeptiert worden sei. Die Feststellung dieses Darlehensanspruchs wird vom Beklagten nicht beanstandet.

3. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Darlehensanspruch sei noch nicht fällig.

a) Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt: Ein Gläubiger, der - wie hier der Kläger - einen Wechsel erfüllungshalber in Zahlung genommen hat, ist verpflichtet, seine Befriedigung zunächst aus dem Wechsel zu suchen. Demgemäß kann der Schuldner gegenüber der Kausalforderung den der Stundung entsprechenden Einwand der Wechselhingabe erheben. Dieser Einwand entfällt allerdings, wenn der Versuch der Befriedigung aus dem Wechsel fehlschlägt. Dies ist dann der Fall, wenn der Wechsel nach Verfall ohne Erfolg zur Zahlung vorgelegt wird (BGHZ 96, 182, 193 m.w.Nachw.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der streitige Wechsel war am 14. August 1992 fällig und ist bei Vorlage am 17. August 1992 mangels Zahlung zu Protest gegangen. Damit ist die Befriedigung fehlgeschlagen und der Einwand der Wechselhingabe entfallen.

b) Allerdings kann auch dann, wenn der Einwand der Wechselhingabe nicht mehr besteht, der Gläubiger die Kausalforderung nicht ohne weiteres, sondern grundsätzlich nur Zug um Zug gegen Rückgabe des Wechsels oder Vorlage eines Ausschlußurteils geltend machen. Dadurch soll der Schuldner vor der Gefahr geschützt werden, außer wegen der Kausalforderung auch noch aus dem Wechsel in Anspruch genommen zu werden, etwa durch einen Dritten, dem der Wechsel indossiert wurde (BGH, Urteil vom 20. Dezember 1955 - I ZR 175/53, WM 1956, 188, 190; Hueck/Canaris, Recht der Wertpapiere 12. Aufl. S. 169, 173).

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts besteht hier diese Gefahr der doppelten Inanspruchnahme des Beklagten nicht; denn die Wechselklage des Klägers ist erfolglos geblieben und alle in Betracht kommenden Ansprüche eines Dritten als Wechselinhaber wären verjährt.

Wechselmäßige Ansprüche gegen den Beklagten als Annehmer des Wechsels waren bereits drei Jahre nach der am 14. August 1992 eingetretenen Fälligkeit des Wechsels verjährt (Art. 70 Abs. 1 WG). Durch die vom Kläger erhobene Wechselklage ist die Verjährung zugunsten eines etwaigen anderen Wechselgläubigers nicht unterbrochen worden (Baumbach/Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz 21. Aufl. Art. 71 WG Rdn. 1; Bülow, Wechselgesetz, Scheckgesetz, AGB 3. Aufl. Art. 71 WG Rdn. 1). Gegen den Beklagten kann auch nicht mit Erfolg ein Wechselbereicherungsanspruch aus Art. 89 Abs. 1 Satz 1 WG geltend gemacht werden (vgl. dazu Hueck/Canaris aaO S. 173). Ein solcher Anspruch wäre, wenn der Beklagte überhaupt als Schuldner einer Bereicherungsforderung in Betracht käme, drei Jahre nach dem Erlöschen der wechselmäßigen Verbindlichkeit verjährt (Art. 89 Abs. 1 Satz 2 WG), hier mithin am 14. August 1998. Die Einrede der Wechselrückgabe ist damit hinfällig geworden (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1956 aaO).

III.

Das Berufungsurteil war daher aufzuheben und, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), das Versäumnisurteil gegen den Beklagten wiederherzustellen.

Ende der Entscheidung

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