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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.10.2005
Aktenzeichen: XI ZR 84/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, RBerG


Vorschriften:

ZPO § 767
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
BGB §§ 170 ff.
BGB § 134
BGB § 171
BGB § 172
BGB § 172 Abs. 1
BGB § 173
BGB § 242
RBerG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL

XI ZR 84/04

Verkündet am: 18. Oktober 2005

in dem Rechtsstreit

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter Dr. Müller, Dr. Wassermann, Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. März 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bank aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde, soweit sie hieraus persönlich in Anspruch genommen werden. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 23. September/24. Oktober 1994 schlossen die Kläger, eine Zahnärztin und ihr Ehemann, ein kaufmännischer Angestellter, mit der C. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Geschäftsbesorgerin) einen notariellen Geschäftsbesorgungsvertrag zum Erwerb zweier Eigentumswohnungen in S. ab. Zugleich erteilten sie der Geschäftsbesorgerin, die über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht verfügte, eine umfassende Vollmacht, sie bei der Vorbereitung und Durchführung des Erwerbs zu vertreten. Unter anderem sollte sie den Kauf- und Werklieferungsvertrag und die Darlehensverträge abschließen sowie zur Bestellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten und zur Abgabe von Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärungen befugt sein. Außerdem sollte die Geschäftsbesorgerin berechtigt sein, Rechtsmittel einzulegen und Rechtsanwälte zu beauftragen.

Am 18./22. November 1994 schloss die Geschäftsbesorgerin für die Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) zur Finanzierung der Eigentumswohnungen vier Darlehensverträge über insgesamt 397.996 DM ab. In den Darlehensverträgen verpflichteten sich die Kläger unter anderem, sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Die Darlehensvaluta floss auf ein Konto der Klägerin zu 1), über das die Geschäftsbesorgerin verfügungsbefugt war, und wurde auf Anweisung der Geschäftsbesorgerin zur Finanzierung des Erwerbs verwendet. Mit notarieller Urkunde vom 13. Dezember 1994 erwarb die Geschäftsbesorgerin für die Klägerin zu 1) bei Mitverpflichtung des Klägers zu 2) unter anderem die noch zu erstellende Eigentumswohnung Nr. 5 zu einem Kaufpreis von 164.478,56 DM, übernahm für sie die dingliche Haftung für einen Grundschuldteilbetrag in Höhe von 198.998 DM und unterwarf die Kläger in dieser Höhe wegen der zur Finanzierung des Kaufpreises bei der Beklagten aufgenommenen Darlehen der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem die Kläger die Zahlungen der vereinbarten Darlehensraten eingestellt hatten, kündigte die Beklagte die Kredite aus wichtigem Grund und betreibt die Zwangsvollstreckung unter anderem aus der in dem notariellen Kaufvertrag enthaltenen Unterwerfungserklärung.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit der prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO. Sie machen geltend, die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung sei als Vollstreckungstitel unwirksam, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die in ihm enthaltene Vollmacht wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig seien. Die Beklagte hält dem entgegen, die Kläger könnten sich nach Treu und Glauben auf eine etwaige Unwirksamkeit der Vollstreckungsunterwerfung nicht berufen, da sie sich wirksam verpflichtet hätten, ihr einen solchen Titel zu verschaffen. Außerdem meint sie, ihr stehe gegen die Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der Darlehen einschließlich der gezogenen Gebrauchsvorteile aus Bereicherungsrecht zu.

Das Landgericht hat die Zwangsvollstreckung aus den vollstreckbaren Ausfertigungen der Kaufvertragsurkunde für unzulässig erklärt und den hilfsweise von der Beklagten gestellten Antrag auf Klageabweisung Zug um Zug gegen Zahlung von 81.566,85 € und 18.210,37 € sowie weiteren 81.566,85 € und 18.207,37 € nebst Zinsen zurückgewiesen. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungs- und ihren Hilfsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Da die Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten waren, war über die Revision der Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81).

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

Der von den Klägern abgeschlossene Treuhandvertrag sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz ebenso nichtig wie die der Geschäftsbesorgerin erteilte Vollmacht. Eine Rechtsscheinhaftung der Kläger nach §§ 170 ff. BGB komme wegen des prozessualen Charakters der Vollmacht zur Abgabe einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung nicht in Betracht. Die Beklagte könne sich gegenüber den Klägern auch nicht auf den "dolo agit"-Einwand nach § 242 BGB berufen. Sie seien aus den Darlehensverträgen nicht zur Abgabe einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung verpflichtet. Es könne insoweit offen bleiben, ob der Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kreditverträge eine Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vorgelegen habe. Denn aus der vorliegenden Vollmachtsurkunde selbst ergebe sich, dass sie nichtig und deshalb keine taugliche Rechtsscheingrundlage sei. Mit der Befugnis zur Einlegung von Rechtsmitteln sei der Kernbereich rechtsanwaltlicher Tätigkeit erfasst. Im Übrigen habe die Beklagte, die andere Möglichkeiten der Überprüfung habe als ein Notar, im Jahre 1994 nicht davon ausgehen dürfen, dass ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht vorliege. Auch einen Zahlungsanspruch aus den Darlehensverträgen könne die Beklagte den Klägern nicht entgegenhalten. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung stünden der Beklagten nicht zu, da die Kläger mangels wirksamer Zahlungsanweisung nichts erlangt hätten.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings zu dem Ergebnis gelangt, dass die der Geschäftsbesorgerin im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages erteilte Vollmacht unwirksam ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein - wie hier - ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag mit derartigen umfassenden Befugnissen ist nichtig. Die Nichtigkeit erfasst auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte Prozessvollmacht zur Abgabe einer Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärung (st.Rspr.; BGHZ 153, 214, 220 f.; Senatsurteile vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521 sowie BGH, Urteile vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2352 und vom 17. Juni 2005 - V ZR 220/04, WM 2005, 1598, 1599), deren Nichtigkeit mit Hilfe der §§ 171, 172 BGB nicht überwunden werden kann (BGHZ 154, 283, 287; BGH, Urteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03, WM 2003, 2375, 2377 sowie IV ZR 398/02, WM 2003, 2372, 2374; Senatsurteile vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521, jeweils m.w.Nachw.). Da die Kläger somit bei Abgabe der Vollstreckungsunterwerfungserklärung in der notariellen Urkunde vom 13. Dezember 1994 von der Geschäftsbesorgerin nicht wirksam vertreten wurden, ist ein wirksamer Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht entstanden.

2. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht den Einwand der Beklagten aus § 242 BGB zurückweist, sind rechtsfehlerhaft.

a) Aus den Darlehensverträgen von 18./22. November 1994 ergibt sich die Verpflichtung der Kläger, die Darlehen durch eine Grundschuld in Höhe der Darlehenssumme zuzüglich Zinsen abzusichern und sich insoweit der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Muss ein Darlehensnehmer nach dem Inhalt des Darlehensvertrages ein selbständiges Schuldversprechen mit einer Vollstreckungsunterwerfungserklärung als die Grundschuld verstärkende persönliche Sicherheit abgeben, verhält er sich treuwidrig, wenn er versucht, aus der bisherigen Nichterfüllung seiner Verpflichtungen Vorteil zu ziehen. Den Klägern ist es daher nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich gegenüber der Beklagten auf die Nichtigkeit der Vollstreckungsunterwerfung vom 13. Dezember 1994 zu berufen, wenn sie an die Kreditverträge vom 18./22. November 1994 gebunden und zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet sind (BGH, Urteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 398/02, WM 2003, 2372, 2374, und IV ZR 33/03, WM 2003, 2376, 2378 sowie vom 10. März 2004 - IV ZR 143/04, WM 2004, 922, 923; Senatsurteile vom 15. Februar 2005 - XI ZR 396/03, WM 2005, 1698, 1701, vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 830 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1521, jeweils m.w.Nachw.). Davon ist nach dem für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalt auszugehen.

b) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, sind die §§ 171, 172 BGB sowie die allgemeinen Grundsätze über die Duldungs- und Anscheinsvollmacht nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die einem Geschäftsbesorger erteilte Abschlussvollmacht auch dann anwendbar, wenn dessen umfassende Bevollmächtigung - wie vorliegend - unmittelbar gegen Art. 1 § 1 RBerG verstößt und nach § 134 BGB nichtig ist (siehe BGH, Urteile vom 22. Oktober 2003 - IV ZR 33/03, WM 2003, 2375, 2379, vom 10. März 2004 - IV ZR 143/03, WM 2004, 922, 924, vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2352 und vom 17. Juni 2005 - V ZR 220/04, WM 2005, 1598, 1599; Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73, vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 328, vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831 und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1522). An dieser Rechtsprechung hält der Senat - wie er mit Urteilen vom 26. Oktober 2004 (XI ZR 255/03, WM 2005, 127, 130 f.) und vom 9. November 2004 (XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 73 ff.) im Einzelnen ausgeführt hat - auch unter Berücksichtigung der Entscheidungen des II. Zivilsenates vom 14. Juni 2004 (II ZR 393/02, WM 2004, 1529, 1531 und II ZR 407/02, WM 2004, 1536, 1538) - fest (vgl. auch BGH, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, WM 2005, 1764, 1766; Senatsurteil vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 831). Mithin steht der Beklagten der Einwand aus Treu und Glauben auch dann zu, wenn der Darlehensvertrag unter Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam anzusehen ist.

c) Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein gemäß §§ 171, 172 BGB an die Vorlage einer Vollmachtsausfertigung anknüpfender Rechtsschein scheide im vorliegenden Fall aus, ist rechtsfehlerhaft.

aa) Anders als das Berufungsgericht meint, ist die Vorlage einer Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde durch die Geschäftsbesorgerin bei Abschluss des Darlehensvertrages eine geeignete objektive Rechtsscheingrundlage. Die in der Vollmacht unter anderem enthaltene Befugnis zur Einlegung von Rechtsmitteln steht dem nicht entgegen. Bei seiner vor allem hierauf gestützten Annahme, die Nichtigkeit der Vollmacht ergebe sich schon aus der vorgelegten Urkunde selbst, übersieht das Berufungsgericht bereits, dass aus der Vollmachtsurkunde schon nicht alle Umstände hervorgehen, die den Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz begründen. So ist der Urkunde vor allem nicht zu entnehmen, dass die Geschäftsbesorgerin über keine Rechtsberatungserlaubnis verfügte (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 2003 - XI ZR 289/02, WM 2003, 1710, 1712 und vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329). Art und Umfang der in der Vollmacht enthaltenen Vertretungsbefugnisse des Bevollmächtigten sind damit nicht geeignet, ihre objektive Eignung als Rechtsscheingrundlage im Sinne der §§ 171, 172 BGB in Zweifel zu ziehen. Bedeutung kann ihnen vielmehr nur im Zusammenhang mit der Frage der Gut- oder Bösgläubigkeit des Vertragspartners zukommen (§ 173 BGB).

bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Beklagten der Mangel der Vertretungsmacht hier jedoch weder bekannt, noch musste sie ihn gemäß § 173 BGB kennen. Für die Frage, ob der Vertragspartner den Mangel der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts gemäß § 173 BGB kennt oder kennen muss, kommt es nach dem vom Berufungsgericht unberücksichtigt gelassenen eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen der den Mangel der Vertretungsmacht begründenden Umstände an, sondern auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen des Mangels der Vertretungsmacht selbst (siehe Senatsurteile vom 3. Juni 2003 - XI ZR 289/02, WM 2003, 1710, 1712, vom 2. Dezember 2003 - XI ZR 53/02, WM 2004, 417, 421, vom 16. März 2004 - XI ZR 60/03, WM 2004, 1127, 1128, vom 23. März 2004 - XI ZR 194/02, WM 2004, 1221, 1224, vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75 und vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329; BGH, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, WM 2005, 1764, 1767). Daran fehlt es hier. Dass die Beklagte positive Kenntnis von der Unwirksamkeit der Vollmacht hatte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Beklagte musste die Unwirksamkeit der Vollmacht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht kennen.

(1) Im Jahre 1994 konnte keiner der Beteiligten den Verstoß des Geschäftsbesorgungsvertrages und der Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz erkennen. Zwar darf sich ein Vertragsgegner rechtlichen Bedenken, die sich gegen die Wirksamkeit der Vollmacht ergeben, nicht verschließen. Dabei sind an eine Bank, die über rechtlich versierte Fachkräfte verfügt, strengere Sorgfaltsanforderungen zu stellen als an einen juristisch nicht vorgebildeten Durchschnittsbürger (BGH, Urteile vom 8. November 1984 - III ZR 132/83, WM 1985, 10, 11 und vom 10. Januar 1985 - III ZR 146/83, WM 1985, 596, 597; Senatsurteil vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329). Allerdings dürfen im Rahmen des § 173 BGB die Anforderungen an die Bank auch nicht überspannt werden. Der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens kann der Bank danach nur gemacht werden, wenn sie aus den ihr vorgelegten Unterlagen den rechtlichen Schluss ziehen musste, dass die Vollmacht unwirksam war (BGH, Urteil vom 10. Januar 1985 - III ZR 146/83, WM 1985, 596, 597; Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75, vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329 und vom 27. September 2005 - XI ZR 116/04, Umdruck S. 8 f.).

(2) Davon kann im Jahre 1994 entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Rede sein, da der Geschäftsbesorgungsvertrag und die zu seiner Durchführung erteilte Vollmacht einer damals weit verbreiteten und seinerzeit nicht angezweifelten Praxis entsprachen (vgl. BGH, Urteile vom 8. Oktober 2004 - V ZR 18/04, WM 2004, 2349, 2353 und vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, WM 2005, 1764, 1767). Hinzu kommt, dass die Vollmacht notariell beurkundet war und im Jahre 1994 nicht einmal ein Notar Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vollmacht haben musste (BGHZ 145, 265, 275 ff.). Den vor dem Jahr 2000 ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ließ sich nichts entnehmen, was für einen Verstoß eines umfassenden Treuhand- oder Geschäftsbesorgungsvertrages und der mit ihm verbundenen Vollmacht des Treuhänders/Geschäftsbesorgers gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB gesprochen hätte (st.Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75 m.w.Nachw. und vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1522). Dies gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch unter Berücksichtigung der in der Vollmacht enthaltenen Ermächtigung der Geschäftsbesorgerin zur Einlegung von Rechtsmitteln und zur Beauftragung von Rechtsanwälten einschließlich der Erteilung von Prozessvollmachten (vgl. BGHZ 154, 283, 284; BGH, Urteil vom 17. Juni 2005 - V ZR 78/04, WM 2005, 1764, 1767; Senatsurteile vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329, vom 21. Juni 2005 - XI ZR 88/04, WM 2005, 1520, 1522 und vom 27. September 2005 - XI ZR 116/04, Umdruck S. 9). Soweit das Berufungsgericht demgegenüber die Fahrlässigkeit der Beklagten unter Hinweis auf diese aus der Vollmacht ersichtlichen Befugnisse der Geschäftsbesorgerin bejaht, stellt es rechtsfehlerhaft auf das Kennenmüssen der den Mangel der Vertretungsmacht begründenden Umstände statt auf das Kennenmüssen des Mangels der Vertretungsmacht selbst ab.

Dass die Beklagte sich wie zahlreiche andere Banken nach ihrem Vortrag bei Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der notariellen Vollmacht hat vorlegen lassen und sich nicht mit einer Abschrift oder Kopie begnügt hat, rechtfertigt nicht den Schluss, die Beklagte habe Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht gehabt. Daraus folgt vielmehr lediglich, dass die Beklagte die Bedeutung der Vorlage der Vollmachtsurkunde für einen möglichen Gutglaubensschutz nach § 172 BGB in Erwägung gezogen hat. Feststellungen, dass sie befürchtet haben könnte, auf diesen werde es gerade wegen eines Verstoßes der Vollmacht der Geschäftsbesorgerin gegen Art. 1 § 1 RBerG ankommen, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Seine Auffassung, der Beklagten habe bei dieser Sachlage auffallen müssen, dass die Vollmacht gerade gegen das Rechtsberatungsgesetz verstieß, entbehrt angesichts der damals verbreiteten und seinerzeit nicht angezweifelten Praxis jeder Grundlage (Senat, Urteil vom 27. September 2005 - XI ZR 116/04, Umdruck S. 10).

(3) Die Beklagte war auch nicht etwa zu einer eingehenden Prüfung der Vereinbarkeit der Vollmacht der Geschäftsbesorgerin mit dem Rechtsberatungsgesetz verpflichtet. Da im Rahmen der §§ 172, 173 BGB keine allgemeine Überprüfungs- und Nachforschungspflicht besteht (Senat, BGHZ 144, 223, 230 sowie Urteile vom 2. Mai 2000 - XI ZR 108/99, WM 2000, 1247, 1250 und vom 18. September 2001 - XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2115), musste die Beklagte nicht nach bis dahin in Rechtsprechung und Literatur unentdeckten rechtlichen Problemen suchen (Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 76 und vom 11. Januar 2005 - XI ZR 272/03, WM 2005, 327, 329).

d) Da sich danach ein gemäß §§ 171, 172 BGB an die Vorlage einer Vollmachtsausfertigung anknüpfender Rechtsschein mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneinen lässt, ist auch der Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagten stehe ein Zahlungsanspruch aus den Darlehensverträgen nicht zu, die Grundlage entzogen. Dies gilt auch für die Frage, ob die Anweisung der Geschäftsbesorgerin an die Beklagte zur Auszahlung der Darlehen wirksam ist und die Kläger damit die Darlehenssumme empfangen haben.

e) Der danach anwendbare § 172 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Beklagten spätestens bei Abschluss der Darlehensverträge bzw. bei Anweisung der Darlehenssumme eine Ausfertigung der die Geschäftsbesorgerin als Vertreterin der Kläger ausweisenden Vollmachtsurkunde vorlag (zu dieser Voraussetzung BGHZ 102, 60, 63; Senatsurteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 75 und vom 15. März 2005 - XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 832 m.w.Nachw.). Die Prozessparteien haben dazu streitig vorgetragen. Tatsächliche Feststellungen hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus konsequent - insoweit bislang nicht getroffen.

III.

Das angefochtene Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung nicht reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird sich trotz der in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2003 veranlassten Erklärung beider Parteivertreter, auch für den Kläger zu 2) habe die Geschäftsbesorgerin die Darlehensverträge unterschrieben, auch mit der Frage zu befassen haben, ob dies zutrifft (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Der den Parteien in der mündlichen Verhandlung erteilte Hinweis, das Urteil sei insoweit unklar, entbehrt ausweislich der Ausführungen auf Seite 3 Abs. 3 des landgerichtlichen Urteils vom 11. Dezember 2002 jeder Grundlage. Auch die Darlehensverträge (Anlagen B 7, 8, 12 und 13) gaben angesichts der aus den Anlagen B 1, 10 und 11 ersichtlichen Unterschrift des Klägers zu 2) keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass er die Verträge selbst unterzeichnet hat.

Ende der Entscheidung

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