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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.03.1998
Aktenzeichen: XI ZR 59/97
Rechtsgebiete: RBerG, BGB


Vorschriften:

RBerG Art. 1 § 1
BGB § 134
BGB § 607
RBerG Art. 1 § 1; BGB §§ 134, 607

Verstößt ein Kreditvermittler gegen Art. 1 § 1 RBerG, so führt das grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit des von ihm vermittelten Kreditvertrags. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die kreditgebende Bank in einer Weise mit dem Kreditvermittler zusammenarbeitet, daß ihre Tätigkeit als Beteiligung an der unerlaubten Rechtsbesorgung gewertet werden muß.

BGH, Urteil vom 17. März 1998 - XI ZR 59/97 - OLG Schleswig LG Itzehoe


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 59/97

Verkündet am: 17. März 1998

Bartholomäus Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 1998 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Schramm, Dr. Siol, Dr. Bungeroth und Nobbe

für Recht erkannt:

I. Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden

1. das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Januar 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist,

2. das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 3. August 1994 erneut abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zutragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt, die Zwangsvollstreckung aus zwei notariellen Hypothekenbestellungsurkunden vom 8. März 1972 (über 150.000 DM nebst Zinsen und Nebenleistung) und vom 11. September 1980 (über 250.000 DM nebst Zinsen und Nebenleistung) für unzulässig zu erklären. Dem liegt, soweit die Urkunde von 1980 betroffen ist, folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war Eigentümer eines Hofes in F. Er hatte bereits im Jahre 1972 durch Vermittlung des W., Gesellschaft für die Vermittlung von Grundstücken, Hypotheken und Versicherungen mbH + Co. KG (im folgenden: W.) bei dem B. Kreditinstitut (im folgenden: B.), dem Rechtsvorgänger der Beklagten, einen Hypothekarkredit von 150.000 DM aufgenommen und nachfolgend bei verschiedenen anderen Kreditinstituten weitere Kredite erhalten.

Im Sommer 1980 geriet der Kläger mit der Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen in Schwierigkeiten. Er wandte sich deshalb erneut an den W. und ließ sich von ihm einen Kredit der BfG über 100.000 DM sowie einen weiteren Kredit des B. über 250.000 DM vermitteln. Der letztgenannte Kredit wurde überwiegend zur Ablösung anderer Verbindlichkeiten des Klägers verwandt. Zu seiner Absicherung bestellte der Kläger dem B. mit der notariellen Urkunde vom 11. September 1980 eine Gesamthypothek von 250.000 DM. Dieser Kredit wurde nach Ablauf der Zinsbindung im Jahre 1991 nach Verhandlungen, in die der Kläger einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatte, zu geänderten Konditionen verlängert.

Der Kläger hält den Darlehensvertrag aus dem Jahre 1980 insbesondere nach § 134 BGB in Verbindung mit Art. 1 § 1 RBerG für nichtig. Er behauptet, der W. habe für ihn eine Kreditumschuldungsvermittlung sowie eine umfassende Schuldenregulierung durchgeführt, und ist der Ansicht, darin liege ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG, an dem sich auch das B. beteiligt habe.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Zwangsvollstreckung sowohl aus der Urkunde von 1972 als auch aus der vom 11. September 1980 für unzulässig erklärt. Das Berufungsgericht hat die Klage hinsichtlich der Urkunde von 1972 abgewiesen, hinsichtlich der Urkunde vom 11. September 1980 dagegen das landgerichtliche Urteil aufrechterhalten. Gegen das Berufungsurteil haben beide Parteien Revision eingelegt, und zwar der Kläger mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils hinsichtlich der Urkunde von 1972 und die Beklagte mit dem Begehren, die Klage auch hinsichtlich der Urkunde vom 11. September 1980 abzuweisen. Der Senat hat die Revision des Klägers nicht angenommen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten hat Erfolg; sie führt zur Klageabweisung auch hinsichtlich der Urkunde vom 11. September 1980.

I.

Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom 11. September 1980 wegen Nichtbestehens der Darlehensforderung für unzulässig gehalten. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Der W. habe sich im Jahre 1980 nicht auf eine Kreditvermittlung beschränkt, sondern in umfassender Weise die Umschuldung und finanzielle Sanierung des Klägers betrieben. Darin liege eine unzulässige Rechtsbesorgung im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG. Dieser Gesetzesverstoß führe nach § 134 BGB zur Nichtigkeit nicht nur des Kreditvermittlungsvertrages zwischen dem Kläger und dem W., sondern auch des vom W. vermittelten Darlehensvertrages zwischen dem Kläger und dem B. Das ergebe sich aus dem engen Zusammenhang beider Verträge, der den Darlehensvertrag als wirtschaftliches Teilstück der unerlaubten Umschuldungsförderung erscheinen lasse. Dieser Zusammenhang sei zwar vom W. hergestellt worden. Wegen der ständigen Zusammenarbeit zwischen B. und W. auf der Grundlage einer Provisionsvereinbarung sei es jedoch gerechtfertigt, die Nichtigkeitsfolge des Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG auch auf den Darlehensvertrag zu erstrecken.

Die Nichtigkeit des Darlehensvertrages von 1980 sei durch den Verlängerungsvertrag vom August 1991 nicht geheilt worden. Der Verlängerungsvertrag könne nämlich nach seinem Inhalt und den Umständen seines Zustandekommens nicht als Bestätigung im Sinne des § 141 Abs. 1 BGB angesehen werden.

Da der Kläger inzwischen Leistungen erbracht habe, die die ausgezahlte Darlehensvaluta überstiegen, stünden der Beklagten auch keine Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, die eine Vollstreckung aus der Urkunde vom 11. September 1980 rechtfertigen könnten.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ein Verstoß des B. gegen Art. 1 § 1 RBerG liegt nicht vor. Der Darlehensvertrag aus dem Jahre 1980 war daher von Anfang an wirksam. Auf die Frage, ob er nicht zumindest durch den Verlängerungsvertrag vom August 1991 geheilt worden wäre, kommt es daher nicht an.

Der Senat kann die Frage offen lassen, ob die Tätigkeit des W. gegen Art. 1 § 1 RBerG verstieß. Auch wenn man davon ausginge, ergäbe sich daraus nicht die Nichtigkeit des hier interessierenden Darlehensvertrags.

1. Art. 1 § 1 RBerG enthält allerdings ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB mit der Folge, daß Geschäftsbesorgungsverträge, die eine unzulässige Rechtsbesorgung zum Gegenstand haben, nichtig sind (BGHZ 37, 258, 261 ff.). Verträge zwischen dem Auftraggeber und Dritten, die von dem unzulässig tätigen Rechtsbesorger vermittelt werden, bleiben davon jedoch in der Regel unberührt; sie sind grundsätzlich rechtswirksam. Ein enger Zusammenhang zwischen der unerlaubten Rechtsbesorgung und den durch sie zustande gebrachten Verträgen mit Dritten liegt in der Natur der Sache und vermag entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.

2. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Dritte, deren Verträge mit dem Auftraggeber von dem Rechtsbesorger vermittelt werden, in einer Weise mit diesem zusammenarbeiten, daß ihre Tätigkeit als Beteiligung an der unerlaubten Rechtsbesorgung angesehen werden muß. Der Bundesgerichtshof hat daher in sogenannten Unfallhilfefällen Darlehensverträge von Banken mit Unfallopfern für nichtig erklärt, bei denen die Darlehen gegen Abtretung aller Ersatzansprüche aus den Unfällen zur Finanzierung unfallbedingter Aufwendungen gewährt wurden und die Banken in organisiertem Zusammenwirken mit anderen Beteiligten (Mietwagenunternehmen, Rechtsanwälte) ein Verfahren betrieben, das auf die vollständige Entlastung der Geschädigten von der gesamten Schadensabwicklung hinauslief (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1975 - III ZR 31/73, WM 1976, 100; Urteil vom 29. Juni 1978 - III ZR 174/76, WM 1978, 1062).

Im vorliegenden Fall kann dagegen von einer Beteiligung des B. an einem etwaigen Verstoß des W. gegen Art. 1 § 1 RBerG keine Rede sein. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der von ihm gesehene enge Zusammenhang zwischen dem Kreditvermittlungsvertrag des W. und dem Darlehensvertrag des B. nicht vom B., sondern vom W. hergestellt worden ist.

Demgegenüber vermag auch die vom Berufungsgericht festgestellte ständige Zusammenarbeit zwischen W. und B. auf der Grundlage einer Provisionsvereinbarung für Kreditvermittlungen den Vorwurf der Beteiligung des B. an einer etwaigen unerlaubten Rechtsbesorgung des W. nicht zu begründen. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Beteiligung zu bejahen wäre, wenn die genannte Zusammenarbeit speziell auf Kreditvermittlungen im Rahmen gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoßender Umschuldungsaktionen gerichtet gewesen wäre. Dafür, daß dies der Fall gewesen sein könnte, hat das Berufungsgericht nichts festgestellt und ist auch sonst nichts ersichtlich.

III.

Das Berufungsurteil mußte daher aufgehoben werden. Da weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) und die Klage auch hinsichtlich der Urkunde vom 11. September 1980 abweisen.

Ende der Entscheidung

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