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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.11.2008
Aktenzeichen: XI ZR 590/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 398
Zur Frage, ob die Klausel eines von einem Kreditinstitut vorformulierten Globalzessionsvertrages, nach der u.a. Ansprüche aus Abtretungen gesichert werden, soweit das Kreditinstitut diese Ansprüche im Rahmen seiner bankmäßigen Geschäftsverbindung mit dem Kreditnehmer erwirbt, auch abgetretene Ansprüche aus Leasingverträgen erfasst.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 590/07

Verkündet am: 18. November 2008

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Grüneberg und Maihold

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 21. Juni 2007 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die klagende Sparkasse nimmt den beklagten Insolvenzverwalter über das Vermögen der S. GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin) im Wege einer Teilklage auf Auskehrung des Erlöses aus dem Einzug sicherungshalber abgetretener Forderungen in Anspruch.

Die Klägerin war die Hausbank der Insolvenzschuldnerin. Diese trat ihr am 27. Juni 2003 zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen aus ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung ihre Ansprüche aus Warenlieferungen und Leistungen gegen ihre Kunden ab. Die Globalzession sicherte auch Ansprüche gegen die Insolvenzschuldnerin aus Abtretungen, "soweit die Sparkasse diese Ansprüche im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung mit dem Kreditnehmer erwirbt".

Am 1. Dezember 2003 unterbreitete die Klägerin der Insolvenzschuldnerin auf deren Anfrage ein Leasing-Angebot. Die Insolvenzschuldnerin schloss daraufhin am 19. Februar 2004 mit der Streithelferin der Klägerin, der ... Leasinggesellschaft ... GmbH, die dabei von der Klägerin vertreten wurde, eine "Vereinbarung für sale-and-lease-back" eines Lagersystems. In Abschnitt E 1.6 der vereinbarten Allgemeinen Kauf- und Leasing-Bedingungen ist vorgesehen, dass die Klägerin die Geldforderungen aus dem Leasingvertrag kauft oder zugunsten des Leasinggebers eine Höchstbetragsbürgschaft übernimmt. Am 27. Februar 2004 erteilte die Streithelferin der Klägerin eine Abrechnung in Höhe von 61.314,70 € über den Verkauf der Leasingforderung. Darin nahm sie auf einen Kooperationsvertrag vom 1./17. Juli 1998 Bezug, in dem sie die Klägerin bevollmächtigt hatte, in ihrem Namen und für ihre Rechnung Leasingverträge abzuschließen. Der Vertrag sieht vor, dass die Klägerin das Bonitätsrisiko für den Leasingnehmer übernimmt und die Forderungen aus dem Leasingvertrag kauft.

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin im Jahre 2004 und der Kündigung des Leasingvertrages verwertete der Beklagte das Leasinggut und kehrte den Erlös in Höhe von 11.244,37 € an die Klägerin aus. Nach Verrechnung dieses Betrages, der von der Insolvenzschuldnerin geleisteten Leasingraten und angefallener Zinsen besteht noch eine Restforderung aus dem Leasingvertrag in Höhe von 54.643,59 €.

Die Klägerin ist der Auffassung, die ihr abgetretene Forderung aus dem Leasingvertrag werde vom Sicherungszweck der Globalzession vom 27. Juni 2003 umfasst, und nimmt den Beklagten mit einer Teilklage auf Auskehrung des Erlöses aus dem Einzug der abgetretenen Forderungen in Höhe von 20.000 € in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung gemäß §§ 50, 51 Nr. 1, 170 InsO.

Die Globalabtretung sichere die Ansprüche aus dem Leasingvertrag, die die Streithelferin der Klägerin verkauft und übertragen habe. Die Klägerin habe diese Forderungen, auch wenn Leasinggeschäfte nicht zu den Bankgeschäften i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 KWG gehörten, im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Insolvenzschuldnerin erworben. Sie habe dieser auf deren Nachfrage im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung das Leasing-Angebot vom 1. Dezember 2003 unterbreitet und den Leasingvertrag vom 19. Februar 2004 für die Streithelferin unterzeichnet. Ihre Mitwirkung am Abschluss dieses Vertrages sei für die Insolvenzschuldnerin offenkundig gewesen. Die in der Globalabtretung getroffene Zweckvereinbarung setze keinen unmittelbaren Bezug der gesicherten Forderung zu einem Kreditgeschäft voraus, sondern lasse einen Zusammenhang zwischen dem Grund des Forderungserwerbs und der Geschäftsverbindung mit dem Kunden ausreichen. Die Klägerin habe die Leasingforderung in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse, nicht in der Absicht erworben, der Streithelferin von ihr selbst nicht benötigte Sicherheiten zukommen zu lassen.

Der Beklagte habe den Leasingvertrag nicht wirksam gemäß § 123 Abs. 1 BGB angefochten. Er mache ohne Erfolg geltend, der Insolvenzschuldnerin sei bei Abschluss des Leasingvertrages die beabsichtigte Forderungsabtretung nicht offengelegt worden; wäre sie hierüber aufgeklärt worden, hätte sie den Leasingvertrag mit einem anderen Leasinggeber geschlossen, um ihre der Klägerin gestellten Sicherheiten nicht zu belasten und nicht von einem einzigen Finanzierungsgläubiger abhängig zu werden. Eine Täuschung durch positives Tun mache der Beklagte nicht geltend. Die Klägerin habe auch keine Aufklärungspflicht verletzt. In Abschnitt E 1.6 der Allgemeinen Kauf- und Leasing-Bedingungen des Leasingvertrages werde auf einen möglichen Forderungskauf durch die Klägerin ausdrücklich hingewiesen.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch gemäß §§ 50 Abs. 1, 51 Nr. 1, 170 Abs. 1 Satz 2 InsO auf Zahlung von 20.000 DM.

1. Die vom Beklagten verwerteten Forderungen sind der Klägerin durch die Globalzession vom 27. Juni 2003 abgetreten worden. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen von der Wirksamkeit dieser Abtretung ausgegangen. Die Voraussetzungen einer Insolvenzanfechtung gemäß §§ 129 ff. InsO (vgl. BGHZ 174, 297, 300 ff. Tz. 14 ff.; BGH, Urteile vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, WM 2008, 1442, 1444 Tz. 21 und vom 26. Juni 2008 - IX ZR 144/05, WM 2008, 1512, 1513 Tz. 17) sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und vom Beklagten nicht vorgetragen worden.

2. Die Globalzession diente nach dem vereinbarten weiten Sicherungszweck zur Sicherung aller Ansprüche der Klägerin gegen die Insolvenzschuldnerin aus ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung, darunter auch der Ansprüche aus Abtretungen, soweit die Klägerin diese Ansprüche im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Insolvenzschuldnerin erworben hat. Hierunter fallen, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, auch die der Klägerin abgetretenen Ansprüche aus dem Leasingvertrag vom 19. Februar 2004.

a) Als Geschäftsverbindung wird die tatsächliche Beziehung zwischen dem Kunden und dem Kreditinstitut angesehen, die auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäftsvorfällen angelegt ist (Senat, Urteil vom 13. März 2007 - XI ZR 383/06, WM 2007, 874, 875 Tz. 16, m.w.Nachw.). Ein Forderungserwerb kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung auch dann der bankmäßigen Geschäftsverbindung zugerechnet werden, wenn eine Bank Ansprüche gegen einen Kunden durch Abtretung erwirbt (Senat, Urteile vom 5. April 2005 - XI ZR 167/04, WM 2005, 1076, 1078 und vom 13. März 2007 - XI ZR 383/06, WM 2007, 874, 875 Tz. 16, jeweils m.w.Nachw.). Dies gilt insbesondere, wenn ein Unternehmen, das für eine Bank Leasinggeschäfte betreibt, die von der Bank refinanziert werden, dieser die Ansprüche gegen die Leasingnehmer abtritt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1980 - VIII ZR 307/79, WM 1981, 162). Anders liegt es allerdings, wenn die Abtretung rechtsmissbräuchlich zu dem Zweck erfolgt, dem Zedenten Deckung aus den von der Bank nicht voll benötigten Sicherheiten zu verschaffen (BGH, Urteile vom 31. Januar 1983 - II ZR 24/82, WM 1983, 537, 538 und vom 28. April 1987 - VI ZR 1 + 43/86, WM 1987, 834, 835; Senat, Urteil vom 13. März 2007 - XI ZR 383/06, WM 2007, 874, 875 f. Tz. 16).

b) Gemessen hieran sichert die Globalzession die Ansprüche aus dem Leasingvertrag, weil die Klägerin sie durch Abtretung im Rahmen ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Insolvenzschuldnerin erworben hat.

aa) Der Forderungserwerb ist darauf zurückzuführen, dass die Insolvenzschuldnerin sich wegen des Abschlusses eines Leasingvertrages im Rahmen ihrer Geschäftsverbindung an die Klägerin als ihre Hausbank wandte und diese mit ihr den Leasingvertrag vom 19. Februar 2004 schloss. Die Klägerin handelte dabei zwar nicht in eigenem Namen, sondern namens und für Rechnung der Streithelferin. Diese Vorgehensweise beruhte aber auf dem Kooperationsvertrag vom 1./17. Juli 1998, der ausweislich des Prologs die Unterstützung der Sparkassen, darunter der Klägerin, durch die Streithelferin in ihren Geschäftsverbindungen zu Gewerbekunden wie der Insolvenzschuldnerin regelte und die Marktführerschaft der Sparkassen im Bereich der Gewerbekunden auf das Finanzierungsleasing ausdehnen und absichern sollte. Der Vertrag sah die Übernahme des Bonitätsrisikos für die Leasingnehmer und den Kauf der gegen sie gerichteten Forderungen durch die Klägerin vor. Die Einschaltung der Streithelferin und der Vertragsschluss in ihrem Namen hatten somit unmittelbaren Bezug zu der Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin und dienten der Unterstützung der Klägerin in dieser Geschäftsverbindung.

Die enge Zusammenarbeit der Klägerin und der Streithelferin war für die Insolvenzschuldnerin offenkundig. Sie trat bei Vertragsschluss nicht mit der Streithelferin, sondern nur mit der Klägerin in Kontakt. Diese empfahl ihr die Streithelferin als Vertragspartnerin und unterzeichnete für diese den Leasingvertrag. In diesem Vertrag wird auf die Möglichkeit der Refinanzierung und der Abtretung der Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin an die Klägerin ausdrücklich hingewiesen.

Angesichts dieser Umstände ist der Forderungserwerb im Rahmen der bankmäßigen Geschäftsverbindung zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin erfolgt. Auf eine ausdrückliche Veranlassung oder Beauftragung der Klägerin durch die Insolvenzschuldnerin mit dem Erwerb der Forderung kommt es entgegen der Auffassung der Revision nicht an. Die Revision beruft sich in diesem Zusammenhang auch ohne Erfolg auf die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB. Die in der Globalabtretung getroffene Sicherungsabrede stellt eindeutig nicht auf Abtretungen auf Veranlassung der Insolvenzschuldnerin, sondern auf Abtretungen im Rahmen der bankmäßigen Geschäftsverbindung mit der Insolvenzschuldnerin ab.

bb) Der Forderungserwerb ist nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Der Kooperationsvertrag vom 1./17. Juli 1998 hatte, anders als die Revision meint, nicht den Sinn, Ansprüche der Streithelferin unter den Schutz der Globalzession zu bringen, um der Streithelferin den Verzicht auf eigene Sicherheiten zu ermöglichen. Der Kooperationsvertrag diente, wie dargelegt, eigenen Interessen der Klägerin und sollte ihre Marktposition im Bereich der Gewerbekunden stärken. Im Rahmen dieser Zielsetzung hat die Klägerin das Bonitätsrisiko für die Insolvenzschuldnerin übernommen und die gegen sie gerichtete Forderung erworben. Einen Anhaltspunkt für die Absicht der Klägerin, Ansprüche der Streithelferin in deren Interesse dem Schutz der Globalzession zu unterstellen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und der Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen.

3. Der Beklagte hat den Leasingvertrag vom 19. Februar 2004 nicht wirksam angefochten.

a) Einen Anfechtungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen verneint. Angesichts des ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit der Forderungsabtretung in dem Leasingvertrag kann von einer arglistigen Täuschung über die Abtretung oder eine diesbezügliche Aufklärungspflichtverletzung keine Rede sein.

b) Entgegen der Auffassung der Revision befand sich die Insolvenzschuldnerin bei Abschluss des Leasingvertrages auch nicht in einem Inhaltsirrtum i.S. des § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB. Ein solcher Irrtum liegt vor, wenn der Erklärende seiner Äußerung einen anderen Sinn beimisst als ihr objektiv zukommt, d.h. wenn der Wille und die Vorstellung des Erklärenden über das Erklärte und die rechtlich maßgebliche Bedeutung des Erklärten auseinander fallen (BGH, Urteil vom 8. Mai 1980 - IVa ZR 48/80, WM 1980, 875, 876; Erman/H. Palm, BGB 12. Aufl. § 119 Rdn. 34; Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB 67. Aufl. § 119 Rdn. 11).

Dies hat der Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Er hat in den Tatsacheninstanzen lediglich vorgetragen, die Insolvenzschuldnerin hätte den Leasingvertrag mit der Streithelferin nicht abgeschlossen, wenn sie von der beabsichtigten Abtretung an die Klägerin gewusst hätte. Sie habe eine Finanzierung außerhalb des Sparkassenverbandes angestrebt, um nicht von einem einzigen Finanzierungsgläubiger ausschließlich abhängig zu sein. Der damit behauptete Irrtum der Insolvenzschuldnerin darüber, dass die Klageforderung an die Klägerin abgetreten werde und dort ihre Sicherheiten belaste, ist kein Irrtum über den Inhalt und die Bedeutung ihrer Willenserklärung, die zum Abschluss des Leasingvertrages geführt hat. Die Abtretung der Forderung aus dem Leasingvertrag ist nicht Gegenstand des Leasingvertrages zwischen der Klägerin und der Insolvenzschuldnerin, sondern beruht auf einem Vertrag zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin. Die - unterstellte - Annahme der Insolvenzschuldnerin, eine solche Abtretung werde nicht erfolgen, kann lediglich ein Beweggrund für den Abschluss des Leasingvertrages gewesen sein. Ein solcher Motivirrtum begründet aber kein Anfechtungsrecht gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB (Palandt/Heinrichs/Ellenberger, BGB 67. Aufl. § 119 Rdn. 29).

III.

Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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