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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.11.2005
Aktenzeichen: XI ZR 76/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276 Fb
BGB § 826 Ga
Wenn eine Wertpapierhandelsbank Optionsgeschäfte vermittelt, bei denen hohe Aufschläge auf die Börsenpreise eine realistische Gewinnchance des Anlegers von vornherein ausschließen, unterliegt sie wie die außerhalb des Bankgewerbes stehenden gewerblichen Vermittler solcher Geschäfte einer gesteigerten schriftlichen Aufklärungspflicht.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

XI ZR 76/05

Verkündet am: 22. November 2005

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 11. Februar 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit der Vermittlung von Börsentermingeschäften.

Die 1996 als Aktiengesellschaft gegründete Beklagte zu 1), deren Vorstandsvorsitzender der Beklagte zu 2) ist, betreibt eine Wertpapierhandelsbank, die über die nach § 32 KWG erforderliche Erlaubnis zur Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen und für fremde Rechnung (Finanzkommissionsgeschäft) nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG verfügt. Der zum damaligen Zeitpunkt 41 Jahre alte Kläger, ein Techniker, mit einem jährlichen Nettoeinkommen von ca. 80.000 DM meldete sich am 5. Juni 1999 aufgrund einer Fernsehwerbung bei der Beklagten zu 1), die ihm wunschgemäß die Vertragsunterlagen bestehend aus einem 35 Seiten umfassenden Hochglanzprospekt mit dem Titel "Der spekulative Handel mit Optionen", den Kontoeröffnungsunterlagen mit einem "Know your Customer"-Formblatt und den "Wichtigen Informationen über Verlustrisiken bei Optionsgeschäften" übermittelte. Am 31. Januar 2001 kam es zu einem Telefonat des Klägers mit dem Mitarbeiter S. der mit dem Vertrieb der Dienstleistungen der Beklagten zu 1) beauftragten M. Finanz, dessen Dauer und Inhalt zwischen den Parteien streitig ist.

Unter telefonischer Anleitung von S. füllte der Kläger das Formblatt "Know your Customer" aus. Dabei gab er an, bisher nur Geschäfte mit Aktien, Investmentfonds und Optionsscheinen getätigt zu haben, jedoch keine Börsentermingeschäfte, insofern verfüge er lediglich über Grundkenntnisse. Gleichzeitig mit dem von ihm ausgefüllten Formblatt übermittelte der Kläger der Beklagten zu 1) das von ihm unterzeichnete Merkblatt "Wichtige Informationen über Verlustrisiken bei Börsentermin- und Warentermingeschäften".

Der Kläger leistete auf sein Konto bei der Beklagten zu 1) umgerechnet 90.899,38 €. Von den eingezahlten Beträgen wurden von der Beklagten zu 1) sofort 4,9% Agio abgezogen. Bis zum 6. April 2001 erteilte der Kläger 17 Kaufaufträge mit einem Volumen von 212 Optionskontrakten. Für jeden dieser Kontrakte berechnete die Beklagte zu 1) eine "Round-Turn"-Kommission von 80 US-Dollar und blieb damit 40 US-Dollar unter der im Prospekt angegebenen Gebühr von 120 US-Dollar. Darüber hinaus hatte der Kläger eine Gewinnbeteiligung von 20% zu zahlen. In der Regel kam es jedoch nicht zu Gewinnen, sondern fast ausschließlich zu Verlusten. Nach Beendigung der Geschäftsverbindung erhielt der Kläger von der Beklagten zu 1) 24.708,11 € zurück. Den Differenzbetrag von 66.191,27 € zum eingezahlten Kapital zuzüglich Zinsen macht er mit der Klage geltend.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebten die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe gegen die Beklagte zu 1) einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) und gegen den Beklagten zu 2) wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung aus § 826 BGB. Die Beklagte zu 1) habe ihre gegenüber dem Kläger bestehende Aufklärungspflicht über die mit den getätigten Optionsgeschäften verbundenen Risiken verletzt. Hierdurch sei dem Kläger ein Schaden in der geltend gemachten Höhe entstanden.

Die einem gewerblichen Vermittler von Terminoptionsgeschäften obliegende schriftliche Aufklärung über den Umfang des Verlustrisikos und die Verringerung der Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie habe die Beklagte zu 1) nicht erfüllt. Zwar könne eine Bank bei einem banküblichen Effektenhandel ihre Aufklärungspflicht auch mündlich erfüllen. Die Beklagte zu 1) sei aber keine Vollbank, sondern lediglich eine Wertpapierhandelsbank, deren Verhalten dem eines gewerblichen Vermittlers von Termindirekt- und Optionsgeschäften gleiche. Die Beklagte zu 1) habe durch telefonische Berater ihre Finanzinstrumente verkauft und so hohe Aufschläge auf die Optionsprämie verlangt, dass für den Kunden eine Gewinnchance praktisch ausgeschlossen gewesen sei. Dass die Beklagte zu 1) statt der prospektierten Gebühr von 120 US-Dollar lediglich eine solche von 80 US-Dollar berechnet habe, habe die Gewinnchancen nicht nennenswert erhöht, sondern sei zusätzlich geeignet gewesen, dem Kläger den Eindruck zu vermitteln, das Risiko sei durch die geringere Gebühr nicht so hoch wie in dem Prospekt angegeben. Bei den verlangten Gebühren könne nicht von geringfügigen Aufschlägen gesprochen werden, die keinen nennenswerten Einfluss auf die Gewinnchancen des Anlegers gehabt hätten. Allein die "Round-Turn"-Gebühren hätten im Streitfall etwa 20% der Optionsprämie betragen. Dabei seien das Agio in Höhe von 4,9% und die zwanzigprozentige Gewinnbeteiligung noch nicht einmal berücksichtigt.

Aufgrund der Angaben des Klägers im Fragebogen "Know your Customer" über sein Wissen und sein bisheriges Anlageverhalten habe der von der Beklagten zu 1) eingeschaltete Vermittler auch von einem in Optionsgeschäften unerfahrenen Kunden ausgehen müssen, der unmissverständlich über die besonderen Risiken der vermittelten Geschäfte habe aufgeklärt werden müssen. Dabei könne dahinstehen, ob der Vermittler den Kläger mündlich aufgeklärt habe, denn eine solche Aufklärung könne die schriftliche nicht ersetzen. Die Broschüre "Der spekulative Handel mit Optionen" stelle keine ausreichende schriftliche Aufklärung dar. Sie enthalte zwar eine Reihe von Risikohinweisen. Aber durch die Gestaltung, Aufmachung und den sonstigen Inhalt der Broschüre werde die warnende Wirkung der aufklärenden Hinweise wieder weitgehend entwertet mit der Folge, dass hierdurch die erteilte Information insgesamt ihre notwendige Funktion als schriftliche Aufklärung über die Risiken des Waren- und Börsenterminhandels verliere.

Der Beklagte zu 2) hafte dem Kläger aus § 826 BGB für den eingetretenen Vermögensschaden. Er sei als Vorstandsmitglied dafür verantwortlich, dass die Kunden der Beklagten zu 1) entsprechend den rechtlichen Grundsätzen über die mit den Börsentermingeschäften verbundenen Risiken aufgeklärt würden. Der Umstand, dass sich der Beklagte zu 2) nach seinem Vortrag bei der Erstellung der Broschüre der Formulierungen des Rechtsanwalts P. bedient habe, ändere an seiner Haftung nichts. Ein derartiges Verhalten sei als durchaus ambivalent zu werten. Der Beklagte zu 2) habe keineswegs das Ziel haben müssen, die Anleger sachgerecht aufzuklären. Er könne ebenso gut die Absicht gehabt haben, Haftungsrisiken zu verringern, ohne die Anleger sachgerecht aufzuklären. Dafür spreche die insgesamt mangelhafte Risikoaufklärung in der Broschüre. Diese sei auf Vernebelung des wahren Sachverhalts - der praktischen Chancenlosigkeit des Anlegers - angelegt. Um diese habe der Beklagte zu 2) kraft seiner Erfahrung gewusst und nichts unternommen, den Anlegern diese Kenntnisse hinreichend, also ungeschminkt, zu vermitteln.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet war, den Kläger schriftlich über die besonderen Risiken der getätigten Geschäfte aufzuklären und dass sie diese Pflicht verletzt hat.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionsgeschäften verpflichtet, Kaufinteressenten vor Vertragsschluss schriftlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form die Kenntnisse zu vermitteln, die sie in die Lage versetzen, den Umfang ihres Verlustrisikos und die Verringerung ihrer Gewinnchance durch den Aufschlag auf die Optionsprämie richtig einzuschätzen. Dazu gehört neben der Bekanntgabe der Höhe der Optionsprämie auch die Aufklärung über die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäfts und die Bedeutung der Prämie sowie ihr Einfluss auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko. So muss darauf hingewiesen werden, dass die Prämie den Rahmen eines vom Markt noch als vertretbar angesehenen Risikobereichs kennzeichnet und ihre Höhe den noch als realistisch angesehenen, wenn auch weitgehend spekulativen Kurserwartungen des Börsenfachhandels entspricht. Ferner ist darzulegen, ob und in welcher Höhe ein Aufschlag auf die Prämie erhoben wird, und dass ein solcher Aufschlag die Gewinnerwartung verschlechtert, weil ein höherer Kursausschlag als der vom Börsenfachhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen. In diesem Zusammenhang ist unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass höhere Aufschläge vor allem Anleger, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit nach im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Die Aussagekraft dieses Hinweises darf weder durch Beschönigung noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (st.Rspr. Senatsurteile BGHZ 124, 151, 154 f. und vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1446, vom 1. April 2003 - XI ZR 385/02, WM 2003, 975, 976 f., vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2243 und vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und XI ZR 279/03, WM 2005, 28, 29).

b) Diesen Anforderungen genügt der Prospekt "Der spekulative Handel mit Optionen" der Beklagten nicht. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist maßgebend, wie die Broschüre insgesamt auf den unbefangenen, mit den besonderen Risiken von Optionsgeschäften nicht vertrauten Leser wirkt, wenn er vor der Frage steht, ob er die ihm von der Beklagten empfohlenen Optionen erwerben soll oder nicht.

(1) Diese Gesamtschau ergibt, dass die warnende Wirkung der Hinweise auf den Seiten 3 bis 5 der Broschüre durch Gestaltung, Aufmachung und den sonstigen Inhalt der Broschüre wieder weitgehend entwertet wird.

Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Beklagte zu 1) bereits im Ausgangspunkt über die Höhe der von ihr erhobenen Aufschläge in der Broschüre widersprüchlich informiert. Denn die Beklagte zu 1) berechnet das Agio von 4,9%, anders als auf Seite 3 dargestellt, nicht auf das zur Optionsspekulation zur Verfügung gestellte Kapital, sondern ausweislich Seite 18 der Broschüre auf die Summe aus Optionsprämie und Geschäftsbesorgungsgebühr. Damit wird verschleiert, dass das Agio die Optionsprämie um mehr als 4,9% verteuert. Dem Umstand, dass die Beklagte dem Kläger statt der prospektierten 120 US-Dollar für jeden Kontrakt nur 80 US-Dollar berechnet hat, hat das Berufungsgericht zur Recht keine die Beklagte zu 1) entlastende Wirkung beigemessen. Bei einem unerfahrenen Kunden kann durch die Ermäßigung der Gebühr der unzutreffende Eindruck erweckt werden, die im Prospekt erwähnten Risiken würden sich durch die reduzierte Gebühr, die die Funktion eines Lockvogelangebots hat, nennenswert verringern.

Zu Recht hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass mit der Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung von 20% auf das einzelne erfolgreiche Geschäft die ohnehin nur theoretische Chance des Kunden, insgesamt einen Gewinn zu erzielen, zusätzlich gemindert wird, worauf besonders eindringlich hätte hingewiesen werden müssen (vgl. dazu Senatsurteil vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541). Zusätzlich wird durch die Vereinbarung der Gewinnbeteiligung der unzutreffende Eindruck vermittelt, dass allen warnenden Hinweisen zum Trotz die Optionsgeschäfte doch mit einem Gewinn beendet werden können. Denn aus welchem Grund, so muss sich der unbefangene Leser der Informationsbroschüre fragen, sollte wohl die Beklagte zu 1) von ihrem Kunden für die von ihr vermittelten Optionsgeschäfte zusätzlich zu dem Agio und der Geschäftsbesorgungsgebühr eine Gewinnbeteiligung von 20% auf das einzelne Geschäft fordern, wenn es absolut unwahrscheinlich ist, dass der Kunde bei den gehandelten Optionskontrakten auch gewinnen kann. Sinn macht die Vereinbarung einer Gewinnbeteiligung bei wirtschaftlicher Betrachtung nur dann, wenn die realistische Chance besteht, dass der Anleger auch mit Gewinn abschließen kann.

Die praktische Chancenlosigkeit des Erwerbers, vor allem wenn er mehrere verschiedene Geschäfte tätigt, wird nicht mit der hinreichenden Deutlichkeit in der Broschüre aufgeführt. Sie erwähnt zwar wiederholt die Gefahr eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals, erweckt aber den falschen Eindruck, dass diesem Risiko realistische Gewinnchancen gegenüberstehen. So wird auf Seite 5 der Eindruck vermittelt, der Kunde könne theoretisch im Endergebnis seine Geschäfte mit Gewinn abschließen, wenn er viel Glück habe und zum richtigen Zeitpunkt sein Engagement beende. Erst auf Seite 17, nachdem der Leser durch verwirrende Berechnungsbeispiele und Erläuterungsskizzen abgelenkt worden ist, steht an eher versteckter Stelle, wenn auch drucktechnisch hervorgehoben, ein Warnhinweis, dass ein Gewinn absolut unwahrscheinlich ist. Dieser Warnhinweis wird jedoch durch ein Gewinnbeispiel auf der folgenden Seite wieder relativiert, das dem Leser vorspiegelt, er könne entgegen der vorangegangenen Warnung trotz der Gebühren und der Gewinnbeteiligung der Beklagten zu 1) gleichwohl einen Gewinn von 56,81% in weniger als zwei Monaten erwirtschaften.

(2) Entgegen der Ansicht der Revision musste das Berufungsgericht nicht der Behauptung der Beklagten zu 1) nachgehen, die Chancenlosigkeit der vermittelten Geschäfte beruhe wesentlich nicht auf den von der Beklagten zu 1) vereinnahmten Gebühren, sondern vor allem auf allgemeinen Marktmechanismen. Der Bundesgerichtshof hat bisher offen gelassen, ob eine Aufklärung über den Prämienaufschlag im Einzelfall unterbleiben kann, wenn er nur einen geringen Einfluss auf das Risiko des Anlegers hat (BGH, Urteil vom 17. November 1986 - II ZR 79/86, WM 1987, 7). Dies kann allenfalls bei Aufschlägen in Betracht kommen, die die Gewinnchance des Anlegers nur geringfügig verschlechtern (vgl. Bundschuh WM 1985, 249, 250; Ellenberger WM 1999 Sonderbeilage Nr. 2 S. 15). Jedenfalls ein Aufschlag von 11% ist nicht mehr geringfügig, weil er das Gleichgewicht zwischen Chancen und Risiken bereits deutlich verschiebt (Senat, Urteil vom 27. November 1990 - XI ZR 115/89, WM 1991, 127, 129).

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts betrug allein der Aufschlag durch die "Round-Turn"-Gebühren rund 20% der Optionsprämie, wobei das Agio in Höhe von 4,9% des eingezahlten Kapitals und die zwanzigprozentige Gewinnbeteiligung noch nicht berücksichtigt sind. Wie auch die Revision nicht verkennt, müssen Gebühren vom Anleger zurückverdient werden, um die Verlustzone zu verlassen. Das Zurückverdienen ist jedoch bei den überhöhten Gebühren der Beklagten zu 1) praktisch ausgeschlossen. Über diesen Umstand muss der Anleger unabhängig von sonstigen Risiken der Kapitalanlage klar und eindeutig aufgeklärt werden. Daher kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, ob möglicherweise auch andere Faktoren Einfluss auf die Gewinnchance haben.

c) Auf die Pflicht der Beklagten zu 1), den Kläger schriftlich aufzuklären, hat ihr Status als Wertpapierhandelsbank entgegen der Ansicht der Revision keinen Einfluss.

Der Revision ist zuzugeben, dass der Senat beim banküblichen Effektenhandel in der Regel die mündliche Aufklärung durch ein Kreditinstitut ausreichen lässt (BGHZ 150, 164, 166 f.; Senatsurteil vom 19. Mai 1998 - XI ZR 286/97, WM 1998, 1391; Siol, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 45 Rdn. 20). Darauf kann sich die Beklagte zu 1) jedoch nicht berufen. Denn sie ist keine Vollbank, sondern ein allein das Finanzkommissionsgeschäft betreibendes Institut, das ausschließlich in demselben Marktsegment und mit denselben Praktiken arbeitet wie gewerbliche Vermittler von Options- und Termingeschäften. Auch sie erhebt Aufschläge auf die Optionsprämie, die derart hoch sind, dass für die Kunden eine Gewinnchance praktisch ausgeschlossen ist, wobei sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den Abschluss verschiedener, jeweils gebührenpflichtiger Geschäfte mit Hilfe von Telefonverkäufern fördert. Damit betreibt die Beklagte keinen banküblichen Effektenhandel. Wenn ein Kreditinstitut sich auf dem Markt so bewegen würde, wie es üblicherweise die gewerblichen Vermittler von Options- und Termingeschäften tun, nämlich Geschäfte vermittelt, bei denen hohe Aufschläge auf die Börsenpreise eine realistische Gewinnchance von vornherein ausschließen, unterläge es ebenfalls einer gesteigerten schriftlichen Aufklärungspflicht (vgl. Ellenberger WM 1999 Sonderbeilage Nr. 2 S. 16; Klanten EWiR 2004, 1217, 1218). Dabei ist es entgegen der Ansicht der Revision unbeachtlich, wie die Kunden geworben wurden und von wem die Initiative für den Erstkontakt ausging.

d) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Kläger kein erfahrener Anleger war, gegenüber dem eine Aufklärung nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. dazu Senat, Urteil vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2244 m.w.Nachw.). Der Kläger hatte in dem Fragebogen "Know your Customer" ausdrücklich angegeben, dass er keine Erfahrung mit Börsentermingeschäften habe und lediglich Grundkenntnisse darüber vorhanden seien. Damit war klar, dass es sich bei dem Kläger um einen unerfahrenen Anleger handelte, der insbesondere über die Auswirkungen der Aufschläge auf die Optionsprämie aufgeklärt werden musste.

e) Entgegen der Ansicht der Revision hat der Kläger auch nicht auf die Aufklärung verzichtet. Dabei kann dahinstehen, ob ein solcher Verzicht in einem vorformulierten Vertrag überhaupt wirksam wäre (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 428; Senat, Urteil vom 5. Dezember 2000 - XI ZR 340/99, WM 2001, 134, 135). Denn nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte zu 1) ihre schadensursächliche Aufklärungspflichtverletzung bereits vor Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages vom 9./10. April 2001, der den Haftungsausschluss beinhaltet, begangen.

2. Neben der Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet die Beklagte zu 1) dem Kläger auch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB (vgl. dazu Senatsurteil vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541). Das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1) verstößt gegen die guten Sitten, weil es darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln. Wie sich der "Aufklärungsbroschüre" der Beklagten zu 1) entnehmen lässt, ist die Erbringung einer den Gebühren der Anleger entsprechenden äquivalenten Leistung seitens der Beklagten zu 1) von vornherein nicht beabsichtigt. Es geht der Beklagten zu 1) vielmehr nur darum, mit Hilfe für die Anleger chancenloser Geschäfte durch überhöhte Gebühren und Aufschläge hohe Gewinne zu erzielen. Da sich an diesem Geschäftsmodell bei gehöriger Aufklärung kein vernünftig denkender Mensch beteiligen würde, zielt es von vornherein ganz bewusst darauf ab, uninformierte, leichtgläubige Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf deren Kosten zu bereichern.

3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass der Beklagte zu 2) als Vorstand der Beklagten zu 1) persönlich für die unterlassene Aufklärung des Klägers haftet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat der Geschäftsführer einer GmbH, die Börsenoptionsgeschäfte vermittelt, dafür Sorge zu tragen, dass Kunden der GmbH ordnungsgemäß aufgeklärt werden. Ein Geschäftsführer, der Optionsgeschäfte ohne gehörige Aufklärung der Kunden abschließt, den Abschluss veranlasst oder bewusst nicht verhindert, missbraucht seine geschäftliche Überlegenheit in sittenwidriger Weise und haftet den Anlegern gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz (Senat, BGHZ 124, 151, 162; Senatsurteile vom 17. Mai 1994 - XI ZR 144/93, WM 1994, 1746, 1747, vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, WM 1999, 540, 541, vom 16. Oktober 2001 - XI ZR 25/01, WM 2001, 2313, 2314, vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1446; siehe auch Urteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 279/03, WM 2005, 28, 29). Diese Rechtsprechung ist ohne weiteres auf den geschäftsführenden Vorstand (§ 77 AktG) einer Aktiengesellschaft übertragbar.

Zu Recht und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass Bemühungen des Beklagten zu 2), das Informationsmaterial mit Hilfe eines Rechtsanwalts den Anforderungen der Rechtsprechung anzupassen, seinen Vorsatz nicht ausschließen. Der Beklagte muss bei seinen Bemühungen nicht das Ziel verfolgt haben, die Anleger sachgerecht aufzuklären. Er kann ebenso gut die Absicht gehabt haben, Haftungsrisiken zu verringern, ohne die Anleger sachgerecht aufzuklären (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 f. m.w.Nachw.). Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Art und Weise, wie in der Broschüre die Chancenlosigkeit der Anleger verschleiert wird, gegen den Willen des Beklagten zu 2) spricht, für eine sachgerechte Aufklärung zu sorgen.

III.

Die Revision der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben und war deshalb zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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